Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 07.10.2003

LSG NRW: anhörung, verfahrensmangel, widerspruchsverfahren, rechtsmittelbelehrung, unterliegen, geldleistung, rechtseinheit, krankenkasse, rechtskraft, rente

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Sachgebiet:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Landessozialgericht NRW, L 16 B 49/03 KR NZB
07.10.2003
Landessozialgericht NRW
16. Senat
Beschluss
L 16 B 49/03 KR NZB
Sozialgericht Münster, S 15 (3) KR 206/01
Krankenversicherung
rechtskräftig
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des
Sozialgerichts Münster vom 12. Juni 2003 wird zurückgewiesen. Kosten
des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist zunächst die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Stellung
eines Rehabilitationsantrags streitig gewesen. Nachdem der zuständige
Rentenversicherungsträger entsprechende Leistungen sowie die Gewährung einer Rente
abgelehnt hatte, hat die Klägerin ihre Klage auf die Verurteilung der Beklagten zur
Erstattung der Kosten des Vorverfahrens beschränkt. Mit Urteil vom 12.06.2003 hat das
Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen, ohne die Berufung hiergegen zuzulassen.
Die gegen die Nichtzulassung der Berufung gerichtete Beschwerde ist zulässig. Da die
geschätzten Kosten des Widerspruchsverfahrens 500 Euro nicht übersteigen, bedarf die
Berufung nach § 144 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Zulassung.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet, weil Zulassungsgründe i.S.d. § 144 Abs. 2 SGG
nicht vorliegen. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des
Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser
Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender
Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen
kann. Der Rechtssache kommt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deswegen
grundsätzliche Bedeutung zu, weil zu klären sei, inwieweit eine Anhörung (§ 24 Zehntes
Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -) bei entsprechenden Aufforderungen seitens der
Krankenkasse erforderlich ist. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage i.S.d. § 144
Abs. 2 Nr. 1 SGG nur dann, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage
aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten
und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum
SGG, 7. Aufl., Rdn. 28 zu § 144). Dies ist hier nicht der Fall, weil auch das SG nicht das
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Erfordernis einer Anhörung verneint, sondern lediglich wegen der besonderen Umstände
des Einzelfalls eine ausreichende Anhörung angenommen hat. Auch die Klägerin hat aber
nichts vorgetragen, warum über ihren Einzelfall hinaus dieser Auffassung des SG
Bedeutung zukommen könnte.
Entgegen der Auffassung der Klägerin weicht das Urteil des SG auch nicht von der
Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) über die Zulässigkeit der Berufung bei
Streitigkeiten über die Kosten des isolierten Vorverfahrens (SozR 3-1500 § 144 Nr. 13) ab.
Nach letzterer Entscheidung unterliegen Streitigkeiten über die Kosten des Vorverfahrens
nicht dem Berufungsausschluss des § 144 Abs. 4 SGG, wonach die Berufung
ausgeschlossen ist, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt. Davon ist aber
ersichtlich auch das SG ausgegangen, wie seine Rechtsmittelbelehrung zeigt. Hätte das
SG nämlich einen Fall des § 144 Abs. 4 SGG angenommen, so hätte die Belehrung dahin
lauten müssen, dass ein Rechtsmittel überhaupt nicht zulässig ist. Dass die Berufung der
Zulassung bedarf, folgt hingegen aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, wie bereits dargelegt.
Dass die Vorverfahrenskosten eine Geldleistung i.S. letzterer Vorschrift sind, hat auch das
BSG in der genannten Entscheidung angenommen (a.a.O. S. 33, dort war aber der
Grenzbetrag von 500,- Euro bzw. 1.000,- DM wegen einer Vielzahl von
Widerspruchsverfahren überschritten).
Schließlich liegt auch der gerügte Verfahrensmangel nicht vor. Ein solcher ist i.S.d. § 144
Abs. 2 Nr. 3 SGG nur bei einem Verstoß gegen eine Vorschrift anzunehmen, die das
sozialgerichtliche Verfahren regelt, nicht aber das Widerspruchsverfahren (Meyer-Ladewig
a.a.O. Rdn. 32 zu § 144). Die Rechtsauffassung zum Erfordernis der Anhörung des SG
berühren aber nicht das gerichtliche Verfahren.
Die Beschwerde musste daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193
SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.
Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz
3 SGG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).