Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20.04.2005

LSG NRW: bauarbeiten, berechnung der beiträge, erheblicher grund, unternehmer, unternehmen, musiker, bauindustrie, bauherr, kirche, unfallversicherung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Sachgebiet:
Tenor:
1
2
3
4
5
Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Landessozialgericht NRW, L 17 U 15/04
20.04.2005
Landessozialgericht NRW
17. Senat
Urteil
L 17 U 15/04
Sozialgericht Düsseldorf, S 6 U 172/02
Unfallversicherung
rechtskräftig
Die Berufung des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) gegen das Urteil
des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19. August 2003 wird
zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu
1) zu 3/4 und die Klägerin zu 2) zu 1/4.
Tatbestand:
Streitig ist, in welcher Höhe Beiträge für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten zu entrichten
sind.
Der Kläger zu 1) war Bauherr des in der Zeit von Juli 1997 bis Oktober 2000 in X, I 00
errichteten Doppelhauses mit je zwei Wohneinheiten. Außerdem war er gemeinsam mit
seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2), Bauherr des in der Zeit von Juli 2000 bis Mai 2001
errichteten Einfamilienhauses in T, S 00.
Mit Bescheiden vom 11.03.1998, 09.09.1998 und 24.03.1999 setzte die Beklagte
hinsichtlich des Bauvorhabens in X Beiträge für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten für die
Zeit von Juli 1997 bis Dezember 1998 entsprechend den vom Kläger gemachten Angaben
zu den Arbeitsstunden der mithelfenden Personen - 85 Helferstunden für das 2. Halbjahr
1997; 100 Stunden für das 1. Halbjahr 1998; 30 Stunden für das 2. Halbjahr 1998 - fest. Die
angeforderten Beiträge wurden vom Kläger zu 1) jeweils gezahlt. Nach seinen Angaben in
den entsprechenden Eigenbaunachweisen fielen im Jahr 1999 und im 1. Halbjahr 2000
keine nachweispflichtigen Eigenbauarbeiten an. Im Eigenbaunachweis vom 26.01.2001
gab er an, im 2. Halbjahr 2000 seien keine helfenden Personen mehr eingesetzt worden;
die Baumaßnahme sei zum 01.10.2000 abgeschlossen worden.
Im Oktober 2000 erfuhr die Beklagte auf Grund einer Baustellenbesichtigung ihres
technischen Aufsichtsdienstes von der Baumaßnahme der Kläger in T. Nachdem der
Vorermittlungsfragebogen und die Eigenbaunachweise trotz Erinnerung nicht eingereicht
worden waren, setzte die Beklagte auf Grund einer Schätzung mit Bescheid vom
12.12.2000 Beiträge für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten auf der Grundlage von 200
Helferstunden für die Zeit von Juli bis September 2000 und mit Bescheid vom 02.05.2001
für das 2. Halbjahr 2000 ebenfalls auf der Grundlage von 200 Helferstunden fest.
6
7
8
9
10
für das 2. Halbjahr 2000 ebenfalls auf der Grundlage von 200 Helferstunden fest.
Die Kläger legten gegen die Bescheide jeweils fristgerecht Widerspruch ein und
bezeichneten das Verhalten der Beklagten als eigenmächtig und unverschämt. Sie gaben
an, sämtliche Gewerke seien überwiegend in Eigenleistung, zum Teil mit Hilfskräften und
die Sanitär-, Heizungs- und Elektroarbeiten teilweise auch von gewerblichen Unternehmen
erbracht worden. Nicht gewerbliche Hilfskräfte hätten während der Bauzeit von Juli 2000
bis zum 01.05.2001 insgesamt 473 Arbeitsstunden geleistet (60 Stunden von Juli bis
September 2000; 183 Stunden von Oktober bis Dezember 2000 und 230 Stunden von
Januar bis Mai 2001).
Um sich über die Größenordnung der beiden Bauvorhaben einen Überblick zu verschaffen,
beabsichtigte die Beklagte die Durchführung einer Baustellenbesichtigung am 12.07.2001.
Die Kläger waren mit dieser Verfahrensweise nicht einverstanden. Ein
Außendienstmitarbeiter der Beklagten besichtigte daraufhin am 12.07.2001 in Abwesenheit
der nicht erschienenen Kläger die Bauten und stellte fest, dass beide Bauwerke fertig
gestellt waren. Außerdem wurden die Akten der Bauämter in T und X beigezogen. Unter
Berücksichtigung der Ergebnisse der Besichtigung und des Inhalts der Bauakten,
insbesondere der darin enthaltenen Baupläne, ging die Beklagte - da keine Unterlagen
über die gewerbliche Erstellung von Gewerken vorlagen - zunächst davon aus, dass
sämtliche Gewerke in Eigenleistung erstellt wurden und gelangte sodann unter
Berücksichtigung der relativ kurzen Bauzeit, der Größe des Bauvorhabens sowie der Art
und Weise der Durchführung zu dem Ergebnis, dass der Kläger zu 1) bzw. die Klägerin zu
2) und der Kläger zu 1) die Bauvorhaben nicht nur mit den jeweils angegebenen
Helferstunden in Höhe von 473 bzw. 215 Stunden errichtet haben konnten. Unter
Zugrundelegung der Arbeitszeitrichtwerttabellen der Bauindustrie ermittelte die Beklagte für
das Bauvorhaben in T eine Gesamtarbeitszeit von 3134 Stunden und für das Bauvorhaben
in X 5335 Gesamtarbeitsstunden. Unter Berücksichtigung eines Eigenleistungsanteils von
60 % ergaben sich 1254 beitragspflichtige Helferstunden für das Objekt in T und 2134
beitragspflichtige Helferstunden für das Objekt in X.
Nach entsprechender Anhörung der Kläger machte die Beklagte mit geänderten
Beitragsbescheiden vom 05.06.2002 für das Bauvorhaben in T Beiträge für die Zeit vom
01.07. - 30.09.2000 - ausgehend von 500 Helferstunden - in Höhe von 809,12 Euro und für
die Zeit von Oktober bis Dezember 2000 - ausgehend von ebenfalls 500 Helferstunden - in
Höhe von nochmals 809,12 Euro geltend und mit weiterem Bescheid vom 05.06.2000
forderte sie für die Zeit vom 01.01. bis 01.05.2001 - ausgehend von 254 Helferstunden -
Beiträge in Höhe von 416,82 Euro.
Für das Bauvorhaben in X forderte die Beklagte nach entsprechender Anhörung des
Klägers zu 1) mit weiteren Beitragsbescheiden vom 05.06.2002 Beiträge für die Zeit von
Juli bis Dezember 1997 - ausgehend von 354 Stunden - in Höhe von 571,35 Euro, für die
Zeit von Januar bis Juni 1998 - ausgehend von 1180 Stunden - in Höhe von 1.964,75 Euro
und für die Zeit von Juli bis Dezember 1998 - ausgehend von 600 Stunden - in Höhe von
995,65 Euro.
Die Kläger legten gegen sämtliche Bescheide Widerspruch ein und trugen vor, die
Beklagte erhebe völlig unzutreffende Anschuldigungen. Am 23.07.2002 fand nunmehr eine
erneute Besichtigung des Objekts in T statt, bei der ein Außendienstmitarbeiter der
Beklagten auch Rechnungsordner zu diesem Bauvorhaben einsehen konnte. Eine Einsicht
in Unterlagen bezüglich des Objekts in X lehnte der Kläger ab. Unter Berücksichtigung des
Umstandes, dass die Innenausbaugewerke im Spitzbodenbereich noch nicht vollständig
fertiggestellt waren und der Art und Weise der Erstellung der Gewerke Maurer-, Beton-,
11
12
13
14
Heizungs- und Tischlerarbeiten sowie Dachstuhl ermittelte die Beklagte unter
Zugrundelegung der Arbeitszeitrichtwerttabellen der Bauindustrie eine
Gesamtstundenanzahl in Höhe von 2654 und demzufolge 1062 beitragspflichtige
Helferstunden. Dementsprechend machte sie mit Bescheiden vom 23.08.2002 für
gewerbsmäßige Bauarbeiten in T Beiträge für die Zeit von Juli bis September 2000 -
ausgehend von 400 Stunden - in Höhe von 647,29 Euro, für die Zeit von Oktober bis
Dezember 2000 - ausgehend von 262 Stunden - in Höhe von 423,98 Euro und für die Zeit
von Januar bis 01.05.2001 - ausgehend von 400 Stunden - in Höhe von 656,41 Euro
geltend. Mit Widerspruchsbescheiden vom 31.10.2002 wies sie die Widersprüche als
unbegründet zurück.
Am 11.11.2002 haben die Kläger bezüglich der das Bauvorhaben in T betreffenden
Bescheide und am 25.11.2002 hat der Kläger zu 1) Klage bezüglich der das Bauvorhaben
in X betreffenden Bescheide erhoben. Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Verfahren
zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) haben vorgetragen, die angefochtenen Bescheide
beruhten auf haltlosen Unterstellungen. Die Bauvorhaben seien weitgehend in
Eigenleistung ohne große Inanspruchnahme von Hilfskräften durchgeführt worden, wie
dies auch schon bei vorhergehenden vergleichbaren Bauvorhaben der Fall gewesen sei.
Der Kläger zu 1) verfüge über umfassende baufachliche Fertigkeiten und Kenntnisse, so
dass er und seine Ehefrau, die Klägerin zu 2), in der Lage seien, ein Haus kostengünstig
und zügig zu erstellen. Hilfskräfte seien nur eingesetzt worden, soweit dies unbedingt
erforderlich gewesen sei. Bis Ende des Jahres 2000 sei der Kläger zu 1) zwar noch als
diplomierter Musiker bei der Kirche angestellt gewesen. Er habe seine Arbeitszeit jedoch
so einteilen können, dass er in der Lage gewesen sei, täglich mindestens 6 - 8 Stunden auf
der Baustelle zu arbeiten. Von Januar bis August 2000 sei er als Musiker freiberuflich tätig
gewesen, so dass er noch mehr Zeit in die Bauprojekte habe investieren können. Für das
Bauvorhaben in T seien 2000 Arbeitsstunden zuzüglich 473 Helferstunden angefallen.
Während der Bauzeit habe der Kläger zu 1) im Jahre 2000 etwa 212 Stunden pro Monat
und im Jahre 2001 etwa 260 Stunden im Monat arbeiten können, so dass sich zuzüglich
eines täglichen Stundenpotentials der Ehefrau von 3 Stunden ein Gesamtstundenpotential
während der Bauzeit von 4824 Stunden ergebe. Das Bauvorhaben in X sei in der Zeit von
1997 bis 2002 errichtet worden. Die Gewerke - Elektro, Putz innen, Außenputz,
Dachdeckung, Klempnern, Estrich, Fenster, Treppe Erdgeschoss und Kanal - seien durch
gewerbliche Unternehmer erbracht worden. Für die Gewerke - Fundament, Decke
Erdgeschoss, Dachstuhl, Fliesen- und Tapezierarbeiten - seien Helfer zum Einsatz
gekommen. Während der Bauzeit habe der Kläger zu 1) 224 Stunden im Monat und seine
Ehefrau 120 Stunden pro Monat auf der Baustelle arbeiten können, so dass sich unter
Berücksichtigung von zusätzlichen Arbeitszeiten in Ferienzeiten ein
Gesamtstundenpotential von 11424 Stunden ergebe. Dies zeige, dass er in der Lage
gewesen sei, die Bauarbeiten selbst durchzuführen.
Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, die Angaben zu den gewerblich
ausgeführten Arbeiten seien mangels Vorlage von Rechnungen oder Angabe der
Unternehmen völlig unsubstantiiert. Die vom Kläger zu 1) erbrachte Arbeitszeit von mehr
als 200 Stunden monatlich erscheine unter Berücksichtigung von Ausfallzeiten, der
Berufstätigkeit des Klägers und des Umstandes, dass teilweise parallel auch andere
Bauvorhaben erstellt worden seien, absolut unrealistisch.
Durch Urteil vom 19.08.2003, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat das
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
SG die Klage abgewiesen.
Gegen das ihnen am 18.12.2003 zugestellte Urteil haben die Kläger am Montag, dem
19.01.2004 Berufung eingelegt. Sie tragen vor, es sei nachvollziehbar dargelegt, dass die
Bauwerke ohne weiteres durch die Bauherrn hätten erstellt werden können. Die Beklagte
habe aber eine nicht nachvollziehbare Berechnung ihrer Bescheide vorgelegt.
Der Kläger zu 1) beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.08.2003 zu ändern und die
Beitragsänderungsbescheide vom 05.06.2002 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 31.10.2002 aufzuheben.
Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) beantragen schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.08.2003 zu ändern und die
Beitragsbescheide vom 12.12.2000, 05.06.2002 und 23.08.2002 für den Zeitraum vom
01.07. - 30.09.2000, die Bescheide vom 02.05.2001, 05.06.2002 und 23.08.2002 für die
Zeit vom 01.10. - 31.12.2000, sowie die Bescheide vom 05.06.2000 und 23.08.2000 für die
Zeit vom 01.01. - 01.05.2001 jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
31.10.2002 insoweit aufzuheben, als der Beitragsberechnung mehr als 473 Helferstunden
zugrunde gelegt wurden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte verwiesen. Die Beitragsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand
der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung entscheiden, obwohl
die Kläger, deren ordnungsgemäße Terminsbenachrichtigung durch die
Postzustellungsurkunden vom 26.03.2005 bewiesen ist, zum Termin nicht erschienen sind.
In der Terminsbenachrichtigung ist nämlich auf diese Verfahrensweise, deren Zulässigkeit
aus dem Regelungsgehalt der §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 S. 2, 126 Sozialgerichtsgesetz
(SGG) folgt, hingewiesen worden. Der Termin war auch nicht entsprechend dem Telefax
der Kläger vom 17.04.2005 aufzuheben, denn darin werden erhebliche Gründe für eine
Terminsaufhebung i.S. v. § 227 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht glaubhaft gemacht. Die
mangelnde Vorbereitung der Kläger ist - wie aus Absatz 1 Nr. 2 folgt - kein erheblicher
Grund, denn die Kläger hatten während des Verwaltungsverfahrens und insbesondere in
dem seit November 2002 anhängigen Gerichtsverfahren mehr als ausreichend Zeit und
Gelegenheit, Rechnungsunterlagen über die Fremdarbeiten an den Bauvorhaben X und T
vorzulegen. Dass der Verhandlungstermin nicht aufgehoben werde, ist ihnen unter dem
18.04.2005 zudem mitgeteilt worden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die (reinen)
Anfechtungsklagen (vgl. dazu Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 54 Rdnr. 3 a, 32 ff.) gegen
die Beitragsbescheide abgewiesen, denn diese sind rechtmäßig.
Beitragspflichtig sind in der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 150 Abs. 1 des Siebten
Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) die Unternehmer, für
deren Unternehmen Versicherte tätig sind, oder zu denen Versicherte in einer besonderen,
die Beitragspflicht begründenden Beziehung stehen.
25
26
27
28
29
Ein Unternehmen in diesem Sinne setzt eine planmäßige, für eine gewisse Dauer
bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten voraus, die auf ein einheitliches Ziel gerichtet sind und
mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt werden. Auch Tätigkeiten des privaten
Lebens, wie etwa solche als Bauherr eines eigenen Wohnhauses bzw. als Auftraggeber
nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten zum Eigenheimbau, kann ein Unternehmen im Sinne
von § 121 Abs. 1 SGB VII (vgl. BSG Urteil vom 24.03.1998 - B 2 U 21/97 R -).
Dass der Kläger zu 1) als Eigentümer des Grundstücks in X und die Klägerin zu 2)
gemeinsam mit dem Kläger zu 1) als Eigentümer des Grundstücks in T jeweils das
unmittelbare wirtschaftliche Risiko der dafür verrichteten nicht gewerbsmäßigen
Bauarbeiten, deren Ergebnis ihnen zugute kam, trugen und daher insoweit Unternehmer im
Sinne von § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII waren, ist nicht zweifelhaft und zwischen den
Beteiligten auch nicht streitig; die Kläger haben dementsprechend die Beitragsbescheide
auch nicht angefochten, soweit sie Beiträge für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten für 215
Helferstunden in X, bzw. 473 Helferstunden in T betreffen.
Nach § 165 Abs. 2 SGB VII ist der Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten
verpflichtet, der Beklagten zur Berechnung der Beiträge einen Nachweis über geleistete
Arbeitsstunden der helfenden Personen einzureichen. Nach § 167 SGB VII i.V.m. § 157
Abs. 2 Satz 2 SGB VII und § 62 der Satzungen der Beklagten werden die angegebenen
Helferstunden der Berechnung des Beitrages zugrunde gelegt. Reicht der Unternehmer
den Nachweis nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig ein, kann der
Unfallversicherungsträger eine Schätzung vornehmen. Sollte sich später herausstellen,
dass der Lohnnachweis des Unternehmers unrichtige Angaben enthält oder sich die vom
Versicherungsträger vorgenommene Schätzung als unrichtig erweist, so darf gem. § 168
Abs. 2 SGB VII der darauf beruhende Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit
zu Ungunsten des Beitragspflichtigen aufgehoben werden. Darüber hinaus sind Bauherren
gem. § 199 Abs. 5 SGB VII gegenüber dem zuständigen Unfallversicherungsträger
auskunftspflichtig. Dies umfasst die Auskunft darüber, ob und welche nicht
gewerbsmäßigen Bauarbeiten ausgeführt werden sowie welche Unternehmer mit der
Ausführung der gewerblichen Bauarbeiten beauftragt sind.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze hat die Beklagte die Beiträge zutreffend
festgesetzt. Die Beklagte war zu einer Schätzung gem. § 165 Abs. 3 SGB VII berechtigt,
denn die Angaben der Kläger waren auch nach Auffassung des Senats offensichtlich falsch
und unvollständig.
1. Soweit der Kläger zu 1) im Verwaltungsverfahren angegeben hat, das Bauvorhaben in X
sei in der Zeit von Juli 1997 bis Oktober 2000 errichtet worden, er habe die Bauarbeiten
ganz überwiegend - zu mehr als 90 % - selbst erbracht und helfende Personen seien
insgesamt nur 215 Stunden tätig gewesen, sind diese Angaben unvollständig und falsch.
Die Beklagte ist unter Berücksichtigung der am 12.07.2001 erfolgten
Baustellenbesichtigung, der Beiziehung der Bauakten und der Größe des Bauobjekts -
zwei Doppelhaushälften mit je zwei Wohneinheiten und einem umbauten Raum von 1536
m³ - zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger das Bauobjekt nicht allein mit
lediglich 215 Helferstunden erstellen konnte. Unter Zugrundelegung der
Arbeitszeitrichtwertetabellen der Bauindustrie nach Plümecke hat die Beklagte, wie im
Widerspruchsbescheid im Einzelnen ausführlich dargelegt wird, zutreffend
Gesamtarbeitsstunden von 5335 ermittelt. Der Kläger selbst hat keine nachvollziehbaren
Angaben zu den von ihm aufgewendeten Arbeitsstunden gemacht. Soweit er angegeben
hat, seine Ehefrau, die Klägerin zu 2), habe Tapezierarbeiten verrichtet und er selbst habe
30
31
224 Stunden pro Monat - d. h. jeden Tag von Montag bis Samstag mehr als 8 Stunden - am
Bau gearbeitet, erscheinen diese Angaben zu seiner Arbeitszeit unter Berücksichtigung
von Ausfallzeiten durch Schlechtwetter und des Umstandes, dass er bis Ende des Jahres
2000 als diplomierter Musiker bei der Kirche angestellt war, völlig unrealistisch. Einblick in
seine Bauunterlagen, die seine Angaben ggf. erhärten könnten, hat er trotz entsprechender
Aufforderung durch die Beklagte nicht gewährt. Soweit er im Gerichtsverfahren behauptet
hat, die Gewerke Elektro, Putz innen, Außenputz, Dachdeckung, Klempnern, Estrich,
Fenster, Treppen Erdgeschoss und Kanal seien durch gewerbliche Unternehmen erbracht
worden, widerspricht dies zum Einen der Angabe, alle Arbeiten seien zu über 90 % von ihm
selbst erbracht worden und zum Zweiten liegen auch insoweit - trotz entsprechenden
Hinweises durch den Senat auf seine Mitwirkungslast - keine Unterlagen vor, die seine
Behauptung stützen. Auch die Behauptung, die Bauzeit sei sehr lang gewesen und habe
bis 2002 gedauert, widerspricht den Angaben im Verwaltungsverfahren, das Bauvorhaben
sei zum 01.10.2000 beendet worden und dem Ergebnis der Baustellenbesichtigung vom
12.07.2001, wonach das Bauobjekt fertig gestellt war. Nach alledem war die Beklagte
hinsichtlich des Bauvorhabens in X zur Schätzung gem. § 165 Abs. 3 SGB VII berechtigt
und durfte die auf falschen Angaben des Klägers beruhenden Beitragsbescheide vom
11.03.1998, 09.09.1998 und 24.03.1999 zu Ungunsten des Klägers zu 1) aufheben. Die
von der Beklagten vorgenommene Schätzung, die auf den Arbeitszeitrichtwerttabellen der
Bauindustrie beruht und im Widerspruchsbescheid ausführlich dargestellt wurde, ist
danach nicht zu beanstanden.
2. Die Angaben der Kläger hinsichtlich des Bauvorhabens in T sind ebenfalls unvollständig
bzw. nicht rechtzeitig erfolgt. Die Kläger haben insoweit vorgetragen, das Bauvorhaben -
ein etwa 240 qm Wohnfläche umfassendes Einfamilienhaus zuzüglich Garage - sei in der
Zeit von Juli 2000 bis zum 1. Mai 2001 zu 95 % durch den Kläger zu 1) verwirklicht worden,
helfende Personen seien insgesamt 473 Stunden beschäftigt worden und die Klägerin zu
2) habe Tapezierarbeiten erbracht. Die Beklagte ist unter Berücksichtigung der am
12.07.2001 durchgeführten Baustellenbesichtigung, der Einsicht in die vom Kläger
vorgelegten Bauunterlagen am 23.07.2002, der Größe des Bauobjekts und der Kürze der
Bauzeit zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger das Bauvorhaben nicht lediglich
mit 473 Helferstunden erstellen konnte. Unter Zugrundelegung der
Arbeitszeitrichtwerttabellen der Bauindustrie hat die Beklagte, wie im
Widerspruchsbescheid im Einzelnen ausführlich dargelegt, zutreffend eine
Gesamtarbeitsstundenanzahl von 2654 ermittelt. Diese Gesamtstundenzahl wird von den
Klägern im Wesentlichen auch nicht in Zweifel gezogen, denn sie haben im
Gerichtsverfahren selbst vorgetragen, die aufgebrachte Stundenzahl habe etwa 2500
Stunden betragen. Die Kläger haben jedoch keine nachvollziehbaren Angaben zu den von
ihnen bzw. den Helfern aufgewendeten Arbeitsstunden gemacht. Soweit sie angegeben
haben, die Ehefrau habe Tapezierarbeiten verrichtet und der Kläger zu 1) habe im Jahr
2000 pro Monat 212 Stunden und im Jahr 2001 pro Monat 260 Stunden gearbeitet, sind
diese Angaben unter Berücksichtigung von wetterbedingten Ausfallzeiten und des
Umstandes, dass der Kläger zu 1) bis Ende 2000 als diplomierter Musiker bei der Kirche
angestellt war und später als freiberuflicher Musiker tätig war, völlig unrealistisch. Soweit
der Kläger behauptet hat, außer den Tischlerarbeiten, wovon nach Einsicht in die von ihm
vorgelegten Rechnungsunterlagen auch die Beklagte ausgegangen ist, sei außerdem der
Estrich durch gewerbliche Unternehmer aufgebracht worden, hat er insoweit trotz
entsprechenden Hinweises und Aufforderung keine nachvollziehbaren Unterlagen
vorgelegt.
Nach alledem war die Beklagte auch hinsichtlich des Bauvorhabens in T zur Schätzung
32
33
34
gem. § 165 Abs. 3 SGB VII berechtigt. Sie hat die von Helfern erbrachten Arbeitsstunden
unter Berücksichtigung der Größe des Bauvorhabens, der Länge der Bauzeit und der
nachweislich von gewerblichen Unternehmern ausgeführten Gewerke, wie im
Widerspruchsbescheid ausführlich dargestellt und erläutert wurde, zutreffend auf 1062
Stunden eingeschätzt.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass zur Revisionszulassung besteht nicht, da die Voraussetzungen gem. § 160 Abs. 2
SGG nicht erfüllt sind.