Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 02.03.2007
LSG NRW: geldinstitut, europäisches gemeinschaftsrecht, verrechnung, geldleistung, öffentlich, tod, historische auslegung, juristische person, teleologische auslegung, sozialleistung
Landessozialgericht NRW, L 4 R 125/05
Datum:
02.03.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 4 R 125/05
Vorinstanz:
Sozialgericht Köln, S 6 R 60/05
Sachgebiet:
Rentenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln
vom 16.09.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die
Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin einen Betrag von
651,30 EUR nach § 118 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu
erstatten hat.
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Der Versicherte U W (Versicherter) bezog von der Klägerin eine Altersrente in Höhe von
zuletzt 725,84 EUR. Er unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto mit der Kontonummer
000. Die Beklagte hatte dem Versicherten einen Dispositionskredit in Höhe von
1.600,00 EUR eingeräumt. Der Versicherte verstarb am 00.00.2004.
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Am 30.07.2004 ging die Rente für August 2004 auf dem Girokonto des Versicherten ein.
Vor der Gutschrift der Rente betrug der Kontostand 1.095,49 EUR Soll. Die
Kontoauszüge wiesen für die Zeit ab dem 28.07.2004 folgende Einträge auf:
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Buch - Wert - Vorgang - Umsatz
5
28.07 - 28.07 - Lastschrift I AG - 86,00 -
6
28.07 - 28.07 - Gehalt/Rente L GmbH - 31,81 +
7
30.07 - 30.07 - Gehalt/Rente ANV-Rente Rentenservice BLN 08.2004 - 725,84 +
8
02.08 - 02.08 - Lastschrift I I AG - 33,50 -
9
02.08 - 02.08 - Lastschrift K Versicherungen - 60,61 -
10
04.08 - 04.08 - Lastschrift Q T Miete/Nebenkosten 35,79 -
11
04.08 - 04.08 - Lastschrift L H GmbH - 275,93 -
12
12.08 - 12.08 - Lastschrift D GmbH - 13,35 -
13
12.08 - 12.08 - Lastschrift F AG - 20,00 -
14
13.08 - 13.08 - Lastschrift H E.V. - 6,00 -
15
13.08 - 13.08 - Lastschrift U Buchhaltung - 27,32 -
16
16.08 - 16.08 - Lastschrift H L - 48,45 -
17
17.08 - 17.08 - Lastschrift AOK I Beitrag 07.04 115,04 -
18
23.08 - 23.08 - Lastschrift U Deutschland GmbH 15,31 -
19
26.08 - 26.08 - Überweisung E AG 74,54 -
20
30.08 - 30.08 - Lastschrift I AG Stromabschlag 86,00 -
21
31.08 - 31.08 Storno: Last I AG - 86,00 +
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Wegen der Einzelheiten wird auf die zum Verfahren beigezogenen
Kontoauszügeverwiesen (Bl. 251 - 263 GA).
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Mit Schreiben vom 17.08.2004 forderte der Renten Service der Deutschen Post als
überweisende Stelle die Beklagte zur Zurücküberweisung eines Betrages in Höhe von
725,84 EUR auf. Bei Eingang des Rückforderungsverlangens am 26.08.2004 war das
Konto nach Angaben der Beklagten mit 1.020,95 EUR im Soll. Die Beklagte zahlte an
die Klägerin einen Betrag von 74,54 EUR zurück. Den Zahlbetrag ermittelte die
Beklagte, in dem sie von der Gutschrift in Höhe von 725,84 EUR die Summe der elf
Abbuchungen in der Zeit vom 02.08 bis zum 23.08.2004 in Höhe von insgesamt 651,30
EUR abzog. Des weiteren teilte die Beklagte die Namen der Empfänger der
Abbuchungen für die Zeit ab dem 02.08.2004 unter Angabe der Bankverbindung und
der Adressen, soweit bekannt, mit. Sie berief sich auf den Entreicherungseinwand nach
§ 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI. Mit Schreiben vom 12.11.2004, vom 12.12.2004 und
23.12.2004 forderte die Klägerin von der Beklagten einen Betrag von 651,30 EUR unter
Berufung auf § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI zurück.
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Am 17.01.2005 hat die Klägerin Leistungsklage erhoben.
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Sie hat vorgetragen, nach Mitteilung der Beklagten habe sich das Konto des
verstorbenen Versicherten nach der Gutschrift der Rente für August 2004 im Soll
befunden. Die Beklagte sei nach § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI erstattungspflichtig. Denn
nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein
Geldinstitut in den Fällen, in denen die Rente auf ein im Soll stehendes Konto
überwiesen werde, in jedem Fall erstattungspflichtig. Es handele sich dabei um eine
unzulässige Befriedigung einer eigenen Forderung (§ 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI). Es sei
deshalb unerheblich, dass nach dem Eingang der Rente wirksam über das Konto
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verfügt worden sei und Dritte Beträge aus dem Konto erhalten hätten.
Die Beklagte hat sich auf den Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI
berufen. Sie hat sich auf die Entscheidung des 9. Senats des BSG (Urteil vom
09.12.1998, - B 9 V 48/97 R -) gestützt und die Auffassung vertreten, dass die bloße
Verbuchung einer Rentenzahlung auf dem Konto eines Rentenbeziehers keine
Verwendung zur eigenen Befriedigung eigener Forderungen im Sinne § 118 Abs. 3 S. 4
SGB VI darstelle. Selbst wenn die Einbuchung der Rentenleistung auf dem Konto als "
Verrechnung" mit eigenen Forderungen anzusehen sei, obwohl die Tagessalden vor
der quartalsmäßigen Saldierung nur informatorisch gebildet werden, hätte dies lediglich
zur Folge, dass die dann im Widerspruch zum " öffentlich-rechtlichen
Befriedigungsverbot" stehende Verrechnung unwirksam bzw. rückgängig zu machen
sei. Deshalb komme es für die Berechnung der Erstattungsforderung der Klägerin allein
auf die Rentenzahlung und etwaige anschließende anderweitige "Fremd-Verfügungen"
an. Es existiere keine gesetzliche Grundlage, einem Geldinstitut bei Eingang einer
Rentenleistung auf ein Debetkonto die Verrechnung mit anderweitigen (Dritt-
)Verfügungen abzuschneiden. Die vom 4. Senat des BSG angenommene "Befriedigung
eigener Forderungen" gebe es meist deshalb nicht, weil eine Verrechnung nicht
stattfinde. In den verbleibenden Fällen greife § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI nicht ein, da
unwirksame Verrechnungen keine Sollstände reduzierten und Gutbuchungen nicht
untergehen ließen.
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Die abweichende Auslegung des § 118 Abs. 3 SGB VI durch den 4. Senat des BSG sei
mit Art. 12 und Art. 3 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar. Die unbeschränkte
Ausfallhaftung der Geldinstitute sei unverhältnismäßig. Es sei kein sachlicher Grund
ersichtlich, warum ein Geldinstitut von seiner Verpflichtung zur Rücküberweisung nicht
frei werde, wenn die Rente nach dem Tod des Berechtigten auf ein im Soll stehendes
Konto überwiesen werde, wohingegen Verfügungen Dritter über einen Rentenbetrag,
der auf ein im Haben stehendes Konto überwiesen worden sei, die Verpflichtung des
Geldinstituts nach § 118 Abs. 3 SGB VI entfallen lasse. Inländische Geldinstitute würden
gegenüber ausländischen Geldinstituten, denen gegenüber die Bestimmung des Art.
118 Abs. 3 SGB VI nicht gelte, benachteiligt. Dies verstoße auch gegen Art. 81 EG-
Vertrag, da ausländische Geldinstitute dadurch erhebliche Wettbewerbsvorteile
erhielten.
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Durch Urteil vom 16.09.2005 hat das Sozialgericht (SG) Köln die Beklagte verurteilt, an
die Klägerin 651,30 Euro zu zahlen. Zur Begründung wird ausgeführt, die
Voraussetzungen für die Rücküberweisungspflicht der Beklagten nach § 118 Abs. 3 S. 2
SGB VI seien gegeben. Auf den Einwand der anderweitigen Verfügung (§ 118 Abs. 3 S.
3 SGB VI), der alleine dem Anspruch der Klägerin auf den nach Teilrückzahlung noch
offenen Betrag von 651,30 Euro entgegengehalten werden könne, könne sich die
Beklagte nicht berufen, weil das Konto des Leistungsberechtigten, auf dem die unter
dem Rückforderungsvorbehalt aus § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI stehende Rentenzahlung
eingegangen sei, bis zum Eingang des Rückforderungsverlangens durchgehend ein
negatives Saldo aufgewiesen habe, also zu keinem Zeitpunkt zur Abdeckung der
Rückforderung genügt habe. Die Kammer schließe sich insoweit der Rechtsprechung
des 4. Senats des BSG in vollem Umfang an. Die Beklagte habe gegen das öffentlich-
rechtliche Befriedigungsverbot des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI verstoßen, indem sie den
von der Klägerin überwiesenen Betrag in das im Soll stehende Konto des Versicherten
eingebucht habe. Dem stehe nicht entgegen, dass nach den Bestimmungen des
Bankvertrages eine Verrechnung erst am Quartalsende erfolge und die Forderung der
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Beklagten gegenüber dem Kontoinhaber auf Ausgleich des Überziehungskredits erst
durch diese Saldierung im zivilrechtlichen Sinne durch Erfüllung untergehe. Ein Verstoß
gegen das Befriedigungsverbot des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI liege vielmehr schon
dann vor, wenn dem Geldinstitut aus den überwiesenen Betrag ein Vermögensvorteil
erwachse, der nach späterer Verrechnung dauerhaft in Gestalt der Tilgung einer
eigenen Forderung gegen den Kontoinhaber bei ihm verbleibe. Dies folge aus dem
Wortlaut des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI und der inneren Systematik des § 118 Abs. 3
SGB VI. Nach dem Wortlaut des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI komme es nicht darauf an, ob
eine eigene Forderung des Geldinstituts im zivilrechtlichen Sinne tatsächlich befriedigt
werde. Vielmehr sei dem Geldinstitut bereits die Verwendung zur Befriedigung
untersagt. Damit erfasse das Verbot auch vorbereitende Handlungen, die zu einem
späteren Zeitpunkt dazu führten, dass die Forderung des Geldinstituts gegen den
Versicherten im zivilrechtlichen Sinne erfüllt werde. In Verbindung mit § 118 Abs. 3 S. 3
SGB VI enthalte § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI ein Bereicherungsverbot. Durch die zunächst
rein buchungstechnische Verringerung des Sollsaldos habe die Beklagte einen
Vermögensvorteil erlangt, der ihr nach der folgenden Saldierung zum Quartalsende,
spätestens jedoch bei endgültiger Kontoauflösung verbleibe. Die Einstellung des
Rentenbetrages in das Kontokorrent vermindere schon gegenwärtig das Risiko der
Beklagten, ihre Forderung aus dem Dispositionskredit zu realisieren. Durch die
Einbuchung des Wertes der Rentenleistung habe sie es ermöglicht, dass der
Überziehungskredit durch die folgenden Abbuchungen weiter in Anspruch genommen
werden konnte, ohne dass sich (buchungstechnisch) die Gesamtkreditsumme erhöht
habe. Die folgende Saldierung führe dann auch zivilrechtlich dazu, dass die Forderung
der Beklagten gegen den Versicherten bzw. dessen Erben aus dem Dispositionskredit
teilweise getilgt werde. Ohne Einbuchung des Rentenbetrages hätten weitere
Abbuchungen demgegenüber nur unter Erhöhung des Überziehungskredites und damit
nur durch Begründung weiterer Forderungen der Beklagten gegen die Erben des
Versicherten erfolgen können.
Es komme nicht darauf an, dass dem Geldinstitut nach § 51 Abs. 1 Sozialgesetzbuch
Erstes Buch (SGB I) i.V.m. § 394 BGB während der ersten sieben Tage seit der
Gutschrift eine Verrechnung mit eigenen Forderungen untersagt sei. Das befristete
Aufrechnungsverbot ändere nichts daran, dass der Beklagten bei der nach Ablauf der
Sperrfirst erfolgten Saldierung bzw. Kontoauflösung ein Vermögensvorteil in dem
beschriebenen Sinne verbleibe. Im übrigen stelle § 55 Abs. 1 SGB I eine
Vollstreckungsschutzvorschrift zugunsten des Empfängers einer Sozialleistung dar und
regele ausschließlich das Verhältnis zwischen dem Empfänger der Sozialleistung,
seinen Gläubigern und dem Geldinstitut des Drittschuldners. Gegenüber dem
Rentenversicherungsträger und dessen Anspruch auf § 118 Abs. 3 SGB VI könne das
Geldinstitut aus dieser Vorschrift keine Einwendung herleiten. Die von anderweitigen
Verfügungen unberührt bleibende Rückerstattungspflicht bei Einbuchung der
Geldleistung auf ein im Soll stehendes Konto stelle keinen unverhältnismäßigen Eingriff
in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG
dar und verstoße auch nicht gegen Art. 3 GG. Verstöße gegen europäisches
Gemeinschaftsrecht seien nicht ersichtlich.
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Gegen das am 21.09.005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.10.2005 Berufung
eingelegt.
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Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, die vom 4.
Senat des BSG vertretene Auffassung, wonach der Rücküberweisungsanspruch aus
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§118 Abs. 3 S. 2 SGB VI von anderweitigen Verfügungen zugunsten Dritter unberührt
bleibe, soweit sich ein Konto bei Renteneingang im Soll befinde, finde weder im
Wortlaut des § 118 Abs. 3 SGB VI eine Stütze noch sei diese Auffassung mit dem Willen
des Gesetzgebers (historische Auslegung) und dem Sinn und Zweck der Vorschrift
(teleologische Auslegung) vereinbar. Die Gutschrift einer Geldleistung auf einem
Debetkonto stelle weder eine "Verwendung zur Befriedigung einer eigenen Forderung"
im Sinne des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI dar noch werde im Fall einer "anderweitigen
Verfügung" der Einwand des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI durch die Bestimmung des § 118
Abs. 3 S. 4 SGB VI ausgeschlossen. Sie sei aufgrund des öffentlich-rechtlichen
Pfändungsverbots des § 55 SGB I und dem daraus resultierenden Aufrechnungsverbot
nach § 394 BGB gehindert, innerhalb einer Frist von sieben Tagen nach Eingang einer
Rentengutschrift eine Verrechnung der Gutschrift mit einem Sollstand vorzunehmen.
Vielmehr sei sie nach §§ 55 Abs. 1 SGB I, 394 Abs. 1 BGB verpflichtet, anderweitige
Verfügungen aus der Rentengutschrift zu bedienen und somit den Schutzbetrag zu
mindern. Der 4. Senat des BSG habe sich bislang mit den Konsequenzen des öffentlich-
rechtlichen Pfändungsverbots aus § 55 SGB I und dem daraus resultierenden
Aufrechnungsverbot nach § 394 BGB nicht befasst. Die Auffassung des 4. Senats des
BSG habe zur Folge, dass ein Geldinstitut auch insoweit zur Rückerstattung verpflichtet
werde, wie es zuvor Verfügungen über den Schutzbetrag nach §§ 55 SGB I, 394 Satz 1
BGB hinzunehmen verpflichtet gewesen sei und sich somit der Schutzbetrag nicht mehr
in der Sphäre des Geldinstituts befinde. Auch verbleibe die Rentengutschrift in den
Fällen des Debetkontos nicht wirtschaftlich irgendwo im Vermögen des Geldinstitutes,
wenn der Abzug anderweitiger Verfügungen zugelassen werde. Soweit die Summe der
anderweitigen Verfügungen kleiner als die Rentenleistung sei, bleibe das Geldinstitut
zur Rückerstattung an den Rentenversicherungsträger verpflichtet. In dieser Höhe fließe
die Rentenleistung also aus der Sphäre des Geldinstituts wieder ab. Soweit aufgrund
der anderweitigen Verfügungen eine Minderung des Rückerstattungsanspruches
stattfinde, habe dies nicht zur Folge, dass der entsprechende Betrag der
Rentengutschrift im Vermögen des Geldinstitutes verbleibe. Er sei nur früher aus der
Sphäre des Geldinstitutes abgeflossen, nämlich durch die Ausführung der
anderweitigen Verfügungen, die das Geldinstitut - gleich, ob das Konto einen Haben-
oder Sollstand aufweise - eben nicht freiwillig zugelassen habe, sondern vor dem
Hintergrund der §§ 55 SGB I, 394 BGB entweder habe zulassen müssen oder
unvermeidbar habe geglaubt zulassen zu müssen.
Wegen der Einzelheiten der Argumentation wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beklagten vom 24.11.2005 und vom 13.03.2006 verwiesen.
33
Die Beklagte beantragt,
34
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.09.2005 zu ändern und die Klage
abzuweisen.
35
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
37
Sie ist der Auffassung, dass das erstinstanzliche Urteil weder in tatsächlicher noch in
rechtlicher Hinsicht zu beanstanden sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
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Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Klägerin Bezug genommen, deren
wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
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Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
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Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben.
42
Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage ist nach § 54 Abs. 5
Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Streitgegenstand des Verfahrens ist der öffentlich-
rechtliche Erstattungsanspruch der Klägerin aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI. Die Klägerin
als Rentenversicherungsträger und die Beklagte als Geldinstitut stehen sich dabei in
einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber. Deshalb darf die Klägerin, anders als in
den Fällen des § 118 Abs. 4 S. 2 SGB VI, gegenüber der Beklagten nicht hoheitlich
handeln. Sie ist nicht befugt, ihren Rückforderungsanspruch aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB
VI durch Verwaltungsakt festzusetzen (siehe BSG, Urteil vom 13.12.2005, - B 4 RA
28/05 - m.w.N.).
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Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein
Erstattungsanspruch aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI in Höhe von 651,30 EUR zu. Die
Beklagte kann sich nicht auf den anspruchsvernichtenden Einwand der Entreicherung
nach § 118 Abs. 3. S. 3 SGB VI berufen.
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Nach § 118 Abs. 3 S. 1 und S. 2 SGB VI hat ein Geldinstitut Geldleistungen, die für die
Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf das Konto bei einem Geldinstitut im Inland
überwiesen wurden und insoweit nach Satz 1 der Vorschrift als unter Vorbehalt erbracht
gelten, der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung
zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern.
45
Bei der auf das Girokonto der Versicherten überwiesenen Rente für August 2004
handelt es sich um eine Geldleistung im Sinne des § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI, da der
Versicherte am 00.00.2004 verstarb und damit der Anspruch des Versicherten auf
Altersrente nach § 102 Abs. 5 SGB VI zum Ablauf des Monats Juli 2004 endete. Damit
wurde die Altersrente für August 2004 von der Klägerin zu Unrecht erbracht.
46
Die Klägerin forderte von der Beklagte einen Betrag in Höhe von 725,84 EUR nach §
118 Abs. 3 S. 2 SGB VI zurück. Der Rentenversicherungsträger muss gegenüber dem
Geldinstitut den Zeitpunkt der Überweisung der Geldleistung, das Konto, den Namen
des Zahlungsadressaten, dessen Todeszeitpunkt, die Art der Geldleistung, deren Höhe
sowie deren Bezugszeitraum benennen und das ernstliche Verlangen aussprechen,
den Wert der Gegenleistung zu erstatten (siehe BSG, Urteil vom 20.12.2000, - B 4 RA
53/01 -; Urteil vom 13.12.2005, - B 4 RA 28/05 -). Die Schreiben des Renten Service als
überweisende Stelle (§ 119 SGB VI) vom 17.08.2004 und der Klägerin vom 12.11.2004
erfüllen die Anforderungen an ein substantiiertes Rückforderungsverlangen. In diesen
Schreiben werden die Kontonummer(000), der Name des Zahlungsadressaten (U W),
der Todeszeitpunkt (00.00.2004), die Höhe der Geldüberweisung (725,84 EUR), der
Bezugszeitraum (August 2004) und das ernstliche Verlangen auf Rücküberweisung
unter Hinweis auf § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI sowie die Vorrangigkeit der
Inanspruchnahme des Geldinstituts angegeben.
47
Den Erstattungsanspruch aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI erfüllte die Beklagte teilweise
durch die Überweisung eines Betrags in Höhe von 74,54 EUR.
48
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der (Rest-)Erstattungsanspruch in Höhe von
651,30 EUR nicht wegen anderweitiger Verfügungen im Sinne von § 118 Abs.3 S. 3
SGB VI ganz oder teilweise erloschen. Nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI besteht eine
Verpflichtung zur Rücküberweisung nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei
Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die
Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Nach § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI
darf das Geldinstitut den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener
Forderungen verwenden. Die Beklagte hat zwar den anspruchsvernichtenden Einwand
der Entreicherung durch anderweitige Verfügungen in Höhe von 651,30 EUR nach §
118 Abs. 3 S. 3 SGB VI erhoben. Vorliegend muss sich die Beklagte jedoch das relative
Befriedigungsverbot des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI entgegenhalten lassen und kann
damit die Abbuchungen in der Zeit vom 02.08. bis zum 26.08.2004 in Höhe von 651,30
EUR nicht anspruchsmindernd geltend machen.
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Zwar war bei Eingang des Rückforderungsverlangens (am 26.08.2004) ein Betrag in
Höhe von insgesamt 651,30 EUR vom Konto der verstorbenen Versicherten abgebucht.
Jedoch befriedigte die Beklagte vor Eingang des Rückforderungsverlangens am
26.08.2004 ihre eigene Forderung im Sinne von §118 Abs. 3 S. 4 SGB VI. Denn das
Konto des Versicherten befand im Zeitraum vor Eingang der Geldleistung nach § 118
Abs. 3 S. 1 SGB VI (30.07.2004) und dem Eingang des Rückforderungsverlangens
(26.08.2004) durchgehend im Soll (vor Eingang der Rentenzahlung 1.095,49 EUR Soll,
nach Gutschrift der Rente auf das Konto am 30.07.2004 369,65 EUR Soll, vor Eingang
des Rückforderungsverlangens am 26.08.2004 1.020,95 EUR Soll). In einer solchen
Konstellation stellt die Gutschrift einer Rentenzahlung auf ein Girokonto eine
Verwendung zur Befriedigung im Sinne von § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI dar. Der Senat
folgt der gefestigten Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (siehe zusammenfassend
Urteil vom 13.12.2005, - B 4 RA 28/05 R - m.w.N; a. A. BSG, Urteil vom 09.12.1998, - B
9 V 48/97 R -; Terdenge in Hauck/Noftz, SGB VI, § 118 Rdz.), wonach ein Geldinstitut
eine eigene Forderung im Sinne des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI befriedigt, wenn die
Gutschrift einer Rentenzahlung auf ein im Soll stehendes Konto (Debetkonto) erfolgt und
das Geldinstitut durch die Verrechnung (Skontration) eine Vermögensübertragung
vornimmt - unabhängig von der Rechtsform und der bankvertraglichen Natur der
Verrechnung -, da das Geldinstitut eine eigene Darlehensforderung gegen den
Kontoinhaber befriedigt. Die Buchung der unter Vorbehalt gezahlten Geldleistung des
Rentenversicherungsträgers auf ein debitorisches Konto mit gleichzeitiger Verringerung
des dort befindlichen Debets stellt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine
Verminderung der Schulden des Kontoinhabers gegenüber dem Geldinstituts dar. Es ist
unerheblich, ob die endgültige schuldumschaffende Wirkung der Saldierung erst zum
Abschluss am Ende jeden Quartals erfolgt, da im Bankkontokorrent die Verrechnung mit
jedem Buchungsvorgang permanent erfolgt und auch ohne Novationswirkung aufgrund
der bestehenden Hemmungswirkungen bei Verminderung eines aus dem Konto
befindlichen Sollbetrages bei wirtschaftlicher Betrachtung das Konto einen
Vermögenszuwachs erfährt. Die tägliche Verrechnung der Ein- und Auszahlungen auf
einem Konto bewirkt bei Eingang einer Gutschrift auf ein debitorisches Konto, mit
welcher die Abrufpräsenz eintritt und das Geldinstitut keinen direkten Zugriff auf den
isolierten Wert der Geldleistung mehr hat, die Befriedigung einer eigenen Forderung
gegen den Kontoinhaber.
50
Der Senat schließt sich nicht der vom 9. Senat des BSG vertretenen Auffassung an,
dass die Gutschrift einer Sozialleistung auf ein debitorisch geführtes Konto in Hinblick
auf die Regelung in § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI keine Verwendung der Forderung zur
eigenen Befriedigung im Sinne von S. 4 darstellt, weil ansonsten die Verbuchung der
eingehenden Sozialleistung auf einem debitorisch geführten Konto von vorneherein
eine Minderung des Rücküberweisungsbetrags ausschließt und damit die Regelung
des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI unverständlich ist. Denn auch bei der vom 4. Senat
vertretenen Auslegung entfaltet die Bestimmung des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI insoweit
eine Schutzwirkung zu Gunsten eines Geldinstituts, als der Entreicherungseinwand des
§ 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI erhoben werden kann, wenn das Konto des Versicherten nach
der Gutschrift der Rentenzahlung ein Haben sowie nach der Ausführung einer
Verfügung zu Gunsten eines Dritten und dem Eingang des Rückforderungsverlangens
des Rentenversicherungsträger kein zur Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist
(siehe LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.07.2006, - L 22 R 324/05-17 -). Das
Geldinstitut haftet somit bei einem Habenkonto nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI insoweit,
als die Erben des Kontoinhabers oder sonstige Verfügungsberechtigte gegenüber dem
Geldinstitut einen Anspruch auf Auszahlung des Tagesguthabens haben. Beim
Anspruch auf Auszahlung eines Tagesguthabens handelt es sich um einen
Zahlungsanspruch aus der mit dem Girovertrag verbundenen unregelmäßigen
Verwahrung, der nicht der Kontokorrentabrede unterfällt. Ungeachtet des Kontokorrents
ist ein Geldinstitut kraft Girovertrag verpflichtet, den Guthabenüberschuss sofort und
nicht erst beim nächsten periodischen Rechnungsabschluss oder bei der Beendigung
des Kontokorrentverhältnisses auszuzahlen (siehe BGH, Urteil vom 08.07.1982, - I ZR
148/80 -).
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Durch das Verbot der Verwendung zur eigenen Befriedigung soll ein Geldinstitut nicht
schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn eine Rentenzahlung nicht
stattgefunden habe. Deshalb ist nicht entscheidend, ob zum Zeitpunkt des Eingangs des
Rückforderungsverlangens die Tilgung einer Forderung des Geldinstituts im
zivilrechtlichen Sinne schon tatsächlich eingetreten ist, sondern es genügt - wie das SG
zutreffend ausgeführt hat - die Vornahme von vorbereitenden Handlungen, die zu einem
späteren Zeitpunkt dazu führen, dass die Forderung des Geldinstituts gegen den
Versicherten durch Saldierung im zivilrechtlichen Sinne erfüllt wird (LSG NRW, Urteil
vom 18.10.2006, - L 8 R 47/06 -). Die Einstellung einer Geldleistung nach § 118 Abs. 3
S. 1 SGB VI in ein Kontokorrent, die durch die Gutschrift auf dem Kontoauszug
dokumentiert wird, stellt eine solche Vorbereitungshandlung dar. Denn im
Kontokorrentvertrag ist eine antizipierte Verrechnungsvereinbarung enthalten, die meist
dahin zu verstehen ist, dass es am Ende einer Rechnungsperiode keiner weiteren
Willenserklärung bedarf und sich die Verrechnung am Ende einer Rechnungsperiode
automatisch vollzieht (BGH, Urteil vom 18.04.1989, - XI ZR 133/88 -, Urteil vom
04.05.1979, - I ZR 127/77 -; Hadding/Häuser in Münchner Kommentar zum HGB, Band
5, ZahlungsV A 218). Zwar erlangen die in das Kontokorrent aufgenommenen
Leistungen erst am vereinbarten Verrechnungszeitpunkt eine schuldtilgende Wirkung
und erlöschen erst in diesem Zeitpunkt die bisher als Abrechnungsposten gebuchten
Forderungen, soweit sie sich der Höhe nach decken, jedoch sind nach Einstellung einer
Geldleistung nach § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI in das Kontokorrent keine weiteren
Handlungen des Geldinstituts oder des Kontoinhabers zum Vollzug der Verrechnung
zum vereinbarten Zeitpunkt und damit zur Befriedigung erforderlich.
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Zwischen dem Versicherten und der Beklagten bestand ein Girovertrag mit der
Vereinbarung, dass das Giroverhältnis als Kontokorrent geführt (Ziffer 7. 1 AGB-
53
Postbank) und ein vierteljährlicher Rechnungsabschluss erteilt wird (Ziffer 7.3 AGB
Post-Bank). Des weiteren gewährte die Beklagte dem Versicherten einen
Überziehungskredit, in dem sie dem Versicherten als Kontoinhaber das Recht
einräumte, sein laufendes Girokonto in bestimmter Höhe zu überziehen (vereinbartes
Debet, siehe zur Rechtslage Hadding/Häuser in Münchner Kommentar zum HGB, Band
5, ZahlungsV A 176ff). Daher verwandte die Beklagte die Rente für August 2004 durch
die Einstellung in das Kontokorrent zur Befriedigung einer eigenen Forderung im Sinne
des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht die Vorschrift des § 55 Abs. 1 SGB I der
Einstellung der Rente für Juli 2004 in das Kontokorrent nicht entgegen und schließt die
Anwendung des Befriedigungsverbots des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI nicht aus (so auch
LSG NRW, Urteil vom 22.08.2005, - L 3 R 98/05 -; Urteil vom 25.10.2006, - L 8 R 139/05
-; Urteil vom 20.10.2006, - L 13 R 75/06 -). Nach § 55 SGB I ist eine Forderung, die bei
Überweisung einer Sozialleistung auf das Konto des Berechtigten bei einem Geldinstitut
durch Gutschrift der Überweisung entsteht, für die Dauer von sieben Tagen seit der
Gutschrift unpfändbar. Dies hat zur Folge, dass eine Aufrechnung gegen die Forderung
in diesem Zeitraum nicht zulässig (§ 394 BGB) und damit diese einer
kontokorrentmäßigen Verrechnung entzogen ist (siehe BGH, Urteil vom 22.03.2005, - XI
ZR 286/04 - m.w.N.). Der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 55 SGB I erfasst aber
keine Geldleistungen der Rentenversicherungsträger, die nach § 118 Abs. 3 S. 1 SGB
VI als unter Vorbehalt erbracht gelten (siehe auch Hauck/Noftz, SGB I, § 55 SGB I Rdz.
1, wonach die Regelung des § 55 SGB I durch § 118 Abs. 3 und Abs. 4 SGB VI ergänzt
wird). Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung des § 55 SGB I, wonach
überwiesene Sozialleistungen einen gleichwertigen pfändungsrechtlichen Schutz wie
bar ausgezahlte Leistungen haben sollen. Der als schutzwürdig angesehene
Empfänger einer Sozialleistung soll einen überwiesenen Betrag wie einen bar
ausgezahlten Betrag tatsächlich erlangen und diesen nicht sofort an seine Gläubiger
verlieren, die Sozialleistung soll ihm vielmehr innerhalb des siebentägigen
Schutzzeitraums zur freien Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 30.05.1988, - II ZR
373/87 - ). Der Zweck von Sozialeistungen des Rentenversicherungsträgers- im Fall
einer Rente die Sicherung des monatlichen Lebensunterhalts des Versicherten - wird
aber bei der Überweisung für eine Zeit nach dem Tod des Berechtigten nicht erreicht, da
diese Geldleistung nicht mehr dem Berechtigten, sondern allenfalls seinen
Rechtsnachfolgern zu Gute kommt. Rechtsnachfolger eines Berechtigten sind von der
Schutzvorschrift des § 55 SGB I nicht erfasst. Des weiteren handelt es sich bei der
Vorschrift des § 118 Abs. 3 SGB VI, die zeitlich später erlassen wurde, im Verhältnis zu
§ 55 SGB I um die spezielle Regelung.
54
Die Befriedigung einer eigenen Forderung durch die Verwendung einer Geldleistung im
Sinne von § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI schließt den von der Beklagten erhobenen
Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI aus (siehe BSG, Urteil vom
13.12.2005, - B 4 RA 28/05 R -, Urteil vom 09.04.2002, - B 4 RA 64/01 R -; a. A. BSG,
Urteil vom 01.09.1998, - B 9 V6/99 R -). Entgegen der Auffassung des 9. Senats des
BSG stellt die Vorschrift des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI keinen Ausnahmetatbestand zu §
118 Abs. 3 S. 3 SGB VI dar. Auf den anspruchsvernichtenden Einwand der
Entreicherung nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI kann sich ein Geldinstitut nur dann
berufen, wenn bei Eingang des Rückforderungsverlangens des
Rentenversicherungsträgers das in der Überweisung genannte Konto kein zur
Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist und das Geldinstitut den Wert der
Gutschrift nicht zur Befriedigung eigener Forderungen gemindert hat. Der Senat folgt
55
nach eigener Prüfung insoweit der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG, wonach der
Erstattungsanspruch aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI gegenüber einem Geldinstitut
rechtlich und zeitlich vorrangig gegenüber dem Erstattungsanspruch aus § 118 Abs. 4
S.1 SGB VI ist, der sich gegen die Empfänger oder die Verfügenden richtet. Die
Inanspruchnahme des in § 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI genannten Personenkreises, der
weder am Sozialrechtsverhältnis des Versicherten noch an seiner bankvertraglichen
Beziehung zum kontoführenden Geldinstitut Anteil hat, und auch nicht erkennen kann,
dass der zugewandte Geldwert aus einer Geldleistung im Sinne von § 118 Abs. 3 S. 1
SGB VI stammt, durch eine öffentlich-rechtliche Erstattungspflicht ( §118 Abs. 4 S. 1
SGB VI) ist zum Schutz der aktuellen Beitragszahler nur dann gerechtfertigt, wenn bei
Eingang des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträgers das in der
Überweisung genannte Konto kein zur Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist
und das Geldinstitut den Wert der Gutschrift nicht zur Befriedigung eigener Forderungen
gemindert hat (siehe BSG, Urteil vom 09.04.2002, - B 4 RA 64/01 R -).
Die Vorschrift des § 118 Abs. 3 SGB VI ist - wie das SG zutreffend ausgeführt hat -
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. LSG NRW, Urteil vom 22.08.2005, - L 3
R 98/05 -; Urteil vom 25,10.2006, - L 8 R 139/05 -). Sie verstößt nicht gegen die in Art. 12
Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit der Klägerin, die sich als inländische
juristische Person (Art. 19 Abs. 3 GG) auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann. Die in § 118
Abs. 3 SGB VI statuierte öffentlich-rechtliche Erstattungspflicht eines Geldinstituts
hinsichtlich laufender Geldleistungen, die für einen Zeitraum nach dem Tod eines
Berechtigten auf ein Konto des Geldinstituts gutgeschrieben wurden (§ 118 Abs. 3 S. 1
und 2 SGB VI) sowie die Beschränkung der Befreiung von der Erstattungspflicht auf die
Fallgestaltung, dass nach Gutschrift der Rentenleistung auf ein Habenkonto das
Guthaben durch anderweitige Verfügungen unter den Wert der Gutschrift gesenkt wurde
(§ 118 Abs. 3 S. 3 und 4 SGB VI) greift zwar in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG
ein. Die Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit ist aber aus Gründen des
Gemeinwohls gerechtfertigt. § 118 Abs. 3 SGB VI berührt die durch Art. 12 Abs. 1 GG
geschützte Berufsausübungsfreiheit der Klägerin als Geldinstitut. Die Statuierung einer
öffentlich-rechtlichen Erstattungspflicht für fehlgeschlagene Überweisungen von
Rentenzahlungen im Fall des Todes eines Versicherten bezieht sich zwar nicht auf die
Berufstätigkeit der Klägerin - wirtschaftliche Betätigung im Bereich des Bankwesens -,
verändert aber die Rahmenbedingungen der Berufsausübung und hat objektiv eine
berufsregelnde Tendenz. Denn die in § 118 Abs. 3 SGB VI begründete Haftung schränkt
die Dispositionsfreiheit der Beklagten im Bereich des Kreditwesens ein. Die Beklagte
muss - schon aus eigenem wirtschaftlichen Interesse - bei ihren Entscheidungen, ob
und inwieweit sie ihren Kunden, deren Einkommen ganz oder teilweise aus
Geldleistungen nach dem SGB VI besteht, einen Dispositionskredit oder einen
sonstigen Überziehungskredit im Zusammenhang mit der Führung eines Girokontos
gewährt, das sich aus § 118 Abs. 3 SGB VI ergebende Haftungsrisiko im Fall des Todes
des Kunden mit berücksichtigen.
56
Eingriffe in die Berufsausübung sind gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG nur auf der
Grundlage einer gesetzlichen Regelung zulässig, die den Anforderungen der
Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die
eingreifende Norm kompetenzgemäß erlassen worden ist, durch hinreichende, der Art
der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung
tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit entspricht. Dabei ist die weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers
auf dem Gebiet der Sozialordnung zu beachten.
57
§ 118 Abs. 3 SGB VI ist kompetenzmäßig erlassen worden. Die
Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG
("Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung"), die die Regelung
der Finanzierung der Sozialversicherung mitumfasst. Die in § 118 Abs. 3 SGB VI
begründete öffentlich-rechtliche Erstattungspflicht ist aus Gründen des Gemeinwohls
gerechtfertigt. Denn sie dient dem Interesse der Solidargemeinschaft an einem
schnellen Rückfluss von fehlgeschlagenen, ohne Rechtsgrund (auch gegenüber dem
Versicherten) erfolgten Überweisungen sowie der Verwaltungsvereinfachung und damit
der Effizienz der Arbeit der Rentenversicherungsträger (siehe BSG, Urteil vom
04.08.1998, - B 4 RA 72/97 R -; Urteil vom 20.12.2001, - B 4 RA 126/00 R -)
58
Zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele - Sicherung des schnellen
Rückflusses von fehlgeschlagenen Geldleistungen der Rentenversicherungsträger und
der Verwaltungsvereinfachung bei der Bearbeitung fehlgeschlagener Überweisungen -
ist die Bestimmung des § 118 Abs. 3 SGB VI geeignet, erforderlich und verhältnismäßig
im engeren Sinne. Sie ist geeignet und erforderlich, da ein gleich wirksames, weniger
belastendes Mittel für die Rentenversicherungsträger zur Durchsetzung ihres Anspruchs
auf Rückfluss von fehlgeschlagenen Überweisungen nicht erkennbar ist. Ohne den
öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs aus § 118 SGB VI steht den
Rentenversicherungsträgern in ihrer Funktion als treuhänderischer Sachverwalter der
Mittel, die ihnen ihre Beitragszahler zur Finanzierung der
rentenversicherungsrechtlichen Geldleistungen zur Verfügung gestellt haben,
gegenüber einem Geldinstitut weder ein vertraglicher noch gesetzlicher Anspruch auf
Rücküberweisung eines Betrages, der für die Zeit nach dem Tod des bisherigen
Versicherten auf dessen Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurde, zu. Vielmehr
sind die Rentenversicherungsträger als Leistungsträger nur berechtigt, die
Rückforderung im Verhältnis zwischen ihnen und den Rechtnachfolgern des
Versicherten nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB)
abzuwickeln. Dies führt häufig dazu, dass die Rentenversicherungsträger eine nur unter
Schwierigkeiten oder gar nicht realisierbare Forderung gegen die Erben des
verstorbenen Versicherten, das Geldinstitut hingegen eine Erhöhung des Habensaldos
auf dem Konto des verstorbenen Versicherten oder bei einem debitorisch geführtem
Konto eine Minderung des Sollsaldos erlangt (siehe zur Rechtslage BSG, Urteil vom
01.09.1999, - B 9 V 6/99 R -). Ebenso ist die Durchsetzung der Erstattungsansprüche
gegenüber Empfängern oder Verfügenden im Sinne des § 118 Abs. 4 SGB VI allein in
Hinblick auf die größere Anzahl der Anspruchsgegner erschwert und damit die
Vorrangigkeit des Erstattungsanspruches aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI gegenüber
Erstattungsansprüchen aus § 118 Abs. 4 SGB VI in Hinblick auf das verfolgte Ziel -
unkomplizierte Erfüllung der Pflicht des Rentenversicherungsträgers, zu Unrecht
bewirkte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen - sachlich gerechtfertigt.
59
Die Belastung der betroffenen Geldinstitute mit der Erstattung fehlgeschlagener, also
rechtsgrundlos erlangter Geldzahlungen ist weder unangemessen noch unzumutbar.
Denn in § 118 Abs. 3 SGB VI ist der Interessenausgleich zwischen den
Rentenversicherungsträgern und den Geldinstituten typisiert worden. Die Geldinstitute
sollen aus einer ungerechtfertigten Geldüberweisung nach dem Tod des Berechtigten
keine offensichtlichen wirtschaftlichen Vorteile ziehen, aber auch keine wirtschaftlichen
Nachteile erleiden, wenn sie bis zum Eingang der Rückforderung noch die Verfügungen
berechtigter Personen bis zur Höhe der eingegangenen Geldleistungen ausführen. Da
die Minderung eines Sollsaldos durch die Gutschrift auf ein Debetkonto einen
60
wirtschaftlichen Vorteil für das Geldinstitut - die Minderung des Kreditvolumens -
darstellt, ist es sachgerecht, dass sich der Erstattungsanspruch aus § 118 Abs. 3 S. 2
SGB VI sowohl auf kreditorisch wie auch auf debitorisch geführte Konten erstreckt. Das
sich aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI ergebende Haftungsrisiko ist für das Geldinstitut
dabei insoweit beschränkt, als der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch aus § 118
Abs. 3 S. 2 SGB VI nur das Überweisungskonto des verstorbenen Berechtigten erfasst
(BSG, Urteil vom 01.09.1999, - B 9 V 6/99 R -). Von dem Erstattungsanspruch werden
weder andere Konten des Versicherten bei demselben Geldinstitut noch
Überweisungen von Rentenleistungen im Sinne von § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI auf
Konten von Dritten erfasst. Die Beschränkung der Befreiung eines Geldinstituts von der
Erstattungspflicht auf die Fallgestaltung, dass nach der Gutschrift einer Rentenleistung
auf ein kreditorisch geführtes Girokonto das Guthaben durch anderweitige Verfügungen
unter den Wert der Gutschrift gesenkt wurde (§ 118 Abs. 3 S. 3 und 4 SGB VI), ist
sachgerecht, da ein Geldinstitut nur bei dieser Fallgestaltung keinen offensichtlichen
wirtschaftlichen Vorteil, wie z. B. Minderung des Sollstandes oder Freiwerden von einer
Erstattungspflicht durch das Handeln Dritter (Abbuchungen) hat, sondern einen
wirtschaftlichen Nachteil erleidet, indem sich bei vollständiger Erfüllung des
Erstattungsanspruchs ein Habenkonto in ein Debetkonto umwandelt. Durch die
Bestimmungen des § 118 Abs. 3 SGB VI wird der Zustand hergestellt, der bestünde,
wenn keine Geldleistung für die Zeit nach dem Tod des Versicherten vom
Rentenversicherungsträger auf das Überweisungskonto geleistet worden wäre. Ein
Geldinstitut behält auch bei einem debitorisch geführten Konto seinen Anspruch auf
Ausgleich des gewährten Kredits gegenüber den Erben des Versicherten. Die
Realisierbarkeit dieses Anspruches fällt in den Risikobereich der Geldinstitute, da eine
Kreditgewährung mit dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder seines
Rechtsnachfolgers zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Darlehensforderung verbunden ist.
Den Geldinstituten steht es frei zu entscheiden, ob und in welcher Höhe sie einem
Kunden einen Dispositionskredit oder sonstigen Überziehungskredit im Zusammenhang
mit einem Girokonto gewähren. Denn der Abschluss eines Girovertrages schließt nicht
automatisch die Gewährung eines Kredits ein. Bei einem Girovertrag handelt es sich um
einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der darauf gerichtet wird, bargeldlose Zahlungen, z.
B. durch Überweisung von Buchgeld, durchzuführen. Allein aus dem Girovertrag hat ein
Kunde noch keinen Anspruch auf Überziehung des Girokontos, da die bankmäßige
Besorgung bargeldloser Zahlungen grundsätzlich erfordert, dass der Kontoinhaber ein
Guthaben auf seinem Girokonto unterhält (vgl. Hadding/Häuser in Münchner Kommentar
zum HGB, Band 5, ZahlungsV A 74, A 176). Eine Kreditierung ist mit einem Girovertrag
grundsätzlich nur dann verbunden, wenn das Geldinstitut dem Kunden die Möglichkeit
einräumt, das Konto zu "überziehen". Dieser sog. Dispositionskredit ist ein vereinbarter
Überziehungskredit im Sinne von § 5 Abs.1 VerbrKrG oder ein geduldeter
Überziehungskredit nach § 5 Abs. 2 VerbrKrG (vgl. Hadding/Häuser in Münchner
Kommentar zum HGB, Band 5, ZahlungsV A 55ff, A 74). Die Geldinstitute sind
gesetzlich nicht verpflichtet, einem Kunden, dessen Einkommen auch von Leistungen
der Rentenversicherungsträger bestritten wird, einen Dispositionskredit oder sonstigen
Überziehungskredit, also eine Kreditierung im Zusammenhang mit einem Girokonto -
vorliegend ein vereinbartes Debet in Höhe 1.600,00 EUR, nach den Kontoauszügen ca.
das Zweifache der laufenden Einkünfte - zu gewähren. Es steht im Ermessen der
Geldinstitute, welchen Kunden sie im Zusammenhang mit der Führung eines Girokontos
einen Überziehungskredit gewähren und wie sie die Gewährung von
Überziehungskrediten, z. B. durch Vereinbarungen über die Höhe des vereinbarten
Debets oder der Zinsen, oder der Stellung von Sicherheiten, ausgestalten. Dabei
müssen die Geldinstitute bei der Gewährung von Überziehungskrediten an Bezieher
von Sozialleistungen das sich aus § 55 SGB I ergebende Risiko der eingeschränkten
Befriedigungsmöglichkeit durch Verrechnung grundsätzlich mitberücksichtigen. Durch
die Höhe der Zinsen können die Geldinstitute das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des
Schuldners im Fall der Gewährung eines Dispositionskredits absichern. Es steht den
Geldinstituten auch frei, sich durch die Stellung anderer Sicherheiten seitens des
Bankkunden weiter abzusichern. In den Fällen, in denen sich das Ausfallrisiko, nämlich
der Tod eines Bankkunden mit einem debitorisch geführten Girokonto, realisiert, ist es
nicht Aufgabe der Versichertengemeinschaft, für dieses Risiko, welches ein Geldinstitut
aus wirtschaftlichem Interesse eingegangen ist, teilweise einzustehen. Gegen die
Tragung des Rückabwicklungsrisikos durch die Geldinstitute spricht auch nicht, dass
der Gesetzgeber durch die Einführung der Pflicht der Rentenversicherungsträger zur
bargeldlosen Auszahlung der Rente (§§ 47 SGB I, 119, 120 SGB VI, 9 Abs. 1 S. 1
Postdienstverordnung) im Voraus (§ 118 Abs. 1 S.1 SGB VI i. d. F. bis zum 28.02.2004)
das Rückabwicklungsrisiko wegen des Todes eines Versicherten fehlgeschlagener
Rentenzahlungen erhöht hat (so LSG Hamburg, Urteil vom 03.05.2005, - L 3 RA 48/04 -
). Denn zum einen haben die Geldinstitute Kenntnis davon, dass sich es bei dem Bezug
von laufenden Leistungen nach dem SGB VI um Vorauszahlungen handelt. Zum
anderen hat der Gesetzgeber das Rückabwicklungsrisiko bei laufenden Leistungen, die
erst ab dem 01.04.2004 oder später zu laufen beginnen, insoweit verringert, als nach
den §§ 118 Abs. 1 S. 1, 272a SGB VI in der ab 01.03.2004 geltenden Fassung laufende
Geldleistungen, wie z. B. Renten, am Ende des Monats, zu dessen Beginn die
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, fällig sind und am letzten Bankarbeitstag dieses
Monats ausgezahlt werden. Damit werden Geldleistungen der
Rentenversicherungsträger, die erst ab dem 01.04.2004 oder später zu laufen beginnen,
nicht mehr im Voraus erbracht. Es sind keine sachlichen Gründe dafür erkennbar, dass
die Versichertengemeinschaft das Risiko dafür tragen soll, dass die Erben des
Kontoinhabers oder sonstige Verfügungsberechtigte eine sofortige Unterrichtung des
Rentenversicherungsträgers und des kontoführenden Geldinstituts über den Tod des
Berechtigten unterlassen. Auch ist es nicht Aufgabe des Gesetzgebers bzw. der
Rentenversicherungsträger, die Vergabe von Überziehungskrediten zu fördern bzw. das
Risiko der Geldinstitute zu verringern (so anscheinend LSG Hamburg, Urteil vom
03.05.2005, - L 3 RA 48/04 -), zumal oftmals Rentner neben einer Rente aus der
gesetzlichen Rentenversicherung noch über andere Einkünfte verfügen. Die Beurteilung
der Bonität und der Kreditwürdigkeit eines Kunden bei der Gewährung von
Überziehungskrediten obliegt den Kreditinstituten.
Der Schutzbereich des Art. 14 GG ist nicht berührt, da das Vermögen eines
Gewerbebetriebs - vorliegend eines Geldinstituts - durch Art. 14 GG nicht geschützt ist.
Ein Eingriff in die Substanz des Gewerbebetriebes der Beklagten durch die Statuierung
eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bei fehlgeschlagenen Überweisungen
des Rentenversicherungsträgers im Fall des Todes eines Berechtigten ist nicht
erkennbar.
61
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht
ersichtlich. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, dass wesentlich Gleiches nicht
ohne sachlichen Grund ungleich und wesentlich Ungleiches nicht ohne sachlichen
Grund gleich behandelt wird. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine
Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die
zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die
verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Ein Verstoß
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz kommt dabei vor allem in Betracht, wenn der
62
Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen
Normadressaten anders behandelt, obgleich zwischen den beiden Gruppen keine
Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die
Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Da sich die Haftung aus § 118 Abs. 3 SGB
VI auf sämtliche Kreditinstitute - inländische Kreditinstitute und inländische Zweigstellen
von ausländischen Kreditinstituten -, die im Inland Bankgeschäfte betreiben und damit
nach §§ 32, 53 Kreditwesengesetz (KWG) erlaubnispflichtig sind, erstreckt, erfasst die
Bestimmung des § 118 Abs. 3 SGB VI alle Institute, die der deutschen Bankenaufsicht
unterliegen. Ausländische Geldinstitute, die im Inland keine Zweigstelle betreiben und
inländischen Kunden die Führung eines Girokontos im Ausland ermöglichen,
unterliegen nicht der deutschen Gesetzgebungskompetenz. Daher ist es sachlich
begründet, solche Institute von der Erstattungspflicht auszunehmen (siehe Terpitz,
Rücküberweisung überzahlter Sozialleistungen im Todesfall, WM 1992, 2041 (2043)).
Entgegen der Auffassung der Beklagten verstößt § 118 Abs. 3 SGB VI auch nicht gegen
Europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die wettwerbsrechtlichen
Vorschriften (vgl. LSG NRW, Urteil 25.10.2006, - L 8 R 139/05 -; offengelassen von
Polster in Kasseler Kommentar, § 118 SGB VI Rdz. 11; Terpitz, Rücküberweisung
überzahlter Sozialleistungen im Todesfall, WM 1992, 2041 (2043)). Der
Anwendungsbereich der Art. 81, 82 EG-Vertrag wird durch die Regelung des § 118 Abs.
3 SGB VI nicht berührt. Denn die Wettbewerbsregeln der Art. 81 ff EG-Vertrag sollen
wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und Verhaltsweisen der im Gemeinsamen
Markt tätigen Wirtschaftsunternehmen sowie eine missbräuchliche Ausnutzung einer
marktbeherrschenden Stellung eines solchen Unternehmens verhindern und einen
ungehinderten Handel zwischen den Mitgliedsstaaten ermöglichen. Adressaten der
Wettbewerbsregeln der Art. 81 ff EG-Vertrag sind deshalb Unternehmen und
Unternehmensvereinigungen, die wettbewerbswidrige Verhaltensweisen aus eigener
Initiative an den Tag legen (BSG, Urteil vom 11.11.2003, - B 2 U 16/03 R -). Die
Vorschriften sind nicht anwendbar, wenn den Unternehmen ein wettbewerbswidriges
Verhalten durch nationale Rechtsvorschriften vorgeschrieben wird (siehe EUGH , Urteil
vom 11.09.20043, - C-207/01 -). Der von der Beklagte erhobene Einwand, dass
ausländischen Geldinstitute ohne inländische Zweigstellen, die ihren inländischen
Kunden die Führung eines Girokontos im Ausland ermöglichen, in Hinblick auf die
Haftungsregelung des § 118 SGB VI ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Geldinstituten,
die der deutschen Bankenaufsicht unterliegen, eingeräumt wird, bezieht sich nicht auf
das Handeln von Unternehmen, sondern auf die Benachteiligung der Geldinstitute, die
der deutschen Bankenaufsicht unterliegen, im Wettbewerb durch eine nationale
Vorschrift. Die von der Beklagten gerügte Inländerdiskriminierung von Geldinstituten, die
der deutschen Bankenaufsicht unterfallen, im Verhältnis zu ausländischen
Geldinstituten, die der deutschen Bankenaufsicht nicht unterfallen, durch eine nationale
Vorschrift - vorliegend § 118 Abs. 3 SGB VI - ist europarechtlich irrelevant. Die
Grundfreiheiten des EG-Vertrages garantieren nicht die gleichen Bedingungen in allen
Mitgliedsstaaten, sondern schützen lediglich vor Diskriminierungen beim
grenzüberschreitenden Verkehr (BVerfG, Beschluss vom 01.10.2004, - 1 BvR 2221/03 -;
Streinz in Streinz, EUV/EGV, Art. 12 EGV Rdnr. 58). Der Erstattungsanspruch aus § 118
Abs. 3 SGB VI knüpft nicht an grenzüberschreitende Sachverhalte an, sondern
beschränkt sich auf die Regelung eines inländischen Sachverhaltes, der
fehlgeschlagenen Überweisung einer Geldleistung auf das Konto eines Geldinstituts,
das der deutschen Bankenaufsicht unterfällt.
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Die Kostenentscheidung beruht §§ 197a SGG, 155 Abs. 2 VwGO.
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Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen, weil der Senat der Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung beimisst.
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