Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20.06.2007
LSG NRW: anspruch auf rechtliches gehör, urin, gerichtsverfahren, kausalität, formelles recht, einwilligung, batterie, arbeitsmedizin, gutachter, kopfschmerzen
Landessozialgericht NRW, L 17 U 125/04
Datum:
20.06.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
17. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 17 U 125/04
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 21 U 101/99
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 2 U 276/07 B
Sachgebiet:
Unfallversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts
Dortmund vom 24. März 2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch
im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte Berufskrankheiten (BKen) nach Nrn.
1102 (Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen) und 1104
(Erkrankungen durch Cadmium oder seine Verbindungen) der Anlage zur
Berufskrankheitenverordnung (BKV) anerkennen und der Klägerin Verletztenrente
gewähren muss.
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Die im September 1957 geborene Klägerin war von 1972 bis 1981 ohne
gesundheitliche Probleme als Packerin und Hilfsarbeiterin bei verschiedenen
Unternehmen in I und H beschäftigt. Ab August 1984 bis Januar 1998 arbeitete sie als
Hilfskraft für die I W Batterie AG (Arbeitgeberin) in der Nickel-Cadmium-Fertigung im
Werk Gerätebatterien. Dort war sie bis 1986 im Batteriebau, anschließend bis 1993 in
der Zellenfertigung und danach im Standzeitlager und der Formation tätig. Im
Batteriebau schweißte sie an einer kleinen Punktschweißmaschine kurze Verbinder auf
geschlossene Nickel-Cadmium-Zellen und verlötete die Zellen mit einem Lötkolben.
Außerdem verklebte sie kleine Gerätezellen zu Batterie-Paketen und hatte dabei
Kontakt zu Lösemitteln in Klebstoffen. In der Zellenfertigung bearbeitete sie nickel- und
cadmiumhaltige Elektroden und atmete dabei Nickel- und Cadmiumstaub ein. Ab 1993
bediente sie im Standzeitlager Zellenprüfautomaten sowie die Zellenwaschmaschine
und befüllte die Formationsstände mit Zellen, an denen noch Spuren von
Cadmiumstaub hafteten. Bei arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen zwischen
1991 und 1994 lagen ihre Cadmiumwerte im Urin bei (1 µg/l (unterhalb der
Nachweisgrenze) bis 2,5 µg/l (unterhalb des Biologischen Arbeitsstoff-Toleranzwertes
[BAT] von 15 µg/l) und im Blut zwischen 2,9 und 4,7 µg/l (im Referenzbereich der
Allgemeinbevölkerung). Luftmessungen an verschiedenen Arbeitsplätzen ergaben im
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Mai 1995 Cadmiumbelastungen unterhalb des maximalen
Arbeitsplatzkonzentrationswertes (MAK-Wert) von 0,05 mg/m³.
1995 fand Dr. T2 aus I, Dozentin an der Deutschen Akademie für Akupunktur und
Aurikolomedizin, im Rahmen einer Akupunkturbehandlung angeblich Hinweise auf eine
schwere Quecksilberbelastung und diagnostizierte später eine milde multiple
chemische Unverträglichkeit (Multiple Chemical Sensitive [MCS]). Laborchemisch
wurden Anfang 1996 im Harn der Klägerin normale Cadmiumwerte und erhöhte Kupfer-
und Quecksilberwerte festgestellt, die der niedergelassene Allgemeinmediziner I1 aus F
hauptsächlich auf Amalgamfüllungen zurückführte. Zeitgleich bescheinigte der
niedergelassene Zahnarzt Dr. S aus I eine Amalgamunverträglichkeit. Die Klägerin ließ
daraufhin ihre Amalgam- durch Goldfüllungen (Inlays) ersetzen. Parallel führte der
Allgemeinmediziner I1 (privatärztlich) eine Entgiftungstherapie mit dem Medikament
Dimaval (DMPS) durch. Im Juni/Juli 1996 ließ sich die Klägerin in der C-Klinik in S,
Privatklinik für psychosomatische Erkrankungen, sechs Wochen stationär wegen eines
psychosomatischen Beschwerdekomplexes (Magen-Darm-Symptomatik,
Schweißausbrüche, Zittern, Spannungskopfschmerzen) bei narzisstischer
Persönlichkeitsstruktur behandeln. Einen Monat später stellte sie sich u.a. mit
Schwindelgefühlen, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Oberbauchbeschwerden und
wiederkehrenden Darmkrämpfen bei den praktischen Ärzten Drs. B in C vor, die eine
berufsbedingte Erkrankung vermuteten, aber keine BK-Anzeige erstatteten.
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Im September 1996 zeigte die W Betriebskrankenkasse (BKK) der Beklagten den
Verdacht auf das Vorliegen einer BK an und übersandte ein Vorerkrankungsverzeichnis.
Im Feststellungsverfahren besichtigte der Technische Aufsichtsbeamte (TAB) Dipl.-Ing.
K im März 1997 den Arbeitsplatz der Klägerin und verneinte in seiner Stellungnahme
vom 28. April 1997 die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BKen 1102 und 1104:
Quecksilber habe die Arbeitgeberin nie verarbeitet oder anderweitig verwendet. Die
Cadmiumbelastung im biologischen Material der Klägerin liege deutlich unterhalb des
Grenzwertes von 10 µg/g Kreatinin; aus den vorliegenden Analyseberichten lasse sich
keine übermäßige Cadmiumexposition ableiten. Dennoch ließ die Beklagte die Klägerin
durch den niedergelassenen Arbeits-, Sozial- und Umweltmediziner Dipl.-Chem. H med.
Q aus D untersuchen. Dieser fand laborchemisch keine erhöhte
Quecksilberausscheidung im Urin sowie einen normalen Cadmiumspiegel in Blut und
Urin. Hierzu legte Dr. Q in seinem Gutachten vom 09. November 1997 dar, normale
Cadmiumwerte schlössen eine überhöhte Exposition in den vergangenen 20 bis 30
Jahren aus, weil dieses Metall eine entsprechend lange Halbwertzeit habe. Frühzeichen
cadmiumbedingter Schäden des röhrenförmigen (tubulären) Nierensystems lägen nicht
vor, und die Klägerin leide auch an keiner chronischen Bronchitis mit
Lungenüberblähung (Emphysem), die Cadmium (als Spätfolge) typischerweise
hervorrufe. Die Arbeitgeberin habe in der Vergangenheit die Grenzwerte für Nickel- und
Cadmium eingehalten; die Belastung mit diesen Metallen im Blut und Harn der Klägerin
sei arbeitsmedizinisch tolerabel gewesen. Mit Quecksilber sei die Klägerin
berufsbedingt nie in Berührung gekommen.
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Hierauf gestützt lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 15. Januar 1998 ab, der
Klägerin wegen einer BK Leistungen zu gewähren, weil die Übelkeit, Kopfschmerzen,
Abgeschlagenheit, Konzentrationsschwäche, der Schnupfen und die Darmbeschwerden
außerberufliche Ursachen hätten. Dagegen erhob die Klägerin am 04. Februar 1998
Widerspruch und behauptete, die Arbeitgeberin habe bis zu Beginn der 90iger Jahre
Quecksilber verarbeitet und die Grenzwerte überschritten. Dass ihre Quecksilberwerte
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jetzt normal seien, liege an der Schwermetallentgiftung, die der Allgemeinmediziner I1
durchgeführt habe. Bei den Vorsorgeuntersuchungen hätten sich die Cadmium- und
Nickelwerte keinesfalls innerhalb der Toleranzgrenze bewegt, wobei medizinisch
ohnehin nur "Nullgrenzwerte" tolerabel seien. Im Übrigen habe der niedergelassene
Internist und Nephrologe Dr. Q1 aus I im Juni/Juli 1997 einen Nierenschaden im
Zwischengewebe festgestellt, der mit einer Schwermetallvergiftung vereinbar sei (Attest
vom 05. November 1998). Dr. Q habe es versäumt, Epikutan- und Schleimhauttests
durchzuführen. Ihn ließ die Beklagte am 04. September 1998 Stellung beziehen und
holte Auskünfte des Betriebsarztes der Arbeitgeberin, des Arbeits- und
Umweltmediziners Dr. N aus T, vom 12. Januar 1999, der Sicherheitskraft (ITU) I vom
12. Januar 1999 sowie des Werkleiters Dr. G, des Betriebsratsvorsitzenden T1 und der
Sicherheitsfachkraft L vom 13. Januar 1999 ein, wonach im Werk I der W Gerätebatterie
GmbH kein Quecksilber eingesetzt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März
1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die erhöhten Quecksilberwerte
beruhten "offensichtlich" auf den Amalgamfüllungen.
Dagegen hat die Klägerin am 26. April 1999 vor dem SG Dortmund Klage erhoben und
vorgebracht, dass ihr Quecksilbergehalt im Blut den zulässigen Grenzwert im Januar
1996 fast um das fünffache überstiegen habe. Ein derart hoher Wert könne nur auf
beruflichen Einflüssen beruhen. Denn die "ca. 40.000 - 50.000 Batterien", mit denen sie
im Laufe einer Arbeitsschicht hantiert habe, hätten einen Quecksilbergehalt von 0,13
mg/kg gehabt, wie der vereidigte Sachverständige (SV) für Abfallstoffe Dr. rer. nat. K aus
E in seinem (Privat-)Gutachten vom 02. März 2001 nachgewiesen habe. Außerdem hat
sie einen Arztbrief des Dr. T, Leitender Arzt des Fachkrankenhauses O gGmbH in C1,
vom 19. März 2001 überreicht, wonach sich die Krankheitsfaktoren nicht sicher
beurteilen ließen. Für eine Schwermetallbelastung sprächen die Nickelallergie, die
Nierenschäden sowie der Nickel- und Cadmiumgehalt im Blut, der die Referenzwerte für
Nichtraucher bei den Vorsorgeuntersuchungen leicht überschritten habe.
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Die Beklagte hat dazu Stellungnahmen des TAB Dipl.-Ing. K vom 19. Juni 2001, des Dr.
rer. nat. Dipl.-Chem. I von der Präventionsabteilung, Fachbereich Arbeitsmedizin und
Berufskrankheiten, aus L vom 19. Juli 2002 sowie des Facharztes für Arbeits-, Umwelt-
und Sozialmedizin PD Dr. A, Fachbereichsleiter Arbeitsmedizin und Berufskrankheiten,
aus L vom 08. Juni 2001 vorgelegt: Dipl.-Ing. K hat ausgeführt, dass sich der
Quecksilbergehalt von 0,13 mg/kg im Fehlerbereich der analytischen Nachweisgrenze
(0,1 mg/kg) bewege und deshalb nicht aussagekräftig sei. Dr. I hat darauf hingewiesen,
dass Dr. K die Batterie zerstört und den Inhalt auf Quecksilber untersucht habe. Mit dem
Batterieinhalt sei die Klägerin aber nie in Berührung gekommen. PD Dr. A hat dargelegt,
die erhöhten Quecksilberwerte beruhten auf der Dimaval-Therapie. Denn dieses
Medikament mobilisiere Quecksilber, das im Körper gespeichert sei, um es
auszuschwemmen, was gleichzeitig zum Anstieg der Quecksilberwerte führe. Soweit Dr.
Q1 einen Nierenschaden im Zwischengewebe diagnostiziere, stütze er sich nur auf eine
geringe Gesamteiweißerhöhung, die auch durch körperliche Anstrengung erreicht
werden könne. Ein MCS- oder Fibromyalgie-Syndrom beruhe keinesfalls auf einer
Quecksilber- oder Cadmiumexposition.
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Zu Beweiszwecken hat das SG von Amts wegen ein Gutachten des Pharmakologen
und Toxikologen Prof. Dr. Dr. C, Direktor des Instituts für Arbeitsphysiologie an der
Universität E, vom 11. September 2003 eingeholt. Darin hat der SV
Normalkonzentrationen von Quecksilber und Cadmium im Blut ermittelt und einen
Zusammenhang zwischen den Gesundheitsstörungen und der beruflichen
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Schadstoffbelastung verneint. Die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen seien
unauffällig gewesen. Die erhöhten Quecksilberwerte, die Anfang 1996 im Harn der
Klägerin gemessen worden seien, beruhten im Wesentlichen auf der
Amalgamentfernung und der DMPS-Therapie, zumal eine Belastung mit Quecksilber am
Arbeitsplatz nicht belegt sei. Denn in der untersuchten Batterie habe Dr. K allenfalls
Quecksilberspuren im Bereich der Nachweisgrenze gefunden. Gegen einen
Ursachenzusammenhang spreche ferner, dass die Beschwerden teilweise
(Verstopfung, Blähungen, Darmkrämpfe) auch nach längerer Expositionskarenz
fortbestanden hätten und andere Symptome (Erschöpfungszustände, Zittern,
Magenkrämpfe, Sehstörungen, Schwindelgefühle) erst nach längerer Abwesenheit vom
Arbeitsplatz aufgetreten seien. Die Cadmiumexposition sei gering gewesen und könne
deshalb für etwaige Nierenschäden nicht verantwortlich gemacht werden.
Hierzu hat sich die Klägerin kritisch geäußert und Atteste der Allgemeinmedizinerin Dr.
G. B vom 16. Oktober 2003 und des niedergelassenen Internisten Dr. X aus I1 vom 20.
Oktober 2003 vorgelegt, wonach sich ihr Gesundheitszustand in Zeiten der
Arbeitsunfähigkeit jeweils gebessert habe. Mit diesem Einwand hat sich der SV Prof. Dr.
Dr. C in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08. Februar 2004 auseinandergesetzt,
ohne von seiner bisherigen Beurteilung abzuweichen: Soweit sich die
Befindlichkeitsstörungen in Fehlzeiten kurzfristig gebessert hätten, handele es sich nur
um eine gedankliche Zuschreibung (Attribution) der Beschwerden zu einer
unspezifischen chemischen Exposition in der Vorstellung der Klägerin. Denn
Quecksilber und Cadmium hätten eine lange Halbwertzeit, was mit einem
schwankenden, arbeitskongruenten Verlauf unvereinbar sei. Langfristig hätten sich die
Beschwerden bei Expositionskarenz jedoch bessern müssen, was bei der Klägerin
ausgeblieben sei.
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Mit Urteil vom 24. März 2004 hat das SG die Klage abgewiesen: Weder im Blut oder
Urin der Klägerin noch in der Umgebung ihres Arbeitsplatzes seien jemals erhöhte
Cadmiumwerte gemessen worden. Etwaige Nierenschäden seien unspezifisch und
könnten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die geringfügige
Cadmiumbelastung zurückgeführt werden. Soweit der Quecksilbergehalt im Urin Anfang
1996 überhöht gewesen sei, beruhe dies auf der Amalgamentfernung und der DMPS-
Therapie, die zu einer vermehrten Ausschwemmung von Quecksilber geführt habe. In
den Batterien, mit denen die Klägerin mutmaßlich hantiert habe, seien allenfalls
Quecksilberspuren im Bereich der Nachweisgrenze vorhanden gewesen. Gegen einen
Ursachenzusammenhang spreche, dass die Beschwerden teilweise auch nach
Expositionskarenz fortbestanden hätten und andere Symptome erst nach längerer
Abwesenheit vom Arbeitsplatz aufgetreten seien.
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Nach Zustellung am 29. April 2004 hat die Klägerin gegen dieses Urteil am 12. Mai
2004 Berufung eingelegt und vorgetragen, sie sei berufsbedingt überdurchschnittlich
hohen Cadmiumbelastungen ausgesetzt gewesen. Hierdurch sei es zu einer komplexen
"Regulationsstörung der sogenannten psycho-neuro-imuno-endokrinologischen Achse"
gekommen, weil sie auf chemische Einwirkungen im Niedrigdosisbereich
überempfindlich (suzeptibel) reagiere. Diese multiple chemische Unverträglichkeit
(MCS) beruhe auf einem giftstoffbedingten Toleranzverlust ("toxicant-induced loss of
tolerance" [TILT]).
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24. März 2004 zu ändern und die Beklagte
unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Januar 1998 in der Gestalt des
Widerspruchbescheides vom 24. März 1999 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen einer
Berufskrankheit nach Nrn. 1102 und/oder 1104 der Anlage zur BKV Verletztenrente zu
gewähren, hilfsweise E E zu dem Vorwurf zu hören, bei ihm lägen "erschreckende
Missverständnisse toxikologischer Grundgegebenheiten" vor,
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Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Senat hat gem. § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Gutachten des
niedergelassenen Facharztes für Allgemein- und Umweltmedizin Dr. E aus M am See
vom 10. April 2006 beigezogen: Es liege "eindeutig" eine BK nach Nr. 1104 und mit
"großer Wahrscheinlichkeit" auch eine BK nach Nr. 1102 der Anlage zur BKV vor.
Hierdurch sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin "seit 1995" um 60% gemindert. Beim
Batteriebau sei es zu Quecksilberverunreinigungen gekommen, wie die Analyse des
vereidigten SV Dr. K nahe lege. Folglich müsse eine "Betriebsstörung postuliert
werden", was eine "Beweislastumkehr" rechtfertige. Die daraus resultierende
Quecksilbervergiftung sei für die Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindelerscheinungen,
Leibschmerzen, depressiven Verstimmungen, Konzentrations- und
Merkfähigkeitsstörungen verantwortlich. Dagegen beruhten die chronischen
Schleimhautirritationen mit Schnupfen, Niesattacken, Nasenbluten, die krankhafte
Schläfrigkeit (Hypnosie), Nickelallergie, Darmkrämpfe, beginnende Nierenerkrankung
(Nephropathie), die wiederkehrenden Augenbindehautentzündungen, der
Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) und der Verlust des Geruchssinnes (Anosmie) auf
der nachgewiesenen beruflichen Belastung mit Cadmium- und Nickelstäuben. Für den
Ursachenzusammenhang sprächen die (additiven) Synergieeffekte der Schwermetalle
und Lösemittel, denen die Klägerin beruflich ausgesetzt gewesen sei, das generell
erhöhte Erkrankungsrisiko von Frauen und die Tatsache, dass die
Gesundheitsstörungen der Klägerin erst während der Tätigkeit bei der Arbeitgeberin
aufgetreten und viele Symptome nach Expositionskarenz zurückgegangen seien. Die
Lösemittel hätten die Zellmembranstrukturen geändert und es Schadstoffen erleichtert,
in den Körper einzudringen. Gleichzeitig sei die körperliche Entgiftungskapazität der
Klägerin wegen der Schwermetallbelastung und genetischer Enzymstörungen
herabgesetzt gewesen. Dies habe zu einem giftstoffbedingten Toleranzverlust (TILT)
geführt, der ihre Empfindlichkeit (Suszeptibilität) gegenüber chemischen Stoffen erhöht
habe. Die Klägerin leide folglich an einem MCS-Syndrom. Zudem belege die
Positronen-Emissions-Tomographie (PET) toxische Hirnschäden, die auf einer
schadstoffbedingten Blut-Hirnschrankenstörung beruhten. Die Amalgambelastung sei
demgegenüber irrelevant.
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Hierzu hat sich der SV Prof. Dr. Dr. C in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.
Januar 2007 geäußert und an seiner bisherigen Beurteilung festgehalten: Dr. E
verkenne, dass eine ausreichende Schadstoffbelastung nicht erwiesen sei und
unterstelle Synergieeffekte zwischen diesen Schadstoffen, ohne dies wissenschaftlich
belegen zu können. Seine Ausführungen zum Fremdstoffmetabolismus, zu
giftstoffbedingten Toleranzverlusten und zur angeblichen Überempfindlichkeit der
Klägerin gegenüber Chemikalien seien unhaltbar und zeigten "erschreckende
Missverständnisse toxikologischer Grund-Gegebenheiten".
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Die Beklagte hat sich zum Gutachten des SV Dr. E kritisch geäußert und eine
hausinterne Expertise des Fachbereichsleiters Arbeitsmedizin und Berufskrankheiten
PD Dr. A vom 08. Februar 2007 vorgelegt: Die Klägerin sei während ihrer Berufstätigkeit
weder mit Cadmium noch mit Nickel oder Quecksilber in toxikologisch relevantem
Ausmaß in Berührung gekommen. Typische Anzeichen einer Schwermetallvergiftung,
wie Erkrankungen der Atemwege, Nerven oder Nieren, lägen nicht vor. Ein
Nierenschaden im Zwischengewebe, den der Nephrologe Dr. Q1 diagnostiziert habe,
hätten Dr. Q und Prof. Dr. Dr. C zuverlässig ausgeschlossen. Die vielfältigen Symptome,
die Dr. E aufliste, seien völlig unspezifisch. Soweit er synergistische Wirkungen der
Schwermetalle und Lösemittel annehme, sei darauf hinzuweisen, dass diese Fremd-
und Gefahrstoffe keinesfalls gleichsinnig, sondern an höchst unterschiedlichen
Organsystemen mit sehr unterschiedlichen Folgen wirkten. Zudem sei weder eine
Störung der Blut-Hirn-Schranke noch ein toxischer Hirnschaden oder eine besondere
Empfindlichkeit der Klägerin gegenüber Chemikalien bewiesen. Die multiple chemische
Unverträglichkeit (MCS) gehöre nach überwiegender medizinischer Lehrmeinung zu
den Somatisierungsstörungen, bei denen sich psychische oder
persönlichkeitsbezogene Leiden in körperliche Symptome umwandelten.
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Die Klägerin meint, die Stellungnahme von PD Dr. A dürfe nicht verwertet werden, weil
sie unter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches
(SGB VII) eingeholt worden sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichts- und Verwaltungsakte (Az.: 000) Bezug genommen. Beide Akten waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
21
Entscheidungsgründe:
22
Die Berufung ist unbegründet.
23
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid vom 15. Januar 1998 in
der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24. März 1999 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist
und die Klägerin nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Denn sie leidet nicht an
BKen nach Nr. 1102 (Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen) oder
Nr. 1104 (Erkrankungen durch Cadmium oder seine Verbindungen) der Anlage zur
Berufskrankheitenverordnung (BKV).
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Dabei kann offen bleiben, ob sich dieser Anspruch noch nach den Vorschriften der
Reichsversicherungsordnung (RVO) richtet oder schon nach den Bestimmungen des
Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) zu beurteilen ist. Gemäß §§ 212,
214 Abs. 3 Satz 1 SGB VII gelten die Vorschriften des SGB VII auch für
Versicherungsfälle, die bereits eingetreten waren, bevor das SGB VII am 01. Januar
1997 in Kraft trat, wenn die Leistungen nach diesem Zeitpunkt "erstmals festzusetzen
sind". Es ist umstritten, wie diese Formulierung zu verstehen ist (vgl. BSG, Urteile vom
20. Februar 2001, Az: B 2 U 1/00 R, HVBG-Info 2001, 839, 841f., vom 05. März 2002,
Az: B 2 U 4/01 R, HVBG-Info 2002, 1065ff. und vom 19. August 2003, Az: B 2 U 9/03 R,
HVBG-Info 2003, 2829, 2831ff.; Senatsurteile vom 22. März 2002, Az: L 17 U 105/01,
HVBG RdSchr VB 82/2002, vom 13. Juli 2005, Az: L 17 U 222/04 und vom 16. Mai
2007, Az.: L 17 U 187/04 sowie LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Januar 2004,
Az: L 2 KN 78/98 U). Die Beklagte ist indes weder nach der RVO noch nach dem SGB
VII verpflichtet, die Leiden der Klägerin als BKen anzuerkennen und ihr deshalb
25
Verletztenrente zu gewähren.
Die Feststellung einer BK setzt sowohl nach altem als auch nach neuem Recht voraus,
dass der Kläger im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im
Sinne der BK ausgesetzt war, die geeignet sind, einen entsprechenden
Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte
Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer
Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (vgl. BSG, Urteile vom 20. Januar 1987,
Az.: 2 RU 27/86, BSGE 61, 127, 130 und vom 22. Juni 1988, Az.: 9/9a RVg 3/87, BSGE
63, 270, 271; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung,
[Handkommentar], § 9 SGB VII Rn. 3; Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-
Verordnung [Kommentar], E § 9 SGB VII Rn. 14). Der ursächliche Zusammenhang
zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität)
sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) beurteilt
sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung.
Danach sind nur die Bedingungen (mit-)ursächlich, die wegen ihrer besonderen
Bedeutung für den Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, a.a.O.).
Die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität müssen hinreichend
wahrscheinlich sein; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteile vom 02. Februar
1978, Az.: 8 RU 66/77, SozR 2200 § 548 Nr. 38 und § 551 Nr. 1; Mehrtens/Brandenburg,
a.a.O., E § 9 SGB VII Rn. 26). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn
nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn
spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (BSG SozR § 548 Nr.
38 und Urteil vom 18. Dezember 1997, Az.: 2 RU 48/96, SGb 1999, 39, 40). Die
Faktoren, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, müssen die Umstände, die
gegen die Kausalität sprechen, deutlich überwiegen (vgl. Schulz-Weidner, SGb 1992,
59, 64f.).
26
Dabei sind im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) die
Gutachten, Stellungnahmen und Expertisen des Verwaltungsgutachters Dr. Q, des
Sachverständigen Prof. Dr. Dr. C und des Beratungsarztes PD Dr. A zu berücksichtigen
(A.).
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Eine BK nach Nr. 1102 scheidet aus, weil nicht belegt ist, dass die Klägerin während
ihrer Tätigkeit bei der Arbeitgeberin überhaupt mit Quecksilber in Berührung gekommen
ist (B.). Eine BK 1104 liegt nicht vor, weil der Ursachenzusammenhang zwischen den
beruflichen Cadmiumeinwirkungen und den Gesundheitsstörungen der Klägerin nicht
hinreichend wahrscheinlich ist (C.). Weitere Ermittlungen im Sinne des
Hilfsbeweisantrages waren entbehrlich (D.).
28
A. Das Gutachten und die Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. C sind als
Sachverständigenbeweis (I.), das Verwaltungsgutachten nebst ergänzender
Stellungnahme des Dipl.-Chem. Dr. med. Q ist im Wege des Urkundenbeweises (II.) und
die Expertisen von PD Dr. A sind als qualifiziertes Parteivorbringen (III.) zu verwerten
(IV.):
29
I. Das Gutachten des Pharmakologen und Toxikologen Prof. Dr. Dr. C vom 11.
September 2003 und seine ergänzende Stellungnahme vom 08. Februar 2004, die das
SG im ersten Rechtszug eingeholt hat, sind ebenso als Sachverständigenbeweis zu
verwerten wie seine ergänzende Stellungnahme vom 08. Januar 2007, die der Senat im
30
Berufungsverfahren von Amts wegen beigezogen hat (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG
i.V.m. §§ 402 ff. ZPO).
II. Das Verwaltungsgutachten des Arbeits-, Sozial- und Umweltmediziners Dr. Q vom 09.
November 1997 nebst ergänzender Stellungnahme vom 04. September 1998 hat die
Beklagte im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht (§§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB X]) beigezogen. Es entspricht in
Form und Inhalt den Anforderungen, die an ein wissenschaftlich begründetes SV-
Gutachten zu stellen sind. Obschon es die Beklagte angefordert hat, handelt es sich
keinesfalls um ein Parteigutachten (BSG, Beschluss vom 23. September 1957, Az: 2 RU
113/57, SozR Nr. 3 zu § 118 SGG sowie Urteile vom 24. November 1988, Az: 9/9a RV
42/87, SozSich 1989, 220 und vom 08. Dezember 1988, Az: 2/9b RU 66/87, HV-Info
1989, 410 ff.; BVerwG, Urteil vom 15. April 1964, Az.: V C 45.63, BVerwGE 18, 216, 218;
Senatsurteile vom 15. Oktober 2003, Az: L 17 U 85/00 und vom 23. Februar 2005, Az: L
17 U 120/02; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 118 Rn. 12b;
Plagemann/Hontschik, Medizinische Begutachtung im Sozialrecht, 3. Aufl. 1996, Rn.
88). Im Klage- und Berufungsverfahren können derartige Verwaltungsgutachten im
Wege des Urkundenbeweises verwertet werden (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 415
ff. ZPO) und auch alleinige Entscheidungsgrundlage sein (BSG, Urteil vom 08.
Dezember 1988, Az: 2/9b RU 76/87, HV-Info 1989, 410 ff. sowie Beschlüsse vom 31.
Mai 1963, Az: 2 RU 231/62, SozR Nr. 66 zu § 128 SGG und vom 06. Juni 2007, Az.: B 2
U 108/07; BVerwG, a.a.O.; Senatsurteile, a.a.O.; Krasney/ Udsching, Handbuch des
sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, III Rn. 49, 50; Meyer-Ladewig/ Keller/
Leitherer, a.a.O.; Plagemann/Hontschik, a.a.O., Rn. 89).
31
III. Die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Arbeits-, Umwelt- und
Sozialmedizin PD Dr. A vom 08. Juni 2001, die die Beklagte im Klageverfahren
vorgelegt hat, und seine Ausführungen vom 08. Februar 2007, die Beklagte im
Berufungsverfahren dem SV Dr. E entgegengehalten hat, sind rechtlich als qualifiziertes
Parteivorbringen zu werten (BSG, Urteil vom 06. April 1989, Az.: 2 RU 55/88, USK 8999;
Plagemann/Hontschik, a.a.O., Rn. 93). Das Gericht muss qualifiziertes Parteivorbringen
bei seiner "freien" Überzeugungsbildung berücksichtigen (BSG, Urteile vom 30. Oktober
1963, Az.: 2 RU 62/58, SozR Nr. 68 zu § 128 SGG, vom 08. Dezember 1988, Az: 2/9b
RU 76/87, HV-Info 1989, 410 ff. und vom 06. April 1989, Az.: 2 RU 55/88, USK 8999)
und kann seine Entscheidung auch allein darauf stützen (BSG, Urteile vom 08.
Dezember 1988 und 06. April 1989, a.a.O. sowie Beschluss vom 23. September 1957,
Az: 2 RU 113/57, SozR Nr. 3 zu § 118 SGG; Plagemann/Hontschik, a.a.O.). Die Klägerin
hat indes geltend gemacht, die Ausführungen des Beratungsarztes PD Dr. A dürften
nicht verwertet werden, weil die Beklagte datenschutzrechtliche Bestimmungen verletzt
habe, als sie ihn eingeschaltet habe. Diese Einwände greifen jedoch nicht durch:
32
IV. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass das Gericht sein Urteil nur auf
qualifiziertes Parteivorbringen stützen darf, dem keine Beweisverbote entgegenstehen.
Ebenso wie im allgemeinen Verwaltungsrecht (vgl. Clausen: in Knack,
Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 8. Auflage 2004, § 24 Rn. 15 f., § 26 Rn. 16;
Engelhardt in: Obermayer, Kommentar zum VwVfG, 3. Aufl. 1999, § 24 Rn. 125 ff.;
Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2003, § 24 Rn. 29, § 26 Rn.
10 f.; I in: Fehling/ Kastner/ Wahrendorf, Handkommentar zum Verwaltungsrecht, § 24
VwVfG Rn. 46 ff.; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Auflage 2001,
§ 24 Rn. 31 ff.) schränken Beweisverbote die Beweisführung auch im sozialrechtlichen
Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ein (vgl. BSG, Urteil vom 07. Februar 2006, Az.: B 2
33
U 31/04 R, SozR 4-2700 § 63 Nr. 3; Köhler, Kausalität, Finalität und Beweis, 2001, S.
30; Rixen: in Diering/Timme/Waschull, SGB X, Lehr- und Praxiskommentar, 2004, § 20
Rn 10 ff.). Dabei ist zwischen Erhebungs- und Verwertungsverboten zu unterscheiden:
Erhebungsverbote untersagen die Beweisgewinnung, also die Beweisaufnahme als
solche, während Beweisverwertungsverbote darauf abzielen, einen bereits erhobenen
Beweis der weiteren Nutzung im Verfahren zu entziehen. Freilich führt nicht jeder
Beweis, der durch einen Verstoß gegen materielles oder formelles Recht erlangt bzw.
erhoben worden ist, automatisch zu einem entsprechenden Verwertungsverbot (Köhler,
a.a.O.). Denn es sind Fälle denkbar, in denen rechtswidrig ermittelte, gespeicherte oder
weitergegebene Daten genutzt werden müssen, um gleich- oder höherrangige
Rechtsgüter zu schützen (Beispiele bei: Köhler, a.a.O.; Hufen, Fehler im
Verwaltungsverfahren, 3. Aufl. 1998, Rn. 152). Um zu entscheiden, ob Daten, die
rechtswidrig gewonnenen wurden, verwertet werden dürfen, sind die widerstreitenden
Interessen unter- und gegeneinander abzuwägen (Benfer, NvWZ 1999, S. 237, 239;
Engelhardt, a.a.O., § 24 Rn. 141; Köhler, a.a.O., S. 34; Schwarz, a.a.O., § 24 VwVfG Rn.
48). Die Intensität des Verfahrensverstoßes fällt dabei ebenso ins Gewicht wie die
Überlegung, dass die Wahrheit nicht um jeden Preis erforscht werden darf. Die
Verwertung ist grundsätzlich verboten, wenn die verletzte Norm den Betroffenen vor
Grundrechtseingriffen schützt (Köhler, a.a.O.). Dies hat zur Folge, dass ungerechtfertigte
Eingriffe in den Schutzbereich des (Grund-)Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes [GG]) in aller
Regel zu einem allgemeinen Ermittlungs- und Beweisverbot führen (Engelhardt, a.a.O.;
Hufen, a.a.O, Rn. 143; Köhler, a.a.O, S. 30; Schwarz, a.a.O.). Ohne oder gegen den
Willen des Betroffenen dürfen personenbezogene Daten nur erhoben, verarbeitet und
genutzt werden, wenn ein Gesetz dies erlaubt (sog. präventives Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt). Denn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung findet nach
Art. 2 Abs. 1, 2. HS GG seine Schranken in den Rechten anderer, dem Sittengesetz und
der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der jedes nach der Verfassung zustande
gekommene Gesetz gehört (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 2 Rn. 59). Gibt der Betroffene
seine personengebundenen Daten selbst preis und willigt er in ihre Verwendung
(freiwillig) ein, so übt er sein informationelles Selbstbestimmungsrecht aus. Die
nachfolgende Datenverarbeitung oder -nutzung, die mit seiner Einwilligung erfolgt, lässt
den Schutzbereich des (Abwehr-)Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
unberührt (vgl. dazu ausführlich: Geiger, NVwZ 1989, 35, 37; Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl.
2007, Art. 2 Rn. 54). Die Beklagte durfte die Sozialdaten der Klägerin an PD Dr. A
weitergeben, weil sie sich auf eine Einwilligungserklärung und eine Erlaubnisnorm
stützten konnte (1.) und dabei das Auswahlrecht der Klägerin nach § 200 Abs. 2, 1.
Halbsatz SGB VII nicht verletzt hat (2.).
1.Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I)
dürfen die Leistungsträger Sozialdaten (§ 67 Abs. 1 SGB X) nicht unbefugt erheben,
verarbeiten oder nutzen und müssen sicherstellen, dass sie auch intern nur Befugten
zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden (Sozialgeheimnis). Eine
Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung ist gem. § 35 Abs. 2 SGB I nur unter den
Voraussetzungen des 2. Kapitels des SGB X gestattet (§§ 67 bis 85b SGB X). Nach §
67b Abs. 1 Satz 1 SGB X ist die Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nur
zulässig, soweit die nachfolgenden Vorschriften oder eine andere Rechtsvorschrift des
SGB dies erlauben oder anordnen oder soweit der Betroffene eingewilligt hat (sog.
präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). "Nutzen" bedeutet nach der Legaldefinition
des § 67 Abs. 7 SGB X jede Verwendung von Sozialdaten, soweit es sich nicht um
Verarbeitung handelt, auch die Weitergabe innerhalb der verantwortlichen Stelle. Als
34
die Beklagte die Verwaltungsvorgänge, die sie über die Klägerin führt, an PD Dr. A
weiterreichte, nutzte sie die darin enthaltenen Sozialdaten. Bei der Datenweitergabe
handelte sich - anders als die Klägerin meint - nicht um eine Übermittlung (vgl. § 67 Abs.
6 Nr. 3a SGB X) von Sozialdaten an eine dritte Person außerhalb der verantwortlichen
Stelle (vgl. dazu § 67 Abs. 6 Nr. 3a i.V.m. Abs. 10 Satz 2 SGB X). Denn PD Dr. A ist bei
der Beklagten als "Fachbereichsleiter Arbeitsmedizin und Berufskrankheiten" angestellt
und damit Teil der datenverarbeitenden Stelle.
Die Beklagte konnte sich bei der Datennutzung auf eine Einwilligung stützen. Denn die
Klägerin hatte ihr am 27. Oktober 1996 mit der eigenhändig unterschriebenen
"Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht" erlaubt, alle medizinischen
Unterlagen und Daten zu verwenden, "soweit es um die Feststellung der
Berufsgenossenschaft geht, ob ein gesetzlicher Leistungsanspruch besteht" (Bl. 13 der
Verwaltungsakte). Genau zu diesem Zweck hat die Beklagte die Verwaltungsakte an
ihren Beratungsarzt PD Dr. A weitergegeben. Die Klägerin hatte ihre Einwilligung auch
nicht vorher widerrufen. Soweit ihr Bevollmächtigter mit Schriftsatz vom 31. Oktober
2006 erklärt hat, "dass mit einer Verwertung von Gutachten, die seitens der Beklagten in
den Prozess eingeführt werden, kein Einverständnis besteht", kann offen bleiben, ob
dies als Widerruf der Einwilligung vom 27. Oktober 1996 auszulegen ist. Denn bei der
Einwilligung oder ihrem Widerruf handelt es sich jeweils um höchstpersönliche
(Gestaltungs-)Rechte, mit denen der Betroffene sein informationelles
Selbstbestimmungsrecht ausübt. Dies hat zur Folge, dass eine Vertretung durch
berufsmäßige Bevollmächtigte unzulässig ist (allgemeine Meinung, vgl. ausführlich
Senatsurteile vom 11. Dezember 1991, Az.: L 17 U 54/90 mit umfangreichen weiteren
Nachweisen sowie vom 14. Juli 2004, Az.: L 17 U 15/02 und L 17 U 106/02;
Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz, 3. Aufl. 1993, § 4 Rn. 11; Bereiter-
Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 67b Rn. 4.3; Harthun, SGb 1983, 511 ff.; Rombach in:
Hauck/Noftz, SGB X, § 67b Rn. 39; Roos in: von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 67b
Rn. 6, Scholz, Kasseler Kommentar, § 67b SGB X Rn. 12; Simitis u.a., Kommentar zum
BDSG, 5. Aufl. 2003, § 4a Rn. 33; a.A. Gola/Schomerus, BDSG, 8. Aufl. 2005, § 4a Anm.
5, sofern sich die Vollmacht ausdrücklich auf die Erteilung einer datenschutzrechtlichen
Einwilligung erstreckt). Dasselbe gilt für die Ausübung des Widerspruchsrechts nach §
76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X (Senatsurteile, a.a.O.) gegen die Übermittlung von Sozialdaten,
die hier freilich gar nicht vorliegt. Aber selbst wenn die Klägerin ihre Einwilligung
wirksam widerrufen hätte, wäre die Datennutzung gem. § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X
erlaubt gewesen. Nach dieser Vorschrift darf die Beklagte Sozialdaten nutzen, wenn
dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nach dem SGB erforderlich ist und es für
die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Zu den Aufgaben der
Beklagten gehört es, über Entschädigungsansprüche der Versicherten zu befinden und
ihre Entscheidungen im Gerichtsverfahren zu verteidigen. Eine wirksame
Rechtsverteidigung ist aber nur möglich, wenn sich die Beklagte in medizinischen
Fragen durch Ärzte beraten lassen kann, die ihr vertrauen genießen. Ohne diese
Befugnis wäre sie nicht in der Lage, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Der
Anspruch auf rechtliches Gehör ist aber in Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)
verfassungsrechtlich und in § 62 SGG gesetzlich garantiert.
35
2. Nach der bereichsspezifischen Vorschrift des § 200 Abs. 2 SGB VII soll der
Unfallversicherungsträger vor Erteilung eines Gutachtenauftrages dem Versicherten
mehrere Gutachter zur Auswahl benennen; der Betroffene ist außerdem auf sein
Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 SGB X hinzuweisen und über den Zweck des
Gutachtens zu informieren. Die Beklagte hat der Klägerin mit Schriftsatz vom 16.
36
Oktober 2006 mitgeteilt, dass sie sich medizinisch beraten lasse. Es war offenkundig,
dass sie damit das Gutachten des Sachverständigen Dr. E überprüfen lassen wollte,
zumal der Senat sie zur Stellungnahme aufgefordert hatte. Auf das Widerspruchsrecht
nach § 76 Abs. 2 SGB X hatte die Beklagte die Klägerin bereits im Oktober 1996
aufmerksam gemacht (vgl. Bl. 12 der Verwaltungsakte). Ein erneuter Hinweis auf das
Widerspruchsrecht war aber auch deshalb entbehrlich, weil die Beklagte die
Sozialdaten der Klägerin nicht an eine dritte Person außerhalb der verantwortlichen
Stelle übermitteln wollte. § 76 Abs. 2 SGB X erfasst nämlich nur Widersprüche gegen
eine Datenübermittlung, nicht jedoch gegen die bloße Nutzung von Sozialdaten.
Bevor die Beklagte ihren Beratungsarzt PD Dr. A beauftragte, hat sie ihn der Klägerin
nicht "zur Auswahl" benannt, wie es § 200 Abs. 2 SGB VII für Gutachten im Regelfall
vorschreibt. Dies war jedoch entbehrlich, obgleich die Tatbestandsvoraussetzungen der
Vorschrift erfüllt sind (a) und § 200 Abs. 2 SGB VII während eines laufenden
Gerichtsverfahrens anwendbar ist (b). Denn die Beklagte durfte aufgrund des
(intendierten) Ermessens, das ihr die Sollvorschrift einräumt, davon absehen, der
Klägerin mehrere Gutachter zur Auswahl zu benennen (c).
37
a) § 200 Abs. 2 SGB VII setzt die "Erteilung eines Gutachtenauftrages" voraus; die
Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme reicht nicht aus. Die Beklagte hat
ihren Auftrag an den Beratungsarzt nicht vorgelegt, so dass unklar ist, ob sie eine bloße
beratungsärztliche Stellungnahme oder ein ausführliches Gutachten nach Aktenlage
angefordert hat. Es ist jedoch belanglos, wie die Beklagte den Gutachtenauftrag
formuliert hat. Denn die Anwendbarkeit des § 200 Abs. 2 SGB VII hängt nicht davon ab,
ob die Beklagte ihren Beratungsarzt ursprünglich nur mit einer (kurzen) Stellungnahme
beauftragt hatte. Entscheidend ist stattdessen, wie der Beratungsarzt den Auftrag
tatsächlich erfüllt. Geht seine Expertise auftragswidrig über eine beratungsärztliche
Stellungnahme hinaus, so kann ihr der Charakter eines (Akten-) Gutachtens nicht mit
dem Hinweis auf den Auftrag wieder abgesprochen werden. Ob ein Aktengutachten
oder lediglich eine beratungsärztliche Stellungnahme vorliegt, beurteilt sich deshalb
nicht nach dem Wortlaut des Auftrags, wie der HVBG in seinem Rundschreiben vom 28.
August 2003 meint, sondern nach Art und Umfang der Expertise, die der Beratungsarzt
tatsächlich erstellt hat, um den Auftrag zu erfüllen. Der Text des Auftrags ist auch
deshalb unerheblich, weil der Sachbearbeiter, der den Beratungsarzt beauftragt, als
medizinischer Laie häufig nicht voraussehen kann, ob eine kurze Stellungnahme
ausreicht oder ein ausführliches Aktengutachten mit komplizierten Erwägungen
erforderlich ist. Bei der Expertise vom 08. Februar 2007, die die Beklagte und PD Dr. A
als "Stellungnahme" bezeichnen, handelt es sich um ein "Gutachten" i.S.d. § 200 Abs. 2
SGB VII. Denn der Beratungsarzt PD Dr. A setzt sich darin auf insgesamt 17 Seiten mit
komplexen (Zusammenhangs-)Fragen in einer bemerkenswerten Beurteilungstiefe
fallbezogen auseinander, so dass keinesfalls von einer beratungsärztlichen
Stellungnahme gesprochen werden kann, die § 200 Abs. 2 SGB X nicht erfasst (vgl.
dazu: Rundschreiben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften
[HVBG] vom 28. August 2003, Datenschutz 006/2003).
38
b) § 200 Abs. 2 SGB VII gilt auch nach Abschluss des Verwaltungs- und
Widerspruchsverfahrens im nachfolgenden Gerichtsverfahren (so auch der
Bundesbeauftragte für den Datenschutz in seinem 18. Tätigkeitsbericht, abgedruckt in
der BT-Drs. 14/5555, S. 154f.; Schömann, SGb 2006, 78, 80; a.A. SG Gelsenkirchen,
Urteil vom 13. Juli 2004, Az.: S 13 U 54/02). Denn der Wortlaut der Norm enthält keinen
Hinweis auf eine einengende Auslegung, und auch aus dem Regelungszusammenhang
39
und der systematischen Stellung der Norm im Ersten Abschnitt des Achten Kapitels
lässt sich nicht herleiten, dass die Bestimmung mit Erlass des Widerspruchsbescheids
außer Kraft treten soll. Schließlich ließe sich das gesetzgeberische Ziel, das Verfahren
transparent(er) zu gestalten und die Mitwirkungsrechte des Versicherten zu stärken (vgl.
dazu BT-Drs. 13/4853, S. 22), noch wirkungsvoller erreichen, wenn ihm der
Leistungsträger auch im Gerichtsverfahren mehrere Gutachter zur Auswahl benennen
würde, bevor er einen von ihnen beauftragt. Hiervon durfte die Beklagte aber absehen:
c) Nach § 200 Abs. 2, 1. HS SGB VII "soll" der Unfallversicherungsträger dem
Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen. Das Wort "soll" bedeutet, dass
dies in aller Regel geschehen muss (gebundene Entscheidung). Ein
Ermessensspielraum besteht nur in atypischen Fällen, die vom Regelfall signifikant
abweichen (BSG, Urteil vom 26. August 1994, Az.: 13 RJ 29/93, HVBG-INFO 1994,
2711 ff.; Köhler, Kausalität, Finalität und Beweis, 2001, S. 63; Wagner in: jurisPK-SGB I,
§ 39 Rn. 14). Die Abweichung muss so bedeutsam sein, dass die Gründe, die für die
Regelentscheidung bedeutsam waren, im konkreten Fall nicht mehr tragfähig sind
(BSG, Urteil vom 29. Juni 1994, Az.: 1 RK 45/93; BVerwG, Urteil vom 24. September
1992, Az.: 7 C 6/92, NJW 1993, 342, 344f.; Mrozynski, SGB I, 3. Aufl. 2003, § 39 Rn. 7).
Hierfür sind Sinn und Zweck der Vorschrift sowie alle Umstände des Einzelfalls
heranzuziehen (Wagner, a.a.O.). Ob ein atypischer Fall vorliegt, ist gerichtlich voll
überprüfbar, weil es sich dabei um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (BSG,
Urteile vom 19. Februar 1986, Az.: 7 RAr 55/84, SozR 1300 § 48 Nr. 22, vom 24.
Februar 1987, Az.: 11b RAr 35/85, SozR 1300 § 48 Nr. 30, vom 11. Februar 1988, Az.: 7
RAr 55/86, SozR 1300 § 48 Nr. 44 und vom 23. Februar 1988, Az.: 12 RK 50/86, SozR
2100 § 76 Nr. 1; Wagner, a.a.O.).
40
Die Beklagte holt im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren nach §§ 20, 21 SGB X
medizinische Gutachten ein und entscheidet auf dieser Basis über
Entschädigungsansprüche. Nur wenige Versicherte beschreiten den Klageweg. Insofern
besteht zwischen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren auf der einen Seite und
dem Gerichtsverfahren auf der anderen Seite schon zahlenmäßig ein Regel-Ausnahme-
Verhältnis. Beide Verfahrensarten unterscheiden sich aber auch inhaltlich deutlich
voneinander: Nach § 19 Satz 2 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV)
muss die Beklagte das Feststellungsverfahren von Amts wegen einleiten, sobald sie
Tatsachen erfährt, die möglicherweise leistungserheblich sind (z.B. durch Unfall- oder
BK-Anzeige, Arztbericht, Bericht eines Technischen Aufsichtsbeamten usw.). Das
Tätigwerden und die Befugnisse des Unfallversicherungsträgers sind für den Verletzten
häufig undurchsichtig. Dies gilt erst recht, wenn er das Verwaltungsverfahren nicht
selbst in Gang gesetzt hat. Um diese Intransparenz zu kompensieren (vgl. BT-Drs.
13/4853, S. 22) und um zu vermeiden, dass der Versicherte zum bloßen
Verfahrensobjekt degradiert wird, hat ihm der Gesetzgeber bei der Begutachtung, die
regelmäßig das Kernstück des Verfahrens bildet, mit § 200 Abs. 2 SGB VII gewisse
Wahl- und damit Einflussmöglichkeiten eröffnet. Gleichzeitig soll damit die Akzeptanz
unfallversicherungsrechtlicher Entscheidungen erhöht werden (Bundesbeauftragter für
den Datenschutz, 17. Tätigkeitsbericht 1997-1998, S. 416 ff.; Köhler, a.a.O., S. 62). Nach
Abschluss des Widerspruchsverfahrens verliert der Unfallversicherungsträger die
Herrschaft über das Verfahren; aus dem "Sozialpartner" wird ein "Gegner", der am
Gerichtsverfahren als Beklagter lediglich "beteiligt" ist. Diese verfahrensrechtliche
Stellung kann für die Interpretation des § 200 Abs. 2 SGB VII nicht folgenlos bleiben:
Denn als Beklagte haben die Unfallversicherungsträger - auch als Körperschaften des
öffentlichen Rechts (BVerfG, Beschluss vom 08. Juli 1982, Az.: 2 BvR 1187/80, BVerfGE
41
61, 82, 104; Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 103 Rn. 6; Schömann, SGb 2006, 78, 81 in Fußn.
28) - Anspruch auf rechtliches Gehör, das Art. 103 Abs. 1 GG grundrechtsgleich und
schrankenlos gewährleistet. Rechtliches Gehör kann sich die Beklagte aber nur dann
verschaffen, wenn sie sich in medizinischen Fragen durch Ärzte beraten lassen kann,
denen sie vertraut. Beratungsärztliche Stellungnahmen oder Gutachten sind ein
prozessrechtlich zulässiges Mittel des Sozialleistungsträgers, sein grundgesetzlich
verbrieftes Recht auf rechtliches Gehör wahrzunehmen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.
März 1991, Az: 2 RU 28/90, SozR 3-1500 § 62 Nrn. 5 und Beschluss vom 20. Januar
1998, Az: B 13 RJ 207/97 B, SozR 3-1500 § 62 Nr. 18; Brackmann, Handbuch der
Sozialversicherung 11. Aufl. S. 244 x; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl.
2005, § 109 Rn. 3; Rohwer-Kahlmann, a.a.O., § 109 Rn. 8). Auch die Position des
Versicherten im sozialgerichtlichen Verfahren unterscheidet sich stark von seiner
Stellung im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Denn er wird im
Gerichtsverfahren selbst aktiv und bestimmt den Streitgegenstand. Das
Gerichtsverfahren ist transparent, und die Sozialgerichtsbarkeit gewährleistet durch ihre
Neutralität und Unabhängigkeit eine hohe Entscheidungsakzeptanz. Verglichen mit der
Situation im Verwaltungsverfahren ist die Stellung der Klägerin im Gerichtsverfahren
"untypisch". Dies gilt erst recht, nachdem sie ihr Antragsrecht nach § 109 SGG genutzt
hat, das weit über § 200 Abs. 2 SGB VII hinausgeht. Denn es berechtigt sie, einen Arzt
ihres Vertrauens zu benennen, den das Gericht als Sachverständigen hören muss. Es
wäre weder mit Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar noch verfahrens- oder datenschutzrechtlich
geboten, wenn die Klägerin nicht nur den Sachverständigen gemäß § 109 SGG,
sondern auch noch dessen Kritiker nach § 200 Abs. 2 SGB VII auswählen dürfte.
Folglich räumt ihr § 200 Abs. 2 SGB VII im anhängigen Gerichtsverfahren keinesfalls
das Recht ein, den (Beratungs-)Arzt zu bestimmen, der für die Beklagte zum
Gerichtsgutachten des SV Dr. E Stellung nehmen soll (vgl. hierzu Senatsurteil vom 08.
November 2006, Az.: L 17 U 245/04, UV-Recht aktuell, 364 ff.; Ricke in: Kasseler
Kommentar, § 200 SGB VII Rn. 4; Schömann, SGb 2006, 78, 81). Vielmehr durfte die
Beklagte aufgrund eines atypischen Falles davon absehen, der Klägerin mehrere
Gutachter zur Auswahl zu benennen. Hat die Beklagte somit § 200 Abs. 2 SGB VII
korrekt angewandt, kann offen bleiben, ob ein Verstoß gegen diese Vorschrift
zwangsläufig zu einem Beweisverwertungsverbot führt, wie die Klägerin meint.
B. Die BK nach Nr. 1102 erfasst Erkrankungen durch Quecksilber oder seine
Verbindungen. Es ist jedoch keinesfalls voll erwiesen, dass die Klägerin während ihrer
Beschäftigung bei der Arbeitgeberin mit Quecksilber in Berührung gekommen ist. Eine
Tatsache ist (voll) bewiesen, wenn sie ohne vernünftige Zweifel feststeht, d.h. in so
hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger
Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen
Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG,
Urteile vom 22. September 1977, Az.: 10 RV 15/77, SozR 3900 § 40 Nr. 9, vom 02.
Februar 1978, Az.: 8 RU 66/77, SozR 2200 § 548 Nr. 38 und Beschluss vom 08. August
2001, Az.: B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900, § 15 Nr. 4; Senatsurteil vom 06. Juni 2007, Az.:
L 17 U 115/06; Humpert in: Jansen, SGG, 2. Aufl. 2005, § 128 Rn. 4; Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 128 Rn. 3b). Erhebliche Zweifel an
Quecksilberkontakten der Klägerin ergeben sich daraus, dass die Arbeitgeberin nach
Angaben der folgenden sieben Personen keine quecksilberhaltigen Produkte
verarbeitet oder anderweitig verwendet hat:
42
1)der TAB Dipl.-Ing. K in Stellungnahmen vom 28. April 1997 und 12. Januar 1999,
43
2)der Dipl.-Chem. Dr. med. Q, der früher als Staatlicher Gewerbearzt für die
Arbeitgeberin zuständig gewesen ist, im Verwaltungsgutachten vom 09. November
1997,
44
3)der Betriebsarzt der Arbeitgeberin Dr. N in seiner Stellungnahme vom 12. Januar
1999,
45
4)die Sicherheitsfachkräfte I und L in ihren Stellungnahmen vom 12. und 13. Januar
1999,
46
5)der Leiter des W-Werkes Dr. G in seiner Stellungnahme vom 13. Januar 1999 sowie
47
6)der Betriebsratsvorsitzende T1 in seiner Stellungnahme vom 13. Januar 1999.
48
Zwar hat der vereidigte SV für Abfallstoffe Dr. rer. nat. K aus E in seinem (Privat-
)Gutachten vom 02. März 2001 in einer W-Batterie einen Quecksilbergehalt von 0,13
mg/kg festgestellt. Hierzu ist jedoch einschränkend zu bemerken, dass sich dieser Wert
im Fehlerbereich der analytischen Nachweisgrenze (0,1 mg/kg) bewegt und deshalb
nicht hinreichend aussagekräftig ist, wie der TAB Dipl.-Ing. K in seiner Stellungnahme
vom 19. Juni 2001 fachkundig dargelegt hat. Schon deshalb kann keine
"Betriebsstörung postuliert", eine "Beweislastumkehr" angenommen und eine
Quecksilbervergiftung unterstellt werden, wie dies Dr. E befürwortet. Aber selbst wenn
man davon ausginge, dass die Batterien 0,13 mg Quecksilber pro kg enthielten, ließe
sich damit noch keine relevante Schwermetallbelastung der Klägerin belegen, auch
wenn sie täglich mit 40.000 bis 50.000 Batterien hantiert hätte, wie sie immer wieder
behauptet. Denn die Zahl der täglichen Batteriekontakte sagt noch nichts darüber aus,
ob und in welchem Umfang die darin enthaltenen Quecksilberspuren auf ihren
Organismus eingewirkt haben. Denn Dr. K hat Quecksilber nur im Batterieinhalt
gefunden, mit dem die Klägerin aber gar nicht in Berührung gekommen ist. Hierauf hat
der Dipl.-Chem. I von der Präventionsabteilung der Beklagten, Fachbereich
Arbeitsmedizin und Berufskrankheiten, in seiner Stellungnahme vom 19. Juli 2002
zutreffend hingewiesen. Der fehlende Nachweis der schädigenden Einwirkungen lässt
sich schließlich auch nicht aus den erhöhten Quecksilberwerten im Urin oder dem
Krankheitsbild herleiten. An diesem Rückschluss von der Erkrankung auf die
gesundheitsschädliche Exposition haben Prof. Dr. Dr. C, Dr. Q und PD Dr. A nämlich
vernünftige Zweifel geäußert. Denn die erhöhten Quecksilberwerte hat die Klägerin nur
deshalb erzielt, weil ihr vor der Messung nachweislich DMPS intravenös (i.v.)
verabreicht worden ist. Dieses Medikament mobilisiert Quecksilber, das im Körper
gespeichert ist, um es auszuschwemmen, was (natürlich) zum Anstieg der
Quecksilberwerte im Urin führt (vgl. dazu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.
Januar 2002, Az.: L 7 U 2889/00, HVBG RdSchr. VB 74/2003). Berücksichtigt man dies,
so liegen sämtliche Quecksilberwerte in einem Bereich, die für Amalgamträger während
einer DMPS-Therapie normal sind. Hierauf hat PD Dr. A sachkundig hingewiesen.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in dieser Zeit ihre Amalgam- durch
Goldfüllungen (Inlays) austauschen ließ. Wer Amalgamfüllungen aufbohrt, setzt das
darin enthaltene Quecksilber vermehrt frei, was den Quecksilbergehalt im Urin in der
Regel zusätzlich steigert (vgl. dazu Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 1102, Anm. Rn. 2).
Nach Entfernung der Amalgamfüllungen und ohne DMPS-Therpaie haben Dr. Q und
Prof. Dr. Dr. C aber jeweils eine regelrechte Quecksilberausscheidung ermittelt.
49
Gegen eine kontinuierliche Quecksilberintoxikation spricht zudem, dass die typischen
50
Anzeichen einer chronischen Quecksilbervergiftung, wie sie im Merkblatt zur BK Nr. 15
der Anlage 1 zur 7. BKVO (abgedruckt bei Mehrtens/Brandenburg, a.a.O.) aufgeführt
sind (vermehrter Speichelfluss, Entzündungen des Zahnfleisches und der
Mundhöhlenschleimhaut, Lockerung der Zähne, Zahnausfall, Rötung des Rachenrings,
Trockenheit der Mundhöhle, Neigung zu Durchfällen etc.), nirgendwo dokumentiert sind.
Die Klägerin leidet stattdessen an Allerweltssymptomen, die völlig unspezifisch sind
und sicherlich jeder schon einmal durchgemacht hat (Kopfschmerzen,
Schwindelgefühle, Erschöpfungszustände, Zittern, Verstopfung, Blähungen, Magen-
und Darmkrämpfe etc.). Soweit der Nephrologe Dr. Q1 einen Nierenschaden im
Zwischengewebe diagnostiziert hat, der quecksilberbedingt sein könnte (vgl. dazu
Mehrtens/Brandenburg, a.a.O.), stützt er sich dabei lediglich auf eine geringe
Gesamteiweißerhöhung, die auch durch körperliche Anstrengung erreicht werden kann.
Hierzu passt, dass weder Dr. Q noch Prof. Dr. Dr. C bei den Kontrolluntersuchungen
einen Nierenschaden bestätigen noch eine erhöhte Eiweißausscheidung finden
konnten.
C. Die BK 1102 erfasst Erkrankungen durch Cadmium oder seine Verbindungen. Die
Klägerin war während ihrer Tätigkeit bei der Arbeitgeberin nachweislich gegenüber
Cadmium exponiert. Auch wenn die Cadmiumwerte bei Luftmessungen, die im Mai
1995 bei der Arbeitgeberin an verschiedenen Arbeitsplätzen durchgeführt worden sind,
unterhalb des maximalen Arbeitsplatzkonzentrationswertes (MAK-Wert) von 0,05 mg/m³
lagen, sind die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 1102 erfüllt, weil sie keinen
Mindestexpositionswert enthält. Der Ursachenzusammenhang zwischen der
nachgewiesenen Cadmiumexposition und den Erkrankungen der Klägerin ist jedoch
nicht hinreichend wahrscheinlich. Denn die Faktoren, die für den
Ursachenzusammenhang sprechen, überwiegen die Umstände, die gegen die
Kausalität sprechen, deutlich.
51
Für die haftungsausfüllende Kausalität lässt sich anführen, dass die Mehrzahl der
Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen erst während der Tätigkeit bei der
Arbeitgeberin erstmals aufgetreten sind, so dass zumindest ein zeitlicher
Zusammenhang besteht. Die chronischen Schleimhautirritationen im Bereich der
oberen Luftwege und der Verlust des Geruchssinns, den Dr. E diagnostiziert hat, treten
typischerweise bei chronischen Cadmiumerkrankungen auf (vgl. Merkblatt zur BK Nr. 10
der Anl. 1 zur 7. BKVO, abgedruckt bei Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 1104). Zudem
überstieg der Cadmiumgehalt im Blut bei den Vorsorgeuntersuchungen den
Referenzwert für Nichtraucher, zu denen die Klägerin zweifelsfrei gehört. Soweit Dr. E
einen Ursachenzusammenhang bejaht, sind seine Ausführungen aber nicht
überzeugend. Seine Hypothese von genetischen Enzymstörungen und angeblich
lösemittelgeschwächten Zellmembranstrukturen, durch die alle möglichen Berufsstoffe
in den Körper eindringen, dort die Entgiftungskapazität des Organismus lahm legen und
zu einem entsprechenden Giftstofftoleranzverlust führen, lässt sich durch keinen
objektiven Befund erhärten. Dies haben Prof. Dr. Dr. C und PD Dr. A ausführlich und
überzeugend dargelegt. Zudem hat sich Dr. E selbst disqualifiziert, indem er das
Gutachten des SV Prof Dr. Dr. C mit boshaften Randbemerkungen (wie "Quatsch",
"falsch", "Hü-Hott" etc.) versehen und auch sonst ein bemerkenswertes
Sendungsbewusstsein zur Schau gestellt hat. Darüber hinaus hat er seine
Kompetenzen als Mediziner deutlich überschritten, indem er sich unaufgefordert zu
rechtlichen Wertungen zur Beweislastumkehr hinreißen ließ und auch sonst mit einem
pointierten Anspruch auf Richtigkeit und Unfehlbarkeit aufgetreten ist, was nur als
unwissenschaftlich bezeichnet werden kann.
52
Gegen den Ursachenzusammenhang spricht, dass bei Luftmessungen im Betrieb der
Arbeitgeberin im Mai 1995 Cadmiumstaubbelastungen unterhalb des maximalen
Arbeitsplatzkonzentrationswertes (MAK-Wert) von 0,05 mg/m³ gemessen wurden und
deshalb von einer eher geringen Einwirkung auszugehen ist. Zudem lagen die
Cadmiumwerte im Urin der Klägerin bei den arbeitsmedizinischen
Vorsorgeuntersuchungen zwischen 1991 und 1994 größtenteils unterhalb der
Nachweisgrenze ((1 µg/l) und mit 2,0 bzw. 2,5 µg/l jedenfalls deutlich unterhalb des
Biologischen Arbeitsstoff-Toleranzwertes [BAT] von 15 µg/l. Auch Anfang 1996 wurden
laborchemisch im Urin der Klägerin normale Cadmiumwerte festgestellt. Der
Cadmiumspiegel im Blut bewegte sich bei den arbeitsmedizinischen
Vorsorgeuntersuchungen jeweils im Referenzbereich der Allgemeinbevölkerung
(zwischen 2,9 und 4,7µg/l). Hiermit korrespondierend hat der Verwaltungsgutachter Dr.
Q 1997 sowohl im Blut als auch im Urin normale Cadmiumwerte festgestellt, und auch
der Gerichtsgutachter Prof. Dr. Dr. C fand Mitte Juli 2003 eine normale
Cadmiumkonzentration von 1,2 ng/ml im Blut. Darüber hinaus sind Frühzeichen
cadmiumbedingter Schäden des röhrenförmigen (tubulären) Nierensystems nicht
nachgewiesen, und die Klägerin leidet auch an keiner chronischen Bronchitis mit
Lungenüberblähung (Emphysem), die Cadmium (als Spätfolge) typischerweise
hervorruft. Zudem schließen normale Cadiumwerte eine überhöhte Exposition in den
vergangenen 20 bis 30 Jahren aus. Denn Cadmium hat eine Halbwertzeit von 20 bis 30
Jahren und ist entsprechend lange nachweisbar. Schließlich spricht auch der
Krankheitsverlauf gegen die haftungsausfüllende Kausalität. Denn ein Großteil der
Beschwerden besserte sich - auch nach Angaben der behandelnden Ärzte - bei
kurzfristiger Abwesenheit vom Arbeitsplatz. Eine kurzfristige Expositionskarenz kann
aber wegen der langen Halbwertzeit von Cadmium nicht zu einer schlagartigen
Besserung führen. Dagegen hätten die cadmiumbedingten Beschwerden - anders als
bei der Klägerin - bei langfristiger Expositionskarenz Besserungs- und keine
Verschlechterungstendenzen aufweisen müssen. Dies haben der SV Prof. Dr. Dr. C und
der Verwaltungsgutachter Dr. Q ebenso eingehend wie überzeugend dargelegt.
53
D. Der Senat war schließlich nicht verpflichtet, den SV Dr. E im Termin zu hören. Eine
solche Pflicht besteht nach der Rechtsprechung des BSG (Beschlüsse vom 16. Januar
1986, Az: 4b RV 27/85, SozR 1750 § 411 Nr. 2, vom 05. Mai 1998, Az: B 2 U 305/97 B,
vom 12. April 2005, Az: B 2 U 222/04 B und vom 13. September 2005, Az: B 2 U 5/05 B)
nur, wenn die Klägerin den Antrag auf Ladung des Sachverständigen rechtzeitig vor der
mündlichen Verhandlung stellt, die nach ihrer Ansicht erläuterungsbedingten Punkte
schriftlich mitteilt und die aufgeworfenen Fragen objektiv sachdienlich sind. Die Klägerin
hat schriftsätzlich beantragt, den SVen Dr. E "zur mündlichen Verhandlung" zu laden,
"damit dieser zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen von Prof. Dr. Dr. C, bei ihm
lägen erschreckende Missverständnisse toxikologischer Grundgegebenheiten vor,
Stellung nehmen kann". Diesen Antrag hat sie "rechtzeitig" vor der mündlichen
Verhandlung gestellt. Die aus ihrer Sicht erläuterungsbedürftigen Punkte hat sie jedoch
nicht konkretisiert. Welche toxikologischen Grundkenntnisse der SVe hat oder nicht hat,
ist letztlich auch nicht entscheidungserheblich und kann im vorliegenden Verfahren
nicht geklärt werden. Maßgeblich sind seine Argumente, die den Senat nicht
überzeugen.
54
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
55
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen
56
hierfür nicht gegeben sind (§ 160 Abs. 2 SGG).