Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 11.09.2008

LSG NRW: wartezeit, erwerbsunfähigkeit, monatslohn, erfüllung, versicherungsverhältnis, rechtsnachfolger, urlaub, altersrente, rechtskraft, marokko

Landessozialgericht NRW, L 2 KN 207/07
Datum:
11.09.2008
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 2 KN 207/07
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 6 KN 13/07
Sachgebiet:
Rentenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts Dortmund vom 14.08.2007 wird zurückgewiesen. Die
Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu
erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Streitig ist die Gewährung von Regelaltersrente aus der deutschen Gesetzlichen
Rentenversicherung (GRV).
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Der im Jahre 1940 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger. In der Zeit
vom 21.11.1963 bis zum 11.07.1975 verrichtete er in der Bundesrepublik Deutschland
versicherungspflichtige Beschäftigungen. Für diese Zeiten wurden Pflichtbeiträge
entrichtet. Am 10.07.1976 beantragte er die Erstattung seiner Pflichtbeitragsanteile. Mit
Bescheid vom 18.07.1977 wurden ihm diese für den Zeitraum 21.11.1963 bis
11.07.1975 in Höhe von insgesamt DM 11.134,90 erstattet. Nach dem 11.07.1975 hat er
keine Versicherungszeiten in der GRV zurückgelegt. Der Kläger kehrte nach Marokko
zurück, wo er heute noch lebt.
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Am 05.08.1988 beantragte er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Mit
bestandskräftigem Bescheid vom 14.09.1988 wurde dieser Antrag abgelehnt. Anspruch
auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bestünde nach erfolgter Beitragserstattung wegen
fehlender Wartezeiterfüllung nicht. Auch habe er keine neuen rentenrechtlichen Zeiten
zurückgelegt.
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Am 14.11.1993 beantragte er erneut die Gewährung von Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.12.1993 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 16.09.1996 wurde dieser Antrag aus den gleichen
Gründen wie zuvor abgelehnt. Im Januar 1998 beantragte er erneut die Gewährung von
Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 04.02.1998 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.1998 wurde dieser Antrag aus den
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gleichen Gründen abgelehnt.
Am 26.12.2001 beantragte er die Gewährung von Altersrente. Mit Bescheid vom
23.01.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2002 wurde dieser
Antrag abgelehnt. Nach erfolgter Beitragserstattung werde die erforderliche Wartezeit
nicht mehr erfüllt. Neue rentenrechtliche Zeiten seien nicht zurückgelegt worden. Die
dagegen zum Sozialgericht Dortmund (S 13 KN 65/02) erhobene Klage wurde mit Urteil
vom 18.02.2003 abgewiesen. Die dagegen zum Landessozialgericht Nordrhein-
Westfalen eingelegte Berufung (L 18 KN 42/03) wurde mit Urteil vom 12.08.2003
zurückgewiesen. Die dagegen zum Bundessozialgericht eingelegte
Nichtzulassungsbeschwerde (B 8 KN 16/03 B) wurde mit Beschluss vom 14.11.2003 als
unzulässig verworfen.
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Am 21.02.2005 beantragte er erneut die Gewährung von Rente aus der GRV. Mit
Bescheid vom 18.03.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2005
wurde der Antrag aus den gleichen Gründen abgelehnt. Die dagegen zum Sozialgericht
Dortmund (S 24 KN 225/05) erhobene Klage wurde mit rechtskräftigem
Gerichtsbescheid vom 26.10.2005 abgewiesen.
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Am 31.07.2006 beantragte der Kläger die Gewährung von Regelaltersrente nach
Vollendung des 65. Lebensjahres. Mit Bescheid vom 14.08.2006 wurde dieser Antrag
abgelehnt. Nach erfolgter Beitragserstattung erfülle er nicht mehr die erforderliche
allgemeine Wartezeit. Nach Beitragserstattung seien keine neuen rentenrechtlichen
Zeiten mehr zurückgelegt worden. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit
Widerspruchsbescheid vom 18.12.2006 zurückgewiesen.
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Mit der dagegen zum Sozialgericht Dortmund (SG) erhobenen Klage hat er sein
Begehren auf Gewährung von Regelaltersrente weiter verfolgt.
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Die Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt.
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Mit Gerichtsbescheid vom 14.08.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach erfolgter
Beitragserstattung und fehlender weiterer rentenrechtlicher Zeiten nach
Beitragserstattung erfülle er die für die Gewährung von Rente aus der GRV erforderliche
allgemeine Wartezeit nicht.
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Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung behauptet der Kläger, "dass ich
diese Beiträge erstattet bekommen haben soll stimmt nicht! Zum damaligen Zeitpunkt
musste die Knappschaft bzw. mein damaliger Arbeitgeber mir noch einen Monatslohn
und einen Urlaub auszahlen.". Er teilte mit, "dass ich den Betrag nur der Hälfte erhalten
habe und die Rest ist nicht auf mein Konto überwiesen. Deshalb ich bitte Sie um
nachprüfen, ob der Restbetrag bei deutsche Rentenversicherung geblieben.".
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.09.2008 ist für den Kläger niemand
erschienen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
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Für die Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten
verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
18
Der Senat kann entscheiden, obwohl für den Kläger zum Termin niemand erschienen
ist. Der Kläger ist mit ordnungsgemäß erfolgter Ladung auf diese Möglichkeit
hingewiesen worden. Nach dem Vorbringen des Klägers ist davon auszugehen, dass er
geltend macht, Anspruch auf die Gewährung von Regelaltersrente aus der GRV zu
haben.
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zurecht abgewiesen.
Ein Anspruch des Klägers auf Regelaltersrente aus der GRV besteht nicht. Ein
Anspruch auf Regelaltersrente setzt die Erfüllung einer Wartezeit voraus (§ 35
Sozialgesetzbuch sechstes Buch - SGB VI -). Nach § 35 SGB VI erhält Regelaltersrente,
wer das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Zwar hat der
Kläger in 2005 das 65. Lebensjahr vollendet, indes nicht die allgemeine Wartezeit
erfüllt. Die allgemeine Wartezeit beträgt für die Regelaltersrente 5 Jahre (§ 50 Abs. 1
SGB VI). Für die Erfüllung der Wartezeit erforderliche Kalendermonate mit
Beitragszeiten liegen bei dem Kläger nicht mehr vor (§§ 51 Abs. 1 und 4, 54 SGB VI).
Aus den von ihm während seiner Berufstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland von
November 1963 bis Juli 1975 entrichteten Pflichtbeiträge kann er keine Rechte mehr
herleiten. Diese Beiträge sind ihm 1977 rechtswirksam anteilig erstattet worden. Durch
diese Beitragserstattung ist das bis dahin bestanden habende Versicherungsverhältnis
aufgelöst worden. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten
rentenrechtlichen Zeiten bestehen daher nicht mehr (§ 210 Abs. 6 SGB VI sowie § 1303
Abs. 7 Reichsversicherungsordnung - RVO -).
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Der Kläger hat am 10.07.1976 einen Erstattungsantrag gestellt über den mit Bescheid
vom 18.10.1977 entschieden wurde. Zweifel daran, dass der Erstattungsanspruch durch
die Zahlung der Erstattungssumme in Höhe von DM 11.134,90 mit für die GRV
befreiender Wirkung auch erfüllt worden ist, bestehen zur Überzeugung des Senates
nicht. Der zur Begründung der Berufung gehaltene Vortrag des Klägers ist insoweit nicht
nachvollziehbar. Bereits in den Jahren 1988, 1993, 1998, 2001 und 2005 wurde mit
bestandskräftigen Entscheidungen festgestellt, dass die von dem Kläger von November
1963 bis Juli 1975 entrichteten Pflichtbeiträge anteilsmäßig mit befreiender Wirkung
rechtswirksam erstattet worden sind und dadurch das Versicherungsverhältnis aufgelöst
worden ist.
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Soweit der Kläger meint, gegenüber seinem damaligen Arbeitgeber noch Anspruch auf
einen Monatslohn und Urlaubsabgeltung zu haben, so ist dies nicht Streitgegenstand
des hiesigen Verfahrens. Insoweit muss der Kläger sich an seinen damaligen
Arbeitgeber oder dessen Rechtsnachfolger wenden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Rechtssache
hat keine grundsätzliche Bedeutung. Maßgeblich für die Entscheidung sind die
tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.
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