Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 30.11.2005

LSG NRW: verkehrsmittel, medikamentöse behandlung, behinderung, universität, verfügung, behinderter, gefahr, auto, verlobte, epilepsie

Landessozialgericht NRW, L 12 (12,19) AL 98/03
Datum:
30.11.2005
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 12 (12,19) AL 98/03
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 30 AL 167/01
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 7a AL 24/06 B
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts
Dortmund vom 07.04.2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten um einen Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe.
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Der am 00.00.1969 geborene Kläger hat den Beruf des Gärtners erlernt. Er ist seit dem
01.08.1997 als Bibliotheksarbeiter an der S-Universität C beschäftigt. Von Geburt an
leidet der Kläger an Epilepsie. Das Versorgungsamt Dortmund stellte bei ihm in
Ausführung eines im Streitverfahren S 25 SB 258/98 (SG Dortmund) abgegebenen
Anerkenntnisses ab 16.04.1998 einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 sowie das
Merkzeichen "G" fest (Bescheid vom 17.08.1999). Das Anfallsleiden ist nach einer
gutachtlichen Stellungnahme vom 20.05.1998 mit einem Einzel-GdB von 60 bewertet
worden. Mit Bescheid vom 14.05.2003 stellte das Versorgungsamt darüber hinaus fest,
dass auch die Vorraussetzungen für das Merkzeichen "B" vorliegen. Ein Streitverfahren
vor dem SG Münster (Az. S 6 SB 77/03), das der Kläger mit dem Ziel betreibt, einen GdB
von 80 und das Merkzeichen "H" zu erhalten, ist soweit ersichtlich noch nicht
abgeschlossen.
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Am 12.04.2000 beantragte der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt noch in C gewohnt hat
und im Laufe des Jahres 2000 nach M umgezogen ist, die Gewährung einer
Kraftfahrzeughilfe bei der Beklagten für die Anschaffung eines Neuwagens. Beigefügt
waren ua. zwei Kostenvoranschläge (Opel Corsa; Ford Ka) sowie eine Erklärung der
Frau U, dass sie Transferfahrten mit dem Kläger tätigen werde.
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Mit Bescheid vom 19.12.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seinem Antrag könne
nicht entsprochen werden, weil ihm nach dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom
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24.10.2000 die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei. Die Notwendigkeit
zur Benutzung eines Kraftfahrzeugs aufgrund seiner Behinderung sei damit nicht
gegeben. Sonstige Gründe (z. B. ungünstige Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel,
ungünstige Wegstrecken) würden keinen Förderungsanspruch begründen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er unter Beifügung
einer Stellungnahme des betriebsärztlichen Dienstes der S-Universität C vom
29.04.2000 im Wesentlichen aus, er sei er nur in der Lage seiner Tätigkeit
nachzugehen, wenn zugleich sichergestellt sei, dass er von einem weiteren Mitarbeiter,
der entsprechend zur Hilfeleistung geschult sei, kontrolliert werde. Wie er aber ohne
Aufsicht täglich eine Fahrstrecke von zweieinhalb Stunden je Hin- bzw. Rückfahrt ohne
Begleitung mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen solle, sei unerfindlich. Die nach
wie vor gegebene hohe Anfallshäufigkeit könne er zudem durch den von ihm geführten
Kalender belegen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2001 wies die Beklagte den Widerspruch des
Klägers als unbegründet zurück.
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Dagegen hat der Kläger am 01.06.2001 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage
erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, ihm seien zum Erwerb
eines Kraftfahrzeugs Leistungen nach der Kraftfahrzeughilfeverordnung (KfzHV) zu
gewähren. Bei der Bewertung, ob ihm die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar
sei, sei der Fahrweg M/C/M zugrunde zu legen. Die Wegstrecke von M zur S-Universität
betrage ca. 55 Kilometer. Sofern er öffentliche Verkehrsmittel benutze, benötige er ca.
eineinhalb bis zwei Stunden für eine Fahrstrecke. Aufgrund seines Anfallsleidens sei er
selbst nicht in der Lage, ein Auto zu fahren. Es sei jedoch gewährleistet, dass seine
Verlobte das Kraftfahrzeug für ihn führe. Diese arbeite ebenfalls an der S-Universität C.
Er habe ca. zwei bis dreimal im Monat einen Grand-Mal-Anfall.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.12.2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 08.05.2001 zu verurteilen, ihm eine Kraftfahrzeughilfe
nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat ergänzend ua. vorgetragen, auch Nichtbehinderte seien zum Pendeln zwischen
M und C auf ein KFZ angewiesen. Zudem habe der Kläger selbst zu erkennen gegeben,
dass er durchaus in der Lage sei, öffentliche Verkehrsmittel trotz seiner
gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu benutzen.
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Das SG hat durch Urteil vom 07.04.03 die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger
Kraftfahrzeughilfe zu gewähren. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 91 ff. der
Gerichtsakte) wird Bezug genommen.
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Das Urteil ist der Beklagten am 14.04.2003 zugestellt worden. Am 06.05.2003 hat sie
dagegen Berufung eingelegt, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet: Das SG gehe
in seinem Urteil davon aus, dass dem Kläger die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel
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zwischen M und C aufgrund seines Anfallsleidens nicht zugemutet werden können. Es
sei jedoch letztlich nicht festgestellt, ob der Kläger aufgrund seiner gesundheitlichen
Beeinträchtigungen nicht doch in der Lage sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Der Kläger habe aufgrund seiner Schwerbehinderung am 27.12.1999 beim
Versorgungsamt die entsprechende Ein-Jahres-Wertmarke zu einem Preis von 120,00
DM beantragt. Diesem Antrag sei auch entsprochen worden. Auch die im Rechtsstreit S
25 SB 258/98 eingeholten Gutachten gingen davon aus, dass der Kläger öffentliche
Verkehrsmittel in Anspruch nehmen könne. Nach jetziger Einschaltung ihres ärztlichen
Dienstes sei die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger unter
Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Unterlagen und der Angaben über die
Fahrzeiten (Fahrzeit des Klägers von C Hauptbahnhof bis M Busbahnhof 1 Stunde und
58 Minuten) in der Lage sei, öffentliche Verkehrsmittel zum Erreichen seines
Arbeitsplatzes zu benutzen. Nach dem nervenärztlichen Gutachten des L-
Krankenhauses E vom 28.04.1999, dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom
24.10.2000 und der nervenärztlichen Stellungnahme des Dr. T vom 25.03.2003 gingen
die Gutachter übereinstimmend davon aus, dass die medikamentöse Behandlung der
Epilepsie des Klägers als ungenügend anzusehen sei. Der ärztliche Dienst der
Beklagten sei jetzt zu dem Ergebnis gekommen, dass bei entsprechender
medikamentöser Therapie aus ärztlicher Sicht eine wesentliche Abnahme der
Anfallshäufigkeit zu erwarten sei. Auch Dr. T gehe davon aus, dass der Kläger
öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Er konkretisiere dies nur noch dahingehend,
dass eine Begleitung auf dem Weg zur Arbeit notwendig sei. Die Voraussetzungen für
eine Förderung nach der KfzHV seien somit nicht erfüllt. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV
seien Leistungen nur zu gewähren, wenn der behinderte Mensch infolge seiner
Behinderung auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist. Im vorliegenden
Fall sei es ausreichend, wenn dem Kläger eine Begleitperson zur Seite gestellt werde.
Dem Urteil des SG sei zu entnehmen, dass die Verlobte des Klägers eine
Beschäftigung bei dem gleichen Arbeitgeber, der S-Universität C, ausübe und auch
bereit sei, den Kläger zu fahren, wenn das Kraftfahrzeug bewilligt werde. Insofern sei
aus Sicht der Beklagten ausreichend sichergestellt, dass der Kläger eine Begleitperson
auf dem Wege zur Arbeit habe. Ob dies nun in Form einer Fahrgemeinschaft oder als
Begleiterin bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel erfolge, sei aus Sicht der
Beklagten unerheblich.
Zum Verfahren ist die LVA Westfalen, jetzt Deutsche Rentenversicherung Westfalen,
beigeladen worden, weil der Kläger zwischenzeitlich die versicherungsrechtlichen
Vorraussetzungen zum Erhalt einer Kraftfahrzeughilfe von der Beigeladenen erfüllt. Die
Beigeladene hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.
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Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
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das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.07.2003 zu ändern und die Klage
abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen und Kraftfahrzeughilfe für den Kauf des angeschafften
PKW s in volle Höhe zu bewilligen.
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Er hält das Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, das SG habe nachvollziehbar
und überzeugend dargestellt, dass die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel von M
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nach C bzw. von C nach M für ihn auf Grund seines Anfallsleidens unzumutbar sei. Es
leuchte ein, dass auf Grund der Anfallsfrequenz und der Länge der Fahrtzeit die
konkrete Gefahr bestehe, dass das Anfallsleiden während der Benutzung des
öffentlichen Verkehrsmittels auftrete und dadurch eine Hilflosigkeit eintreten könne.
Diesem Argument trete die Beklagte in keiner Weise in der Berufungsbegründung
entgegen. Tatsächlich habe der Kläger bei Benutzung eines Fahrzeugs grundsätzlich
die Möglichkeit, bei einem akuten Anfall eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus
unmittelbar anzufahren. Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bestehe eine
derartige Zugriffsmöglichkeit nicht. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass er für
seine Fahrstrecke mit dem PKW eine Fahrtzeit von 55 Minuten bei einer Wegstrecke
von 50 km benötige, während die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel die doppelte
Zeit (1,58 Std.) in Anspruch nehme. Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass er die
Voraussetzungen für die begehrte Leistung erfülle. Bei einem GdB von 70 % und
Merkzeichen "G+B" habe er Anspruch auf die Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe gem.
§ 114 Satz 1 Nr. 1 SGB III in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV.
In einem Erörterungstermin am 12.11.2003 hat der Kläger angegeben, dass er bisher an
etwa 10 Tagen im Monat mit der Bahn zur Arbeit fahre. An den anderen Tagen leihe er
ein Auto, von seiner Mutter oder der Mutter seiner Freundin.
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Unter dem 14.11.2003 hat der Kläger einen gebrauchten PKW (Mercedes Benz C 220
CDI Elegance, Erstzulassung Juli 2002) bestellt. Der PKW ist seit Dezember 2003 auf
ihn zugelassen. Dies hat der Kläger am 05.09.2005 dem Gericht mitgeteilt. Bis August
sei er von seiner damaligen Lebensgefährtin, der Zeugin U, und danach von seinem
Vater oder seiner Mutter gefahren worden.
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Beigezogen wurde die Akte S 6 SB 77/03 des SG Münster, die aktuelle medizinische
Unterlagen enthält, insbesondere ein Gutachten vom 26.01.2005 von Dr. T1 vom
Klinikum E. Auf diese in Kopie vorliegende Akte wird Bezug genommen. Wegen der
weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen Bezug genommen
auf den Inhalt der Gerichtsakten, den Inhalt der den Kläger betreffenden
Verwaltungsakten der Beklagten und Beigeladenen sowie der beigezogenen
Vorprozessakten des SG Dortmund mit den Az. S 25 SB 238/96 und S 25 SB 258/98.
Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
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Die Klage ist entgegen der Auffassung des SG unbegründet. Der Kläger ist durch den
angefochtenen Bescheid vom 19.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 08.05.2001 nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt, denn dieser Bescheid ist rechtmäßig. Es besteht
kein Anspruch des Klägers auf Leistungen der Kraftfahrzeughilfe.
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Der Kläger erfüllt nicht die Anspruchsvoraussetzungen nach § 114 Abs. 1 Nr. 1 SGB III
(in Kraft bis 30.06.2001) bzw. nach § 33 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und 6 und Abs. 8 Nr. 1 des
9. Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX),
jeweils i.V.m. der Kraftfahrzeughilfeverordnung (KfzHV). Weil die
Anspruchsvoraussetzungen der KfzHV bereits nicht vorliegen, kann der Senat offen
lassen, ob das SGB IX hier überhaupt schon zur Anwendung kommt, ob die
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Zuständigkeit der Beklagten oder der Beigeladenen gegeben ist und welche
prozessualen Auswirkungen sich daraus ergeben, dass der Kläger mittlerweile einen
gebrauchten PKW - ohne Einschaltung einer Trägers - angeschafft hat, obwohl sein
ursprünglicher Antrag sich auf die Förderung der Anschaffung eines konkreten
Neuwagens bezog.
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 der KfzHV umfasst die Kraftfahrzeughilfe Leistungen zur
Beschaffung eines Kraftfahrzeugs. Die Leistungen setzen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr.
2 KfzHV voraus, dass der Behinderte infolge seiner Behinderung nicht nur
vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um seinen
Arbeits- oder Ausbildungsort oder den Ort einer sonstigen Maßnahme der beruflichen
Bildung zu erreichen, und der Behinderte ein Kraftfahrzeug führen kann oder
gewährleistet ist, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug für ihn führt.
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Der Senat ist entgegen der Auffassung des SG der Überzeugung, dass der Kläger nicht
infolge seiner Behinderung auf die Benutzung eines KFZ angewiesen ist. Die
wesentliche Behinderung des Klägers ist sein Anfallsleiden, wobei - trotz der Zweifel
insbesondere im Gutachten von Dr. T1 vom 26.01.2005, erstellt in dem Verfahren S 6
SB 77/03 für das SG Münster - unterstellt werden kann, dass dieses Leiden in dem vom
Kläger behaupteten Ausmaß besteht. Das Anfallsleiden setzt den Kläger einerseits
außerstande, selbst ein Kraftfahrzeug zu führen, erfordert andererseits aber nach seiner
Auffassung, dass ihm bei Auftreten eines Anfalles schnell geholfen wird, was alleine bei
Nutzung eines KFZ gewährleistet sein soll. Weitere behinderungsbedingte Gründe, die
die Benutzung eines KFZ erforderlich erscheinen ließen, gibt es nicht. So ist die
Gehfähigkeit des Klägers in keiner anderen Weise eingeschränkt.
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Diese Argumentation des Klägers ist nicht schlüssig, denn er ist auf eine Begleitperson
angewiesen, wenn er öffentliche Verkehrsmittel nutzt. Dem ist seitens des zuständigen
Versorgungsamtes durch die Zuerkennung des Merkzeichens "B" Rechnung getragen
worden. Diese Begleitperson wird ihm nach allgemeiner Lebenserfahrung genauso gut,
wenn nicht sogar besser helfen können, wenn auf dem Weg zur Arbeit mit öffentlichen
Verkehrsmittel ein Anfall auftreten sollte. Dem Kläger wird dann nämlich unmittelbar
geholfen werden können, ggf. bis ein Krankentransportwagen zur Verfügung steht, der
ihn - von jedem Bahnhof aus - zu einem Krankenhaus transportieren kann.
Demgegenüber erscheint die Situation, dass der Kläger als Beifahrer, vielleicht sogar
auf der Autobahn, einen Anfall erleidet, wesentlich problematischer: Der Fahrer ist dann
nämlich nicht in der Lage sofort zu helfen, weil er zunächst das KFZ abstellen muss.
Denkbar ist sogar, dass die Situation für den Fahrer selbst und den allgemeinen
Straßenverkehr zur Gefahr wird.
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Soweit der Kläger darauf verweist, es sei schwierig eine Begleitperson zu finden, die ihn
auf dem Weg zur Arbeit begleitet, wenn er öffentliche Verkehrsmittel nutzen muss und
kein eigenes Fahrzeug zur Verfügung hat, so mag dies zutreffen. Dies gilt jedoch für
jeden behinderten Menschen, der auf eine Begleitperson angewiesen ist. Es ist aber
nicht Sinn und Zweck der Kraftfahrzeughilfe sicherzustellen, dass eine ständige
Begleitung zur Verfügung steht, zumal die ständige Begleitung ja gerade die
Schwierigkeiten bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ausgleichen soll (vgl. §
146 Abs. 2 SGB IX).
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Sinn und Zweck der Kraftfahrzeughilfe als Element der Rechts behinderter Menschen
auf Teilhabe ist es im Übrigen, Benachteiligungen auf Grund der Behinderung
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entgegenzuwirken (so schon § 10 Nr. 5 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner
Teil -). Demgegenüber scheint es, dass der Kläger eine Besserstellung gegenüber
Nichtbehinderten anstrebt, die der Zielsetzung der rechtlichen Regelungen nicht
entspricht.
Auf die Berufung der Beklagten ist daher das Urteil des SG zu ändern und die Klage
abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1
oder 2 SGG nicht vorliegen.
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