Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 08.07.2009
LSG NRW: aufschiebende wirkung, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, verwaltungsakt, zumutbare arbeit, vollziehung, hauptsache, bayern, geldleistung, anfechtungsklage, sanktion
Landessozialgericht NRW, L 19 B 140/09 AS ER
Datum:
08.07.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
19. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 19 B 140/09 AS ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Köln, S 6 AS 45/09 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des
Sozialgerichts Köln vom 20.04.2008 geändert. Die aufschiebende
Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 28.01.2009 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2009 wird angeordnet. Im
übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die
Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe:
1
I. Die Antragstellerin bezieht von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom
01.12.2008 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen nach dem
SGB II für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2009.
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Durch Verwaltungsakt vom 29.10.2008 erließ die Antragsgegnerin eine
Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Durch den Verwaltungsakt
sollte eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt werden (sog.
Eingliederungsverwaltungsakt). In Ziffer III regelte die Antragsgegnerin u. a., die
Antragstellerin solle an der ganzheitlichen Integrationsmaßnahme (GanzIL) bei dem
beauftragten Träger U GmbH, G, nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 37,38 SGB III vom
19.11.2008 bis zum 18.08.2009 teilnehmen. Unter Ziffer IV ordnete sie die sofortige
Vollziehung der Bestimmungen des Eingliederungsverwaltungsaktes nach § 86a Abs. 2
Nr. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) an. Den gegen den Eingliederungsverwaltungsakt
eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin durch Widerspruchsbescheid vom
12.01.2009 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 19.01.2009
Klage vor dem Sozialgericht Köln, S 6 AS 12/09.
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Am 19.11.2008 trat die Antragstellerin die Maßnahme GanzIL nicht an. Mit Schreiben
vom 07.01.2009 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin hinsichtlich der
Verhängung einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II wegen der
Nichtteilnahme an der Maßnahme an. Durch Bescheid vom 28.01.2009 senkte die
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Antragsgegnerin das Arbeitslosengeld II der Antragstellerin für die Zeit vom 01.02. bis
zum 30.04.2009 in Höhe von 105,00 EUR monatlich wegen der Nichtteilnahme an der
Maßnahme GanzIL unter Berufung auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II ab und hob die
ursprüngliche Bewilligungsentscheidung vom 01.12.2008 insoweit nach § 48 Abs. 1
Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Mit weiterem Schreiben vom 03.02.2009
hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin hinsichtlich der Verhängung einer
Sanktion nach § 31 Abs. 1 Nr.1b SGB II wegen der Verletzung der Verpflichtung aus der
Eingliederungsvereinbarung - Nachweis von drei Bewerbungsbemühungen um
sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse monatlich - in der Zeit vom
16.12.2008 bis zum 15.01.2009 an. Mit Schreiben vom 14.02.2009 legte die
Antragstellerin Widerspruch gegen die Bescheide vom 07.01.2009 und vom 03.02.2009
ein. Durch Widerspruchsbescheid vom 24.04.2009 verwarf die Antragsgegnerin den
Widerspruch gegen die Anhörungsschreiben vom 07.01.2009 und vom 03.02.2009 als
unzulässig. Den Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 28.01.2009 wies sie
als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 20.05.2009 Klage vor
dem Sozialgericht.
Mit Schreiben vom 11.11.2008, eingegangen beim Sozialgericht Köln am 05.03.2009,
hat die Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des
Widerspruchs beantragt. Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat die Antragstellerin mit
Schreiben vom 13.03.2009 erklärt, dass sie gegen den Verwaltungsakt vom 29.10.2008
Widerspruch eingelegt habe. Gegen die Absenkungsbescheide habe sie am 14.02.2009
Widerspruch eingelegt.
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Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, dass der eine Eingliederungsvereinbarung
ersetzende Bescheid vom 29.10.2008 weder unverständlich noch unbestimmt sei. Die
Verpflichtung der Antragstellerin - "Sie bewerben sich monatlich ab 19.11.08 auf
mindestens drei sozialversicherungspflichtige Stellen (schriftlich oder telefonisch) im
Helferbereich und legen die Bewerbungsnachweise monatlich zur Monatsmitte (15.)
unaufgefordert bei der ARGE vor, erstmals am 15.12. 2008" - sei hinreichend bestimmt.
Mit der Begrifflichkeit im Helferbereich seien nach dem allgemeinen Sprachgebrauch
Hilfs- bzw. Zuarbeitertätigkeiten im unteren Lohnsegment gemeint. Mit Schreiben vom
14.02.2009 habe die Antragstellerin nur gegen die Schreiben vom 07.01.2009 und vom
03.02.2009 Widerspruch eingelegt. Der Sanktionsbescheid vom 28.01.2009 werde in
dem Schreiben nicht erwähnt. Selbst wenn der Widerspruch vom 14.02.2009 zu
Gunsten der Antragstellerin auch als Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom
28.01.2009 gewertet würde, sei der Widerspruch unbegründet.
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Durch Beschluss vom 20.04.2009 hat das Sozialgericht Köln den Antrag abgelehnt. Auf
die Gründe wird Bezug genommen.
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Gegen den am 23.04.2009 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am
20.05.2009 Beschwerde eingelegt.
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II. Die Beschwerde ist zulässig.
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Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 SGG statthaft. Der Ausschlusstatbestand des §
172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.d.F. ab dem 01.04.2008 (Gesetz zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes - SGGArbÄndG - BGBl. I, 417)
greift nicht ein. Danach ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig
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wäre. Die Berufung wäre im vorliegenden Fall zulässig, da die Vorschrift des § 144 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 SGG i.d.F. ab dem 01.04.2008 hier nicht einschlägig ist. Danach ist bei
einer Klage, die eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft,
die Berufung zulässig, wenn die Beschwer den Betrag von 750,00 EUR übersteigt. Mit
der Beschwerde begehrt die Antragstellerin nicht nur die Anordnung der
aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Sanktionsbescheid vom 28.01.2009 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2009, einen Verwaltungsakt i.S.v. §
144 Abs. 1 Satz Nr. 1 SGG, sondern auch der Klage gegen den
Eingliederungsverwaltungsakt vom 29.10.2008 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12.01.2009. Bei dem Eingliederungsverwaltungsakt
handelt es sich um keinen Verwaltungsakt i.S.v. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da er
nicht auf eine Geldleistung, sondern auf Handlungspflichten der Antragstellerin gerichtet
ist. Die Berufung in Verfahren, deren Gegenstand ein Eingliederungsverwaltungsakt
nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ist, ist nicht beschränkt (vgl. LSG Bayern, Urteil vom
14.03.2008 - L 7 AS 267/07).
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
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Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 28.01.2009 ist
anzuordnen (S. 1). Im übrigen ist die Beschwerde unbegründet (S. 2)
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1) Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 28.01.2009 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2009 ist anzuordnen.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid
vom 28.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2009 ist nach §
86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGG statthaft. Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann
das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in denen der Widerspruch oder die
Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz
oder teilweise anordnen. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben ein Widerspruch und eine Klage
gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitssuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Bei dem
Sanktionsbescheid vom 28.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
24.04.2009 nach § 31 SGB II handelt es sich um einen Verwaltungsakt nach § 39 Nr. 1
SGB II, gegen den die Antragstellerin Klage erhoben hat. Das Rechtsschutzbedürfnis ist
auch nicht deshalb entfallen, weil der Sanktionsbescheid schon zum Zeitpunkt der
erstinstanzlichen Entscheidung vollzogen gewesen ist, indem die Antragsgegnerin dem
Bewilligungsbescheid vom 01.12.2008 für die Zeit vom 01.02. bis zum 30.04.2009
teilweise aufgehoben und der Antragstellerin für die Monate Februar bis April 2009 eine
um 105,00 EUR mtl. geminderte Regelleistung ausgezahlt hat.
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Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht
einer Abwägung des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin, die Wirkung des
angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden, mit dem Vollzugsinteresse der
Antragsgegnerin vorzunehmen. Dabei besteht ein Regel-Ausnahmeverhältnis. In der
Regel überwiegt das Vollzuginteresse der Antragsgegnerin. Die aufschiebende Wirkung
eines Widerspruchs ist anzuordnen, wenn das Aussetzungsinteresse das
Vollzuginteresse überwiegt. Dies ist der Fall, wenn mehr gegen als für die
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes spricht.
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Es bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 28.01.2009
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in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2009, in dem die Minderung des
Anspruchs der Antragstellerin auf Arbeitslosengeld II um 30 von Hundert wegen der
Erfüllung des Sanktionstatbestandes des § 31 Abs. 1 Satz Nr. 1b SGB II für die Zeit vom
01.02. bis zum 30.04.2009 nach § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II festgestellt wird.
Die Nichtaufnahme der im Verwaltungsakt vom 29.10.2008 angebotenen
Integrationsmaßnahme am 19.11.2008 erfüllt nicht den Sanktionstatbestand des § 31
Abs. 1 Nr. 1b SGB II. Danach wird das Arbeitslosengeld II abgesenkt, wenn die
erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, die in
der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten zu erfüllen. Vorliegend ist die
Pflicht der Antragstellerin zur Teilnahme an der am 19.11.2008 beginnenden
Integrationsmaßnahme aber nicht in einer Eingliederungsvereinbarung i.S.v. § 15 Abs. 1
Satz 1 SGB II festgelegt worden, sondern sie ist von der Antragsgegnerin durch den
Bescheid vom 29.10.2008, der einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz
6 SGB II ersetzt, bestimmt worden. Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II
sanktioniert nach ihrem Wortlaut jedoch nur Verstöße gegen die Pflichten aus einer
Eingliederungsvereinbarung i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Aufgrund des eindeutigen
Wortlauts kann die Vorschrift nicht dahingehend erweiternd ausgelegt werden, dass sie
auch Verstöße gegen die Pflichten aus einem die Eingliederungsvereinbarung
ersetzenden Verwaltungsakt sanktioniert. Auch wenn § 31 SGB II keine Strafvorschrift
im eigentlichen Sinne darstellt und daher das Gebot strafbegründender oder
strafverschärfender Analogien insoweit aufgrund des Charakters der Vorschrift nicht
unmittelbar gilt, ist die Vorschrift als Sanktionsnorm, die für die Hilfesuchende
gravierende Folgen hat, eng am Wortlaut der Regelung orientiert auszulegen. Eine
ungewollte Regelungslücke des Gesetzgebers ist nicht erkennbar (LSG NW, Beschluss
vom 26.09.2008, - L 19 B 162/08 AS ER -; LSG Hessen, Beschluss vom 09.02.2007 - L
7 AS 288/06 ER -; Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 31 Rdz.13a; Valgolio in
Hauck/Noftz, SGB II, § 31 Rdz. 34; siehe auch LSG Bayern, Beschluss vom 09.11.2007
- L 7 B 748/07 AS -; a. A. LSG NW, Beschluss vom 06.02.2008, - L 7 B 18/08 AS ER -
ohne nähere Begründung). Denn die Nichterfüllung von Pflichten aus einem
Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II kann je nach Inhalt der Pflichten den
Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c SGB II erfüllen.
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Vorliegend erfüllt das Verhalten Antragstellerin nicht den Sanktionstatbestand des § 31
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c SGB II. Danach wird das Arbeitslosengeld II einer erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen gemindert, wenn die Hilfebedürftige eine zumutbare Arbeit, eine
Ausbildung, eine Arbeitsgelegenheit, eine mit einem Beschäftigungszuschuss nach §
16a SGB II geförderte Arbeit, ein zumutbares Angebot nach § 15a SGB II oder eine
sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme nicht aufnimmt. Bei
der im Bescheid vom 29.10.2008 angebotenen Integrationsmaßnahme handelt es sich
aber weder um eine Arbeit i.S. einer Betätigung gegen Arbeitsentgelt, eine
Arbeitsgelegenheit (siehe zum Begriff der Arbeitsgelegenheit nach § 31 Abs. 1 Satz 1
Nr.1c SGB II: Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 31 Rdz 15) noch um ein Sofortangebot
nach § 15a SGB II noch um eine sonstige Maßnahme i.S.v. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c
SGB II. Die Pflicht der Antragstellerin zur Aufnahme der Integrationsmaßnahme als
sonstiger Maßnahme i.S.v. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c SGB II beruht nicht auf den
Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
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Damit überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das Vollzugsinteresse
der Antragsgegnerin.
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Eine Anordnung der Aufhebung der Vollziehung ist nicht erforderlich. Mit der Anordnung
der aufschiebenden Wirkung der Klage ist die im Bescheid vom 01.12.2008 verfügte
Bewilligung der Regelleistung nach § 20 SGB II in Höhe von 351,00 EUR an die
Antragstellerin in der Zeit vom 01.02. bis zum 30.04.2009 auszuführen.
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2) Das Sozialgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der
Klage gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 29.10.2008 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12.01.2009 zutreffend nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG
abgelehnt.
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Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz ist der Antrag der Antragstellerin dahingehend
auszulegen, dass ihr Begehren nicht nur auf die Anordnung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 29.10.2008
beschränkt ist, sondern die Antragstellerin auch die Anordnung der aufschiebenden
Wirkung der am 19.01.2009 erhobenen Klage begehrt.
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Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in
denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die
aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Klage der Antragstellerin hat
keine aufschiebenden Wirkung, da die Antragsgegnerin in dem Ausgangsbescheid vom
29.10.2008 die sofortige Vollziehung nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG angeordnet hat und
damit die aufschiebende Wirkung der Klage entfällt. Bei der Anordnung der sofortigen
Vollziehung durch einen Leistungsträger nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG richtet sich der
einstweilige Rechtschutz nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG (vgl. LSG Berlin-
Brandenburg, Beschluss vom 27.11.2006 - L 15 B 234/06 SO - mit weiteren
Rechtsprechungsnachweisen; LSG NW, Beschluss vom 11.11.2005 - L 19 B 89/05 AS
ER - zum Rechtsschutz im Fall der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines
Eingliederungsverwaltungsakts).
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Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 Abs. 1
S. 1 Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG durch die
Antragsgegnerin ist formell rechtmäßig, insbesondere die Begründung genügt den
Erfordernissen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG (vgl. hierzu Keller in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 21b).
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Das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Eingliederungsverwaltungsakts
überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin hat
zutreffend dargelegt, dass die im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten
der Antragstellerin, insbesondere die Teilnahme aus der Integrationsmaßnahme
GanzIL, unverzüglich auszuführen sind, um die Antragstellerin vor einer weiteren
Arbeitsentwöhnung zu bewahren und die Chance der Wiedereingliederung der
Antragstellerin in den Arbeitsprozess zu vergrößern. Gegen die Rechtmäßigkeit des
Eingliederungsverwaltungsakts, insbesondere der in ihm festgelegten Pflichten der
Antragstellerin, bestehen nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen
Prüfungsdichte keine Bedenken. Der Senat nimmt insoweit auf die Gründe der
erstinstanzlichen Entscheidung Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Die Antragstellerin
hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren näher
konkretisiert, durch welche Bestimmungen des Eingliederungsverwaltungsakts sie
beschwert sei. Auch ist zu berücksichtigten, dass die in dem
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Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten der Antragstellerin - Teilnahme an
der Maßnahme GanzIL ab dem 19.11.2008, Verpflichtung zum Nachweis von eigenen
Bewerbungsbemühungen in einem bestimmten Umfang sowie die Verpflichtung zur
zeitnahen (bis zum dritten Tag nach Erhalt eines Stellenangebotes) Bewerbung - nicht
nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II sanktionsbewehrt sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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