Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.07.2008

LSG NRW: lebensversicherung, zivilprozessordnung, sparkasse, eingliederung, verfügung, interessenabwägung, versicherungspolice, deckung, glaubhaftmachung, androhung

Landessozialgericht NRW, L 19 B 128/08 AS ER
Datum:
23.07.2008
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
19. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 19 B 128/08 AS ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 35 AS 208/08 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Dortmund vom 18.06.2008 wird zurückgewiesen. Kosten
des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
1
Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller vorübergehend mit seiner
Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter und ab dem 01.09.2007 ihm allein
Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe
des Regelsatzes, zuletzt bis zum 29.02.2008 aufgrund einstweiliger Anordnung des
Sozialgerichts Dortmund. Nachdem die Antragsgegnerin davon Kenntnis erlangt hatte,
dass der Antragsteller über eine Lebensversicherung verfügte, forderte sie den
Antragsteller unter anderem zur Vorlage der Lebensversicherungspolice und einer
aktuellen Bescheinigung über deren Rückkaufwert auf unter Androhung der Versagung
der Leistungen bei Nichteinreichung der Unterlagen. Mit Bescheid vom 10.04.2008
versagte die Antragsgegnerin Grundsicherungsleistungen ab dem 01.03.2008.
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Der Antragsteller hat daraufhin beim Sozialgericht (SG) Dortmund am 18.05.2008 die
vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen beantragt.
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Das SG hat die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin M, als Zeugin gehört und dem
Antragsteller aufgegeben, die Lebensversicherungspolice, eine Bescheinigung der
Versicherung über den aktuellen Rückkaufwert und einen Nachweis über die Abtretung
der Lebensversicherung vorzulegen sowie darzulegen, wovon er seinen
Lebensunterhalt seit November 2007 bestritten habe. Nachdem der Antragsteller eine
nur teilweise lesbare Abtretungsurkunde sowie eine allgemeine Auskunft der
Volksfürsorge über garantierte Leistungen des Versicherers vom 05.06.2008 vorgelegt
hat, hat das SG mit Beschluss vom 18.06.2008 den Antrag mangels Glaubhaftmachung
eines Anordnungsanspruchs abgelehnt.
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Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde rügt der Antragsteller, die
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Versicherungspolice nicht vorlegen zu können, weil diese bei der Sparkasse V zur
Sicherung eines der Mutter seines Kindes gewährten Kredits hinterlegt sei. Eine
Rückkaufswertberechnung habe er nicht erhalten. Seinen Lebensunterhalt bestreite er
durch Betteln.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag zu Recht
abgelehnt, weil der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht
hat.
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Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnung zur
Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
notwendig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu
machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Einen
im Hauptsacheverfahren durchsetzbaren Rechtsanspruch gegen die Antragsgegnerin
hat der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft gemacht.
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Ansprüche können ihm gegen die Antragsgegnerin nur zustehen, wenn er hilfebedürftig
im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II ist. Danach ist hilfebedürftig, wer seinen
Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in
einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus
eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit,
2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die
erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern
anderer Sozialleistungen erhält. Welche Mittel dem Antragsteller zur Deckung seines
Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen, ist nicht feststellbar, weil er weder die ihm vom
Senat gestellten Fragen beantwortet noch die Einholung notwendiger Auskünfte Dritter
ermöglicht hat. Bei dieser Sachlage ist nicht auszuschließen, dass er seine
Einkommens- und Vermögensverhältnisse verschleiert, um Leistungen der
Grundsicherung zu erhalten. Da es dem Antragsteller ein Leichtes wäre, für die
erforderliche Klärung des Sachverhalts zu sorgen, sieht es der Senat im Rahmen der
gebotenen Interessenabwägung als nicht gerechtfertigt an, die Antragsgegnerin zum
Nachteil der Allgemeinheit mit zweifelhaften Ansprüchen des Antragstellers vorläufig zu
belasten.
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Die Beschwerde ist daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG
beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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