Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.10.2009
LSG NRW (sgg, ast, ankündigung, behörde, keller, auflage, antrag, ablehnung, beschwerde, ziel)
Landessozialgericht NRW, L 12 B 22/09 AS
Datum:
12.10.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 12 B 22/09 AS
Vorinstanz:
Sozialgericht Köln, S 3 AS 1/09 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Köln vom 03.02.2009 über die Ablehnung von
Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen. Kosten des
Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
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Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln vom
03.02.2009 über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) ist unbegründet.
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Das SG hat den Antrag der Antragstellerin (Ast), ihr PKH zu gewähren und
Rechtsanwältin A aus L beizuordnen, zu recht abgelehnt.
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Gemäß § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)
erhält ein Beteiligter, der auf Grund seiner persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse die Kosten für die Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten
aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint und hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
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Erfolgsaussichten in diesem Sinn bestehen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt
des Klägers aufgrund seiner Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen
zumindest für vertretbar erachtet und in tatsächlicher Hinsicht eine Beweisführung für
möglich hält. Dabei muss die Chance, den Prozess zu gewinnen, mindestens genauso
groß sein wie ihn zu verlieren. Dies ist grundsätzlich zu bejahen, wenn die
Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bisher ungeklärten Rechtsfrage
abhängt oder von Amts wegen weitere Ermittlungen gemäß § 103 SGG durchzuführen
sind, bevor die streit-erheblichen Fragen abschließend beantwortet werden können
(Bundesverfassungsgericht, NJW 1991, 413 ff.; NJW - RR 2002, 665 ff.; LSG Nordrhein-
Westfalen, Beschluss vom 29.06.2009 - L 20 B 6/09 AS, Leitherer in: Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 73 a Rn. 7 und 7 a).
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Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist die Ablehnung der Bewilligung nicht zu
beanstanden. Hierzu verweist der Senat gemäß § 142 Abs. 2 Satz 2 SGG zunächst auf
die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, die er sich nach Prüfung
der Sach- und Rechtslage im wesentlichen zu eigen macht.
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Auch aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich keine andere Entscheidung.
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Zwar gehen die Beteiligten nunmehr übereinstimmend davon aus, dass der
Bewilligungbescheid vom 01.12.2008 mit Widerspruch vom 23.12.2008 fristgerecht
angegriffen wurde. Die auf die Ast entfallende Differenz der Unterkunftskosten von 19,13
EUR rechtfertigt allerdings, wie das SG bereits zutreffend in seinen Erwägungen
ausgeführt hat, nicht die Feststellung des erforderlichen Anordnungsgrundes.
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Im übrigen ist zwar festzustellen, dass der Bewilligungsbescheid vom 01.12.2008
tatsächlich eine Auszahlung an Dritte nicht ausweist, so dass - wie auch der Wortlaut
des bei dem SG gestellten Eilantrages vermuten lässt - Ziel des Eilverfahrens die
Auszahlung des beschiedenen Leistungsbetrages an die Ast war. Dieses -
vollstreckungsähnliche - Begehren ist im Eilverfahren - wovon auch das Sozialgericht
zutreffend ausgeht - im Wege der Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG
zu verfolgen. Es unterliegt damit auch den Voraussetzungen der Regelungsanordnung
hinsichtlich des Rechtschutzbedürfnisses.
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Letzteres fehlt, wenn wenn sich ein einfacherer und ebenso effektiver Weg zur
Rechtsverwirklichung bietet.
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Im Hinblick auf die Bindung der Antragsgegnerin (Ag) an Recht und Gesetz ist es dem
Leistungsempfänger abzuverlangen, dass er sich vor dem Antrag auf einstweilige
Regelung zunächst an diese wendet (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage,
§ 86b RdNr. 26b; Rothkegel, Sozialhilferecht, 1. Auflage 2005, Teil 5 Kapitel 1 RdNr. 14;
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.12.2005, - L 9 B 105/05
AS ER -, Beschluss vom 03.02.2006, - L 20 B 6/06 SO - und weiter in ständiger Rspr.).
Dies gilt nur dann nicht, wenn die Sache sehr eilig ist und der Ast aus besonderen
Gründen mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass er bei der Behörde
kein Gehör finden würde (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer aaO Rd 26 b m.w.N.). Ziel
dieser Erwägung ist es, der Behörde eine Reaktionsmöglichkeit einzuräumen. Die
Ankündigung eines Eilverfahrens muss daher mit einer - ggf sehr kurzen - Fristsetzung
verbunden sein. Das gerichtliche Eilverfahren ist insoweit nicht der effektivere Weg, weil
auch hier aus Gründen des rechtlichen Gehörs der Behörde eine Stellungnahmefrist
einzuräumen ist.
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Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat die Bevollmächtigte der Ast die Ag
vorliegend nicht in einem ausreichenden Maße kontaktiert.
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Eine Ankündigung des Eilverfahrens war erforderlich. Es war nicht offensichtlich, dass
die Ag den Ast die begehrten Leistungen nicht gewähren würde. Vielmehr hätte die Ag
voraussichtlich die im gerichtlichen Verfahren vorgenommene Erläuterung
vorgenommen. Ob die Leistungen weiterhin an die Drittempfänger ausgekehrt werden
sollten, hätte sodann schnell und einvernehmlich geklärt werden können.
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Der vorgetragene bloße Versuch einer telefonischen Kontaktaufnahme war als
Ankündigung im Sinne der o.g. Rechtsprechung nicht ausreichend. Hier hätte die
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Ankündigung der Einleitung des Eilverfahrens zumindest faxschriftlich erfolgen können.
Dass die Bevollmächtigte sich nach dem Versuch der telefonischen Kontaktaufnahme in
Urlaub begeben hat, ist eine Fragestellung der Organisation der Kanzleivertretung und
vermag das Rechtschutzbedürfnis der Ast nicht zu begründen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nach Maßgabe der §§ 73 a Abs. 1 S. 1 SGG, 127
Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
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Rechtsmittelbelehrung:
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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