Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.03.2010
LSG NRW (behandlung, krankenkasse, krankenversicherung, zahnärztliche behandlung, leistung, höhe, bezug, antrag, fahrtkosten, sgg)
Landessozialgericht NRW, L 16 (11) KR 42/08
Datum:
25.03.2010
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 16 (11) KR 42/08
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 44 KR 465/04
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts
Dortmund vom 05. August 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Streitig ist ein Kostenerstattungsanspruch für von Oktober 2000 bis September 2002
erfolgte ärztliche Behandlungen einschließlich weiterer Kosten für
Laboruntersuchungen und privatärztlich verordnete Arzneimittel sowie für Fahrkosten
und Finanzierungskosten.
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Die 1931 geborene Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Ihrem
Vorbringen zufolge litt die Klägerin an multiplen Beschwerden, nachdem ihre Zähne mit
Amalgamfüllungen versorgt und ihr 1992 eine Brücke mit einer Kupfer-Palladium-
Legierung eingegliedert worden war. Ihre Beschwerden führte die Klägerin auf eine
Schwermetallbelastung durch Verwendung minderwertigen Zahnersatzmaterials zurück.
Nach Darstellung der Klägerin konnten die von ihr zunächst konsultierten Ärzte (u.a. in
der Universitätszahnklinik Münster) die Ursachen der Beschwerden nicht finden und
hätten ihr die erforderliche Behandlung verweigert.
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Aufgrund eines Berichts im Fernsehen begab sich die Klägerin 1995 in Behandlung bei
Prof. Dr. A, der Chefarzt der Frauenklinik des Klinikums St. F in T ist. Nach stationären
Aufenthalten erfolgten seit März 1996 ambulante Behandlungen durch Prof. Dr. A, der
keine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung besitzt. Auf Empfehlung von Prof.
Dr. A begab sich die Klägerin zudem in Behandlung der ebenfalls in T ansässigen
Zahnärztin Dr. C. Nach deren Angaben erfolgte eine Erstuntersuchung der Klägerin im
März 1996 und im Mai desselben Jahres wurde die Behandlung aufgenommen. Mit Dr.
C, bei der die Klägerin seither in regelmäßiger Behandlung ist, vereinbarte sie eine
privatärztliche Behandlung (bis Juli 2000), weil - so die Klägerin - im Rahmen
vertragsärztlicher Behandlung die erforderliche zeitintensive und umfangreiche
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Sanierung nicht möglich gewesen wäre.
Nach Darstellung der Klägerin erkundigte sie sich erstmals im Mai 1996 bei der
Beklagten nach einer Kostenübernahme für die beabsichtigte privatärztliche
Behandlung, die ihr nicht in Aussicht gestellt wurde. Wegen der ihr im Folgenden
entstandenen Behandlungskosten einschließlich Neben- und Fahrtkosten hat sich die
Klägerin erfolglos um Erstattung durch die Beklagte bemüht (ein erster, am 30.06.1996
schriftlich gestellter Antrag wurde mit Bescheid vom 21.08.1996 abgelehnt). Dieser
Bescheid und die nachfolgenden, spätere Behandlungszeiträume betreffenden
Bescheide wurden von ihr mit Klagen angegriffen. Das wegen
Kostenerstattungsansprüchen bis einschließlich November 1996 geführte Verfahren
endete durch Berufungsrücknahme vor dem Landessozialgericht - LSG - Nordrhein-
Westfalen (NRW) (Az.: L 5 KR 116/00). In einem weiteren Rechtsstreit, der
Kostenerstattungsansprüche für den Zeitraum Dezember 1996 bis November 2000
umfasste, hat das LSG NRW (zum Az.: L 5 KR 197/02) die Berufung der Klägerin gegen
das klageabweisende erstinstanzliche Urteil mit Beschluss vom 08. Juni 2004
zurückgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt,
ein Erstattungsanspruch entfalle schon deshalb, weil die Behandlung von der Klägerin
vor Befassung der Beklagten begonnen wurde. Zudem sei die Klägerin bereits im Mai
1996 zur privatärztlichen Behandlung unabhängig von einer Entscheidung der
Beklagten entschlossen gewesen. Die Klägerin habe bewusst das vertragsärztliche
System verlassen und gewollt eine privatärztliche Behandlung durchführen lassen. Eine
gegen diesen Beschluss von der Klägerin beim Bundessozialgericht - BSG - eingelegte
Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg (Entscheidung des BSG vom
30.06.2005, Az.: B 1 KR 61/04 B).
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Im vorliegenden Verfahren wendet sich die Klägerin gegen die Ablehnung ihrer
Kostenerstattungsanträge vom 13.10.2001 (betreffend ihre Kostenaufstellung vom
07.08.2001, die wiederum Behandlungen und damit in Verbindung stehende
Aufwendungen im Zeitraum Oktober 2000 bis Juni 2001 umfasst) und vom 21.03.2003
für von April 2002 bis September 2002 erfolgte Aufwendungen (laut Aufstellung der
Klägerin vom 15.03.2003). Eine Bescheiderteilung hatte die Beklagte zunächst unter
Hinweis auf das anhängige Gerichtsverfahren wegen Kostenerstattung für den
vorangegangenen Behandlungszeitraum abgelehnt (Bescheide vom 26.08. und
04.09.2003). Nach Erhebung einer Untätigkeitsklage erließ die Beklagte sodann den
Widerspruchsbescheid vom 25.11.2004, mit dem sie die von der Klägerin geltend
gemachten Ansprüche in Höhe von 1.262,13 EUR (siehe die unwidersprochen
gebliebenen Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 02.02.2006 zur Höhe des
verfolgten Anspruchs) ablehnte, weil die durchgeführten Behandlungen nicht zum
Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten.
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Den nachfolgenden Behandlungszeitraum bis 2004 betreffend waren von der Klägerin
wiederum erfolglos Kostenerstattungsansprüche bei der Beklagten geltend gemacht
worden. Darüber wird das beim Senat ebenfalls anhängige Verfahren mit dem Az.: L 16
(11) KR 43/08 geführt.
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Mit der gegen den Widerspruchsbescheid vom 25.11.2004 gerichteten Klage vom 10.
Dezember 2004 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, sie habe sich,
nachdem ihr andere Ärzte nicht hätten helfen können, aus letzter Verzweiflung in
privatärztliche Behandlung in T begeben. Trotz ihrer erheblichen Beschwerden hätten
Vertragszahnärzte bei ihr keine erfolgreiche oder auch nur lindernde
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Behandlungsmaßnahme durchgeführt. Es müsse deshalb von einem Systemversagen
der gesetzlichen Krankenversicherung ausgegangen werden.
Mit Urteil vom 05. August 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur
Begründung der Entscheidung hat es ausschließlich auf die zwischen den Beteiligten
ergangene Entscheidung des LSG vom 08.06.2004 zum Az.: L 5 KR 197/02, die
Erstattungsansprüche der Klägerin für den Zeitraum von Dezember 1996 bis November
2000 betraf, Bezug genommen.
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Gegen das ihr am 03.09.2008 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am
02.10.2008 eingelegten Berufung. Zu deren Begründung führt sie aus, das
angefochtene Urteil sei schon deshalb rechtsfehlerhaft ergangen, weil das Sozialgericht
sie nicht darüber in Kenntnis gesetzt habe, dass eine Entscheidung aus einem früheren
Rechtsstreit zum Verfahren beigezogen wurde. Damit habe das Gericht ihr die
Möglichkeit genommen, im laufenden Verfahren eine Stellungnahme zum Inhalt der
früheren Entscheidung abzugeben. Dies verletze ihren Anspruch auf Gewährung
rechtlichen Gehörs. Der im Vorprozess zum Az.: L 5 KR 197/02 ergangenen
Entscheidung des LSG könne nämlich schon deshalb nicht gefolgt werden, weil dessen
Annahme, sie habe sich erst nach Behandlungsbeginn mit der Beklagten wegen einer
Kostenübernahme in Verbindung gesetzt, unzutreffend sei. Im Übrigen hätte sie die
vertragszahnärztliche Behandlung trotz deren Erfolglosigkeit nicht verlassen, wenn ihr
von der Beklagten die erforderlichen Informationen bezüglich weiterer Untersuchungs-
und Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt worden wären. Sie wäre jederzeit bereit
gewesen, die private zahnärztliche Behandlung zu Gunsten einer
vertragszahnärztlichen Behandlung aufzugeben. Auch die im Vorprozess geäußerte
Auffassung des LSG, spätere Behandlungsabschnitte bei Dr. C seien untrennbar mit
den vorangegangenen Behandlungsmaßnahmen verknüpft, sei unzutreffend.
Insbesondere habe sich die Notwendigkeit späterer Eingriffe erst zu späteren
Zeitpunkten (beispielsweise beim Eintreten erneuter Entzündungen und Eiterherde)
ergeben. Fest stehe jedenfalls, dass ihr vom vertragsärztlichen Leistungssystem nicht
die vom Gesetz her vorgesehene medizinisch notwendige Heilbehandlung gewährt
worden sei, und zwar schon deshalb nicht, weil die von ihr aufgesuchten
Vertragszahnärzte nicht einmal die Ursache ihrer Erkrankung hätten erkennen können.
Prof. Dr. A sei der erste Arzt überhaupt gewesen, der die richtige Diagnose gestellt
habe. Sie sei das Opfer krankmachender Zahnmetalle geworden und habe sich erst,
nachdem das Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung ihr jegliche Hilfe
versagt habe, aus voller Eigenverantwortung heraus und entschlossen dafür
entschieden, den Weg in die private Behandlung zu gehen.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
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das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 05.08.2008 sowie die Bescheide der
Beklagten vom 26.08. und 04.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
25.11.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Kosten in Höhe von
insgesamt 1.262,13 Euro zu erstatten.
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Aus dem Vorbringen der Beklagten ist der Antrag zu entnehmen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf den übrigen Akteninhalt und insbesondere die vorbereitenden Schriftsätze der
Beteiligten Bezug genommen.
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Die den Vorgang betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des
Sozialgerichts Dortmund mit den Az.: S 44 KR 465/04 und S 13 (41) KR 140/99 haben
dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
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Entscheidungsgründe:
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Der Senat konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil
entscheiden, weil die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 153 Abs. 1
i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
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Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der
Klägerin ist nicht begründet.
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Das angefochtene Urteil ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das
Sozialgericht hat die Klage gegen die streitbefangenen Bescheide zu Recht
abgewiesen.
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Die geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche stehen der Klägerin nicht zu. Als
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin kommt nur § 13 Sozialgesetzbuch
Fünftes Buch - SGB V - in Betracht. Gemäß § 13 Abs. 1 SGB V darf die Krankenkasse
anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit dies im
SGB V oder im SGB IX vorgesehen ist.
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Die Voraussetzungen des in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V geregelten
Kostenerstattungsanspruchs liegen nicht vor. Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen
oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die
selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der
entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Ein
Kostenerstattungsanspruch setzt mithin u.a. voraus, dass dem Versicherten durch eine
nicht rechtzeitige Leistungsgewährung oder eine zu Unrecht erfolgte
Leistungsablehnung seitens der Krankenkasse Kosten entstanden sind. Erforderlich ist
somit ein Kausalzusammenhang zwischen der rechtswidrigen Ablehnung durch die
Krankenkasse und der Kostenlast des Versicherten (ständige Rechtsprechung des BSG
s. Urteil vom 22.03.2005, B 1 KR 3/04 R m.w. Rechtsprechungsnachweisen). Der
Versicherte ist deshalb grundsätzlich verpflichtet, sich vor der Inanspruchnahme einer
Behandlung außerhalb des Sachleistungssystems der gesetzlichen
Krankenversicherung mit einem entsprechenden Antragsbegehren an seine
Krankenkasse zu wenden und deren Entscheidung darüber abzuwarten.
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Unabhängig davon, ob diese Voraussetzung hier von der Klägerin eingehalten wurde,
stehen ihr die geltend gemachten Ansprüche schon aus anderen Gründen nicht zu. Eine
Kostenerstattung ist nämlich bereits dann ausgeschlossen, wenn die Entscheidung der
Krankenkasse das weitere Geschehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme
einer Leistung nicht mehr beeinflussen konnte. Dies ist dann der Fall, wenn sich der
Versicherte unabhängig vom Verhalten der Krankenkasse endgültig auf eine bestimmte
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Leistungsform festgelegt hat und deswegen eine Entscheidung der Kasse - gleichgültig,
welchen Inhalt sie hat und ob sie vor oder nach Beginn der Behandlung erfolgte - sich
nicht als kausal für die dem Versicherten entstandenen Kosten erweisen kann. Hat sich
ein Versicherter nämlich auf eine bestimmte Behandlung derart festgelegt, dass er sie
auch bei einer Leistungsablehnung des Versicherers und ungeachtet etwaiger
Behandlungsalternativen durchführen will, dann fehlt es an einem ursächliche
Zusammenhang zwischen den entstandenen Kosten und der Entscheidung der
Krankenkasse (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG-, siehe etwa
Urteil vom 19.06.2001 zum Az. B 1 KR 3/00 R mit weiteren
Rechtsprechungsnachweisen). Diesen erforderlichen Kausalzusammenhang sieht der
Senat hier nicht als gegeben an. Das erkennende Gericht schließt sich vielmehr der
auch vom 5. Senat im Beschluss vom 08.06.2004 - L 5 KR 197/02 - vorgenommenen
Beurteilung an und ist davon überzeugt, dass die Klägerin bereits nach einer ersten
Kontaktaufnahme mit Prof. Dr. A und Dr. C völlig unabhängig von einer Entscheidung
der Beklagten entschlossen war, ihre Behandlung auf Dauer bei diesen Ärzten
durchzuführen. Maßgeblich dafür sind neben den bereits im Beschluss vom 08. Juni
2004 dargestellten Gründen, auf die der Senat ausdrücklich Bezug nimmt, auch die im
vorliegenden Rechtsstreit gewonnenen Erkenntnisse. Zwar wurde vom
Bevollmächtigten der Klägerin in der Berufungsbegründung geltend gemacht, sie - die
Klägerin - sei jederzeit bereit gewesen, die begonnene privatärztliche Behandlung zu
Gunsten einer vertragsärztlichen aufzugeben. Der Senat sieht dieses Vorbringen jedoch
in Anbetracht der von der Klägerin persönlich im Verfahren gemachten Angaben als
widerlegt an. Aus dem von der Klägerin im weiteren Verfahren L 16 (11) KR 43/08
eingereichten Schriftsatz vom 20. Juni 2009 wird beispielsweise deutlich, dass sie aus
Enttäuschung über das Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung,
welches ihr - nach ihrer Auffassung - "jegliche Hilfe versagt hatte", sich aus voller
Eigenverantwortung für sich selbst entschlossen hatte, "den Weg über die private
Behandlung zu gehen". Die Klägerin bestätigt in diesem Zusammenhang ausdrücklich,
dass sie dies - wie im Beschluss des LSG vom 08.06.2004 formuliert - entschlossen
getan habe. Auch ihr weiteres Vorbringen "Professor Dr. A war der erste Arzt, der die
einzig richtige Diagnose für mich stellte!" belegt mit hinreichender Deutlichkeit, dass
sich die Klägerin nur noch von den von ihr favorisierten Ärzten in T behandeln lassen
wollte. Dies folgt auch aus ihrer Einlassung im Schriftsatz vom 01.03.2009, sie könne
sich nicht vorstellen, was aus ihr geworden wäre, wenn sie die Behandlung in T
abgebrochen hätte. Ein weiterer Beleg dafür ergibt sich aus Folgendem: Im hier
streitbefangenen Zeitraum waren die wesentlichen ärztlichen Behandlungsmaßnahmen
längst abgeschlossen. Dies läßt sich aus der Höhe der hier vorgelegten
Arztrechnungen, die im Vergleich zu vorangegangenen Behandlungszeiträumen
verhältnismäßig geringe Beträge ausweisen, entnehmen. Dennoch hat sich die Klägerin
auch nach Durchführung der wesentlichen Maßnahmen offensichtlich nie um
wohnortnahe Behandlungsalternativen bemüht, obwohl die Fahrten zum
Behandlungsort zeitaufwändig und kostenträchtig waren. Es kann deshalb keinesfalls
davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bereit gewesen wäre, sich noch von
anderen Ärzten oder in einer andern Weise behandeln zu lassen.
Fehlt die gemäß § 13 Abs. 3 SGB V erforderliche Kausalität zwischen der Entscheidung
der Beklagten und den der Klägerin entstandenen Kosten schon aufgrund des
feststehenden Entschlusses der Klägerin zur Durchführung der privatärztlichen
Behandlung, konnte offen bleiben, ob die 1996 ergangene ablehnende Entscheidung
der Beklagten vor Behandlungsbeginn erfolgt ist und ob die seither stattgefundenen
Behandlungen sich als einheitlicher Behandlungsvorgang darstellen. Falls kein
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einheitlicher Behandlungsvorgang gegeben ist - wovon auszugehen sein dürfte - , fehlt
es im Übrigen offensichtlich an der erforderlichen Entscheidung der Krankenkasse zur
Kostenübernahme, denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Klägerin vor
Durchführung der hier fraglichen Behandlungen erneut mit einem Antrag auf
Leistungsgewährung an die Beklagte gewendet haben könnte. Sie hat vielmehr alle ihr
bzw. ihren Ärzten erforderlich erscheinenden Behandlungen außerhalb des
Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenkassen durchgeführt und allein eine
spätere Kostenerstattung angestrebt. Dabei handelte es sich ersichtlich nicht um
besonders eilbedürftige und damit unaufschiebbare Maßnahmen, die ihr durch die
Beklagte nicht rechtzeitig hätten gewährt werden können. Die Erforderlichkeit eines
weiteren Leistungsgewährungsantrags und einer darauf beruhenden Entscheidung der
Beklagten entfällt auch nicht deshalb, weil die Klägerin aufgrund des bisherigen
Verhaltens der Krankenkasse mit einer Ablehnung des Leistungsbegehrens hätte
rechnen müssen. In seiner Entscheidung vom 14.12.2006 zum Az.: B 1 KR 8/06 R hat
das BSG diesbezüglich nochmals ausdrücklich ausgeführt, aufgrund des im Gesetz
unmissverständlich formulierten Ursachenzusammenhangs könne dem Erfordernis
einer erneuten Antragstellung nicht der Einwand eines vermeintlichen "Formalismus"
entgegengehalten werden. Das Gesetz sehe eine Kostenerstattung nur dann vor, wenn
tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt werden könne. Dies festzustellen sei
jedoch nicht die Sache des Versicherten, denn nur die Krankenkasse habe in der Regel
einen vollständigen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die
vorhandenen Versorgungsstrukturen und könne damit zuverlässig beurteilen, ob die
begehrte Behandlung überhaupt zu den Leistungen der Krankenversicherung gehöre
und ob sie bejahendenfalls in dem bestehenden Versorgungssystem realisiert werden
könne. Diesen höchstrichterlichen Vorgaben entspricht das Verhalten der Klägerin, die
offensichtlich der Auffassung ist, es reiche aus, nach durchgeführten Behandlungen die
Rechnungen an die Krankenkasse zur Erstattung einzureichen, nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen keine Anhaltspunkte für ein
Systemversagen der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Es ist nichts dafür
ersichtlich, dass die von ihr geklagten Gesundheitsbeschwerden nur außerhalb des
Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung privatärztlich erfolgreich
behandelt werden konnten.
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Die Beklagte hat auch zu Recht die Übernahme von Fahrtkosten abgelehnt. Kosten für
Fahrten sind von der Krankenkasse nur dann zu übernehmen, wenn sie im
Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig sind (so die
Gesetzeslage bis 31.12.2003) bzw. aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig
sind (§ 60 Abs. 1 Satz 1 in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung). Die
Voraussetzungen für eine Fahrtkostenerstattung liegen hier bereits deshalb nicht vor,
weil - wie oben ausführlich dargelegt - die Fahrten der Klägerin nach T nicht im
Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse entstanden sind. Zudem ist eine
Übernahme von Fahrtkosten bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten
Krankenbehandlung ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse grundsätzlich nur
dann gemäß § 60 Abs. 2 SGB V möglich, wenn dadurch eine an sich gebotene
vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird.
Auch an dieser Voraussetzung fehlt es hier.
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Für die geltend gemachten Finanzierungskosten fehlt es an einer sozialrechtlichen
Anspruchsgrundlage. In Betracht kämen allenfalls Amtshaftungsansprüche, die – worauf
die Klägerin bereits im Verfahren L 5 KR 197/02 hingewiesen wurde - bei den
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Landgerichten geltend zu machen sind (§ 17 Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz).
Die von der Klägerin gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs im erstinstanzlichen
Verfahren konnte unabhängig davon, ob sie tatsächlich vorgelegen hat, nicht zu einem
Erfolg des Berufungsverfahrens führen. Denn der gerügte Verstoß ist jedenfalls im
Berufungsverfahren geheilt worden, weil die Klägerin die von ihr auch wahrgenommene
Gelegenheit hatte, darzulegen aus welchen Gründen sie die vom Sozialgericht in Bezug
genommene Entscheidung des Landessozialgerichts für unzutreffend hält.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil Gründe i.S.v. § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und
2 SGG nicht vorliegen.
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