Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.03.2011
LSG NRW: fehlerhafte rechtsmittelbelehrung, verkehr, zubehör, rüge, gas, verfahrensmangel, anteil, einverständnis, wasser
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss vom 14.03.2011 (rechtskräftig)
Sozialgericht Münster S 3 AS 159/09
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 19 AS 347/11 NZB
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Münster vom
01.09.2010 wird zurückgewiesen. Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Kläger hat mit seiner am 27.08.2009 vor dem Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage die Verurteilung der
Beklagten zur Gewährung höherer Grundsicherungsleistungen für Erwerbsfähige nach dem Sozialgesetzbuch (SGB)
Zweites Buch (II) ohne Berücksichtigung eines prozentualen Anteils für Kosten der Warmwasserbereitung für den
Zeitraum Januar bis Juni 2009 begehrt.
Mit Urteil vom 01.09.2010 hat das SG die Klage abgewiesen, ohne im Entscheidungstenor oder den
Entscheidungsgründen die Berufung zuzulassen.
Der Kläger hat hiergegen zunächst die nach der Rechtsmittelbelehrung als statthaft bezeichnete Berufung eingelegt,
aber auf Hinweis des Berichterstatters, dass der allein streitige Anteil der Kosten für die Warmwasserbereitung für
eine Dauer von sechs Monaten den Betrag für die zulassungsfreie Berufung nicht erreiche, diese zurückgenommen
und Beschwerde gegen die Nichtzulassung derselben eingelegt.
Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung durch den Berichterstatter (§ 155 Abs.3,4
Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Beschwerde ist statthaft.
Die Berufung bedarf hier nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, weil der Kläger weniger als 10,- EUR
monatlich für eine Dauer von sechs Monaten an höheren Leistungen begehrt. Daher ist die Berufung auch nicht nach
§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG statthaft, weil Leistungen für weniger als ein Jahr im Streit stehen. Das SG hat die Berufung
nicht zugelassen, weil hierfür eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung nicht ausreichend ist (BSG SozR 4-1500 § 158
Nr. 1).
Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Einer der in § 144 Abs. 2 SGG abschließend genannten Zulassungsgründe ist vorliegend nicht gegeben.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das
Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der
obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht
oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt,
auf dem die Entscheidung beruhen kann. Keiner dieser Gründe liegt hier vor.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art aufwirft, die
bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und
Fortentwicklung des Rechts gelegen ist (Frehse in Jansen, SGG, 3. Aufl., § 144 Rn. 17 m.w.Nachw.). Daran fehlt es
hier, weil durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hinreichend geklärt ist, inwieweit Kosten für die
Warmwasserbereitung durch die SGB II-Leistungsträger zu übernehmen sind (vgl. etwa BSG Urt. v. 19.02.2009 - B 4
AS 48/08; Urt. v. 27.02.2008 – B 14/11b AS 15/07 R beide unter www.juris.de). Auch das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) hat sich mit dieser Frage bereits befasst (vgl. Urt. v. 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 = NZS 2010, 270). Es hat
dabei ausdrücklich festgestellt, dass der Gesetzgeber "die Abschläge der Abteilung 04 (Wohnen, Wasser, Strom, Gas
und andere Brennstoffe) bei der Ausgabenposition Strom (Kürzung um 15%) und in der Abteilung 07 (Verkehr) bei der
Ausgabenposition Ersatzteile und Zubehör für Privatfahrzeuge (Kürzung um 80%) nicht tragfähig begründet hat"
(BVerfG aaO S. 279 Rn. 177). Daher ist die vom Kläger gerügte Verfassungswidrigkeit des pauschalierten Abzuges
bereits festgestellt, gleichwohl hat das BVerfG die Fortgeltung der Regelsätze des § 20 Abs. 2 SGB II bis zum
31.12.2010 angeordnet (BVerfG aaO S. 284 Rn. 216), sodass für den hier streitigen Zeitraum auch in Ansehung der
Verfassungswidrigkeit der geltenden Gesetzeslage vom Kläger keine höheren Leistungen erstritten werden können.
Es sind daher keine Umstände ersichtlich, die eine erneute Befassung des BVerfG mit der hier streitigen Frage
rechtfertigen könnten.
Das SG hat sich bei seiner Entscheidung auch gerade im Rahmen der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung
gehalten, sodass auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vorliegt.
Mangels Rüge eines Verfahrensverstoßes kommt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht zum
Tragen, zumal ein solcher ohnehin nicht ersichtlich ist.
Die Beschwerde ist daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden
Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 S. 5 SGG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).