Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.11.2008
LSG NRW: soziale sicherheit, ausbildung, kreis, heizung, auflage, härtefall, universität, eltern, haushalt, zuschuss
Landessozialgericht NRW, L 7 B 262/08 AS
Datum:
14.11.2008
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 7 B 262/08 AS
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 29 AS 54/08
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts
Dortmund vom 12.06.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu
erstatten.
Gründe:
1
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Dortmund
vom 12.06.2008 ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag
auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung einer Rechtsanwältin für
das Klageverfahren zu Recht abgelehnt. Denn die Rechtsverfolgung hat keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg.
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Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114
Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder
nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Für die Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht genügt eine gewisse
Erfolgswahrscheinlichkeit. Danach ist eine hinreichende Erfolgsaussicht gegeben,
wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der
Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest
für vertretbar hält und/oder in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der
Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9.
Auflage 2008, § 73a, Rn. 7, 7a).
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Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben bietet die Klage der Klägerin keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ein Anspruch auf Übernahme ihres Anteils an der
Nachzahlung für die Betriebskosten in Höhe von insgesamt 739,44 EUR und der
Heizkosten in Höhe von 701,28 EUR besteht nicht. Ein Anspruch lässt sich nicht aus §
22 Abs. 1 S. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) herleiten. Entgegen der Ansicht
der Klägerin müssen im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs bei der
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Beklagten die Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 SGB II, zu denen auch die
Zugehörigkeit zum Kreis der Berechtigten zählt, vorliegen. Nicht entscheidend ist, ob die
Klägerin in dem maßgeblichen Abrechnungszeitraum Leistungen bezogen hat. Denn
die (anteilige) Geltendmachung der Neben- und Heizkostennachforderung setzt einen
aktuellen tatsächlichen Bedarf voraus. Die Übernahme der Leistungen für Unterkunft
und Heizung erfolgt in Höhe der "tatsächlichen" Aufwendungen, wenn diese
angemessen sind in dem Zeitpunkt, in dem diese anfallen und dies ist der Zeitpunkt der
Fälligkeit der Forderung (BSG, Beschluss vom 16.05.2007 - B 7b AS 40/06 R Rn. 9).
Zwar hatte die Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Klägerin, ihrem damaligen
Lebensgefährten (bis Ende März 2006) und ihrem Sohn T Leistungen der
Grundsicherung SGB II bezogen. Jedoch stand die Klägerin bei Einreichung der
Betriebs- und Heizkostenabrechnungen am 05.12.2006 bei der Beklagten nicht mehr im
Leistungsbezug. Denn Leistungen nach § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II, d.h. Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts und die Kosten für Unterkunft und Heizung kann nur
derjenige erhalten, der zum Kreis der Berechtigten nach § 7 Abs. 1 SGB II zählt.
Vorliegend greift ab Oktober 2006 der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II für
das Arbeitslosengeld II im Sinne des § 19 S. 1 SGB II ein. Denn die Klägerin hat nach
eigenen Angaben und ausweislich der Studienbescheinigung der S-Universität C zum
01.10.2006 ein Studium aufgenommen. Sie erhält Leistungen nach dem
Berufsaufsbildungsförderungsgesetz (BAföG).
Ebenso wenig lässt sich ein Anspruch auf § 7 Abs. 5 S. 2 SGB II stützen, wonach in
besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geleistet
werden können. Unabhängig davon, dass hiernach nur eine bisher von der Klägerin
nicht geltend gemachte darlehensweise Gewährung möglich ist, liegen die
Voraussetzungen eines Härtefalls im Sinne dieser Vorschrift bei der Klägerin nicht vor.
Insofern ist mit dem Bundessozialgericht (BSG, Urteile vom 06.09.2007 - B 14/7b 28/06
R und B 14/7b 36/06 R) und der Literatur (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, Kommentar
zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 7 Rn. 103) ein besonderer Härtefall nur dann gegeben,
wenn erstens begründeter Anlass besteht, dass bei einer Nichtgewährung des
Darlehens eine vor dem Abschluss stehende Ausbildung abgebrochen bzw. nicht
beendet wird und zweitens hierdurch das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit und damit
verbundener Hilfebedürftigkeit eintreten wird. Es muss daher eine durch objektive
Umstände belegbare Aussicht bestehen, dass die Ausbildung in absehbarer Zeit zu
Ende gebracht werden kann (Spellbrink, Soziale Sicherheit 2008, S. 33). Solche
Umstände sind von der Klägerin, die das Studium erst im Oktober 2006 aufgenommen
hat, bislang nicht vorgetragen worden.
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Schließlich kommt ein Anspruch auch nicht nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II in Betracht, da
ein Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft u.a. nur derjenige
Auszubildende erhalten kann, der BaföG bezieht und als Studierender im Haushalt der
Eltern wohnt (Spellbrink, Soziale Sicherheit 2008, a.a.O.).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs.
4 ZPO.
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Der Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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