Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 24.04.2002
LSG NRW: wiedereinsetzung in den vorigen stand, befund, druck, wahrscheinlichkeit, kernspintomographie, versorgung, arbeitsunfall, läsion, test, sicherheit
Landessozialgericht NRW, L 10 VS 35/00
Datum:
24.04.2002
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 10 VS 35/00
Vorinstanz:
Sozialgericht Aachen, S 12 VS 197/98
Sachgebiet:
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen
vom 21.06.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten
Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der 1970 geborene Kläger begehrt die Anerkennung weiterer
Wehrdienstbeschädigungsfolgen und Versorgung nach einer Minderung der
Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vom Hundert (v.H.) nach dem
Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
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Nach Beendigung seiner Wehrdienstes bei der Bundeswehr (April 1993 bis März 1994)
beantragte er im Juni 1996 bei dem Beklagten Versorgung mit der Begründung,
während des Wehrdienstes 1994 eine Knieverletzung erlitten zu haben. Dem liegt
folgender Sachverhalt zugrunde:
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Nach seinen Angaben rutsche der Kläger am 21.01.1994 während des Dienstes aus
und verdrehte sich dabei das rechte Kniegelenk. Drei Tage später beschrieb
Oberstabsarzt (OSA) Dr. Schxxx einen Erguss des rechten Kniegelenks bei stabilen
Bändern. Der Orthopäde Dr. Gxxxx stellte bei seiner am gleichen Tag durchgeführten
Untersuchung die Diagnose "Verdacht auf Kniebinnenschaden". Er fand einen
ausgeprägten Erguss am rechten Kniegelenk; bei der Punktion wurden 42 ml Blut
entleert; der Bandapparat wird als stabil erscheinend beschrieben (Bericht vom
24.01.1994). Auch am nächsten Tag wurden eine erhebliche Schwellung des
Kniegelenkes mit Binnenerguss sowie ein klinisch stabiler Bandapparat festgestellt
(Bericht des OSA Dr. Bxxxxxxxx vom 25.01.1994). Am 03.02.1994 erfolgte im
Bundeswehrzentralkrankenhaus (BWZK) Koblenz eine Arthroskopie, bei der eine
partielle Läsion des hinteren Kreuzbandes rechts festgestellt wurde. In dem
Untersuchungs- und Arthroskopiebericht des OSA Dr. Bxxxx ist u.a. ausgeführt:
"Klinisch finden sich bei dem Patienten diskrete Meniskuszeichen, der Lachmann ist
negativ. Die Collateralbänder sind stabil" ... "Der Innenmeniskus wird vollständig
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dargestellt und mit Testhaken unterfahren. Eine Läsion findet sich hier nicht.
Anschließend wird der Intercondylarraum inspiziert. Das vordere Kreuzband ist intakt.
Einblutungen oder Verletzungszeichen finden sich nicht. Auch es wird mit Testhaken
unterfahren. Es ist fixiert." ... "Das hintere Kreuzband wird dargestellt. Es ist zu ca. 1/5
ruptiert. Die ruptierten Fasern liegen in loser Anordnung im Knie gelenk. Sie werden
transarthroskopisch reseziert." Anschließend wurden bis zur Entlassung des Klägers
aus der Bundeswehr fünf truppenärztliche Kontrolluntersuchungen durchgeführt.
Am 04.01.1995 erlitt der Kläger an seinem Arbeitsplatz bei der Firma W ... R ... eine
weitere Verletzung des rechten Kniegelenks. Der Orthopäde Dr. Kxxxxxx stellte bei der
Erstuntersuchung einen Bluterguss im Knie fest, punktierte 35 ml blutigen
Gelenkserguss und wies den Kläger zur Arthroskopie ins St.-Antonius-Hospital in
Exxxxxxxxx ein (Bericht des Orthopäden Dr. Kxxxxxx vom 14.01.1995). In dem
Arthroskopiebericht des Leitenden Arztes Dr. Bxxxxx vom 07.01.1995 wird u.a.
ausgeführt: "Das vordere Kreuzband ist in der Intercondylärregion tibial nur noch
rudimentär vorhanden. Hier sind frische Einrisse des Restes zu sehen. Man sieht, dass
das dorsolaterale Bündel des vorderen Kreuzbandes sich auf das hintere gelegt hatte
nun eingerissen ist. Das hintere Kreuzband rechts ist intakt." ... "Es handelt sich um eine
alte vordere Kreuzbandverletzung mit wahrscheinlich stattgehabter subtotaler Ruptur."
Dementsprechend werteten Dr. Achinger, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie des St.-
Antonius-Krankenhauses, und Dr. Bxxxxx in ihrer an die Berufsgenossenschaft (BG)
Druck- und Papierverarbeitung gerichteten Stellungnahme vom 06.03.1995 den Unfall
vom 04.01.1995 als Gelegenheitsursache und führten den Riss des vorderen
Kreuzbandes auf die - anamnestisch bekannte - Kniegelenksverletzung des Klägers
während der Bundeswehrdienstzeit zurück. In deren Folge habe sich eine Instabilität
des rechten Kniegelenkes ausgebildet, so dass das jetzige Unfallereignis einer
austauschbaren Gelegenheitsursache gleichkomme.
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In der Folgezeit erlitt der Kläger zwei weitere Kniegelenksverletzungen (September
1995 und Dezember 1996). Bei der Arthroskopie vom 29.09.1995 wurde erstmals ein
Innenmeniskusriss im Hinterhornbereich festgestellt (Bericht des Chefarztes Goebbels,
St. Josef-Krankenhaus in Lxxxxxx, vom 18.10.1995).
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Die wegen des Unfalls vom 04.01.1995 von dem Kläger in Anspruch genommene BG
Druck und Papierverarbeitung lehnte Ihre Eintrittspflicht unter Hinweis auf die
Beurteilung der Dres. Axxxxxxx und Bxxxxx mit der Begründung ab, dass die bei dem
Kläger am rechten Kniegelenk bestehenden Gesundheitsstörungen auf den bei der
Bundeswehr erlittenen Unfall zurückzuführen seien (Bescheid vom 14.03.1995 und
Widerspruchsbescheid vom 24.04.1996). Der vor dem Sozialgericht (SG) Aachen
deswegen geführte Rechtsstreit (S 4 U 96/96) wurde im Hinblick auf das vorliegende
Verfahren zum Ruhen gebracht.
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Der Beklagte veranlasste eine Untersuchung des Klägers durch den Chirurgen Dr.
Mxxx. Dieser führte aus (Gutachten vom 08.01.1998 und Stellungnahme vom
24.03.1998), dass im Operationsbericht des BWZK ganz ausdrücklich ein intaktes
vorderes Kreuzband bei teilweiser Zerreißung des hinteren Kreuzbandes festgestellt
worden sei. Es habe sich um eine minimale Faserzerreißung gehandelt, die keinen
Dauerschaden hinterlassen habe. Dieser Befund stehe in völliger Übereinstimmung mit
dem klinischen Befund: eine dauerhafte Belastungseinschränkung habe nicht
vorgelegen; es habe wieder Wehrdienstfähigkeit bestanden. Die MdE für die
Faserschädigung des hinteren Kreuzbandes rechts liege unter 10 v.H., es könne nicht
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festgestellt werden, ob die Verletzung des vorderen Kreuzbandes bei dem Arbeitsunfall
oder einem anderen zwischenzeitlich eingetretenen Ereignis entstanden sei.
Mit Bescheid vom 07.04.1998 erkannte der Beklagte eine "Faserschädigung des
hinteren Kreuzbandes rechts" als Wehrdienstbeschädigungsfolge an; eine
Versorgungsrente lehnte er ab, weil eine MdE um wenigstens 25 v.H. nicht bestehe.
Den Widerspruch des Klägers wies er mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.1998
zurück.
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Mit seiner Klage vom 16.09.1998 hat sich der Kläger auf die Feststellungen der BG
Druck- und Papierverarbeitung berufenen und vorgetragen, dass er zwischen dem
Unfall bei der Bundeswehr und dem Arbeitsunfall weder Verletzungen am rechten Knie
erlitten noch Beschwerden gehabt haben. Ärztliche Behandlungen seien deswegen
nicht durchgeführt worden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Ruptur des
rechten vorderen Kreuzbandes bei der Behandlung im BWKZ übersehen worden sei.
Die Ruptur bzw. Teilruptur und darauf beruhend auch der Riss des rechten
Innenmeniskus seien somit Folge seiner Wehrdienst beschädigung.
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Der Kläger hat beantragt,
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unter Abänderung des Bescheides vom 07. April 1998 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 24. August 1998 den Beklagten zu verurteilen, bei ihm
eine Totalruptur des vorderen Kreuzbandes rechts und einen Riss des rechten
Innenmeniskus als weitere Wehrdienstbeschädigungsfolgen an zuerkennen und ihm
seit dem 01. Juni 1996 Versorgungsbezüge nach einer MdE um 25 v.H. zu gewähren.
12
Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Sozialgericht (SG) Aachen hat u.a. einen Befundbericht von Dr. Kxxxxxxx und ein
Gutachten von dem Orthopäden Dr. Rxxxxxx (25.01.2000) eingeholt; ferner hat es Dr.
Rxxxxxx im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.06.2000 angehört.
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Der Sachverständige Dr. Rxxxxxx hat im Wesentlichen ausgeführt, der am 21.01.1994
sofort aufgetretene blutige Kniegelenkserguss sei geeignet, an eine Verletzung des
vorderen Kreuzbandes zu denken, zumal dieses schwächer und verletzlicher sei als das
hintere Kreuzband. Der deutliche Kniegelenkserguss lasse aber nicht zwangsläufig auf
eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes schließen. Im Operationsbericht des BWZK
wurden keine frischen Verletzungszeichen im Inneren des Kniegelenkes und ein
intaktes vorderes Kreuzband beschrieben. Zudem sei bei der klinischen Untersuchung
der Lachmann-Test negativ ausgefallen und die Seitenbänder stabil gewesen; bei einer
Verletzung des vorderen Kreuzbandes sei der Lachmann-Test, der allerdings bei einer
Teilruptur versage, dagegen positiv. Eine komplette Ruptur sei deshalb auszuschließen.
Wenn bei einer nunmehr durchgeführten Kernspintomografie ein intaktes hinteres
Kreuzband festgestellt werden könnte, wäre eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes
bis zu 50 Prozent möglich. Das arthroskopische und das klinische
Untersuchungsergebnis seien in sich stimmig und sprächen gegen eine Verletzung des
vorderen Kreuzbandes bei dem Bundeswehrunfall. Eine Innenmeniskusablösung sei
erst bei der Arthroskopie vom 29.09.1995 beschrieben worden. Ein Zusammenhang mit
der im Januar 1994 erlittenen Knieverletzung ließe sich nur herstellen, wenn im Januar
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1994 das vordere Kreuzband vollständig ruptiert sei; denn nur ein vollständige Ruptur
und nicht schon eine Teilruptur hätten zu einer Instabilität des Kniegelenkes führen
können. Die jetzt vorhandene Instabilität des rechten Kniegelenkes bedinge eine MdE
von 20 v.H.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.06.2000 mit der Begründung abgewiesen, dass
eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes und ein Innenmeniskusriss nicht mit
Wahrscheinlichkeit auf den Unfall bei der Bundeswehr zurückzuführen seien.
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Mit seiner Berufung - dem Kläger wurde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gewährt - trägt der Kläger vor, dass bereits der erste Befund eines großen blutigen
Kniegelenksergusses dafür spreche, dass bei dem Unfall im Januar 1994 das vorderen
Kreuzband geschädigt worden sei. Dies werde durch die Arthroskopie vom 07.01.1995
bestätigt, bei der ein nur noch rudimentär vorhandenes Kreuzband vorgefunden worden
sei. Belege nun eine Kernspintomographie ein intaktes hinteres Kreuzband, stände an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass im Januar 1994 das vordere
Kreuzband geschädigt worden sei.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 21.06.2000 abzuändern und den Beklagten
unter Abänderung des Bescheides vom 07.04.1998 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 24.08.1998 zu verurteilen, bei ihm eine Ruptur des
vorderen Kreuzbandes rechts und einen Riss des rechten Innenmeniskus als weitere
Wehrdienstbeschädigungsfolge anzuerkennen und ihm seit dem 01.06.1996
Versorgungsbezüge nach einer MdE um 25 v.H. zu gewähren.
20
Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
22
Der Senat hat ein Gutachten von Prof. Dr. Pxxxx Universitätsklinikum - Rheinisch-
Westfälische Technische Hochschule Axxxxx eingeholt. Der Sachverständige hat eine
Kernspintomographie des rechten Kniegelenkes veranlasst. In seinem Bericht über die
Kernspintomographie vom 21.12.2001 hat Prof. Dr. Gxxxxxx ausgeführt, dass die
Kontinuität des hinteren Kreuzbandes zwar noch erhalten, es aber insgesamt relativ
schmal und signalhomogen sei und dass dieser Befund in erster Linie zur
anamnestischen Angabe eines Zustandes nach Teilruptur passe. Prof. Dr. Pxxx
(Gutachten vom 18.01.2002) hat eine Schädigung des vorderen Kreuzbandes im Januar
1994 verneint. Der Bericht des BWK sei in sich stimmig. Bei der präoperativen,
klinischen Untersuchung sei keine vordere Schublade im Sinne einer Instabilität des
vorderen Kreuzbandes festgestellt worden, das vordere Kreuzband, das arthroskopisch
gut eingesehen werden könne, sei mit dem Testhaken unterfahren worden und habe
sich stabil gezeigt. Die festgestellte Teilruptur des hinteren Kreuzbandes sei nicht für die
Entstehung der vorliegenden Gesundheitsstörungen ursächlich, da sie für sich keine
wesentliche Instabilität des Kniegelenkes bedinge.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die
Akten des SG Aachen S 4 U 96/96 einschließlich der Verwaltungsvorgänge der BG
Druck und Papierverarbeitung und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen. Diese sind Gegenstand mündlicher Verhandlung gewesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
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Nach § 80 Abs. 1 S. 1 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten
hat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und
wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender
Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Eine
Wehrdienstbeschädigung ist gemäß § 81 Abs. 1 SVG eine gesundheitliche Schädigung,
die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während des Wehrdienstes
erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse
herbeigeführt worden ist. Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer
Wehrdienstbeschädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen
Zusammenhangs (§ 81 Abs. 6 S.1 SVG), die schon gegeben ist, wenn mehr für als
gegen den Ursachenzusammenhang spricht. Diese Beweiserleichterung bezieht sich
nur auf die Kausalität, nicht jedoch auf die anspruchsbegründenden Tatsachen, die die
einzelnen Glieder der Kausalkette darstellen. Die anspruchsbegründenden Tatsachen
müssen nachgewiesen, d.h. ohne vernünftige Zweifel oder mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSGE 63, 271, 273 = SozR 1500 § 128 Nr 34 mwN;
SozR 1500 § 128 Nr 35; BSGE 65, 123f = § 128 Nr 39; BSGE 77, 151, 152 = SozR 3-
3100 § 1 Nr 18; BSG; SozR 3-3200 § 81 Nr 6; BSG, SozR 3850 § 51 Nr 9 und § 52 Nr
1). Dies bedeutet, dass zumindest folgende Tatsachenkomplexe nachgewiesen sein
müssen: die geschützte Tätigkeit, ein schädigendes Ereignis, sowie eine
gesundheitliche (Primär)-Schädigung. Aufgrund dieser Schädigung muss es dann zu
den Schädigungsfolgen gekommen sein.
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Der Senat geht mit dem Beklagten davon aus, dass der Kläger am 21.04.1994 im
Rahmen einer Wehrdienstverrichtung ausgerutscht ist, sich das rechte Knie verdreht
und dabei eine Teilruptur des hinteren Kreuzbandes erlitten hat. Eine weitergehende
Schädigung, nämlich eine totale bzw. subtotale Ruptur des vorderen Kreuzbandes ist
hingegen nicht nachgewiesen. Dies ist nicht einmal wahrscheinlich, denn es spricht
mehr dafür, dass am 21.01.1994 keine Schädigung des vorderen Kreuzbandes
eingetreten ist.
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Als für eine Schädigung des vorderen Kreuzbandes sprechende Umstände kommen in
Betracht:
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1. Der Unfall vom 21.01.1994 war grundsätzlich geeignet, zu einer Schädigung des
vorderen Kreuzbandes zu führen.
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2. Die unmittelbar nach dem Unfall festgestellten Verletzungszeichen, ins besondere der
blutige Kniegelenkserguss, sind geeignet, an eine Verletzung des vorderen
Kreuzbandes zu denken (Dr. Rxxxxxx), zumal dieses schwächer und verletzlicher als
das hintere Kreuzband ist.
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3. Im Arthroskopiebericht vom 07.01.1995 wird ein nur noch rudimentär vorhandenes
vorderes Kreuzband beschrieben.
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Es bestehen indes schon Zweifel, ob diese Umstände - isoliert behandelt- den Schluss
auf eine am 21.01.1994 erlittene Schädigung des vorderen Kreuzbandes zulassen. Die
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grundsätzliche Eignung eines Unfalls, zu bestimmten Verletzungen zu führen, beinhaltet
nämlich nur die Aussage, dass diese Verletzungen nicht von vornherein als Unfallfolge
auszuschließen sind. Sie lässt jedoch nicht die Annahme zu, dass diese Verletzungen
auch eingetreten sind, insbesondere wenn - wie hier - die konkret einwirkenden
Unfallmechanismen nicht festzustellen und auch andere Verletzungen möglich sind. Der
deutliche Kniegelenkserguss ist lediglich ein auf eine Schädigung des vorderen
Kreuzbandes weisendes Indiz, lässt aber nicht zwangsläufig auf eine solche
Schädigung ließen; so kann z.B. auch eine minimale Faserschädigung des hinteren
Kreuzbandes mit Schleimhautverletzung zu einem solchen Erguss führen (Dr.
Rxxxxxxx). Der Bericht über die Arthroskopie vom 04.01.1995, in dem ein nur noch
rudimentärer Rest des vorderen Kreuzbandes beschrieben wird, belegt allenfalls, dass
zu diesem Zeitpunkt bereits eine ältere Vorschädigung des vorderen Kreuzbandes
bestand. Soweit Dres. Axxxxxxx und Bxxxxx allein aufgrund ihres Arthoskopiebefundes
und der Angaben des Klägers auf eine Schädigung des vorderen Kreuzbandes
während der Bundeswehrdienstzeit schließen, ist dies schon deshalb nicht
überzeugend, weil ihnen die 1994 erhobenen Befunde im Einzelnen nicht bekannt
waren. Unabhängig davon ist ihrer Stellungnahme zu entnehmen, dass sie sich mit den
unterschiedlichen Angaben zu dem Hergang des Unfalls vom 04.01.1995 nicht
auseinander gesetzt haben (s. dazu den Bericht vom 14.01.1995 über die erste
Aufnahme der Unfallangaben des Klägers durch Dr. Klaassen am 05.01.1995 und die
von den Dres. Axxxxxxx und Bxxxxx in ihrem Bericht vom 06.03.1995 wiedergegebene
Unfallschilderung). Auch die von diesen Ärzten angenommene Instabilität des rechten
Kniegelenks bestand - wie noch ausgeführt werden wird - nicht.
Diese hiervon herrührenden Zweifel verdichten sich durch die 1994 erhobenen Befunde
nahezu zur Gewissheit. Das Ergebnis der am 03.02.1994 durchgeführten Arthroskopie
sowie die erhobenen klinischen Befunde sprechen entscheidend gegen eine
Schädigung des vorderen Kreuzbandes während der Wehrdienstzeit des Klägers.
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Der Kläger wurde wegen eines Verdachtes auf Kniebinnenschaden in das BWZK
eingewiesen und hierauf zielgerichtet untersucht. Dabei zeigte sich das vordere
Kreuzband intakt, es war mit dem Testhaken unterfahrbar und erwies sich als fixiert. Es
fanden sich keine Einblutungen oder Verletzungszeichen. Auch wenn Dr. Rxxxxxx bei
allen Arthroskopiebefunden eine äußerst zurückhaltende Bewertung für angebracht
erachtet, bestehen keine durchgreifenden Zweifel an dem Untersuchungsergebnis vom
03.02.1994; denn:
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1. keiner der Sachverständigen hat auch nur ansatzweise Anhaltspunkte dafür
aufzuzeigen vermocht, dass das Ergebnis der Arthroskopie unzutreffend sein könnte;
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2. das vordere Kreuzband ist arthoskopisch gut einsehbar (Prof. Dr. Pxxx), während das
hintere Kreuzband arthroskopisch schlecht zu beurteilen ist (Dr. Rxxxxxx). Dennoch
wurde im BWZK gerade eine Schädigung des hinteren Kreuzbandes festgestellt, was
für eine für eine gründliche und fachgerechte Untersuchung spricht; kann nämlich trotz
ungünstigerer Verhältnisse ein Schaden des hinteren Kreuzbandes aufgezeigt werden,
spricht Alles dafür, dass auch eine vorhandene Schädigung des vorderen Kreuzbandes
festgestellt worden wäre;
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3. das arthroskopische Untersuchungsergebnis wird durch sämtliche weiteren
klinischen Untersuchungen bestätigt; bei keiner dieser Untersuchungen - OSA Dr.
Schxxx, Orthopäde Dr. Gxxxx, OSA Dr. Bxxxxxxxx sowie klinische Untersuchung im
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BWZK - konnten auf eine Schädigung des vorderen Kreuzbandes hinweisende
Befunde, nämlich eine Instabilität des Kniegelenkes, erhoben werden; vielmehr wird das
Kniegelenk durchgängig als stabil beschrieben;
4. nach der Arthroskopie erfolgten fünf truppenärztliche Kontrolluntersuchungen; auch
dabei wurde keine Instabilität des Kniegelenkes festgestellt;
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5. das Untersuchungsergebnis des BWZK wird letztlich auch durch die
Kernspintomographie vom 10.12.2001 bestätigt, denn dabei fand sich nämlich ein relativ
schmales und signalinhomgenes hinteres Kreuzband, es wurde damit ein Befund
erhoben, der in erster Linie einen Zustand nach Teilruptur des hinteren Kreuzbandes
belegt.
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Die von dem Beklagten zutreffend als Wehrdienstbeschädigungsfolge anerkannte
Faserschädigung des hinteren Kreuzbandes bedingt keine MdE in
rentenberechtigender Höhe. Sie ist nicht Ursache bzw. wesentliche Mitursache für eine
später eingetretene Instabilität des Kniegelenkes; ein ursächlicher Zusammenhang mit
dem erstmals im September 1995 festgestellten Innenmeniskusriss besteht damit auch
nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht
vor.
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