Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 18.09.2007

LSG NRW: aufschiebende wirkung, altersgrenze, europäisches recht, verbot der diskriminierung, versorgung, berufliche tätigkeit, eugh, beendigung, anfechtungsklage, generalanwalt

Landessozialgericht NRW, L 11 B 17/07 KA ER
Datum:
18.09.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 11 B 17/07 KA ER
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 16 KA 77/07 ER
Sachgebiet:
Vertragsarztangelegenheiten
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Dortmund vom 06.06.2007 i.V.m. dem Beschluss
13.06.2007 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die
Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe:
1
I.
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Die Beteiligten streiten über eine weitere Zulassung der Antragstellerin (Ast) als
Vertragszahnärztin nach Vollendung ihres 68. Lebensjahres.
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Die am 00.00.1939 geborene Antragstellerin ist zur vertragszahnärztlichen Versorgung
seit dem 01.04.1974 in I niedergelassen.
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Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.04.2007 wurde festgestellt, dass
ihre Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung gemäß §§ 95 Abs. 7 Satz 3 SGB
V i.V.m. § 28 Zahnärzte-Zulassungsverordnung wegen der Vollendung des 68.
Lebensjahres mit Ablauf des 30.06.2007 ende. Mit ihrem hiergegen gerichteten
Widerspruch machte die Ast geltend, die Altersgrenze verstoße gegen europarechtliche
Vorgaben und das AGG, so dass sie aus diesem Grunde keine Anwendung finden
könne. Ferner verwies sie auf eine Mitteilung des Bundessozialgerichts (BSG) in dem
dort anhängigen Revisionsverfahren B 6 KA 41/06 R ("Verstößt die
Altersgrenzenregelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V i.d.F. des GMG vom 14.11.2003
gegen die Berufsfreiheit und wegen Altersdiskriminierung gegen Gemeinschaftsrecht?"),
in der auf eine beim EuGH anhängige Rechtssache verwiesen werde, deren rechtliche
Problematik u.U. auch "erhebliche Bedeutung für das Revisionsverfahren haben
könne". Am 07.05.2007 beantragte sie die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit
dem Ziel der weiteren Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung für
zumindest einen Zeitraum von 2 Jahren möglichst bis zur Entscheidung in der
Hauptsache. Zwischenzeitlich hat der Berufungsausschuss den Widerspruch mit
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Widerspruchsbescheid vom 30.05.2007 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Ast Klage
erhoben, die beim SG Dortmund unter dem Az. S 16 KA 117/07 anhängig ist.
Mit Beschlüssen vom 06.06.2007 und 13.06.2007 (Ergänzungsbeschluss wegen
fehlender Rechtsmittelbelehrung) hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Ein
Anordnungsanspruch, der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erforderlich
sei, liege nicht vor. Nach § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V i.d.F. GmG vom 14.11.2003 (BGBl. I
S. 2190), der nach § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch für Vertragszahnärzte gelte, ende ab
dem 01. Januar 1999 die Zulassung eines Vertragsarztes zur vertragsärztlichen
Versorgung am Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein 68.
Lebensjahr vollende. Damit ende die Zulassung der Antragstellerin kraft Gesetzes mit
Ablauf des 30. Juni 2007. Gründe für die Verlängerung der Zulassung lägen nicht vor.
Die Regelungen zur Beendigung der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
verstießen nicht gegen andere gesetzliche Regelungen (AGG oder das GG) und seien
somit auch nicht offensichtlich verfassungswidrig. Etwas anderes ergebe sich auch nicht
daraus, dass das BSG einer Entscheidung des EuGH "möglicherweise erhebliche
Bedeutung" beigemessen habe, da zur Zeit offen sei, ob diese Entscheidung überhaupt
zu einer für die Ast günstigeren Beurteilung führe.
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Hiergegen hat die Ast am 12.07.2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht
abgeholfen hat (Beschluss vom 18.07.2007). Sie rügt, die Entscheidung des
Sozialgerichts missachte europäisches Recht und verletze sie in ihrem Anspruch auf
Nichtdiskriminierung wegen Alters. Die Richtlinie der EG 2000/78/EG sei inzwischen in
nationales Recht umgesetzt worden. Auch nach dem Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz ((AGG) vom 14.08.2006, BGBl. I, 1897) sei eine
Diskriminierung wegen des Alters nur zulässig, wenn Rechtfertigungsgründe vorlägen.
Tragfähige Rechtfertigungsgründe ergäben sich nicht aus den bisher zur Altersgrenze
ergangenen Entscheidungen, so dass heute keine Entscheidung auf der Grundlage der
bisherigen Rechtsprechung getroffen werden könne. Das Sozialgericht habe die
Normenkonkurrenz zwischen dem AGG und dem SGB V bzw. der Richtlinie 2000/78/EG
und dem Sozialversicherungsrecht verkannt. Diskriminierende Bestimmungen dürften
nicht angewandt werden. Dabei wirke die Richtlinie über das AGG hinaus, wenn die
Richtlinie nicht ausreichend in deutsches Recht umgesetzt worden sei. Die Altersgrenze
für Vertrags(zahn)ärzte stehe in Konkurrenz zu dem vom EuGH postulierten Grundsatz
des Verbots der Altersdiskriminierung. Dabei habe der EuGH deutlich gemacht, dass
auch dann, wenn ein Eingriff auf innerstaatlicher Grundlage dadurch erfolgte, dass eine
Altersgrenze ohne Heranziehung weiterer Kriterien angewandt werde, ein Verstoß
gegen europäisches Recht vorliege. Die Ast hat zur Untermauerung ihrer Ansicht eine
gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr.F vorgelegt, der in dem Ausschluss von der
vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung ab Vollendung des 68. Lebensjahres eine von § 1
AGG im Einklang mit EG-Recht verbotene Altersdiskriminierung sieht. Angesichts der
offenen Rechtslage sei eine Entscheidung über den Antrag auf der Grundlage einer
Folgenabwägung zu treffen. Die Versorgung der Patienten sei durch seine weitere
Zulassung nicht gefährdet. Auf der anderen Seite verliere sie ihre Patienten, wenn sie
aus der vertragszahnärztlichen Versorgung ausscheiden müsse. Wenn sie im
Hauptsacheverfahren obsiege, sei sie auf Schadenersatzansprüche angewiesen, wenn
sie schon jetzt ihre berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben dürfe.
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Im Übrigen habe das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) in einem
Beschluss vom 29.06.2007 (L 11 B 13/07 KA ER) nicht hinreichend gewürdigt, dass der
Ast. ein immenser Schaden entstehe, wenn sie ihre berufliche Tätigkeit nicht mehr
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ausüben könne und damit auch in ihrer persönlichen Würde verletzt werde, da sie mit
ihrer beruflichen Tätigkeit ihr Leben wesentlich gestalte und dies bestimmend und
maßgeblich sei für die Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Selbst im Hinblick auf die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.08.2007 (Az.: 1 BvR 1941/07)
komme deshalb eine Rücknahme der Beschwerde nicht in Betracht. Das
Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass europarechtliche Fragen von der
jeweiligen Fachgerichtsbarkeit zu beantworten seien. Die gebotene
Interessenabwägung, die zu Gunsten der Ast ausfallen müsse, habe sich das
Bundesverfassungsgericht erspart, als es auf seine Entscheidung vom 31.03.1998
verwiesen und daran festgehalten habe, dass von älteren Ärzten Gesundheitsgefahren
ausgehen könnten und in dieser diskriminierenden Überlegung weiter den legitimen
Grund für die Altersgrenzenregelung in verfassungsrechtlicher Hinsicht gesehen hat.
Damit werde deutlich, dass das Bundesverfassungsgericht einen niedrigeren Maßstab
anlege als der EuGH, der für die Einschränkung von Grundfreiheiten zwingende
Allgemeininteressen erfordere.
Die Ast ist der Auffassung, zur Durchsetzung ihrer Interessen sei vorrangig die
aufschiebende Wirkung ihrer beim Sozialgericht Dortmund anhängig gemachten
Anfechtungsklage gegen den Beschluss des Beklagten vom 30.05.2007 anzuordnen.
Nach § 86 a) Abs. 1 Satz 1 SGG hätten Widerspruch und Anfechtungsklage
aufschiebende Wirkung, dies gelte nach Satz 2 der Vorschrift u. a. auch bei
feststellenden Verwaltungsakten. Der Gesetzgeber differenziere dabei nicht zwischen
deklaratorischen und konstitutiven Verwaltungsakten, so dass es aus diesem Grunde
einer gesetzlichen Regelung bedürfe, um die aufschiebende Wirkung der
Feststellungsklage entfallen zu lassen. Dies ergebe sich aus § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG.
An einer solchen gesetzlichen Regelung mangele es jedoch, denn § 95 Abs. 7 SGB V
verhalte sich hierzu nicht. Die Auffassung der Ast werde gestützt durch den Beschluss
des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28.03.2007 (Az.: L 12 B 835/06 KA ER).
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Die Ast beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der beim Sozialgericht Dortmund unter dem Aktenzeichen S
16 KA 107/07 gegen den Beschluss des Beklagten vom 30.05.2007 anhängigen
Anfechtungsklage festzustellen,
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hilfsweise,
12
den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 16.06.2007 bzw. 13.06.2007
abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten, sie über den 30.06.2007 hinaus an
der vertragszahnärztlichen Versorgung zumindest für die Dauer von 2 Jahren weiter
teilnehmen zu lassen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
15
Die in § 86 a Abs. 1 Satz 2 SGG angeordnete aufschiebende Wirkung der
Anfechtungsklage gegen feststellende Verwaltungsakte berühre nicht den materiell-
rechtlichen Eintritt der Beendigung der Zulassung kraft Gesetzes, die sich aus § 95 Abs.
7 SGB V ergebe. Dies habe der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom
20.06.2007 (Az.: L 11 B 12/07 KA ER) festgestellt. Im Übrigen sei der angefochtene
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Beschluss des Sozialgerichts Dortmund materiell rechtmäßig. Das
Bundesverfassungsgericht habe die Altersgrenzenregelung mit der Verfassung für
vereinbar gehalten. Das Verbot der Diskriminierung wegen Alters als allgemeiner
Grundsatz des Gemeinschaftsrechts erlaube unterschiedliche Behandlungen aus
sachlichen Gründen, dies ergebe sich aus Art. 6 der Richtlinie 2000/78 vom 27.11.2000.
Regelungen zur Stabilisierung des Gesundheitssystems und zur
Verteilungsgerechtigkeit zwischen jüngeren und älteren Ärzten seien solche sachlichen
Gründe. Im Übrigen sei Art. 14 GG nicht berührt, da dieses Grundrecht nur das Eigentum
als solches, nicht hingegen auch die Möglichkeit, Einnahmen und Gewinne erzielen zu
können, schütze.
II.
17
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht
abgelehnt, den Ag zur weiteren Zulassung der Ast an der vertragszahnärztlichen
Versorgung zu verpflichten.
18
A.
19
Die Ast ist nicht wegen der aufschiebenden Wirkung ihrer beim Sozialgericht Dortmund
anhängig gemachten Klage gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom
30.05.2007 zur weiteren Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung befugt.
Insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Bayerischen Landessozialgerichts
(LSG) in seinem Beschluss vom 28.03.2007 (L 12 B 835/06 KA ER) nicht. Der Senat hat
bereits in seinem Beschluss vom 20.06.2007 (L 11 B 12/07 KA ER) ausgeführt, dass
zwar nach § 86a Abs. 1 Satz 2 SGG der Widerspruch gegen einen feststellenden
Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung hat mit der Folge, dass von dem angefochtenen
Bescheid kein Gebrauch mehr gemacht werden kann. Dies bedeutet aber nur, dass sich
keiner der an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung Beteiligten auf die Wirkung des
Bescheides berufen kann. Von dieser prozessualen Folge wird aber die
materiellrechtliche Rechtslage nicht erfasst. Nach § 95 Abs. 7 SGB V endet die
Zulassung kraft Gesetzes nach Vollendung des 68. Lebensjahres zum Quartalsende.
Somit muss die Ast nach Maßgabe dieser Rechtslage behandelt werden, so dass sie
nach diesem Zeitpunkt nicht mehr an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmen
darf. Zutreffend hat der 10. Senat des LSG NRW in seinem Beschluss vom 17.05.2005
(L 10 B 10/04 KA ER) darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch gegen einen
feststellenden Verwaltungsakt des Zulassungsausschusses nicht die gesetzlich
festgelegte Rechtsposition des Arztes verbessern könne. Die Ast kann nicht durch ihren
Widerspruch gegen einen "eigentlich überflüssigen" Bescheid eine Rechtsposition
erlangen, die sie kraft Gesetzes verloren hat. Dies wird in dem Beschluss des
Bayerischen LSG vom 28.03.2007 (L 12 B 835/06 KA ER) verkannt. Das Bayerische
LSG übersieht, dass § 95 Abs. 7 SGB V keines Vollzugs bedarf und die Feststellung der
Zulassungsgremien nur den Zweck hat, Rechtssicherheit zu schaffen und für alle
Beteiligten Klarheit zu schaffen, ob der Arzt noch berechtigt ist, vertrags(zahn)ärztlich
tätig zu werden (vgl. BSG SozR 4-2500 § 95 Nr. 2). Durch den Eintritt der
aufschiebenden Wirkung wird lediglich dieser Zweck verfehlt, weil sich niemand auf den
Bescheid berufen kann. Es bleibt aber bei dem Erlöschen der Zulassung kraft Gesetzes.
Die Überlegungen des Bayerischen LSG, es sei zwischen dem materiellrechtlichen
Zustand und dem verfahrensrechtlichen Problem, ob die materiellrechtliche Änderung
bereits vollzogen werden dürfe, zu unterscheiden, gehen vor diesem Hintergrund ins
Leere, weil mit der angefochten Entscheidung gerade nicht ein "Vollzug" der
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Beendigung der vertrags(zahn)ärztlichen Zulassung geregelt wird. Die Auffassung des
Bayerischen LSG hätte auch zur Folge, dass der Widerspruch gegen eine
deklaratorische Entscheidung dem Arzt das Recht gäbe, bis zur Bestandskraft der
Entscheidung noch an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung teilzunehmen, während
er bei Untätigkeit der Zulassungsgremien eindeutig seine vertrags(zahn)ärztliche
Tätigkeit einstellen müsste. Ein solches Ergebnis kann nicht richtig sein, so dass der
Ansicht des Bayerischen LSG nicht gefolgt werden kann.
Die mit dem Hilfsantrag begehrte Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich
somit nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG.
21
Nach dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines
vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine
solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich
ist, dass die Ast glaubhaft machen kann, dass ihrer aus einem Rechtsverhältnis ein
Recht gegenüber dem Ag zusteht (Anordnungsanspruch), für das wesentliche Gefahren
drohen (Anordnungsgrund). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich oder mit
hoher Wahrscheinlichkeit unbegründet, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht
vorhanden; der Antrag auf einstweilige Anordnung ist dann abzulehnen (Keller in
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86 b Randnr. 29). Nur bei offenem
Ausgang ist eine Entscheidung auf Grund einer Interessenabwägung zu treffen; in
diesem Fall ist eine einstweilige Anordnung zu erlassen, wenn der Ast unter
Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten nicht zuzumuten ist, die
Hauptsacheentscheidung abzuwarten.
22
B. Nach diesen Maßstäben kommt der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung
nicht in Betracht, denn die Klage in der Hauptsache wird mit hoher Wahrscheinlichkeit
keinen Erfolg haben, da die Ast nicht beanspruchen kann, über den 01.07.2007 hinaus
an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilzunehmen.
23
1.
24
Gemäß § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V endet die Zulassung eines Vertrags(zahn)arztes mit
Ende des Quartals, in dem er das 68. Lebensjahr vollendet hat. Dass die am 25.04.1939
geborene Ast unter diese Bestimmung fällt und ihre Zulassung demgemäß mit Ablauf
des 30.06.2007 geendet hat, bestreitet sie nicht.
25
2.
26
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Festlegung einer Altersgrenze
Verfassungs- oder europäisches Recht verletzt und aus diesem Grund auf Grund einer
Folgenabwägung die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen wäre.
27
a)
28
In seinem Beschluss vom 20.06.2007 (a.a.O.) hat der Senat ausgeführt: " Die mit dem
Gesundheitsstrukturgesetz im Jahr 1993 eingeführte Altersgrenze ist in der Folgezeit
sowohl vom BVerfG (Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats vom 31.03.1998, SozR 3-
2500 § 95 Nr. 17) als auch vom BSG (Urteil vom 25.11.1998, SozR 3-2500 § 95 Nr. 18)
als mit Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar beurteilt worden.
Das BVerfG hat im Beschluss vom 04.10.2001 - 1 BvR 1435/01 juris an seiner
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Entscheidung festgehalten. Das BSG hat im Hinblick auf diese Rechtsprechung trotz
einiger kritischer Stimmen in der Literatur eine erneute Klärungsbedürftigkeit der Frage
der Vereinbarkeit der Altersgrenze mit dem Grundgesetz verneint (vgl. BSG, Beschluss
vom 27.04.2004 - B 6 KA 106/03 B; 27.04.2005 - B 6 KA 38/04 B juris). Gegen die
genannten Beschlüsse des BSG ist die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung
angenommen worden, so dass offenkundig auch das BVerfG keinen Anlass zur einer
Revision seiner früheren Entscheidung gesehen hat. Im Gegenteil hat die 2. Kammer
des 1. Senats des BVerfG in einem Nichtannahmebeschluss vom 26.01.2007 (2 BvR
2408/06) eine Altersgrenze für Verkehrspiloten von 65 Jahren gebilligt und dabei u. a.
unter Hinweis auf die Entscheidungen zum Vertrags(zahn)arztrecht ausgeführt, dass
gesetzliche Altersgrenzen zum Schutz von Gemeinwohlinteressen mit Art. 12 GG
vereinbar seien, soweit sie erforderlich und verhältnismäßig seien. Auch in der jüngeren
obergerichtlichen Rechtsprechung der Sozialgerichte ist die Altersgrenze unverändert
als verfassungsgemäß beurteilt worden (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom
31.01.2006 - L 4 KA 3/04; LSG Hessen, Urteil vom 15.03.2006 - L 4 KA 32/05; LSG
Bayern, Urteil vom 19.07.2006 - L 12 KA 9/06; zuletzt LSG-Schleswig-Holstein,
Beschluss vom 25.05.2007 - L 4 B 406/07 KA ER).
Der Senat hält ungeachtet der neueren Rechtsentwicklung die genannten
Entscheidungen nicht für überholt.
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Das BVerfG hat bei seiner Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass wie alle
Altersgrenzen, die die Berufsausübung beschränken, die Regelung dazu diene,
Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Berufstätigen ausgehen,
einzudämmen. Dabei hat das BVerfG gemeint, es entspreche der allgemeinen
Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mit
zunehmenden Alter größer werde. Ob für den Gesetzgeber dieser Aspekt des
Gesundheitsschutzes für die Einführung der Altersgrenze maßgeblich war (verneinend
etwa Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung - SGB V, § 95 Randnr. 45),
hat das BVerfG für unerheblich erachtet. Von daher ist es irrelevant, ob sich aus der
Einfügung der Sätze 8 und 9 in § 95 Abs. 7 SGB V durch das
Vertragsarztrechtsänderungsgesetz ((VÄndG) vom 22.12.2006, BGBl. I, 3429) ergeben
soll, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V nicht auf den
Gesundheitsschutz abstellt und daher unter diesem Aspekt die Altersgrenze nicht
gerechtfertigt werden könne (so aber Arnold MedR 2007, 143, 146). Unabhängig davon
kann auch aus einer Ausnahme von der allgemeinen Altersgrenze nicht geschlossen
werden, der Gesetzgeber sehe offenkundig doch keine Gefährdung für den
Gesundheitsschutz durch eine Tätigkeit älterer Ärzte. Da den Patienten auch durch die
mit einer Unterversorgung verbundenen Wartezeiten gesundheitliche Gefahren drohen,
hat der Gesetzgeber diese beiden Risiken gegeneinander abzuwägen. Insoweit mag
der Gesetzgeber zur Sicherstellung der Versorgung der Versicherten in unterversorgten
Gebieten es hinnehmen, dass die erforderliche Versorgung auch von älteren Ärzten
übernommen wird und für diese Einzelfälle es den Zulassungsgremien überlassen
werden kann, ggfs. bei Bekanntwerden von altersbedingten Einschränkungen die
Zulassung unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Eignung (§ 27 i. V. m. § 21 ZV-
Ärzte/ZV-Zahnärzte) zu entziehen und so Gesundheitsgefahren abzuwehren. Wenn er
insoweit für Ausnahmefälle dem Sicherstellungsgedanken den Vorrang einräumt,
bedeutet dies nicht, dass damit auch die auf eine typische Gestaltung gestützte
allgemeine Regelung obsolet würde (so auch LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom
25.05.2007 a.a.O.)."
31
Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 07.08.2007 (1 BvR 1941/07) die
Entscheidung des Senats vom 20.06.2007 bestätigt und an seiner Auffassung
festgehalten, dass unverändert die Altersgrenze unter dem Gesichtspunkt des
Gesundheitsschutzes verfassungsrechtlich unbedenklich ist.
32
Ferner ist zu berücksichtigen, dass das BSG die Altersgrenze (auch) unter dem
Gesichtspunkt einer gerechten Lastenverteilung zwischen den bereits zugelassenen
Ärzten und der jungen, an einer Zulassung interessierten Ärztegeneration gebilligt hat ,
damit die vom Gesetzgeber zur Finanzierbarkeit der GKV für erforderlich gehaltene
Beschränkung der Zahl der Vertrags(zahn)ärzte nicht nur zu Lasten der jüngeren Ärzte
verwirklicht werde. Wenn in diesem Zusammenhang eingewandt wird, die
Höchstaltersgrenze sei als arbeitsmarktpolitisches Instrument zur Verteilung der
Vertragsarztsitze ungeeignet, weil bundesweit für jede Facharztgruppe offene
Planungsbereiche vorhanden seien (so Boecken NZS 2005, 393, 397; ihm folgend
Eichenhofer in der vom Ast vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme, S. 10), ist dem
entgegenzuhalten, dass es fragwürdig erscheint, junge Ärzte auf
Zulassungsmöglichkeiten in unattraktiven Bereichen zu verweisen, um den bereits
etablierten Ärzten in den für eine Niederlassung als besonders attraktiv angesehenen
Gebieten, für die regelmäßig Zulassungsbeschränkungen bestehen, diese Vorteile zu
erhalten. Allein die Streichung des § 102 SGB V durch das VÄndG zum 01.01.2007
ändert nichts an der Tragfähigkeit der Begründung des BSG, da die Streichung der -
ohnehin nie umgesetzten - Bedarfszulassung nicht die weiterhin nach § 103 SGB V
anzuordnenden Zulassungsbeschränkungen berührt.
33
Diese Zulassungsbeschränkungen gelten allerdings seit dem 01.07.2007 nicht mehr für
den Bereich des Vertragszahnarztrechts. Durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
((GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl. I, 378) sind in § 101 SGB V ein Abs. 6, in § 103
SGB V ein Abs. 8 und in § 104 SGB V ein Abs. 3 eingefügt worden, wonach die Regeln
über die Zulassungsbeschränkungen für Zahnärzte nicht gelten. Begründet hat der
Gesetzgeber die Aufhebung der Zulassungsbeschränkung damit, dass für den Bereich
der vertragszahnärztlichen Versorgung auf die Steuerung durch zwingende
Zulassungsbeschränkungen verzichtet werden könne, weil in diesem Bereich sich zum
Einen das Problem der Überversorgung nicht so stelle, zum Anderen auch die Gefahr
von angebotsinduzierter Versorgung nicht so gegeben sei (BT-Drucksache 16/3100, S.
135).
34
Die Altersgrenze von 68 Jahren kann somit im zahnärztlichen Bereich nicht mehr im
Zusammenhang mit der Beschränkung des Zugangs zum System der GKV als
flankierende Maßnahme zur Entlastung jüngerer Ärzte gesehen werden. Allerdings hat
der Gesetzgeber ungeachtet der genannten Gesetzesänderungen, in deren
Zusammenhang auch noch der Wegfall der Altersgrenze von 55 Jahren für die
Zulassung (§ 98 Abs. 2 Nr. 12 SGB V, § 25 ZV-Ärzte/Zahnärzte, jeweils in der bis zum
31.12.2006 geltenden Fassung, gestrichen zum 01.01.2007 durch das VÄndG) zu
nennen ist, an der Altersgrenze für die Beendigung der Vertrags(zahn)arzttätigkeit
festgehalten. Zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass dieser aktuelle
gesetzgeberische Wille zu beachten ist. Trotz des Wegfalls der
Zulassungsbeschränkung im zahnärztlichen Bereich lässt sich die Altersgrenze auch
weiterhin als Mittel arbeitsmarktpolitischer Verteilungsgerechtigkeit zwischen jüngeren
und älteren Ärzten rechtfertigen. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Zahnärzte
mit der Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung an einem von Anderen
finanzierten System partizipieren. Dieses bietet ihnen insoweit Vorteile, als es ihnen
35
Honoraransprüche in dem für die Aufrechterhaltung der Existenz notwendigen Umfang
als angemessene Vergütung garantiert. Von daher scheint es gerechtfertigt, wenn der
Gesetzgeber dieser Teilnahme am System ein zeitliches Ende setzt und damit die
Chancen der jüngeren Ärzte, ihrerseits ihr Einkommen in diesem Versorgungssystem zu
finden, verbessert. Dies gilt vor allem für die für eine Niederlassung als attraktiv
angesehenen Gebiete, wo zudem zu erwarten sein dürfte, dass hier Ärzte über das 68.
Lebensjahr hinaus an der Teilnahme interessiert sind. In diesen Bereichen würden sich
die wirtschaftlichen Bedingungen der "Newcomer" bei einer hohen Versorgungsdichte
verschlechtern. Bereits oben ist darauf hingewiesen worden, dass es demgegenüber
nicht überzeugt, mit dem Argument, die jüngeren Ärzte könnten sich in - unattraktiven -
anderen Bereichen niederlassen, die Erforderlichkeit der Altersgrenze zu verneinen.
Vielmehr erscheint die Altersgrenze als verteilungspolitisches Instrument zur Erhaltung
der Berufschancen der nachrückenden Generationen gerechtfertigt. Insoweit dürfte es
auch nicht unverhältnismäßig sein, wenn der Gesetzgeber Ärzte, die schon
jahrzehntelang von den Vorteilen des Versorgungssystems profitiert haben, zu Gunsten
der Berufschancen der erst ins System gelangenden Ärzte ab einer - im Vergleich zur
noch geltenden Lebensarbeitszeitgrenze von 65 Jahren (vgl. § 35 6. Buch
Sozialgesetzbuch) weit bemessenen - Altersgrenze von 68 Jahren von der weiteren
Teilnahme an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung ausschließt.
b)
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Entgegen der Ansicht der Ast kann die Unanwendbarkeit der Bestimmung des § 95 Abs.
7 Satz 3 SGB V auch nicht aus einem Verstoß gegen das Verbot der
Altersdiskriminierung hergeleitet werden.
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Mit dem AGG hat der Gesetzgeber (u. a.) die EG-Richtlinie 2000/78/EG umgesetzt.
Unmittelbar aus dem AGG ergeben sich aber keine Rechtsfolgen bei unzulässigen
Diskriminierungen in dem hier berührten Bereich. Das Benachteiligungsverbot des §
33c 1. Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) gilt nur für soziale Rechte und betrifft auch nicht
das Diskriminierungsmerkmal Alter. § 19a 4. Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) betrifft
die Inanspruchnahme von Leistungen. Die §§ 15 und 21 AGG, die bei einer
unzulässigen Diskriminierung Schadensersatzansprüche bzw. Unterlassungs- und
Beseitigungsansprüche einräumen, gelten unmittelbar nur für das Arbeits- bzw.
Zivilrecht. Im Übrigen wäre der Ast mit solchen Ansprüchen hier auch nicht gedient. Das
AGG trifft auch keine Regelung, die die Unanwendbarkeit entgegenstehenden
"diskriminierenden" nationalen Rechts anordnet. Ein evtl. Normwiderspruch zwischen §
95 Abs. 7 Satz 3 SGB V und § 1 AGG bzw. § 7 Abs. 1 AGG (sofern dieser überhaupt
über § 6 Abs. 3 AGG anwendbar ist) lässt sich nach nationalem Recht nicht lösen.
Angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber auch nach Erlass des AGG trotz der o.
g. Gesetzesänderungen durch das VÄndG und das GKV-WSG an der Altersgrenze
festgehalten hat, kommt unter dem Gesichtspunkt der Zeitenfolge ein
Anwendungsvorrang des AGG gegenüber dem SGB V nicht in Betracht; ebenso wenig
kann das AGG gegenüber dem Vertragsarztrecht als speziellere Regelung angesehen
werden (Husmann ZESAR 2007, 58, 62). Aus dem AGG lässt sich somit die
Unanwendbarkeit des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V nicht ableiten.
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Es kann dahinstehen, ob die Richtlinie 2000/78/EG nach Ablauf der Umsetzungsfrist
unmittelbare Wirkung entfaltet (bejahend Husmann a.a.O. S. 62 f; allgemein zu den
Voraussetzungen der unmittelbaren Anwendung einer Richtlinie Nettesheim in
Grabitz/Hilf, Art. 249 EGV (Aug. 2002), Rn. 155 ff) und daher wegen des
39
Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V außer Acht
zu lassen ist oder ob sich aus dem Verbot der Diskriminierung wegen Alters als einem
allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts entsprechend der Ansicht des EuGH
in dem Urteil vom 22.11.2005 ("Mangold" - C 144/04, Slg. 2005, I-9981, Randziffer 75;
kritisch dazu der Generalanwalt Mazak in seinen Schlussanträgen vom 15.02.2007 in
der Rechtssache C - 411/05, Randziffer 97) die Unanwendbarkeit des § 97 Abs. 7 Satz
3 SGB V herleiten ließe. Es spricht nämlich nichts für die Verletzung europäischen
Rechts. Zum Einen erscheint schon zweifelhaft, ob der Richtlinie 2000/78/EG unter
Berücksichtigung des Erwägungsgrundes (14) überhaupt die Festsetzung einer
Altersgrenze für die Zwangsversetzung in den Ruhestand unterfällt (verneinend der
Generalanwalt Mazak, a. a. O., Randziffer 67) und ob dementsprechend dies auch für
die Festsetzung eines Endes der vertrags(zahn)ärztlichen Tätigkeit gelten würde. Zum
Anderen - und dies ist entscheidend - erlaubt auch Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie
2000/78/EG (ebenso wie § 10 Satz 1 AGG) unterschiedliche Behandlungen wegen des
Alters, wenn sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts
durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen
Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind,
gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und
erforderlich sind. Dabei ist dem nationalen Gesetzgeber ein weiter Ermessensspielraum
bei der Wahl der Maßnahmen zur Erreichen seiner Ziele im Bereich der Arbeits- und
Sozialpolitik einzuräumen (EuGH, "Mangold", a. a. O., Randziffer 63). Der
Generalanwalt Mazak (a. a. O., Randziffer 74) betont zu Recht, es könne nicht Sache
des Gerichtshofs sein, die Beurteilung des nationalen Gesetzgebers in derart
komplexen Fragestellungen durch eine eigene Beurteilung zu ersetzen. Eine solche
Zensur komme höchstens bei einer offensichtlich unverhältnismäßigen nationalen
Maßnahme in Betracht. Da unter dem o. g. Gesichtspunkt der Erhaltung der
Berufschancen der jungen Arztgeneration innerhalb des Systems der GKV die
Ungleichbehandlung wegen des Alters gerechtfertigt werden kann, ist diese
Entscheidung des Gesetzgebers für die Altersgrenze als nicht offensichtlich fehlerhaft
hinzunehmen.
Da das EG-Recht unterschiedliche Behandlungen aus sachlichen Gründen erlaubt,
erscheint es auch ausgeschlossen, dass eine Altersgrenze, die mit Art. 12 Abs. 1 GG
und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, gegen das EG-rechtliche Verbot der
Altersdiskriminierung verstoßen sollte. Wenn verfassungsrechtlich als gewichtige
Gründe des Allgemeinwohls anzusehende Ziele eine Einschränkung der Berufsfreiheit
(Art. 12 Abs. 1 GG) rechtfertigen (womit zugleich auch ein sachlicher Grund i.S.d. Art. 3
Abs. 1 GG für die vorgenommene Ungleichbehandlung gegeben ist, vgl. BVerfG SozR
3-2500 § 95 Nr. 17 unter Hinweis auf BVerfGE 78, 155, 164), müssen diese Ziele im
Licht des dem Gesetzgebers nach dem Gemeinschaftsrecht eingeräumten
Gestaltungsspielraums auch im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG eine
Ungleichbehandlung wegen Alters legitimieren können. Da, wie oben dargelegt,
durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Altersgrenze für
Vertrags(zahn)ärzte ungeachtet der Rechtsentwicklung nicht bestehen, kann auch kein
Verstoß gegen EG-Recht angenommen werden.
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Da somit gegen die Bestimmung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V keine durchgreifenden
Bedenken aus verfassungsrechtlicher oder EG-rechtlicher Sicht bestehen, kommt eine
weitere Teilnahme der Ast an der vertragszahnärztlichen Versorgung über den
30.06.2007 hinaus nicht in Betracht.
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Entgegen der Auffassung der Ast, vermag auch die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 07.08.2007 (a. a. O.) nicht zu einer abweichenden
rechtlichen Bewertung zu führen, vielmehr bestätigt sie die Richtigkeit der vom
erkennenden Senat getroffenen Entscheidung. Das Bundesverfassungsgericht hat sich
für unzuständig erklärt, die Frage zu entscheiden, ob eine innerstaatliche Norm des
einfachen Rechts (hier § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V) mit einer vorrangigen Bestimmung
des europäischen Gemeinschaftsrechts unvereinbar sei und deshalb wegen des
Anwendungsvorrangs des europäischen Rechts verdrängt werde. Die Lösung dieses
Normkonflikts sei der umfassenden Prüfungs- und Verwerfungskompetenz des
zuständigen Fachgerichts überlassen. Die Ausübung dieser Prüfungskompetenz in der
Parallelentscheidung des erkennenden Senats hat das Bundesverfassungsgericht als
willkürfrei und ohne Verkennung der Bedeutung von Art. 12 Abs. 1 GG wahrgenommen
bezeichnet. Insgesamt sei der Senat zu dem Ergebnis gelangt, dass die Altersgrenze für
Vertragszahnärzte auch nach den Maßstäben des europäischen Rechts gerecht sei.
Angesichts dieser eindeutigen Ausführungen sieht der Senat auch keine Veranlassung,
seine im Parallelverfahren getroffene Entscheidung vom 20.06.2007 (L 11 B 12/07 KA
ER) inhaltlich zu überprüfen und eine im hier anhängigen Verfahren gegenteilige
Entscheidung zu treffen. Ungeachtet dessen ist für den Senat auch nicht
nachvollziehbar, aus welchem Grunde nach Auffassung der Ast das
Bundesverfassungsgericht zur Einschränkung von Grundfreiheiten einen niedrigeren
Maßstab anlegt als der Europäische Gerichtshof. Die Gründe, die zur Rechtfertigung der
Altersgrenze herangezogen worden sind, betreffen zwingende Allgemeininteressen, bei
deren Vorliegen auch der Europäische Gerichtshof, worauf die Ast selbst hinweist, die
Einschränkung von Grundfreiheiten für möglich hält. Letztlich ist auch der von der Ast
thematisierte und bei der Folgenabwägung zu berücksichtigende Umstand, bei
Beendigung des Vertragszahnarztstatus entstehe ihr finanzieller Schaden, kein Aspekt,
der zu einer abweichenden Entscheidung führt, denn bei der angenommenen
Verfassungsgemäßheit der Altersgrenzenregelung ist dies eine sich daraus ergebende
billigend in Kauf zu nehmende Rechtsfolge.
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Angesichts der hier umfassend dargestellten Rechtsauffassung des Senats kommt eine
Berücksichtigung des Umstandes, dass der Ast nach ihrer Darstellung ein
wirtschaftlicher Schaden droht, wenn sie ihre vertragszahnärztliche Tätigkeit nicht
fortführen kann ebensowenig entscheidungserhebliche Bedeutung zu, wie dem
Umstand, dass in dem Quartal, in dem ihre Zulassung endet, ihr Ehemann verstorben
ist, so menschlich nachvollziehbar diese Aspekte für sie persönlich auch sein mögen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197 a Abs. 1 i.V.m. § 154 Abs. 2 der
Verwaltungsgerichtsordnung.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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