Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20.10.2005

LSG NRW: arbeitsentgelt, eintritt des versicherungsfalles, wiederkehrende leistung, vergleichbare leistung, satzung, abgeltung, beitragspflicht, entschädigung, altersrente, kapitalleistung

Landessozialgericht NRW, L 2 KR 18/04
Datum:
20.10.2005
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 2 KR 18/04
Vorinstanz:
Sozialgericht Detmold, S 11 (7) RA 17/00
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 12 KR 4/06 R
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts
Detmold vom 17.12.2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der
Beigeladenen zu 1) die außergerichtlichen Kosten auch des zweiten
Rechtszuges zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Streitig ist die Versicherungs- und Beitragspflicht einer Einmalzahlung bei Ausscheiden
aus dem Beschäftigungsverhältnis.
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Die am 00.00.1936 geborene Beigeladene zu 1) war in der Betriebsstätte F der Klägerin
vom 01.09.1965 bis zum 02.01.1983 mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit
von weniger als 18 Stunden und bis zum 31.03.1996 in Vollzeit als Mitarbeiterin im
Reinigungsdienst beschäftigt. Seit dem 01.04.1996 bezieht sie Altersrente für Frauen
mit Vollendung des 60. Lebensjahres. In der Zeit vom 01.09.1965 bis zum 02.01.1983
(Zeitraum der unterhälftigen Beschäftigung) wurde die Beigeladene zu 1) von der
Klägerin nicht in der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen (KZVK)
versichert.
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Vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) (Urteile
vom 28.07.1992, 3 AZR 173/92, BAGE 71, 29 ff.; 3 AZR 176/92; Urteil vom 07.03.1995,
3 AZR 282/94, BAGE 79, 236), nach denen der allgemeine und vollständige Ausschluss
teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer von (tariflich vorgesehenen) Zusatzversorgung den
arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt und daher unwirksam ist, stellte
die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin einen Antrag auf Zusatzversicherung. Infolge
schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) am 27.03.1996 eine Vereinbarung
"zur Abgeltung von Ansprüchen auf fortlaufende Zahlungen von Zusatzrente sowie
sonstiger satzungsgemäßer Leistungen, die sich aus einer Nachversicherung für
Zeiträume ergeben würden, die bisher nicht durch Beitragszahlungen belegt sind". Die
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Höhe der Abgeltung berechnete die Klägerin entsprechend § 50 Abs. 3 a der Satzung
der KZVK und ermittelte eine einmalige Zahlung in Höhe von DM 10.369,08 (EUR
5.301,63). Die Abfindungssumme wurde, entsprechend der Vereinbarung vom
27.03.1996, am 15.01.1997 fällig. Sie wurde ohne Abzug von
Sozialversicherungsbeiträgen ausgezahlt.
Die Beklagte führte 1999 in der Betriebsstätte F eine Betriebsprüfung für den Zeitraum
01.01.1995 bis 31.12.1998 durch. Mit Bescheid vom 02.08.1999 machte die Beklagte
eine Beitragsnachforderung in Höhe von DM 4.261,70 (EUR 2.178,97) geltend. Sie
bewertete die an die Beigeladene zu 1) gezahlte Abfindung als Arbeitsentgelt gemäß §
14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Es handle sich um einen vom
Arbeitnehmer bereits erdienten Anspruch. Die Zahlung stelle keine Entschädigung für
den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten dar. Den dagegen eingelegten
Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass es sich bei den Zahlungen an die
Beigeladene zu 1) nicht um Arbeitsentgelt gem. § 14 Abs.1 SGB IV gehandelt habe, da
mit ihr kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe. Sie habe sich entschlossen, die
Versorgungsleistung selbst zu erbringen. Die gezahlte Abfindung stelle daher eine
kumulierte Rentenzahlung dar und sei eine Ablösung der zu zahlenden
Rentenleistungen und keine Abfindung der Nachversicherungsbeiträge. Diese
Rentenzahlungen seinen sozialversicherungsfrei, da der Anspruch naturgemäß erst
nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehen könne. Mit Widerspruchsbescheid
vom 29.06.2000 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
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Zur Begründung der Klage zum Sozialgericht (SG) Detmold hat die Klägerin nochmals
darauf hingewiesen, dass es sich bei den (Abfindungs-)Zahlungen nicht um
Arbeitsentgelte aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis, sondern um Ablösungen von
ansonsten zu zahlenden Rentenleistungen handele, die nicht steuer- und
sozialversicherungspflichtig seien.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Bescheid vom 02.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
29.06.2000 aufzuheben.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat die Auffassung wiederholt, bei der Zahlung handele es sich um einen bereits
erdienten Anspruch aus dem ehemaligen Beschäftigungsverhältnis und somit um
Arbeitsentgelt. Eine beitragsfreie Abgeltung von Ansprüchen auf Zahlung von
Zusatzrente in Form einer Einmalzahlung als Abfindung sei nur für den Fall der
vorhergehenden Nachversicherung in der Zusatzversorgung und der Abführung
entsprechender Sozialversicherungsbeiträge möglich. Die Klägerin habe nicht beachtet,
dass die Beigeladene den Anspruch auf Zahlung der Beiträge zur Zusatzversicherung
bereits vor Beantragung der Nachversicherung erworben hatte und die Verpflichtung zur
Abführung der Sozialversicherungsbeiträge somit auch bereits bestanden habe.
Grundsätzlich sei der Erwerb eines Anspruchs auf Leistungen aus der KZVK oder eine
vergleichbare Leistung nur durch entsprechende Beitragszahlungen bzw. Durchführung
einer Nachversicherung möglich. Die Klägerin hätte daher zunächst den Betrag für die
Nachversicherung in der Zusatzversorgung feststellen und die darauf entfallenden
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Sozialversicherungsbeiträge abführen müssen. Nur so wäre eine beitragsfreie
Abgeltung der Ansprüche auf die fortlaufende Zahlung einer Zusatzrente in Form einer
einmaligen Abfindung möglich gewesen.
Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 17.12.2003). Die
Abfindung von fiktiven Leistungen der KZVR ließe sich zeitlich nicht der
versicherungspflichtigen Beschäftigung zuordnen und nicht als beitragspflichtiges
Arbeitsentgelt qualifizieren. Als beitragspflichtiges Entgelt hätte die Abfindung nur
angesehen werden können, wenn mit ihr nicht die fiktive KZVR-Leistung, sondern die
Pflicht der Klägerin zur Entrichtung von Beiträgen hätte abgefunden werden sollen.
Dafür biete der Sachverhalt jedoch keine Anhaltspunkte.
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Gegen das am 02.02.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.04.2004 mit der
Begründung Berufung eingelegt, sämtliche Ansprüche aus dem
Beschäftigungsverhältnis seien beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne des § 14
Abs. 1 SGB IV. Etwas anderes gelte nur dann, wenn eine Abfindung aufgrund der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werde, die als Entschädigung für den
Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten durch den Verlust des Arbeitsplatzes zeitlich
nicht der früheren Beschäftigung zugeordnet werden könne.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 17.12.2003 zu ändern und die Klage
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, streitig sei der Versorgungsverschaffungsanspruch der
Beigeladenen zu 1) ihr gegenüber und dessen beitragsrechtliche Bewertung, nicht aber
die Behandlung von Beiträgen und Umlagen des Arbeitgebers aufgrund der
Entscheidungen des BAG an die Zusatzversorgungskassen, um dem
Verschaffungsanspruch der betroffenen Arbeitnehmer zu genügen. Die Abfindung stelle
eine Entschädigung für den Wegfall einer künftigen Rentenzahlung dar, die sich zeitlich
nicht der versicherungspflichtigen Beschäftigung zuordnen lasse. Diese Leistung sei als
Einnahme zum Lebensunterhalt für die Zeit nach Beendigung der
versicherungspflichtigen Beschäftigung konzipiert.
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Die Beigeladenen zu 2), 3) und 4) schließen sich der Auffassung der Beklagten an.
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Die Beigeladenen zu 1), 2), 3) und 4) haben keine Anträge gestellt.
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Der weiteren Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den übrigen Inhalt der
Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen ist.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die angefochtenen
Entscheidungen der Beklagten zu Recht aufgehoben. Die Klägerin ist durch den
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Bescheid vom 02.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2000
im Sinne des § 54 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Beklagte hat zu Unrecht
festgestellt, dass für die von der Klägerin gemäß der Vereinbarung vom 27.03.1996 an
die Beigeladene zu 1) geleistete - als Abfindung bezeichnete - Zahlung, Beiträge zur
Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu entrichten sind.
Bemessungsgrundlage für die Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-,
Pflege, Renten- und Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des
Beschäftigten (§ 226 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), § 57 Abs 1
Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) iVm § 226 Abs 1 Nr 1 SGB V; § 162 Nr 1
Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB
III)). Die Abfindung ist nicht beitragspflichtig, weil sie weder Arbeitsentgelt iS des § 14
Abs 1 SGB IV darstellt (a) noch als Versorgungsbezug iS des § 229 SGB V zu den
beitragspflichtigen Einnahmen in der Kranken- und Pflegeversicherung gehört (b).
a) Nach § 14 Abs 1 SGB IV (in der Fassung des Artikels 1 Sozialgesetzbuch Viertes
Buch vom 23.12.1976 (BGBl. I, 3845) = (aF), nunmehr § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der
Fassung des Altersvermögensgesetzes vom 26.06.2001 (BGBl. I 1310) mit Wirkung vom
01.01.2002) sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer
Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter
welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar
aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die Zahlung der
sog. Abfindung an die Klägerin rechnet nicht zum Arbeitsentgelt. Mit dieser Abfindung
wollte die Klägerin ausschließlich den Anspruch auf eine Zusatzversorgung erfüllen,
weil der teilzeitbeschäftigten Beigeladenen zu 1) - unter Verletzung des Gebots der
Gleichbehandlung - die übliche Zusatzversorgung versagt geblieben ist.
Dementsprechend hat die Klägerin mit der Vereinbarung vom 27.03.1996 - in Form
einer Direktzusage - aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses eine Versorgungszusage
gegeben (vgl. insoweit BSG Urteil vom 26.03.1996, 12 RK 21/95, SozR 3-2500 § 229 Nr
13 unter Hinweis auf § 1 BetrAVG und die Rechtsprechung des BAG (BAG Urteil vom
30.10. 1980 AP Nr 3 zu § 1 BetrAVG -Unverfallbarkeit). Die Abfindung ist daher nach
Auffassung des Senats grundsätzlich als Rente der betrieblichen Altersversorgung
anzusehen. Daher kann die Frage, ob Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen sind, nicht
allein mit Blick auf die Rechtsprechung zu sog. Entlassungsabfindungen beantwortet
werden. Letztere sind vor Allem deshalb nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, weil sie
im Hinblick auf die Arbeitspflicht des Beschäftigten nicht gegenwärtig und unmittelbar
bewirkt werden (BSG Urteil vom 29.08.1984, 11 RK 5/83 SozR 5420 § 2 Nr 31) und
lediglich künftig entfallende Verdienstmöglichkeiten entschädigen sollen (BSG Urteil
vom 21.02.1990, 12 RK 20/88, SozR 3-2400 § 14 Nr 2). Ob - was hier allein streitig ist -
für die Aufwendungen der betrieblichen Altersversorgung Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs
1 SGB IV aF zugewendet wurde und dies damit der Beitragserhebung in der Kranken-,
Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu Grunde zu legen ist, richtet sich
demgegenüber ausschließlich danach, welchen Durchführungsweg der Arbeitgeber für
die von ihm erteilte Versorgungszusage gewählt und wer bei wirtschaftlicher
Betrachtungsweise die Mittel für die betriebliche Altersverssorgung aufgebracht hat (vgl.
BSG Urteil vom 25.08.2004, B 12 KR 20/03 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 3). Anders als
gewöhnlich hat der Arbeitgeber (die Klägerin) vorliegend die Aufwendungen für die
betriebliche Altersversorgung (den Zeitraum von 01.09.1965 bis zum 02.01.1983
betreffend) nicht sukzessiv während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses
erbracht. Vielmehr erfolgten die Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung der
Beigeladenen zu 1) einmalig und zeitgleich mit ihrer Erfüllung am 15.01.1997. Dies
steht der Annahme einer Versorgungszusage iS des § 1 Abs.1 BetrAVG keinesfalls
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entgegen, sondern macht besonders deutlich, dass - vor dem Hintergrund des bereits
beendeten Arbeitsverhältnisses - für die Altersvorsorgeleistung kein Entgelt der
Beigeladenen zu 1) aufgebracht wurde, sondern die Mittel allein vom Arbeitgeber
getragen wurden. Aufwendungen zur Altersvorsorge, die nicht arbeitnehmerfinanziert
sind, gehören nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt. Dies ergibt sich nunmehr
auch aus der seit dem 01.01.2002 geltenden Neuregelung des § 14 Abs.1 Satz 2 SGB
IV. Arbeitsentgelt sind danach auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1
Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung für
betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder
Unterstützungskasse verwendet werden. Damit sollte u.a. verhindert werden, dass ein
Teil des Arbeitsentgelts zur Finanzierung der betrieblichen Altersvorsorge genutzt wird
und so der Sozialversicherungspflicht mit der Folge entzogen wird, dass das
Beitragseinkommen der Sozialversicherung weiter geschmälert wird. Dieser Regelung
hätte es nicht bedurft, wenn unabhängig von ihrer Form grundsätzlich alle
Aufwendungen der Altersvorsorge als Arbeitsentgelt iS. des § 14 Abs. 1 SGB IV (in der
Fassung des Artikels 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch vom 23.12.1976 (BGBl. I, 3845))
anzusehen gewesen wären. Die Vorsorgeleistung - die gezahlte Abfindung - ist in der
Vergangenheit nicht unter (teilweisem) Verzicht auf erzieltes Arbeitsentgelt der
Beigeladenen zu 1) finanziert worden und daher auch kein Arbeitsentgelt iS des § 14
Abs.1 SGB IV aF ... Insoweit fehlt es der Leistung der Klägerin bereits an dem
erforderlich inhaltlichen Zusammenhang mit der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1).
(vgl. dazu Klattenhoff in Hauck/Noftz Sozialgesetzbuch - SGB IV, § 14 SGB IV Rdn. 27).
Mit der in Form einer Direktzusage gewährten Altersvorsorge honoriert die Klägerin
offensichtlich die Dauer der Betriebszugehörigkeit und gewährt der Beigeladenen zu 1)
damit - über den seiner Zeit hinaus erhaltenen Lohn - kein (weiteres) Äquivalent für ihre
Arbeitsleistung. Die im Januar 1997 an die Beigeladene zu 1) erfolgte Zahlung einer
Abfindung ist als Rente der betrieblichen Altersversorgung eine Versorgungsleistung
und daher grundsätzlich kein Arbeitsentgelt (vgl. BSG Urt. vom 21.02.1990, 12 RK
20/88, SozR 3-2400 § 14 Nr 2). Vor diesem Hintergrund erweist sich die Auffassung der
Beklagten, sämtliche Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis seien
beitragspflichtiges Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs. 1 SGB IV, als nicht zutreffend.
Dementsprechend bleibt für die Anwendung des § 23a SGB IV, entgegen der Ansicht
der Beklagten, kein Raum, da diese Vorschrift ebenfalls primär die Zahlung von
"Arbeitsentgelt" voraussetzt.
b) Etwas anders ergibt sich auch nicht aus § 229 Abs.1 Satz 1 Nr. 5 SGB V (in der
Fassung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung (BGBl. I 1994, 1890), in
Kraft getreten am 01.01.1995, zuletzt geändert durch Gesetz zur Modernisierung der
gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl. I 2003, 2190, mit Wirkung ab
01.01.2004(). Danach rechnen Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich
der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst als Versorgungsbezüge zu den
beitragspflichtigen Einnahmen. In Ergänzung dazu sieht § 229 Abs.1 Satz 3 SGB V vor,
dass dann, wenn an die Stelle dieser Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig
wiederkehrende Leistung tritt, ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher
Zahlbetrag der Versorgungsbezüge gilt. Unzweifelhaft bestand nach der Satzung der
KZVK während der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin (vom 01.09.1965 bis zum
02.01.1983) kein Anspruch auf Meldung zur Zusatzversorgung. Dementsprechend bzw.
aufgrund nicht erfolgter Nachversicherung hatte die KZVK nach Eintritt des
Versicherungsfalles (gem. § 30 Abs.1 der Satzung der KZVK mit Beginn der Altersrente)
- für die Zeitraum der Teilzeitbeschäftigung - keine Zusatzversorgung i. S. des § 229
Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V an die Beigeladene zu 1) zu leisten. Die Beklagte übersieht
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insoweit, dass die Beigeladene zu 1) nach der Rechtsprechung des BAG (a.a.O.) keinen
Anspruch auf Nachversicherung in der KZVK hatte. Denn das BAG hat den Arbeitgeber
lediglich verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine "gleichwertige" Versorgung zu kommen zu
lassen. Entscheidet sich die Klägerin (im Einvernehmen mit der betroffenen
Arbeitnehmerin) daher für die Zahlung einer Abfindung, so kann sie nicht mit Erfolg
darauf verwiesen werden, sie müsse sich nunmehr so behandeln lassen, als wenn
Beiträge zur KZVK gezahlt worden wären. Dies gilt vor Allem auch deshalb, weil sich im
vorliegenden Fall die Höhe der Abfindung als "gleichwertige" Versorgung erweist. Denn
sie errechnet sich unter entsprechender Anwendung des § 50 der Satzung der KZVK
und steht damit im Verhältnis zu der an sich monatlich zu zahlenden
Versicherungsrente. Der Umstand, dass die Klägerin die Leistungen allein aufgebracht
hat spricht nicht gegen eine "gleichwertige" Versorgung, weil sie auch die
Umlagebeiträge zur KZVK hätte ausschließlich allein tragen müssen (worauf die
Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung hingewiesen hat). Die Abfindung ist
daher allein - wie bereits oben ausgeführt - als eine Rente der betrieblichen
Altersversorgung zu qualifizieren und dementsprechend beitragsrechtlich zu bewerten.
Entscheidend ist weiter, dass sie nicht iS. des § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V an die Stelle
der Versorgungsbezüge getreten ist. Davon kann regelmäßig nur dann ausgegangen
werden, wenn eine aufgrund des Versicherungsfalles bereits geschuldete Rente durch
die Kapitalleistung ersetzt wird (BSG Urteile vom 25.08.2004, B 12 KR 20/03 R, SozR 4-
2500 § 229 Nr 3; 30.03.1995, 12 RK 10/94, SozR 3-2500 § 229 Nr 10). Geschuldet wird
die Rente erst, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist. Vorliegend muss die
Beigeladene zu 1) sich darauf verweisen lassen, dass sie hinsichtlich der Fälligkeit
ihres arbeitsrechtlichen Erfüllungsanspruchs auf Verschaffung der üblichen
Zusatzversorgung (vgl. dazu BAG a.a.O.) nicht besser gestellt werden darf, als
diejenigen Arbeitnehmer der Klägerin, die ordnungsgemäß zur Zusatzversorgung
angemeldet worden sind. Letzteren steht gem. § 30 Abs 1 der Satzung der KZVK
frühestens mit Beginn der dort näher bezeichneten Rentenarten die
Zusatzversorgungsrente zu. Dem folgend hätte die Klägerin - ungeachtet der unter Ziffer
3. der Vereinbarung vom 27.03.1996 vereinbarten Fälligkeit für die Abfindung zum
15.01.1997 - jedenfalls erst zum 01.04.1996 (Beginn der Altersrente für Frauen mit der
Vollendung des 60. Lebensjahres) einen Anspruch auf die betriebliche Altersversorgung
gehabt. Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) haben damit die Vereinbarung über die
Abfindung (Kapitalleistung) zu einem Zeitpunkt geschlossen, zu dem die Rente noch
nicht geschuldet wurde. Die Beitragsfreiheit der Abfindung in diesen Fällen liegt u.a.
darin begründet, dass sie, selbst wenn es eine Leistung der betrieblichen
Altersversorgung ist, nicht dazu bestimmt sind, den Lebensunterhalt der Beigeladenen
zu 1) dauerhaft zu sichern (vgl. dazu BSG Urteil vom 30.03.1995, 12 RK 10/94, SozR 3-
2500 § 229 Nr 10). Dies kommt nach Auffassung des Senats zudem in der
vergleichsweise geringen Höhe der Abfindung zum Ausdruck. Demgegenüber ist die
Beitragspflicht der Versorgungsbezüge ersetzenden Kapitalleistungen iS des § 229 Abs
1 Satz 3 SGB V deshalb gerechtfertigt, weil bereits allein die Tatsache der Abfindung
einer schon geschuldeten Rente, die Annahme rechtfertigt, dass die Kapitalleistung nur
vereinbart wird, um der Beitragspflicht aus laufenden Bezügen zu entgehen (BSG
a.a.O.). In diese Richtung gehende Anhaltspunkte sind vorliegend - unabhängig davon,
dass die Vereinbarung bereits vor dem Zeitpunkt geschlossen wurde, zu dem die Rente
geschuldet wurde - nicht zu erkennen. Die Klägerin war vielmehr, wie der gesamte
Schriftwechsel dokumentiert, in erster Linie bemüht, die von der Rechtsprechung des
BAG gemachten Vorgaben umzusetzen und ihren teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern
auch für die Vergangenheit einen weiteren Altersversorgungsanspruch zu verschaffen.
Ob der Gesetzgeber mit der Regelung des § 229 SGB V nicht nur die
Beitragsberechtigung einmal gezahlter Versorgungsbezüge, sondern auch
abschließend geregelt hat, in welchen Fällen Kapitalleistungen als beitragspflichtige
Versorgungsbezüge gelten und ob in den betroffenen Versicherungszweigen die
Beitragspflicht von Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV aF regelnden
Vorschriften für die beitragsrechtliche Beurteilung der der Beigeladenen zu 1) von der
Klägerin gezahlten Leistung nicht heranzuziehen sind (so BSG Urteil vom 30.03.1995,
12 RK 10/94, SozR 3-2500 § 229 Nr 10), kann vor dem Hintergrund, dass vorliegend die
Voraussetzungen des § 14 Abs.1 aF SGB IV ebenfalls nicht erfüllt sind, dahingestellt
bleiben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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Die Revision ist zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 160
Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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