Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.09.2007

LSG NRW: vorläufiger rechtsschutz, sport, hauptsache, ausbildung, zusicherung, erfüllung, eingliederung, weiterbildung, zivilprozessordnung, anschluss

Landessozialgericht NRW, L 7 B 246/07 AS ER
Datum:
26.09.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 7 B 246/07 AS ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 31 AS 310/07 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Dortmund vom 28.08.2007 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf
Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des
Beschwerdeverfahrens und Beiordnung von Rechtsanwalt S aus C wird
abgelehnt.
Gründe:
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Die Beschwerden der Antragstellerin, denen das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen
hat, sind zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
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1.
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Das SG hat zu Recht den Antrag der Antragstellerin abgelehnt, die Antragsgegnerin
einstweilen zu verpflichten, ihr einen Bildungsgutschein für die Maßnahme 7819-100
(Beginn 01.10.2007) zu erteilen.
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Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige
Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung
wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer
einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des
materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das
Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung
aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können
ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders
nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren
nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur
summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung
der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der
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Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu
entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 =
NVwZ 2005, Seite 927).
Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Senat nimmt
insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug, die er sich nach Prüfung zu
eigen macht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
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Der Hinweis der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren, im Bildungsgutschein mit der
Nr.: 231D054267-02 sei sowohl die Notwendigkeit einer beruflichen Qualifizierung
festgestellt als auch die Qualifizierung mit dem Kürzel "7819-100 (Ziel-BKZ), Sport- und
Fitness- kaufmann/-frau" konkret benannt worden, ermöglicht keine andere rechtliche
Beurteilung. Die Antragstellerin hat hierdurch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft
gemacht. Sie kann nach § 16 Abs. 1 S. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) i.V.m.
§§ 77 Abs. 3, 85 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) keine Rechte aus dem ihr
ausgestellten Bildungsgutschein herleiten. Denn dem Bildungsgutschein ist insoweit
lediglich zu entnehmen, dass es sich um eine Maßnahme mit dem Ausbildungsziel
"Sport- und Fitnesskauffrau" handelt, nicht jedoch um die am 01.10.2007 beginnende,
von der Antragstellerin konkret angestrebte Maßnahme. Darüber hinaus kann die
Antragstellerin auch deshalb keine Ansprüche mehr aus diesem Bildungsgutschein
herleiten, weil dessen Gültigkeitsdauer - zulässigerweise - gemäß § 77 Abs. 3 Satz 2
SGB III zeitlich befristet war. Diese Frist ist verstrichen.
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Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der
Eingliederungsvereinbarung vom 02.05.2007. Denn die Antragstellerin kann aus
diesem öffentlich-rechtlichen Vertrag (Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 15 Rdnr.
8) keinen Anspruch auf Förderung der Ausbildung zur "Sport- und Fitnesskauffrau" ab
01.10.2007 begründen. Eine Eingliederungsvereinbarung erzeugt für die
Leistungsträger Bindungswirkung an die vertraglichen Leistungszusagen in dem in
diesem Vertrag zugestandenen Umfang. Je nach Inhalt und Konkretisierung der
Regelung sind nach Grund, Umfang und Zeitpunkt bestimmte Leistungen der
Eingliederung in Arbeit bereits unmittelbar durch Vertrag bewilligt, sodass der
Hilfeempfänger einen unmittelbaren Anspruch auf Erfüllung aus dem Vertrag hat oder
die getroffenen Abreden als Zusicherung im Sinne von § 34 Zehntes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB X), die näher bestimmten Leistungen zu erbringen, zu werten
sind (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2007 - L 7 AS 689/07;
Berlit, a.a.O., Rdnr. 13). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. In der
Eingliederungsvereinbarung vom 02.05.2007 hat sich die Antragsgegnerin gerade nicht
verpflichtet, konkret eine Weiterbildung zur "Sport- und Fitnesskauffrau" zu fördern. Als
Leistungen der Antragsgegnerin werden hier nur allgemein neben "Maßnahmen zur
Unter- stützung bei der Arbeits- und Ausbildungssuche/-aufnahme" für den Bereich
"Aus-/Wei- terbildung/Anpassung" die Förderung einer außerbetrieblichen Ausbildung
genannt.
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Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Antragsgegnerin mit dem Schreiben
vom 10.05.2007 im Rahmen ihrer Hinweispfllicht die Antragstellerin über das weitere
Vorgehen im Anschluss an den Abschluss der Eingliederungsvereinbarung informiert
hat und in diesem Schreiben keine darüber hinausgehende Regelung enthalten ist.
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2.
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Das SG hat den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter
Beiordnung ihres Rechtsanwalts zu Recht abgelehnt, da die Rechtsverfolgung keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 der
Zivilprozessordnung - ZPO -). Aus dem selben Grund war der Antrag auf Gewährung
von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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Außergerichtliche Kosten im PKH-Beschwerdeverfahren sind kraft Gesetzes nicht zu
erstatten (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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