Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 30.04.2003
LSG NRW: zessionar, drittschuldner, verwaltungsakt, erwerbsunfähigkeit, gemeinsames konto, auszahlung, sozialhilfe, anhörung, ausführung, zedent
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Nachinstanz:
Sachgebiet:
Tenor:
1
2
3
4
Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Landessozialgericht NRW, L 4 (3) RA 91/00
30.04.2003
Landessozialgericht NRW
4. Senat
Urteil
L 4 (3) RA 91/00
Sozialgericht Köln, S 5 RA 277/96
Bundessozialgericht, B 4 RA 25/03 R
Rentenversicherung
nicht rechtskräftig
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln
vom 08.11.2000 insoweit geändert, als die Bescheide der Beklagten vom
04.09.1984, 08.07.1985, 06.06.1988, 12.05.1989, 09.08.1989 und
24.07.1990 aufgehoben worden sind. Die Klage wird im Übrigen
abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht
zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren über die Rechtmäßigkeit der Abtrennung
von Rentenbeträgen aufgrund von Abtretungen zu Gunsten der Gläubiger des Klägers in
der Zeit von Oktober 1983 - März 1991.
Mit Bescheid vom 04.05.1984 gewährte die Beklagen dem Kläger Zeitrente wegen
Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom November 1981 bis März 1983. Sie bewilligte mit
Bescheid vom 04.09.1984 die Zeitrente bis zum Ende der vorgesehenen Heilmaßnahme
weiter und berechnete die Höhe der Rente ab 01.04.1983 neu. Den Nachzahlungsbetrag
für die Zeit vom 01.04.1983 - 30.09.1984 behielt sie wegen etwaiger Ansprüche dritter
Stellen, der Abrechnung des Verrechnungsersuchen der BEK K ... und der Abtretung vom
29.06.1983 an die Raiffeisen bank ... (Beigeladene zu 1)) ein. Des weiteren verfügte sie die
Auszahlung der Rente in Höhe des unpfändbaren Betrages von 1.686,76 DM ab Oktober
1984 an den Kläger. In der Rechtsbehelfsbelehrung führte sie aus, der Bescheid nach § 96
Sozialgerichtsgesetz (SGG) werde Gegenstand des Verfahrens S 5 An 161/84. Der Kläger
trug in diesem Verfahren trug u.a. vor, dass sein nach § 850 f Zivilprozessordnung (ZPO)
nicht pfändbares Einkommen höher sei als die bewilligte Rente. In der mündlichen
Verhandlung vom 16.12.1987 nahm der damalige Klägerbevollmächtigte die Klage zurück.
Mit Schreiben vom 12.03.1985 teilte die Beklagte der Beigeladenen zu 1) mit, dass
aufgrund der Abtretungserklärung vom 29.06.1983 ab Oktober 1984 ein Betrag von 229,60
DM, ausgehend von einem nach § 850 c ZPO unpfändbaren Einkommen des Klägers von
1686,76 DM, an sie ab geführt werde und sie eine Einmalzahlung aus der verbliebenen
5
6
7
8
9
Rentennachzahlung in Höhe von 2.237,66 DM erhalte. Eine Durchschrift des Schreibens
sandte an dem Kläger.
Mit Bescheid vom 21.02.1985 verlängerte die Beklagte die Zeitrente wegen
Erwerbsunfähigkeit bis einschließlich Dezember 1987. Die Beklagte stellte mit Bescheid
vom 08.07.1985, adressiert an den Kläger, fest, der abzutretende Betrag habe sich
zugunsten der Beigeladenen zu 1) ab dem 01.07.1985, ausgehend von den
Einkommensgrenzen der Tabelle zu § 850 c ZPO, auf 245,60 DM erhöht. Dem Bescheid
war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Dagegen erhob der Kläger Klage vor dem
Sozialgericht (SG) Köln, Az.: 5 An 215/85. Auch in diesem Verfahren ließen sich die
Beteiligten zu der Errechnung des pfändbaren und damit von der Abtretung erfaßten
Betrages ein. In der mündlichen Verhandlung vom 16.12.1987 nahm der
Klägerbevollmächtigte die Klage zurück. Die Anfechtung der Klagerücknahme durch den
Kläger blieb erfolglos (SG Köln, S 5 An 263/87, Urteil vom 16.05.1990; LSG NW, L 8 An
121/90, Urteil vom 31.01.1991). Die Zahlung an die Beigeladene zu 1) stellte die Beklagte
Ende April 1986 ein.
Mit Schreiben vom 15.03.1986 begehrten Frau A ... (Mutter des Klägers) und Frau G ...
(Tante des Klägers) von der Beklagten Zahlung aus einer Sicherungsabtretung vom
30.03.1981, in der der Kläger seine künftigen Rentenansprüche gegen die Beklagte zur
Sicherung eines Darlehens abgetreten hatte. Mit Schreiben vom 22.05.1986 teilte die
Beklagte Frau A ... und Frau G ... mit, nach der Anlage zu § 850 c ZPO sei ab dem
01.05.1986 ein Betrag von 245,60 DM und ab dem 01.09.1986 ein Betrag von 364,00 DM
monatlich pfändbar und damit abtretbar. Die Überweisung des pfändbaren Betrages erfolge
ab dem 01.05.1986. Ab Mai 1986 führte die Beklagte den ausgewiesenen Betrag auf ein
gemeinsames Konto von Frau A ... und Frau G ... ab. Dem Kläger wurde eine Durchschrift
des Schreibens übersandt. Am 18.07.1987 bestätigten die Darlehensgeberinnen A ... und
G ... gegenüber dem Kläger das Erlöschen aller gegenseitigen Forderungen und
Ansprüche aus dem Vertrag vom 30.03.1981 wegen Erfüllung. Am 28.07.1987 verstarb
Frau A ... Der Kläger unterließ es, die Beklagten über den Inhalt der Erklärung vom
18.07.1987 und den Tod seiner Mutter zu informieren. Mit Rentenanpassungsmitteilung
vom 01.06.1987 teilte die Beklagte dem Kläger mit, ab Juli 1987 werde ein Betrag von
1.488,10 DM an ihn ausgezahlt.
Der Kläger bezog in der Zeit von Januar bis Juli 1988 Sozialhilfe. Im Verfahren S 5 An 5/88
vor dem SG Köln begehrte der Kläger die Weitergewährung der Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 06.06.1988 Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit über den 31.12.1987 hinaus auf unbestimmte Zeit an. Sie verfügte des
weiteren, dass von der Rente ein Betrag in Höhe von 394,- DM ab Januar 1988 und von
414,- DM ab Juli 1988 zu Gunsten Frau A ... abgetrennt und an sie ausgezahlt wird. In der
Rechtshelfsbelehrung, dass der Bescheid aufgrund des Anerkenntnisses im
sozialgerichtlichen Verfahren vom 02.06.1988 ergeht und gemäß § 96 SGG Gegenstand
des beim Sozialgericht Köln anhängigen Verfahrens wird. Gegen die feststellte
Rentenhöhe in dem Bescheid vom 06.06.1988 legte der Kläger Widerspruch ein. Nach
Erhalt des Bescheides erklärte der Kläger das sozialgerichtliche Verfahren für erledigt.
Mit Schreiben vom 20.10.1988 wandte sich der Kläger gegen die Kürzung des
Zahlbetrages um 414,- DM mit der Begründung, sein persönlicher Sozialhilfebedarf belaufe
sich auf 2.516,- DM.
Mit Bescheid vom 12.05.1989 verfügte die Beklagte, dass zu Gunsten des
Landesarbeitsamtes Nordrhein-Westfalen ab Juli 1989 ein Verrechnung in Höhe von
10
11
12
13
14
15
424,56 DM nach § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vorgenommen wird. Unter
Berücksichtigung eines monatlich einzubehaltenden Betrags von 424,56 DM belaufe sich
der Gesamtzahl betrag auf 1.100,00 DM. Dagegen legte der Kläger Widerspruch mit der
Begründung ein, dass seine Rente keiner Pfändung oder Verrechnung unterworfen sei.
Sein persönlicher Sozialhilfebedarf belaufe sich auf 2.525,40 DM.
Mit als "Bescheid" bezeichnetem Schreiben vom 09.08.1989, adressiert an Frau A ..., stellte
die Beklagte fest, dass der abgetretene Rentenanteil sich ab dem 01.07.1989 auf 444,- DM
beläuft. Mit Schreiben vom gleichen Tag informierte die Beklagte den Kläger u.a., dass die
Abtretungsgläubigerin Frau A ... ab dem 01.07.1989 einen Betrag von 444,- DM erhält und
ein Betrag für die Verrechnung zu Gunsten des Landesarbeitsamtes einbehalten wird.
Gegen die Einbehaltungen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 09.08.1989. Er habe
von der Stadt N ... eine Bescheinigung über seinen Sozialhilfebedarf angefordert, die ihm
bis jetzt noch nicht erteilt sei. Dies könne nicht zu seinen Lasten gehen. Ihm müsse
zumindest ein Betrag 1.622,40 DM zur Verfügung stehen. Soweit seine Rente diesen
Betrag übersteige, könnten Auszahlungen nur zu Gunsten der Abtretungsgläubigerinnen A
... und G ... erfolgen. Auszahlungen an das Landesarbeitsamt oder die Beigeladene zu 1)
dürften nicht erfolgen. Er reichte zum Nachweis seiner Sozialhilfebedürftigkeit den
Bescheid der Stadt N ... vom 20.09.1989 über die Ablehnung des Antrages auf Übernahme
der Kosten einer Haushaltshilfe und Bescheinigungen über den sozialhilferechtlichen
Bedarf vom 28.12.1989 und 05.01.1990 zu den Akten. Nach dem die Beklagte die
Einbehaltung zu Gunsten des Landesarbeitsamtes widerrufen hatte, nahm der Kläger
insoweit seinen Widerspruch zurück. Den Widerspruch hinsichtlich der Abtrennung zu
Gunsten der Abtretungsgläubigerinnen G ... und A ... hielt er aufrecht. Darauf hin vertrat die
Beklagte die Auffassung, in den Fällen der Abtretung nach § 53 Abs. 3 SGB I sei nicht zu
prüfen, ob der Leistungsberechtigte dadurch sozialhilfebedürftig werde.
Mit Schreiben vom 24.07.1990 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ab dem 01.07.1990
sich der Rentenbetrag auf 2187,70 DM beläuft und davon ein Betrag von 474,00 DM
abgetrennt wird.
.
Im Januar 1991 übersandte der Kläger der Beklagen eine zwischen ihm und Frau G ...
geschlossene Vereinbarung vom 06.01.1990, wonach Frau G ... die von der BfA erhaltenen
Abtretungsbeträge an den Kläger weiterleitet. Mit Schreiben vom 21.01.1991 forderte der
Kläger die Beklagte auf, den bisher an Frau G ... abgeführten Betrag an ihn auszuzahlen.
Er habe das Darlehen getilgt. Die Darlehensgeberinnen A ... und G ... hätten das Erlöschen
aller gegenseitigen Forderungen und Ansprüche aus dem Vertrag vom 30.03.1981 wegen
Erfüllung am 18.07.1987 unterschriftlich bestätigt. Frau G ... und er hätten wegen eines
später gewährten Darlehens vereinbart, dass die Sicherungsabrede aus 1981 auch für
dieses Darlehen gelte. Die Beklagte stellte die Zahlungen an Frau A ... und Frau G ... mit
Wirkung zum März 1991 ein.
Mit Schreiben von 28.03.1991 teilte die Beklagte der Beigeladenen zu 1) mit, dass an sie
aufgrund der Abtretungserklärung vom 29.06.1983 ein Betrag in Höhe von 474,00 DM ab
dem 01.05.1991 abgeführt werde. Die Beklagte stellte die Zahlungen an die Beigeladene
zu 1) im November 1993 ein, nachdem der Kläger einen Beschluss des
Vollstreckungsgericht in der Zwangesvollstreckungssache gegen die Beigeladene zu 1)
über die Höhe seines nach § 850 f ZPO unpfändbaren Einkommens vorgelegt hatte.
Aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungbeschlusses zahlte die Beklagte die
16
17
18
19
20
pfändbaren Beträge für die Zeit vom 01.10. - 31.12.1995 an die Prozessbevollmächtigten
der Raiffeisenbank ... in L ... (Beigeladene zu 2) in Höhe von 341,50 DM monatlich aus.
Nachdem das AG S ... mit Beschlüssen vom 23.10.1995 (eingegangen bei der Beklagten
am 13.11.1995) und vom 06.12.1995 (Az.: 34 aM 1202/95) der Beklagten zugestellt am
11.12.1995) die Vollstreckung aus dem Beschluss vom 23.08.1995 zunächst einstweilen
eingestellt und schließlich den pfandfreien Betrag des Klägers auf 2.945,45 DM festgesetzt
hatte, stellte die Beklagte ab Januar 1996 die Zahlung an die Beigeladenen zu 2) ein.
Unter dem 26.04.1996 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Aufstellung sämtlicher an
die Beigeladene zu 1) sowie an Frau A ... und Frau G ... auf Grund von Abtretungen und an
die Beigeladene zu 2) auf Grund einer Pfändung geleisteten Zahlungen aus der Rente.
Am 29.10.1996 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhoben.
Er hat die Auszahlung der von der Beklagten abgeführten Rentenbeträge an seine
Gläubiger in der Zeit von Oktober 1983 - Dezember 1995 in Höhe von insgesamt 37.808,60
DM begehrt. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.05.1995, Az.: 13 RJ 43/93)
handele es sich bei den Entscheidungen der Beklagten, Rentenbeträge aufgrund von
Abtretungen und Pfändungen zu Gunsten der Gläubiger eines Versicherten abzutrennen
und an diese abzuführen, im Verhältnis zum Versicherten um Verwaltungsakte nach § 31
Sozialgesetzbuch 10 Buch (SGB X). Die Entscheidungen der Beklagten über die
Abtrennung der Rentenbeträge für die Zeit von Oktober 1983 bis Dezember 1995 seien
deshalb wegen Verstoßes gegen § 24 SGB X und Nichtbeachtung der Vorschrift des § 850
f ZPO rechtswidrig und damit aufzuheben. Die Beklagte habe es unterlassen, ihn vor
Durchführung der Abtrennungen ordnungsgemäß anzuhören. Desweiteren sei sie
verpflichtet gewesen, über die Höhe seiner jeweiligen Pfändungsfreigrenzen eine
Ermessensentscheidung zu treffen. In seinem Fall hätte die Beklagte wegen einer
Ermessensreduzierung auf Null das Ersuchen der Gläubiger ablehnen müssen, weil er
aufgrund der Abtrennungen sozialhilfebedürftig geworden sei. Das Vollstreckungsgericht S
... habe 1995 sein unpfändbares monatliches Einkommen auf 2.945,45 DM festgesetzt,
wohingegen seine Rente lediglich 2.384,83 DM betragen habe. Darüber hinaus habe die
Beklagte zu Unrecht für die Monate November und Dezember 1995 Zahlungen an die
Beigeladene zu 2) geleistet. Das Vollstreckungsgericht S ... habe bereits durch Beschluss
vom 23.10.1995 die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung verfügt.
Auf Anfrage hat der Kläger mitgeteilt, dass die Gläubigerinnen A ... und G ... seit mehreren
Jahren verstorben sind.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Abtretung von Sozialleistungen durch
einen Vertrag zwischen dem Versicherten (Zedenten) und dem Abtretungsempfänger
(Zessionar) nach § 51 Abs. 1 SGB I i.V.m. § 398 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zustande
kommt. Als Drittschuldnerin sei sie verpflichtet, den Abtretungsvertrag auszuführen. Sie sei
nach den Bestimmungen des BGB nicht berechtigt, den Abtretungsvertrag inhaltlich
abzuändern. Auch sei sie als Drittschuldnerin bei Abtretungen im Rahmen des § 53 Abs. 3
SGB I nicht berechtigt oder verpflichtet zu prüfen, ob der Versicherte durch die Abtretung
sozialhilfebedürftig werde (§850 f ZPO); sie habe lediglich die Vorschrift des § 850 c ZPO
bei der Ermittlung des an den Zessionar abzuführenden Betrages zu berücksichtigen. Die
Bestimmung über die Abtretung, insbesondere hinsichtlich der Höhe des
Abtretungsbetrages, obliege nach § 398 BGB den vertragsschließenden Parteien, also
dem Zedenten und dem Zessionar. Nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom
06.02.1991, 4 AZ 348/90) sei die Frage, ob eine Abtretung auch bei einem Verstoß gegen §
850 f ZPO wirksam sei, im Innenverhältnis zwischen Zedenten und Zessionar in einem
21
22
23
24
Verfahren vor dem Zivilgericht zu klären. Insoweit stehe die Rechtsprechung des BSG,
wonach die Sozialleistungsträger als Drittschuldner bei der Ermittlung des an den
Zessionar abzuführenden Betrages von sich aus nicht nur die Vorschrift des § 850 c ZPO,
sondern auch die des § 850 f ZPO hinsichtlich der Prüfung des persönlichen Sozialhilfe
bedarfs des Versicherten zu beachten habe, im Widerspruch zu der Rechtsprechung des
BAG. Ein Drittschuldner solle in Abtretungsfällen nicht mit anfechtbaren Entscheidungen,
die im Zwangsvollstreckungsverfahren vom Vollstreckungsgericht vorzunehmen seien,
betraut werden.
Das SG hat die Raiffeisenbank ... und die Raiffeisenbank ... zum Verfahren beigeladen.
Das SG hat die Akten mit dem Az. 5 AN 271/82, 5 An 161/84, 5 An 62/85, 5 An 277/96, 5
An 5/88, 5 An 263/87, 5 An 116/91 und die Akte des AG S ..., Az.: 34 aM 1202/95
beigezogen.
Mit Urteil vom 08.11.2000 hat das SG die Bescheide vom 04.09.1984 und 08.07.1985,
soweit sie die Höhe von Einbehaltungen von Rentenbeträgen zu Gunsten der
Beigeladenen zu 1) für die Zeit vom 01.10.1983 bis zum 30.06.1985 regeln, sowie die
Bescheide vom 06.06.1988, 12.05.1989, 09.08.1989 und 24.07.1990, soweit sie die
Einbehaltung von Rentenbeträgen zu Gunsten von Frau K ... G ... regeln, aufgehoben. Es
hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 341,50 DM auszuzahlen und im Übrigen die
Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, entgegen der Auffassung der Beklagten handele es
sich bei der Entscheidung über die Abtrennung laufender Sozialleistungen auf Grund von
Abtretungen nach § 53 Abs. 3 SGB I um Verwaltungsakte im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X.
Zwar habe der 4. Senat des BSG in dem Urteil vom 27.11.1991 (SozR 3-1200 § 53 Nr. 2)
ausgeführt, dass die Entscheidung gemäß § 850 c Abs. 4 ZPO über die ausnahmsweise
Nichtberücksichtigung Unterhaltsberechtigter bei der Bestimmung des pfandfreien
Betrages in die Zuständigkeit der Sozialgerichte falle. Doch könne dem nicht gefolgt
werden, da sämtliche Entscheidungen im Rahmen der Forderungsvollstreckung den
Vollstreckungsgerichten vorbehalten seien (§ 828 Abs. 1 ZPO). Für die den
Vollstreckungsgerichten übertragenen Aufgaben seien im Falle der Abtretung von
Sozialleistungen aber Sozialleistungsträger zuständig, deren Entscheidungen im Wege der
Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage überprüft werden könnten. Bei einer Entscheidung
nach § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO werde die Beklagte nicht zu einer Änderung des
Abtretungsvertrages zwischen Gläubiger und Schuldner veranlasst, weil die Abtretung von
Sozialleistungen von vornherein gemäß § 53 Abs. 3 SGB I erfolge, der unmittelbar auf die
§§ 850 ff. ZPO verweise. Darüber hinaus gehe die Beklagte zu Unrecht davon aus, dass
sich der 13. Senat des BSG in Widerspruch zum Urteil des BAG vom 06.02.1991 gesetzt
habe. Das BAG habe lediglich entschieden, dass ein Arbeitgeber nicht befugt sei, bei
Lohn- oder Gehaltsabtretungen den nach § 850 c ZPO pfandfreien Betrag von sich aus
gemäß § 850 f Abs. 1 ZPO heraufzusetzen. Daraus lasse sich jedoch nicht herleiten, dass
dies auch für den Rentenversicherungsträger bei Pfändungen von Sozialleistungen gelte.
Denn anders als bei einer durch den Arbeitgeber auszuführenden Pfändung mit der
Möglichkeit einer späteren Änderung des pfandfreien Betrages durch das
Vollstreckungsgericht könne gegen eine durch Verwaltungsakt zu treffende Entscheidung
der Beklagten nur im Wege des Widerspruchs vorgegangen werden. Außerdem habe die
Beklagte - anders als ein Arbeitgeber - die Möglichkeit, den Vollzug ihres Verwaltungsaktes
gemäß § 80 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auszusetzen, um die Gefahr
doppelter Inanspruchnahme auszuschließen, falls nachträglich eine andere Entscheidung
25
26
27
über die Höhe des Pfändungsfreibetrages getroffen werde. Nach alledem handele es sich
bei den durch die Beklagte vorgenommenen Abzweigungen aus der Rente des Klägers um
Verwaltungsakte.
Mit dem Rentenbescheid vom 04.09.1984 und dem Bescheid vom 08.07.1985 habe die
Beklagte die Höhe der Abtrennungen für die Zeit vom 01.10.1983 bis 30.06.1985 und vom
01.07.1985 bis 30.04.1986 mit geteilt. Desgleichen beeinhalte das an den Kläger gerichtete
Schreiben vom 22.05.1986 über die Höhe der Abzweigungen ab 01.05.1986 für die
Abtretungsempfängerinnen A ... und G ... einen anfechtbaren Bescheid. Zwar stellten
Mitteilungen über Rentenanpassungen grundsätzlich keine Verwaltungsakte da. Doch
habe die Beklagte mit der Rentenanpassungsmitteilung vom 01.06.1987 auch über die
zulässige Abtretung ab 01.07.1987 entschieden. Schließlich habe die Beklagte mit
Bescheid vom 06.06.1988 und mit ihren Schreiben vom 09.08.1989, 24.07.1990,
28.03.1991 und 06.1992 für die Zeit ab 01.01.1988 Verwaltungsakte über die Höhe der
einzelnen Abtretungsbeträge erlassen. Die Klage sei zulässig, soweit sie sich gegen die
Bescheide vom 04.09.1984, 08.07.1985, 06.06.1988, 12.12.1989, 09.08.1989 und
24.07.1990 richte. Hingegen sei die Klage gegen die Bescheide vom 22.05.1986 sowie
vom 01.06.1987 unzulässig, weil der Kläger nicht rechtzeitig Widerspruch eingelegt habe,
und ebenso gegen die Bescheide vom 28.11.1991, 25.04.1991 sowie vom 06.11.1992, da
der Kläger die Widersprüche zurückgenommen habe. Soweit er die Aufhebung des
Bescheides vom 06.10.1995 begehre sei die Anfechtungsklage nicht statthaft. Denn bei der
Entscheidung der Beklagten, einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auszuführen,
handele es sich - anders als bei der Abtretung - im Verhältnis zum Versicherten um keinen
Anfechtbaren Verwaltungsakt. Die auf Aufhebungen und Auszahlung gerichtete Klage
könne jedoch in eine zulässige allgemeine Leistungsklage umgedeutet werden.
Die Bescheide vom 04.09.1984, 08.07.1985, 06.06.1988, 12.05.1989, 09.08.1989 und
24.07.1990 seien bereits formell rechtswidrig, da die Beklagte den Kläger zuvor gemäß §
24 Abs. 1 SGB X hätte anhören müssen. Darüber hinaus seien sie aber auch materiell
rechtswidrig. Denn die Beklagte habe nicht das ihr nach § 53 Abs. 3 SGB I i.V.m. § 850 f
Abs. 1 Buchst. a ZPO zustehende Ermessen ausgeübt. Von dieser Verpflichtung sei sie
nicht unter dem Gesichtspunkt entbunden gewesen, dass der Kläger keinen formellen
Antrag auf Erhöhung des pfandfreien Betrages gestellt habe. Hierfür reiche es nämlich aus,
dass Anhaltspunkte für eine Erhöhung in Betracht kommen. Das sei hier der Fall gewesen,
weil sich der Kläger immer wieder auf die Pfändungsschutzvorschriften des § 850 f ZPO
berufen habe. Allerdings sei die Klage insoweit unbegründet. Denn der Kläger habe zur
Zeit keinen Anspruch auf Auszahlung der auf Grund der rechtswidrigen Bescheide
einbehaltenen Beträge, da der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zustehe, dass sie in
der mündlichen Verhandlung auch geltend gemacht habe. Ein solcher, auch im öffentlichen
Recht anerkannter Zurückbehaltungsanspruch stände der Beklagten nur dann nicht zu,
wenn ihr Ermessen im Rahmen der erneuten Entscheidung über die Abtretung von
Rentenanteilen aus der Rente des Klägers auf Null reduziert wäre. Dieser Fall könne nach
der Rechtsprechung des BSG vorliegen, wenn feststände, dass Sozialhilfe bezogen werde
und keine überwiegenden Belange des Gläubigers entgegenstehen. Davon könne jedoch
nicht ausgegangen werden, zumal aus der Sicht der Beklagten keine Veranlassung zu
entsprechenden Ermittlungen gegeben war.
Hinsichtlich der Abzweigung von Rententeilen auf Grund des Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses der Beigeladenen zu 2) sei die Klage für den Monat Dezember
1995 in Höhe von 341,50 DM begründet. Da die Zwangsvollstreckung aus den Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss des AG S ... vom 16.08.1995 erst mit dem der Beklagten am
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
13.11.1995 zugestellten Beschluss vom 23.10.1995 vorläufig eingestellt worden sei, habe
sie bis einschließlich November 1995 mit befreiender Wirkung leisten dürfen.
Gegen das am 30.11.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.12.2000 Berufung
beim LSG NW eingelegt. Sie hat klargestellt, dass sich ihre Berufung nicht gegen die
Verurteilung zur Zahlung von 341,50 DM richtet.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass bei der Abtrennung von Rentenbeträge im
Rahmen einer Abtretung die Erteilung eines Verwaltungsaktes nicht erforderlich sei (BSG,
Urteil vom 22.02.1990, 4 RA 19/89 und vom 27.11.1990, 4 RA 80/90). Sie sei als
Drittschuldnerin nicht berechtigt, in Abtretungsfällen eine Entscheidung über die Höhe des
pfändbaren Betrages nach §850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO zu treffen. Dies falle in die
Zuständigkeit der Sozialgerichte. Der gegenteiligen Entscheidung des 13. Senates des
BSG (Urteil vom 23.5.1995, Az.: 13 RJ 43/93) könne nicht gefolgt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 8.11.2000 insoweit zu ändern, als die Bescheide
vom 04.09.1984, 08.07.1985, 06.06.1988, 12.05.1989, 09.08.1989 und 24.07.1990
aufgehoben worden sind.
Der Kläger beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladenen zu 1) und zu 2) schließen sich den Ausführungen der Beklagten an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogenen Verfahrensakten
des SG Köln (Az.: S 5 An 263/87, S 5 An 116/91, S 5 An 62/85, S 5 An 215/85, S 5 An 5/88,
S 5 An 161/84, S 5 An 271/82, S 23 Ar 57/98) Bezug genommen, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausgehend vom Berufungsantrag der Beklagten
allein die teilweise Aufhebung der Bescheide vom 04.09.1984, 08.07.1985, 06.06.1988,
12.05.1989, 09.08.1989 und 24.07.1990 hinsichtlich der Abtrennung von Rentenbeträgen
zugunsten der Beigeladenen zu 1) sowie der Abtretungsgläubigerinnen G ... und A ... durch
das SG Köln.
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Die Klage ist insoweit unbegründet, als der Kläger die teilweise Aufhebung der Bescheide
vom 04.09.1984, 08.07.1985, 06.06.1988, 12.05.1989, 09.08.1989 und 24.07.1990 begehrt.
Bei den vom Kläger angegriffenen Mitteilungen über die Höhe der an die Beigeladene zu
1) bzw. an die Abtretungsgläubigerinnen A ... und G ... abzuführenden Beträge handelt es
sich um Verwaltungsakte. Die Mitteilung des Ergebnisses der Berechnung des aufgrund
einer Abtretung nach § 53 Abs. 3 SGB I auszuzahlenden Betrages und seiner Auszahlung
durch die Beklagte als Schuldnerin des abgetretenen Rentenanspruches an den Zessionar
42
stellt im Verhältnis zum Versicherten die Regelung eines Einzelfalles i.S.d. § 31 SGB X
dar, (BSG, Urteil vom 23.05.1995, Az.: 13 RJ 43/95, SozR 3- 1200 § 53 Nr. 7; Urteil vom
29.06.1995, Az.: 11 RAr 109/94, SozR 3-1200 § 53 Nr. 8 m.w.N.). Der Senat schließt sich
der Rechtsprechung des BSG an, wonach im Falle einer (Teil-) Abtretung der
Sozialleistung nach § 53 Abs. 3 SGB I im Verhältnis zum Sozialleistungsberechtigten die
Höhe des diesem auszuzahlenden Betrages durch Verwaltungsakt zu regeln ist. Denn im
Verhältnis zum Versicherten hat die Beklagte nicht nur die Höhe des Stammrechtes,
sondern auch die Höhe des an den Versicherten monatlich auszuzahlenden Betrages
durch Verwaltungsakt festzustellen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Status
der Drittschuldnerin bei der Ausführung einer Abtretung nach § 53 Abs. 3 SGB I nicht zu
vergleichen mit dem einer Drittschuldnerin bei Ausführung eines Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses. Als Drittschuldnerin ist die Beklagte nach Zustellung eines
Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach § 836 Abs. 2 ZPO nicht berechtigt oder
verpflichtet, die in § 54 SGB I genannten Pfändungsvoraussetzungen, insbesondere
hinsichtlich der Einhaltung der Pfändungsschutzvorschriften zugunsten des Versicherten,
zu prüfen. Vielmehr ist sie verpflichtet, den im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der
Höhe nach ausgewiesenen Pfändungsbetrag an den Gläubiger abzuführen (§§ 835, 829
ZPO), ungeachtet eines möglichen Verstoßes gegen Pfändungsschutzvorschriften. Der
Beklagten stehen als Drittschuldnerin nur die einschlägigen Rechtsbehelfe im
Zwangsvollstreckungsverfahren zur Verfügung, jedoch kein eigenes Prüfungsrecht (BSG,
Urteil vom 30.01.2002, B 5 RJ 26/01 R, SozR 3-1200 § 54 Nr. 1). Demgegenüber hat die
Beklagte als Drittschuldnerin im Rahmen einer Abtretung nach § 53 Abs. 3 SGB I den von
der Abtretung erfassten Betrag der Sozialleistung der Höhe nach zu ermitteln und an den
Abtretungsgläubiger abzuführen. Nach § 53 Abs. 3 SGB I kann ein Anspruch auf
Geldleistungen, die zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu dienen bestimmt sind -
vorliegend eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit - übertragen werden, soweit sie den für
Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen. Dem nach ist die Beklagte
als Drittschuldnerin wie auch ein Arbeitgeber im Falle der Abtretung von Arbeitseinkommen
gehalten, die Pfändungsfreibeträge nach §§ 850 c, 850 d ZPO zu ermitteln und bei der
Berechnung des von der Abtretung erfassten Betrages zugrundezulegen. Das Ergebnis
dieser eigenständigen Prüfung stellt eine Regelung des Einzelfalles i.S.v. § 31 SGB X dar.
Somit sind die Mitteilungen des Beklagten vom 04.09.1984, 08.07.1985, 06.06.1988,
12.05.1989, 09.08.1989 und 24.07.1990 an den Kläger über die Höhe des an die
Beigeladene zu 1) bzw. an die Abtretungsgläubigerinnen A ... und G ... abzuführenden
Beträge, unabhängig davon, in welcher Form sie erlassen wurden, als Verwaltungsakt zu
qualifizieren. Insoweit nimmt der Senat ergänzend Bezug auf die erstinstanzlichen
Ausführungen, die er sich zu eigen macht (§153 Abs. 2 SGG).
Entgegen der Auffassung des SG ist der Senat nicht berechtigt, den Inhalt der Bescheide
vom 04.09.1984, 08.07.1985 und 06.06.1988 materiell zu prüfen. Durch den Eintritt der
materiellen Bestandskraft sind diese drei Bescheide für die Beteiligten und den Senat nach
§ 77 SGG bindend. Danach ist ein Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend,
wenn der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos
eingelegt wird. Gegen die drei Bescheide hat der Kläger erfolglos Rechtsbehelfe eingelegt.
Die Bescheide vom 04.09.1984 und 06.06.1988 sind nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand
der beim SG Köln anhängigen Verfahren S 5 An 161/84 und S 5 An 5/88 geworden, da sie
die beiden in diesen Verfahren angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Ablehnung der
Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ersetzt haben. Die beiden
Bescheide sind auch nicht nur hinsichtlich der Feststellungen über Beginn, Art, Dauer und
Höhe der gewährten Rentenleistung im Verfügungssatz Gegenstand der anhängigen
Gerichtsverfahren geworden, sondern die Verfügungssätze umfassen auch die
43
44
45
46
Feststellungen der Beklagten hinsichtlich der Abtrennung von Rentenbeträgen zugunsten
von Gläubigern des Klägers aufgrund angezeigter Abtretungen. Es handelt es sich dabei
zwar um einen selbstständigen Verfügungssatz, der vom Kläger unabhängig von der
Frage, welche Rentenleistungen in welcher Höhe ihm zustehen, angreifbar ist; die
Beteiligten haben sich jedoch in beiden Gerichtsverfahren zu der Frage, ob der von der
Beklagten ermittelte, an die Gläubiger des Klägers abzuführende Betrag insbesondere im
Hinblick auf die Pfändungsfreigrenze des § 850 f Abs. 1 ZPO korrekt berechnet worden ist,
sachlich eingelassen, so dass die bei den Bescheide umfassend Gegenstand der
Gerichtsverfahren geworden sind. Durch die Klagerücknahmen in beiden Gerichtsverfahren
ist die formelle Bestandskraft der beiden Bescheide vom 04.09.1884 und 06.06.1988 und
damit wegen Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfes die materielle Bestandskraft eingetreten.
Die materielle Bestandskraft eines Verwaltungsaktes hat zur Folge, dass die durch den
Verwaltungsakt getroffene Regelung grundsätzlich für die Beteiligten wie für das Gericht
Bestand hat und in ihrem materiellen Gehalt verbindlich ist. Aufgrund der materiellen
Bestandskraft sind die beiden Bescheide für die Beteiligten und dem Senat bindend. Der
Senat ist nicht berechtigt, die beiden Bescheide inhaltlich zu überprüfen.
Dies gilt auch für den Bescheid vom 08.07.1995. Der Kläger hatte gegen diesen Bescheid
Klage vor dem SG Köln (Az.: S 5 An 215/85) erhoben. Die Klage war zulässig.
Streitgegenstand des Verfahrens war nicht nur die Frage der Art und Höhe der zu
gewährenden Leistungen, vielmehr wandte sich der Kläger auch gegen die Abtrennung
von Rentenbeträgen zugunsten der Beigeladenen zu 1) wegen der dadurch bewirkten
Sozialhilfebedürftigkeit. Durch die Klagerücknahme ist die formelle und materielle
Bestandskraft des Bescheides vom 08.07.1985 eingetreten und somit der Bescheid für die
Beteiligten und der Senat bindend.
Entgegen der Auffassung des SG sind die Bescheide vom 12.05.1989, 09.08.1989 und
24.07.1990 nicht rechtswidrig.
Die Bescheide sind formell rechtmäßig.
Die Beklagte hat zwar vor Erlass der Bescheide den Kläger nicht wirksam nach § 24 SGB
X angehört. Eine Anhörung war erforderlich, da die Beklagte beabsichtigt hat, durch die
Abtrennung von Geldbeträgen zugunsten Dritter in den aus den Rentenstammrecht
abgeleiteten Zahlungsanspruch einzugreifen. Entgegen der Auffassung des SG ist eine
Heilung des Anhörungsmangels nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X in der bis zum
30.12.2000 geltenden Fassung eingetreten. Danach ist die Verletzung der
Anhörungspflicht unbeachtlich, wenn die Anhörung bis zum Abschluss des Vorverfahrens
wirksam nachgeholt worden ist. Nachholung bedeutet, dass dem Beteiligten die für die
Entscheidung maßgebenden Tatsachen so rechtzeitig vor Erlass des
Widerspruchsbescheides bekannt gegeben sind, dass der Beteiligte auf die Entscheidung
der Widerspruchsbehörde noch einwirken kann. Es ist nicht erforderlich, dass eine bisher
nicht ordnungsgemäß durchgeführte Anhörung nach Erlass des Bescheides während des
Widerspruchsverfahrens vollständig neu erfolgt, sondern es genügt, dass die Beklagte im
Bescheid die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen angegeben hat, um von
einem Nachholen der Anhörung im Widerspruchsverfahren auszugehen (BSG, Urteil vom
24.03.1994, 5 RJ 22/93; SozR 3-4100 § 117 Nr. 11). In den Bescheiden vom 12.05.1989,
09.08.1989 und 24.07.1990 sind die entscheidungserheblichen Tatsachen dem Kläger
mitgeteilt worden. Entscheidungserheblich sind alle Tatsachen, die zum Ergebnis der
Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, auf die sich also die Beklagte gestützt hat.
Aus dem Inhalt der drei Bescheide konnte der Kläger die Höhe seines
47
48
49
Zahlungsanspruches, die Höhe des abgetrennten Betrages sowie den vollzogenen
Gläubigerwechsel ersehen. Damit ist der Kläger in die Lage versetzt worden, sich
sachgerecht zur Ermittlung des an die Abtretungsgläubigerin auszuzahlenden Betrages der
Abtretung zu äußern. Entgegen der Auffassung des SG setzt eine wirksame Nachholung
nicht voraus, dass die Beklagte auch einen Widerspruchsbescheid setzt. Zweck der
Anhörung ist, dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, zu der beabsichtigten Entscheidung
Stellung zu nehmen, bevor die Behörde ihre abschließende Entscheidung trifft. Der Zweck
ist schon dann erreicht, wenn die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen dem
Betroffenen bekannt gemacht worden sind und er vor der abschließenden Entscheidung
hinreichend Gelegenheit hatte, dazu Stellung zu nehmen.
Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.
Nach § 53 Abs. 3 SGB I können Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die zur Sicherung
des Lebensunterhaltes zu dienen bestimmt sind, übertragen und verpfändet werden, soweit
sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen. Dies gilt auch
für die Vorausabtretung künftiger, bestimmbarer Forderungen (BSG, Urteil vom 27.11.1991,
4 RA 80/90, SozR 3-1200 § 53 Nr. 2). Bei der Sicherungsabtretung vom 30.03.1981
zugunsten der Abtretungsgläubigerinnen A ... und G ... handelt es sich um eine wirksame
Vorausabtretung künftiger Ansprüche des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Auch ist die Wirksamkeit der Sicherungsabtretung vom 30.03.1981 nicht auf die bei der
Ausführung der Abtretung möglicherweise eintretenden Sozialhilfebedürftigkeit des Klägers
begrenzt (BSG, Urteil vom 29.06.1995, Az.: 11 RAr 109/94, a.a.O.). Vielmehr ist die
Beklagte nach Anzeige der Abtretung verpflichtet gewesen, den von der Abtretung
erfassten Betrag des Rentenanspruches zu errechnen und an die Abtretungsgläubigerin
auszuzahlen. Die unpfändbaren Beträge für Arbeitseinkommen ergeben sich aus § 850 c
ZPO und der als Anlage hierzu aufgestellten Tabelle sowie aus § 850 d ZPO. Vorliegend
handelt es sich nicht um eine Abtretung, die zur Erfüllung eines Unterhaltsanspruches
dient. Damit hat die Beklagte den für das Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren
Betrag unter Anwendung der Anlagen zu § 850 c ZPO zutreffend ermittelt und den aus dem
Vergleich zwischen der Höhe des Rentenanspruches und den Pfändungsfreigrenzen des §
850 c ZPO sich ergebenden Differenzbetrag an die beiden Abtretungsgläubigerinnen A ...
und G ... ausgezahlt. Der Kläger hat gegen die Ermittlung des abzuführenden
Abtretungsbetrages unter Anwendung der in der Anlage zu § 850 c ZPO aufgeführten
Tabelle keine Bedenken im Verfahren geltend gemacht.
Entgegen der Auffassung des SG ist die Beklagte bei Erlass der Bescheide nicht
verpflichtet gewesen zu prüfen, ob die Pfändungsfreigrenzen zugunsten des Klägers in
entsprechender Anwendung der Härteklausel des § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO in der bis
zum 30.06.1992 geltenden Fassung (a.F.) wegen eintretender Sozialhilfebedürftigkeit
heraufzusetzen und damit der dem Kläger verbleibende Betrag zu erhöhen ist. Nach 850 f
Abs. 1 Buchst. a ZPO a.F. kann das Vollstreckungsgericht dem Schuldner auf Antrag von
dem nach den Bestimmungen der §§ 850 c, 850 d und 850 i ZPO pfändbaren Teil seines
Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn besondere Bedürfnisse des Schuldners aus
persönlichen und beruflichen G ...den dies erfordern und überwiegende Belange des
Klägers nicht entgegenstehen. Besondere Bedürfnisse des Schuldners i.S.v. § 850 f Abs. 1
Buchst. a ZPO a.F. liegen vor, wenn der nach § 850 c ZPO pfändungsfreie Teil des
Arbeitseinkommens des Schuldners den Betrag übersteigt, der ihm bei vergleichbaren
Verhältnissen nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) zustehen
würde. Die Vorschrift des § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO a.F. verschafft dem Schuldner die
Möglichkeit, die nach § 850 c ZPO vorgegebenen Pfändungsfreigrenzen durch eine
50
51
Entscheidung des Vollstreckungsgerichts im Zwangsvollstreckungsverfahren anzuheben.
In der sozialgerichtlichen und zivilrechtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die sich
aus der Härteklausel des § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO ergebenden Pfändungsfreigrenzen
auch im Falle der Abtretung von sozialrechtlichen Ansprüchen nach § 53 Abs. 3 SGB I oder
Arbeitseinkommen anzuwenden sind (BSG, Urteil vom 23.05.1995, - 13 RJ 43/93 - a.a.O.;
Urteil vom 29.06.1995, - 11 RAr 109/94 - a.a.O.; OLG Köln, Beschluss vom 18.02.1998, - 12
W 4/98 -, Rechtspfleger 1998, 254; LG Heilbronn, Beschluss vom 10.01.2001, - 1 bC
516/00 -, Rechtspfleger 2001, 190; LG Frankfurt, Beschluss vom 06.04.1999, - 2-9 T 943/98
-; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.1998, - 24 W 67/98 -; LG Mainz, Beschluss vom
06.02.2002, - 8 T 363/01 -; AG Hamburg, Urteil vom 14.04.2000, - 7 C 71/00 -; AG Bad
Wiessee, Urteil vom 13.08.1999, - 1 C 104/99 -, NJW 2000, 1593; Winter, Anwendbarkeit
von § 850 f. ZPO bei Abtretungen, Rechtspfleger 2000, 149). Die Vorschrift dient wie die
übrigen Abtretungsverbote zum Schutz Dritter, denen der Schuldner unterhaltspflichtig ist
oder die ihm gegenüber unterhaltspflichtig werden können sowie der Entlastung der
staatlichen Sozialhilfe (s. allgemein zum Abtretungsverbot in § 400 BGB: BAG, Urteil vom
21.11.2000, - 9 RZR 692/99 -, NJW 2001, 1493).
Die Härteklausel des § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO a.F. ist bei der Errechnung des
Abtretungsbetrages nur auf Antrag des Schuldners zu berücksichtigen. Die Heraufsetzung
der Pfändungsfreigrenzen nach § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO a.F. im
Zwangsvollstreckungsverfahren durch ein Vollstreckungsgericht erfordert den Antrag des
Schuldners und die Vorlage der zum Nachweis der Voraussetzungen erforderlichen
Unterlagen, in der Regel zumindest eine Bescheinigung des zuständigen Sozialamtes über
den Sozialhilfebedarf (vgl. Zöller, ZPO, 22. Aufl., § 850 f Rdnr. 13 m.w.N.). Dies gilt auch im
Fall der Abtretung (BSG, Urteil vom 29.06.1995, - 11 RAr 109/94 -). Fraglich ist, ob der
Kläger überhaupt einen wirksamen substantiierten Antrag nach § 850 f Abs. 1 Buchst. a
ZPO a.F. gestellt hat. Zwar hat er wiederholt seit 1984 pauschal auf die durch die
Auszahlung eines Teils seines Rentenanspruches an seine Abtretungsgläubiger
eingetretene Sozialhilfebedürftigkeit hingewiesen. Konkret hat der Kläger nur in der Zeit
von Januar bis Juli 1988 Sozialhilfe wegen fehlender Weitergewährung der Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit bezogen. Erst im Dezember 1989/Januar 1990 hat er Bescheinigungen
über seinen sozialhilferechtlichen Bedarf der Stadt N ... zu den Akten der Beklagten
gereicht. In den Bescheinigungen ist zwar abstrakt der Bedarf des Klägers und seiner
Ehefrau nach dem BSHG unter Anwendung der Regelsätze ausgewiesen, jedoch ist aus
der Bescheinigung nicht ersichtlich, ob der Kläger oder seine Ehefrau neben der Rente
wegen Erwerbsunfähigkeit noch anderes Einkommen, wie z.B. Wohngeld, Leistungen des
Arbeitsamtes oder des Rentenversicherungsträgers an die Ehefrau des Klägers, erzielt hat,
dass bei der Ermittlung des konkreten Sozialhilfebedarfes zu berücksichtigen ist. Auch hat
der Kläger nach seinen eigenen Einlassungen aufgrund der Vereinbarung vom 06.01.1990
von der Abtretungsgläubigerin G ... die von der Beklagten erhaltenen Beträge ausgezahlt
erhalten bekommem, so dass die durch die Abtrennung von Rentenbeiträgen eingetretene
Sozialhilfebedürftigkeit wieder beseitigt worden ist. Desweiteren hat sich der Kläger mit
Schreiben vom 09.08.1989 mit der Auszahlung von Rentenbeträgen an die
Abtretungsgläubigerinnen G ... und A ... einverstanden erklärt; jedoch im Jahr 1990
gegenüber der Beklagten wiederum seine Sozialhilfebedürftigkeit geltend gemacht.
Insoweit hat sich der Kläger widersprüchlich verhalten.
Nach Auffassung des Senats kann jedoch dahinstehen, ob der Antrag des Klägers auf
Heraufsetzung des Pfändungsfreibetrages nach § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO a.F. wirksam
ist. Denn die Beklagte ist nicht befugt, den Pfändungsfreibetrag nach § 850 f Abs. 1 Buchst.
a ZPO durch Verwaltungsakt im Verhältnis zum Versicherten heraufzusetzen und damit
52
53
den von der Abtretung erfassten Betrag zu mindern, also in die Rechte des Zessionars
einzugreifen. Es obliegt zwar jedem Sozialleistungsträger als Schuldner des abgetretenen
Geldleistungsanspruches (Drittschuldner) in Ausfüllung der zulässigen Blankettabtretung
einer Sozialleistung den jeweils pfändbaren und damit abgetretenen Betrag in der nach §
53 Abs. 3 SGB I gebotenen analogen Anwendung des § 850 c Abs. 1 und 3 ZPO zu
ermitteln, wobei der Sozialleistungsträger aus G ...den der Rechtsklarheit und Praktikabilität
berechtigt ist, zunächst von abstrakten Unterhaltspflichten auszugehen (BSG, Urteil vom
27.11.1991, 4 RA 80/90, a.a.O.).
In der Rechtsprechung ist nicht geklärt, ob ein Sozialleistungsträger verpflichtet ist, im
Rahmen einer Abtretung die Pfändungsfreigrenzen des § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO auf
Antrag des Versicherten eigenständig zu ermitteln und bei der Berechnung des
abgetretenen Betrages zu berücksichtigen. Der 13. Senat des BSG hat in dem Urteil vom
23.05.1995, - 13 RJ 43/93 -, a.a.O. die Auffassung vertreten, dass ein Sozialleistungsträger
auf Antrag des Versicherten bei der Ermittlung der Höhe des abgetretenen Betrages die
Vorschrift des § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO zu beachten hat und ggf. durch
Verwaltungsakte die bei der Ausführung der Abtretung zu berücksichtigenden
Pfändungsfreigrenzen heraufzusetzen hat. Es sei sachgerecht, dass der
Sozialleistungsträger die Entscheidung nach § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO aufgrund
eigenständigen Prüfungsrechtes treffe, da ihm das SGB den sozialen Schutz bei
Abtretungen anvertraut habe. Es gehöre zum Aufgabenkreis der Sozialleistungsträger, im
öffentlichen Interesse sicher zu stellen, dass den Versicherten die ihnen zustehenden
Sozialleistungen im gesetzlichen vorgesehenen Umfang zufließen. Da die Regelung der
§§ 53, 54 SGB I eine in sich geschlossene eigenständige Regelung für die Abtretung und
Pfändung von Sozialleistungen enthalte, sei es erlaubt, die Verweisung in § 53 Abs. 3 SGB
I auf die Pfändungsvorschriften der ZPO anders zu interpretieren, als die Verweisung in §
400 BGB. Der Sozialleistungsträger habe die Möglichkeit, die für die Feststellung der
Pfändungsfreigrenzen nach § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO erforderlichen Tatsachen zu
ermitteln. Demgegenüber hat der 11. Senat des BSG in der Entscheidung vom 29.06.1995,
- 11 RA 109/94 - ausgeführt, es sei zweifelhaft, wer entscheidet, was dem Zendenten nach
§ 850 f Abs. 1 ZPO im Rahmen einer Abtretung nach § 53 Abs. 3 SGB I zu verbleiben hat,
wenn sich Zedent und Zessionar nicht verständigen. Als Entscheidungsträger kämen das
Vollstreckungsgericht, obwohl eine Vollstreckung nicht stattfindet, anstelle des
Vollstreckungsgerichts das Sozialgericht oder, was allerdings nicht systemgerecht wäre,
der Schuldner ("Drittschuldner"), also der Sozialleistungsträger, in Betracht.
Der Senat schließt sich der Wertung des 11. Senates an, dass die Annahme einer Befugnis
des Sozialleistungsträgers als Drittschuldner die pfändungsfreien Grenzen des § 850 f Abs.
1 Buchst. a ZPO lediglich auf Antrag des Versicherten ohne vorheriges Einverständnis des
Zessionars durch Verwaltungsakt im Verhältnis zum Versicherten zu Lasten des
Zessionars heraufzusetzen, systemwidrig ist (so auch Elling, Abtretung von
Sozialleistungen, NZS 2000, 281). Zwar ist eine Beteiligung des Zessionars als Dritter in
einem solchen Verfahren nach § 12 SGB X möglich, so dass der Zessionar gegen eine ihm
belastende Entscheidung gerichtlichen Rechtsschutz vor den Sozialgerichten in Anspruch
nehmen kann. Die Berücksichtigung der erhöhten Pfändungsfreigrenzen nach § 850 f Abs.
1 Buchst. a ZPO greift aber in die Rechte des Zessionars ein. Dem Sozialleistungsträger
werden somit als Drittschuldner im Rahmen der Abtretung, also der Beitreibung einer nicht
titulierten Forderung, weitergehende Rechte eingeräumt als dem Drittschuldner einer
titulierten Forderung. Während der Sozialleistungsträger bei der Beitreibung einer titulierten
Forderung an den im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ausgewiesenen Betrag
gebunden ist, die erhöhten Pfändungsfreigrenzen nach § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO erst
54
55
56
nach einer entsprechenden Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes beachten darf, soll
nach Auffassung des 13. Senates der Drittschuldner aufgrund eigenständigem
Prüfungsrechtes die erhöhten Pfändungsfreigrenzen auf Antrag des Zedenten, also
aufgrund einer einseitigen Erklärung, im Rahmen der Abtretung berücksichtigen. Dies führt
zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung des Zedenten gegenüber dem
Pfändungsschuldner, der sich gegen über dem Sozialleistungsträger als Drittschuldner
nicht auf § 850 f Abs. 1 Buchst. a ZPO berufen kann, sondern das Verfahren nach § 850 f
ZPO vor dem Vollstreckungsgericht betreiben muss.
In der zivilrechtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass im Rahmen einer Abtretung die
Ermittlung des von der Abtretung erfassten Einkommens unter Beachtung der
Pfändungsfreigrenzen des § 850 f ZPO nicht im Verhältnis zwischen Drittschuldner und
Zedent zu klären ist (BAG, Urteil vom 06.02.1991, 4 AZR 348/90, BAGE 67, 193), sondern
im Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar. Dabei ist außerdem streitig, ob bei einer
Entscheidung über die Anwendbarkeit von § 850 f Abs. 1 ZPO bei Abtretungen die
Zivilgerichte im Erkenntnisverfahren (OLG Köln, Beschluss vom 18.02.1998, - 12 W 4/98 -;
LG Mainz, Urteil vom 06.02.2002, - 8 C 363/01 -; AG Hamburg, Urteil vom 14.04.2000, - 7 C
71/00 -) oder das Vollstreckungsgericht auf Anrufung des Zedenten (OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 30.09.1998, - 24 W 67/98 -; LG Heilbronn, Beschluss vom 10.01.2001, - 1
bC 516/00 -; BGH, Urteil vom 05.12.1985, IX ZR 9/85, NJW 1986, 1362; siehe auch Winter,
Anwendbarkeit von § 850 f. ZPO bei Abtretungen a.a.O.) zuständig ist. Einem Versicherten
steht als Zedent die gleiche Möglichkeit offen, die Anwendbarkeit des § 850 f Abs. 1
Buchst. a ZPO bei der Abtretung einer Sozialleistung im Rahmen einer Klage gegen den
Zessionar vor dem Sozialgericht im Erkenntnisverfahren oder durch Anrufung des
Vollstreckungsgerichtes zu klären. Damit stehen einem Versicherten als Zedent die gleiche
Rechtschutzmöglichkeit offen, wie im Fall der Abtretung von Arbeitseinkommen. Auch
sprechen die G ...de der Rechtsklarheit und Praktikabilität gegen die Annahme einer
eigenständigen Prüfungsbefugnis des Sozialleistungsträgers im Hinblick auf § 850 f ZPO.
Aufgabe des Sozialleistungsträgers als Drittschuldner ist der Vollzug des zwischen den
Vertragsparteien vereinbarten Abtretung. Er ist gehalten, die Wirksamkeit der Abtretung zu
prüfen und die Höhe des abgetretenden Betrages zu ermitteln, wobei er zur Vermeidung
von Regressansprüchen des Zessionars auf eine umgehende Umsetzung der Abtretung
achten muss. Eine Verpflichtung des Sozialleistungsträger, die Pfändungsfreigrenze des §
850 f ZPO im Rahmen der Abtretung erst nach Vorlage einer Einverständniserklärung des
Zessionars oder einer gerichtlichen Entscheidung zu beachten, erleichtert die Umsetzung
von Abtretungen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nach der Härteklausel des § 850
f ZPO nicht nur die pfändungsfreien Grenzen des Schuldners heraufgesetzt (Abs. 1)
sondern auch zugunsten des Gläubigers herabgesetzt (Abs. 2 und Abs. 3) werden können.
Die Vorschrift stellt also keine ausschließliche Schuldnerschutzvorschrift dar. Dem
Sozialleistungsträger steht es frei, einem Versicherten auf die durch die Ausführung der
Abtretung möglicherweise eintretenden Sozialbedürftigkeit hinzuweisen und ihm die
entsprechenden Rechtsschutzmöglichkeiten aufzuzeigen. Damit genügt er seiner
Verpflichtung, den sozialen Schutz des Versicherten zu wahren. Auch ist zu beachten, dass
es einem Versicherten freisteht, ob er einen (künftigen) Sozialleistungsanspruch an einen
Dritten abtritt. Damit obliegt ihm auch die Wahrung seiner Rechte im Verhältnis zum
Zessionar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist gem. § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.