Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 18.02.2009

LSG NRW: stiftung, gleichbehandlung im unrecht, medizinische indikation, psychotherapie, klinik, notfall, psychologie, versorgung, verhaltenstherapie, behandlungsbedürftigkeit

Landessozialgericht NRW, L 11 KR 43/07
Datum:
18.02.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 11 KR 43/07
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 44 KR 414/04
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts
Dortmund vom 20.03.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision
wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten in Höhe von 7.948,17 EUR, die
durch eine ambulante Psychotherapie in der Zeit vom 17.03.2004 bis 03.12.2004 in der
D Stiftung für Klinische Psychologie in N entstanden sind.
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Die 1972 geborene Klägerin litt unter einer schwerwiegenden Zwangsstörung. Mit einer
bei der Beklagten am 25.03.2004 eingegangenen Bescheinigung ihrer behandelnden
Psychotherapeutin X beantragte sie die Kostenübernahme für eine Behandlung in der
D-Stiftung. Die in der Zeit vom 01.08.2003 bis zum 12.03.2004 durchgeführten
tiefenpsychologisch fundierten Einzeltherapien hätten nicht zu einer Verbesserung der
Symptomatik geführt, es sei vielmehr deutlich geworden, dass das ambulante Setting
mit ein bis zwei Sitzungen pro Woche nicht ausreichend sei, um die resistenten
Zwangshandlungen und -gedanken zu beeinflussen. Aus therapeutischer Sicht sei
daher eine zeitlich viel intensiverere Betreuung, insbesondere auch im häuslichen
Umfeld, dringend empfohlen. Eine solche biete die D-Stiftung an.
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Mit Schreiben vom 19.04.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte zur
Begründung aus, die D-Stifung sei kein Vertragskrankenhaus, so dass eine
Kostenübernahme nicht in Betracht komme. Ambulante psychotherapeutische
Leistungen würden grundsätzlich nur von Vertragsbehandlern erbracht. Der Klägerin
werde anheim gestellt, sich um einen entsprechenden Therapieplatz zu bemühen. Ihren
dagegen gerichteteten Widerspruch vom 10.05.2004 begründete die Klägerin im
Wesentlichen damit, in vergleichbaren Fällen sei eine Kostenübernahme durch andere
Kassen (IKK Schleswig-Holstein) erfolgt. Ergänzend trug sie vor, nur bei der D-Stiftung
sei ein kurzfristiger Termin im Rahmen einer Intensiv-Therapie möglich gewesen. Die
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Therapie habe am 19.04.2004 begonnen und bereits innerhalb von drei Wochen einen
derartigen Erfolg gezeigt, dass sie zum 01.06.2004 eine Vollzeittätigkeit als Dipl.-Ing.
habe aufnehmen können. Vertragsbehandler könnten eine solche Therapie nicht
anbieten, außerdem sei eine Wartezeit zwischen sechs und acht Monaten in Kauf zu
nehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die Inanspruchnahme von psychotherapeutischen Leistungen zu Lasten der
Krankenkassen sei grundsätzlich nur mittels der im Rahmen der vertragsärztlichen
Versorgung zugelassenen Psychotherapeuten zulässig. Diese Voraussetzungen erfülle
die D-Stiftung nicht. Eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches
(SGB) V komme nicht in Betracht, da die Vorschrift voraussetze, dass die Klägerin als
Versicherte anstelle der Sach- oder Dienstleistung eine Kostenerstattung gewählt habe.
Das sei aber nicht der Fall. Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen für einen
Notfall nicht vor, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Kostenerstattung nicht
in Betracht komme.
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Hiergegen richtete sich die am 21.10.2004 erhobene Klage, mit der die Klägerin ihr
Begehren weiter verfolgte. Sie habe seit mehreren Jahren unter Zwängen schwersten
Ausmaßes gelitten. Aus diesem Grunde sei sie zuletzt vollständig an der Ausübung
ihrer beruflichen Tätigkeit gehindert gewesen, die Behinderungen hätten sich auch in
ihrem Privatleben ausgewirkt. Im Wesentlichen seien die Zwänge geprägt gewesen von
der Furcht, sich mit verschiedenen Krankheitserregern zu kontaminieren, wobei das
Aids-Virus eine zentrale Rolle gespielt habe. Aus diesem Grunde habe es sich zu
Beginn der Inanspruchsnahme der streitbefangenen Leistungen um einen Notfall
gehandelt. Sie sei auf diese Leistungen angewiesen gewesen, da sie diese im Rahmen
der vertragsärztlichen bzw. -psychotherapeutischen Versorgung nicht hätte in Anspruch
nehmen können. Die Einzelsitzungen hätten in der Zeit vom 17.03.2004 bis 03.12.2004
stattgefunden und insgesamt Kosten in Höhe von 7.948,17 EUR verursacht.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.04.2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 21.09.2004 zu verurteilen, an sie 7.948,17 EUR nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basissatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Ergänzend zur Begründung des Widerspruchsbescheides hat die Beklagte vorgetragen,
die X Klinik in E - Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin -, Abteilung
für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, habe ihr unter dem 28.02.2005
durch Prof. Dr. I mitgeteilt, von dort aus seien tiefenpsychologische Psychotherapie
sowie Verhaltenspsychotherapie angeboten worden. In der Zeit zwischen April und Juni
2004 wäre eine sofortige oder kurzfristige Aufnahme möglich gewesen. Aus diesem
Grunde könne auch nicht von einer Versorgungslücke ausgegangen werden, die die
Beklagte zu einer Kostenerstattung verpflichte. Im Falle eines Notfalls hätte die
Möglichkeit bestanden, ärztliche oder psychotherapeutische Hilfe im Rahmen einer
Krisenintervention in Anspruch zu nehmen. Die Klägerin habe aber den
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Beschaffungsweg nicht eingehalten, denn sie habe der Entscheidung der Beklagten
vorgegriffen, indem sie sich eine Leistung außerhalb des Sachleistungssystems selbst
beschafft und somit das Verfahren unmittelbar in das Stadium der Kostenerstattung
verlagert habe. Der Umstand, dass hier einzelne Behandlungen erst nach Erlass der
angefochtenen Bescheide in Anspruch genommen worden seien, ändere an dieser
Einschätzung nichts, denn es handele sich um ein Behandlungskonzept, das als
Ganzes betrachtet werden müsse.
Mit Urteil vom 20.03.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte
habe die Kostenerstattung zu Recht abgelehnt. Mangels wahlweiser Kostenerstattung
anstelle der Sach- oder Dienstleistungen komme eine Kostenerstattung allein nach § 13
Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht
gegeben, denn es liege weder eine unaufschiebbare Leistung vor, die die
Krankenkasse nicht rechtzeitig habe erbringen können noch seien der Klägerin durch
eine zu Unrecht abgelehnte Leistungsgewährung Kosten entstanden. Anhaltspunkte für
eine Unaufschiebbarkeit der selbst beschafften Leistungen gäbe es nicht, hierzu
verweise die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten. Der
Kausalzusammenhang zwischen einer zu Unrecht abgelehnten Leistungsgewährung
und deren Inanspruchnahme sei nicht gegeben, denn die Klägerin habe nicht die
abschließende Entscheidung der Beklagten abgewartet, sondern sich ohne weiteres der
offenbar von vorn herein beabsichtigten privaten Verhaltenstherapie in der D-Stiftung
unterzogen. In dem Zusammenhang sei es unbeachtlich, dass die Klägerin einen, wenn
auch nur geringen Anteil der selbstbeschafften psychotherapeutischen Leistung erst
nach Bekanntgabe des ablehnenden Widerspruchsbescheides in Anspruch genommen
habe, denn es handele sich bei sämtlichen selbstbeschafften Einzelleistungen um
solche, die Gegenstand eines einheitlichen Behandlungskonzeptes seien und aus
diesem Grunde auch nur einheitlich bewertet werden könnten (BSG, Urteil vom
16.09.1997 - 1 RK 28/95 -). Das Nichteinhalten des Beschaffungsweges führe zu dem
Ergebnis, dass die Klägerin die Kosten für die selbst beschaffte Leistung auch selbst zu
tragen habe. Eine Erstattungspflicht der Beklagten komme auch nicht unter dem
Gesichtspunkt einer bestehenden Versorgungslücke in Betracht. Zum einen sei der
Bedarf nach diesen von der Klägerin gewünschten besonderen Versorgungsformen
durch nichts hinreichend medizinisch belegt oder gar mit einer an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit bewiesen. Aus der Bescheinigung der Psychologin und
Psychotherapeutin X ginge lediglich eine dringende Empfehlung hervor, nicht jedoch
eine hieb- und stichfest begründete medizinische Indikation. Zum anderen sei der
Auskunft der X Klinik in E zu entnehmen, dass dort im streitigen Zeitraum eine
entsprechende Therapie im Rahmen einer vollständigen Krankenhausbehandlung
innerhalb des Leistungsspektrums der gesetzlichen Krankenversicherung hätte in
Anspruch genommen werden können. Außerdem dürfe durch den nach
Inanspruchnahme der selbst beschafften Leistung eingetretenen Behandlungserfolg
nicht ohne weiteres auf einen möglicherweise ursprünglich bestehenden Bedarf der
Klägerin nach einer Intensiv-Therapie sowie einer solchen Therapie innerhalb des
häuslichen Umfeldes geschlossen werden. Die Klägerin habe vielmehr durch ihr
eigenmächtiges Verhalten das Bestehen einer etwaigen ursprünglichen Bedarfslage
beseitigt, so dass sich die Unaufklärbarbeit dieser Bedarfslage im Rahmen der
objektiven Beweislast zu ihrem Nachteil auswirken würde. Unerheblich sei auch der
Hinweis der Klägerin, andere Krankenkassen würden die Kosten übernehmen, denn es
gebe keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
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Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 18.05.2007. Das Sozialgericht
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habe zu Unrecht die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGG V abgelehnt, denn es
hätten Anhaltspunkte für eine Unaufschiebbarkeit der selbstbeschafften Leistung
bestanden. Eine akute Behandlungsbedürftigkeit habe vorgelegen, da sie seit mehreren
Jahren unter entsprechenden Zwängen schwersten Ausmaßes gelitten habe, die sie im
beruflichen und häuslichen Bereich beeinträchtigt hätten. Darüber hinaus habe eine
akute Gefährdung ihrer Gesundheit bestanden. Sie habe aufgrund der
Zwangsstörungen ständig ihre Hände waschen müssen, teilweise auch mit
Desinfektionsmitteln und scharfen Desinfektionsreinigern. Dies habe dazu geführt, dass
die Haut teilweise blutig gewesen sei. Aus diesem Grunde habe sie sofort behandelt
werden müssen. Ohne diese Behandlung hätte sie erhebliche gesundheitliche Schäden
davon getragen. Die Beklagte habe über den von ihr gestellten Antrag nicht rechtzeitig
entschieden, so dass aus dieser Zwangslage die Behandlung vor endgültiger
Entscheidung der Beklagten habe begonnen werden müssen. Im Übrigen sei das
Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die ersten beiden Termine der D-
Stiftung einem einheitlichen Behandlungskonzept zugeordnet werden müssten, denn es
habe sich bei diesen ersten beiden Terminen nur um sogenannte Vorgespräche
gehandelt, die dazu gedient hätten, abzuklären, ob eine Behandlungsmöglichkeit
gegeben sei und welche Maßnahmen ergriffen werden müssten. Die Behandlung in der
X Klinik in E, auf die die Beklagte verweise, sei aufgrund der stationären Behandlung
angesichts ihres Krankheitsbildes keine hinreichende Therapiemöglichkeit gewesen.
Der bei ihr bestehende Waschzwang sei gerade im häuslichen Bereich von
elementaren Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand gewesen, so dass auch nur
eine häusliche Therapie geeignet gewesen sei, ihrem Krankheitsbild entgegenzutreten.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
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das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.03.2007 abzuändern und die Beklagte
unter Aufhebung des Bescheides vom 19.04.2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 21.09.2004 zu verurteilen, ihr 7.948,17 EUR nebst 5 v. H.
Zinsen über dem jeweiligen Basissatz seit 21.10.2004 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und ist der Ansicht, das
Berufungsvorbringen führe zu keiner abweichenden Entscheidung. Maßgebend sei,
dass in der X Klinik in E in der Zeit zwischen April und Juni 2004 eine sofortige oder
kurzfristige Aufnahme möglich gewesen sei. Für die Versicherten bestehe überdies kein
Anspruch auf Bereithaltung spezieller Gesundheitsleistungen. Im Übrigen sei der Bedarf
nach den von der Klägerin gewünschten besonderen Versorgungsformen medizinisch
nicht hinreichend belegt. Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich auch
um ein einheitliches Gesamtbehandlungskonzept. Dies ergebe sich aus der sich in der
Verwaltungsakte befindlichen Information über den Ablauf einer psychotherapeutischen
Behandlung in der D-Stiftung für Klinische Psychologie.
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Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie auf den
Vortrag der Beteiligten im Übrigen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich
hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht
die Klage abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der
Kosten in Höhe von 7.948,17 EUR für die in der D-Stiftung im streitigen Zeitraum
durchgeführte ambulante Psychotherapie. Hierzu verweist der Senat auf die
zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, die er sich nach Prüfung der
Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
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Auch das Vorbringen der Klägerin zur Begründung ihrer Berufung führt zu keiner
abweichenden Entscheidung. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, sie habe entgegen
den Ausführungen des Sozialgerichts sehr wohl den Beschaffungsweg eingehalten,
weil die Termine vom 17.03.2004 und 26.03.2004 als Vorgespräche und nicht als
Behandlungen zu werten seien, kann die Richtigkeit dieser Behauptung dahingestellt
bleiben. Selbst wenn diese Gespräche keine Einzelleistungen im Sinne einer
therapeutischen Behandlung sind, gehören sie dennoch zum Gesamtkonzept der
Behandlung, da sie einzig den Zweck haben, die erforderlichen inidividuellen
therapeutischen Schritte zu erarbeiten. Dies ergibt sich aus der Information über den
Ablauf einer psychotherapeutischen Behandlung in der D-Stiftung für Klinische
Psychologie vom 15.02.2000. Danach findet nach Übersenden eines
Eingangsfragebogens und Ablauf einer Wartezeit, die nach Zeitpunkt und Ort der
Behandlung unterschiedlich ist, ein Erstgespräch mit dem zuständigen Therapeuten
statt, um den persönlichen Eindruck der Problematik und Erwartungen herauszuarbeiten
und den Therapeuten und das Institut der Stiftung kennenzulernen. Danach wird ein
Termin für eine ca. sechsstündige diagnostische Untersuchung vereinbart, die auf
Wunsch des Patienten am selben Tag wie das Erstgespräch stattfinden kann. Zweck
dieser diagnostischen Untersuchung ist es, mit dem Therapeuten spezielle
psychologische Untersuchungen und Testverfahren herauszuarbeiten, um Hintergründe
und Bedingungen der vorliegenden Störung genauer eingrenzen zu können. In einem
weiteren Gespräch wird dann auf der Grundlage der Ergebnisse der diagnostischen
Untersuchung mitgeteilt, ob und wie die Problematik angemessen behandelt werden
kann. Hierzu wird ein konkreter, auf die persönliche Problemstellung zugeschnittener
Therapievorschlag unterbreitet. Die Durchführung der Gespräche am 17.03.2004 und
26.03.2004 belegt, dass die Klägerin bereits vor der Entscheidung der Beklagten im
Bescheid vom 19.04.2004 entschlossen war, sich der Behandlung in der D Stiftung zu
unterziehen und somit den Beschaffungsweg nicht eingehalten hat.
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Die Voraussetzungen für den von der Klägerin behaupteten Notfall sind nicht gegeben.
Ein Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der zur Inanspruchnahme von
Nichtvertragsärzten berechtigt und im Weiteren einen Kostenerstattungsanspruch
entstehen lässt, liegt vor, wenn eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und
ein an der Versorgung der teilnahmeberechtigter Arzt nicht rechtzeitig zur Verfügung
steht. Das ist vor allem der Fall, wenn ohne eine sofortige Behandlung durch einen
Nichtvertragsarzt Gefahren für Leib und Leben entstehen oder heftige Schmerzen
unzumutbar lange andauern würden (vgl. hierzu Hess. in Kass. Komm. zum SGB V,
Stand August 2004 § 76 Anm. 12). Ausweislich der im Klageverfahren eingereichten
Rechnungen der D-Stiftung, die im Übrigen bereits die Sitzung vom 17.03.2004 als
Verhaltenstherapie bezeichnen, hätte - ausgehend vom Vortrag der Klägerin - nach den
Terminen vom 17.03. und 26.03.2004 die Behandlung erst am 19.04.2004 begonnen,
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während ausweislich der Bescheinigungen der Dipl.-Psych. und Psychotherapeutin X
die dortige Therapie bereits am 12.03.2004 geendet hat. Das zeitliche Intervall vom
12.03.2004 bis 17.03.2004 lässt sich aber schon mit der oben genannten Definition des
Notfalls und der Notwendigkeit, sofortige ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, nicht
vereinbaren. Das gilt umso mehr, wenn nach dem Vortrag der Klägerin die Behandlung
erst am 19.04.2004 begonnen hätte.
Soweit die Klägerin darüberhinaus die Ansicht vertritt, die Behandlung in der X Klinik in
E sei ungeeignet gewesen, weil eine Therapie im häuslichen Umfeld medizinisch
notwendig gewesen sei, nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des
Sozialgerichts und weist darauf hin, dass ausweislich der Bescheinigung der Dipl.-
Psych. und Psychotherapeutin X vom 19.03.2004 aus therapeutischer Sicht eine zeitlich
viel intensivere therapeutische Betreuung dringend empfohlen wird. Hierzu ist
anzumerken, dass eine intensivere Betreuung als im Rahmen eines stationären
Aufenthalts schwerlich denkbar ist. Frau X hat lediglich empfohlen, die Therapie
insbesondere auch im häuslichen Umfeld durchzuführen. Damit ist aber keinesfalls
belegt, dass ausschließlich eine Betreuung im häuslichen Umfeld medizinisch
notwendig gewesen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2
SGG).
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