Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.06.2003

LSG NRW: öffentliches interesse, versorgung, krankenkasse, beschränkung, behandlung, rka, leistungsanspruch, anteil, brücke, rechtsgrundlage

Landessozialgericht NRW, L 11 KA 238/01
Datum:
26.06.2003
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 11 KA 238/01
Vorinstanz:
Sozialgericht Düsseldorf, S 2 KA 38/01
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 6 KA 64/03 R
Sachgebiet:
Vertragsarztrecht
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts
Düsseldorf vom 12.09.2001 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die
außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren. Im
Übrigen sind Kosten zwischen den Beteiligten nicht zu erstatten. Die
Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin begehrt die Entscheidung der Beklagten über die Festsetzung eines
Schadenersatzanspruchs gegen den beigeladenen Vertragszahnarzt. Die Beteiligten
streiten darüber, ob die Beklagte während der sog. Festzuschussphase nach dem
Zweiten Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der
gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG) in der Zeit vom 03.01.1998 bis zum
31.12.1998 zur Beurteilung und Festsetzung solcher Schadenersatzansprüche wegen
mangelhaften Zahnersatzes zuständig war.
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Der Beigeladene, der als Zahnarzt in B ... an der vertragszahnärztlichen Versorgung Teil
nimmt, gliederte aufgrund eines Heil- und Kostenplans vom 28.05.1998 bei der bei der
Klägerin versicherten C ... N ... (Versicherte) eine Brücke ein. Die Klägerin gewährte der
Versicherten hierauf einen Festzuschuss von 1.062,00 DM. Auf Rüge der Versicherten
stellten der von der Klägerin beauftragte Gutachter Dr. O ... und der Obergutachter Dr. S
... Mängel der Brücke und die Notwendigkeit ihrer Erneuerung fest. Der Beigeladene
lehnte gegenüber der Klägerin die Erstattung des geleisteten Festzuschusses ab, zumal
er sich mit der Versicherten vergleichsweise über eine Reduzierung der
Gesamtforderung geeinigt habe. Die Beklagte ihrerseits stellte gegenüber der Klägerin
ihre Zuständigkeit zur Festsetzung eines Schadenersatzanspruchs gegen den
Beigeladenen in Abrede (Bescheid vom 24.11.1999 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 24.01.2000).
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Mit der Klage zum Sozialgericht Düsseldorf (SG) hat die Klägerin die Ansicht vertreten,
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auch nach Inkrafttreten des 2. GKV-NOG habe es einen öffentlich-rechtlichen
Schadenersatzanspruch wegen mangelhafter vertragszahnärztlicher Versorgung mit
Zahnersatz gegeben, für dessen Festsetzung die Beklagte zuständig gewesen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
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den Bescheid vom 24.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
24.01.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, durch Bescheid eine
Entscheidung in der Sache über den Antrag der Klägerin auf Festsetzung eines
Schadensersatzanspruches gegenüber dem Beigeladenen zu treffen.
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Die Beklagte und der Beigeladene haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass sie in der Zeit vom 03.01.1998 bis zum
31.12.1998 am Abrechnungsverfahren zwischen den Krankenkassen, den Versicherten
und den Vertragszahnärzten nicht beteiligt gewesen und die Vergütung für Zahnersatz
außerhalb der Gesamtvergütung erfolgt sei. Wenn sie nach der Rechtsprechung des
BSG im Bereich der Kostenerstattung schon nicht befugt gewesen sei, die Rechte der
Vertragszahnärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen, so gelte dies erst
recht für die Festsetzung von Schadenersatzansprüchen der Krankenkassen gegenüber
den Vertragszahnärzten. Zuständig für solche Ansprüche seien allein die Zivilgerichte.
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Der Beigeladene hat sich der Argumentation der Beklagten angeschlossen und im
Übrigen die Mangelhaftigkeit des Zahnersatzes bestritten.
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Mit Urteil vom 12.09.2001 hat das SG der Klage stattgegeben. Sie sei zulässig. Das
Rechtsschutzziel, nämlich die Festsetzung eines Schadenersatzanspruchs gegenüber
dem Beigeladenen, lasse sich durch die erstrebte Entscheidung der Beklagten
erreichen. Denn aus einem entsprechenden Bescheid könne gegebenenfalls gegen den
Beigeladenen vollstreckt und der hierdurch erlangte Betrag an die Klägerin abgeführt
werden. Demgegenüber müsse sich die Klägerin nicht darauf verweisen lassen, aus
abgetretenem Recht des Versicherten vor den Zivilgerichten gegen den Beigeladenen
vorzugehen. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin sei eine öffentlich-
rechtliche Schadenersatzpflicht des Vertragszahnarztes gegenüber der Beklagten, an
der sich auch durch das 2. GKV-NOG nichts geändert habe.
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Mit der Berufung verbleibt die Beklagte bei ihrer Auffassung, ihre Zuständigkeit zur
Festsetzung von Schadenersatzansprüchen bestehe nur hinsichtlich solcher
Leistungen, die aus der Gesamtvergütung honoriert worden sei en. Nur dann dürfe sie
entsprechende Forderungen vom Honoraranspruch des Vertragszahnarztes nach § 12
Nr. 6 Satz 1 Bundesmantelvertrag Zahnärzte/Ersatzkassen (EKV-Z) absetzen.
Dementsprechend fehle es im vorliegenden Fall an einer Rechtsgrundlage für die
Festsetzung eines Schadensregresses auch dann, wenn die Regelungen über das
bundesmantelvertraglich vereinbarte Gutachterverfahren fortbestanden haben sollten.
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Die Beklagte beantragt sinngemäß,
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das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.09.2001 abzuändern und die Klage
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
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Der Beigeladene schließt sich dem Antrag und dem Vorbringen der Beklagten an.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch
den Berichterstatter einverstanden erklärt.
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Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sind beigezogen worden.
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Entscheidungsgründe:
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Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter (§ 155
Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die
Klage zulässig und begründet ist.
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Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht für die in der Form der Bescheidungsklage
erhobene Klage (vgl. §§ 54 Abs. 1 Satz 1, 131 Abs. 3 SGG) ein Rechtsschutzbedürfnis.
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Die Klägerin muss sich nicht auf die Möglichkeit verweisen lassen, einen auf
Feststellung eines bezifferten Schadenersatzanspruchs gerichteten
Verpflichtungsantrag zu stellen. Denn die Beschränkung auf einen bloßen
Bescheidungsantrag ist statthaft, wenn die an sich mögliche Verpflichtungsklage kein
geeigneteres Instrument zur Rechtsverfolgung darstellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1993
- 3 C 55/89 - RdL 1994, 159). So liegt es hier. Zwischen der Klägerin und der Beklagten
ist nicht der materielle Schadenersatzanspruch, sondern lediglich die Befugnis bzw.
Verpflichtung der Beklagten zu dessen Feststellung im Verhältnis zum Beigeladenen
streitig. Dabei kann die Klägerin davon ausgehen, dass die Beklagte eine mit den
gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen in Einklang stehende Entscheidung
treffen wird, sobald ihre Verpflichtung hierzu rechtskräftig feststeht. Im Hinblick darauf ist
es nicht gerechtfertigt, die Klägerin mit den weitergehen den prozessualen Risiken zu
belasten, die sich daraus ergeben, dass der Beigeladene seine
Schadenersatzverpflichtung auch in der Sache bestreitet.
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Zu Recht hat bereits das SG ausgeführt, dass die Klägerin sich keinesfalls schon unter
dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses darauf verweisen lassen muss, ihr
Schadenersatzbegehren im Zivilrechtswege durchzusetzen. Das BSG hat bereits
frühzeitig darauf hingewiesen, dass der durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung
(KZÄV) festzusetzende öffentlich-rechtliche Schadenersatzanspruch gegen den
Vertragszahnarzt gegebenenfalls unabhängig von etwaigen zivilrechtlichen Ansprüchen
besteht (BSG, Urt. v. 20.05.1992 - 14a/6 RKa9/90 - SozR 3-5555 § 12 Nr. 3 S. 14 f.). Ob
dieser Schadenersatzanspruch mit Inkrafttreten des 2. GKV-NOG entfallen ist, ist eine
Frage der Begründetheit der vorliegenden Klage. Das Rechtsschutzbedürfnis an einer
Sachentscheidung wird durch sie nicht berührt.
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Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die
Beklagte in der Sache über den von ihr geltend gemachten Schadenersatzanspruch
gegen den Beigeladenen durch Verwaltungsakt entscheidet.
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Die öffentlich-rechtliche Schadenersatzpflicht des Vertragszahnarztes wegen
mangelhafter Prothetikleistungen ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der
Regelungen des SGB V und des EKV-Z (vgl. näher BSG, Urt. v. 20.05.1992 a.a.O; Urt.
v. 03.12.1997 - 6 RKa 40/96 - USK 97149). Sie ist durch die Regelungen des 2. GKV-
NOG nicht beseitigt worden.
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Die durch das 2. GKV-NOG in der Zeit vom 03.01.1998 bis 31.12.1998 eingetretenen
Gesetzesänderungen betreffen maßgeblich nämlich nur den Leistungsanspruch des
Versicherten und den Honoraranspruch des Vertragszahnarztes: Nach dem zuvor
geltenden Recht erfüllte die Krankenkasse ihre Leistungspflicht gegenüber dem
Versicherten dadurch, dass sie ihren Anteil an den Kosten der Versorgung an die KZÄV
zahlte (§ 30 Abs. 3 Satz 1 SGB V in der bis zum 02.01.1998 geltenden Fassung (a.F.)).
Der Zahlungsanspruch des Vertragszahnarztes gegen den Versicherten war auf den
von diesem zu tragenden Anteil begrenzt (§ 30 Abs. 3 Satz 3 SGB V a.F.). Nach § 30
Abs. 4 Satz 1 SGB V in der Fassung des 2. GKV-NOG erfüllte die Krankenkasse den
Leistungsanspruch des Versicherten hingegen durch Zahlung des Festzuschusses an
ihn. Als Folge davon richtete sich der gesamte Zahlungsanspruch des
Vertragszahnarztes gegen den Versicherten (§ 30 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Das bedeutete
gleichzeitig, dass die beklagte KZÄV weder Zahlungen der Krankenkassen
entgegennahm noch entsprechendes Honorar an die Vertragszahnärzte auskehrte.
Ebenso wurde dieses Honorar auch nicht auf der Grundlage des jeweiligen
Honorarverteilungsmaßstabs aus der Gesamtvergütung gezahlt, sondern gemäß § 87a
Satz 1 SGB V nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Zahnärzte.
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Diejenigen Vorschriften, aus denen sich der öffentlich-rechtliche
Schadenersatzanspruch des Vertragszahnarztes für mangelhafte prothetische
Leistungen ableitet, sind demgegenüber durch das 2. GKV-NOG nicht maßgeblich
berührt worden.
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Der Vertragszahnarzt ist unverändert verpflichtet geblieben, die Versorgung der
Anspruchsberechtigten nach den Bestimmungen des EKV-Z durchzuführen (§ 4 Nr. 1
EKV-Z). Unabhängig davon, dass der Anspruch des Versicherten nunmehr unmittelbar
auf Kostenerstattung gerichtet war, handelte es sich nach wie vor um einen Anspruch
"im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung" (§ 30 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Dementsprechend hatten die Vertragspartner der vertragszahnärztlichen Versorgung auf
Bundesebene unverändert gemeinsam und einheitlich Qualitätskriterien für die
Versorgung mit Zahnersatz zu vereinbaren (§ 135 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Die
maßgeblichen Gesichtspunkte, die das BSG vom Fortbestand des öffentlich-rechtlichen
Schadenersatzanspruchs auch für den Fall haben ausgehen lassen, dass sich § 30
SGB V nicht mehr dem Sachleistungsprinzip zuordnen lassen sollte (vgl. BSG, Urt. v.
03.12.1997 a.a.O.), haben danach uneingeschränkt weiter Geltung behalten.
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Die darin zum Ausdruck kommende Beschränkung des Kostenerstattungsgedankens
auf den Honoraranspruch, nicht hingegen auf etwaige Schadenersatzansprüche, wird
durch die Gesetzgebungsmaterialien bestätigt. Danach sind die Vorschriften über die
Begutachtungspraxis und das Einigungsverfahren bei fachlichen Streitfällen, die in den
Bundesmantelverträgen geregelt sind, durch die Gesetzesänderung unberührt
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geblieben (BT-Drucks. 13/6087, S. 28 zu Nr. 28). Nichts anderes ergibt sich daraus,
dass die Vertragspartner des Gesamtvertrages nach § 106 Abs. 3 Satz 5 SGB V in der
Fassung des 2. GKV-NOG im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nur noch das
Verfahren für die Fälle zu regeln hatten, in denen die Krankenkassen den Versicherten
Kosten nach § 64 SGB V erstatteten, und nicht auch - wie zuvor - für die
Kostenerstattung nach § 30 SGB V a.F. Diese gesetzliche Änderung erfolgte nämlich,
wie die Gesetzgebungsmaterialien belegen, lediglich zur Rechts- und
Verwaltungsvereinfachung, weil nach § 30 Abs. 4 Satz 3 SGB V nunmehr zwingend vor
Beginn der Behandlung ein Heil- und Kostenplan zu erstellen und damit eine vorherige
Begutachtung durch die Krankenkasse gewährleistet war (BT-Drucks. 13/6087, S. 28 zu
Nr. 28). Eine Umgestaltung des Anspruchssystems für den Fall des Schadenersatzes
war damit hingegen erkennbar nicht beabsichtigt.
Sie war zudem von Sinn und Zweck des Anspruchssystems her nicht geboten. Auch in
der Zeit vom 03.01.1998 bis 31.12.1998 sind den Vertragszahnärzten über die
Festzuschüsse bei wirtschaftlicher Betrachtung Gelder der Versichertengemeinschaft
zugeflossen. Deren öffentliches Interesse, nur eine wirtschaftliche und einwandfreie
zahnärztliche Versorgung zu finanzieren, hat dabei trotz des veränderten Zahlungswegs
ungeschmälert fortbestanden. Auf der Anerkennung dieses öffentlichen Interesses
beruht jedoch letztlich der öffentlich-rechtliche Schadenersatzanspruch gegen den
Vertragszahnarzt bei Leistung mangelhaften Zahnersatzes.
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Im Hinblick auf die unterschiedliche Behandlung von Honoraransprüchen einerseits und
Schadenersatzansprüchen andererseits beruft sich die Beklagte auch ohne Erfolg auf
die Rechtsprechung des BSG zur Befugnis der KZÄVen, die Rechte der
Vertragszahnärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen (Urt. v. 10.04.1990 -
6 RKa 36/89 - BSGE 66, 284, 286). Zwar hat das BSG ausgeführt, dass für eine solche
Befugnis zur Realisierung von Vergütungsansprüchen kein Raum sei, soweit sich der
Anspruch des Versicherten auf Kostenerstattung richte. Im vorliegenden Fall geht es
jedoch nicht um Honoraransprüche des Beigeladenen, sondern um einen
Schadenersatzanspruch, der aus den bereits dargelegten Gründen abweichend zu
beurteilen ist. Danach hängt die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung etwaiger
Schadenersatzansprüche nicht davon ab, ob die medizinisch notwendigen Leistungen
den Versicherten im Wege der Sachleistung oder der Kostenerstattung gewährt werden.
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Die Zuständigkeit und damit gegebenenfalls auch die Verpflichtung der Beklagten zur
Festsetzung des Schadenersatzanspruchs im Wege des Verwaltungsaktes ergibt sich
aus § 12 Nr. 6 EKV-Z, der in der Zeit vom 03.01.1998 bis zum 31.12.1998 unverändert
gegolten hat. Der Senat folgt auch insoweit der Rechtsprechung des BSG, wonach
diese Bestimmung der KZÄV die Rolle als allgemeine Vertragsinstanz zur
Entscheidung über Schadenersatzansprüche der Vertragskassen gegen
Vertragszahnärzte zuweist (BSG, Urt. v. 20.05.1992 a.a.O.). Entgegen der Auffassung
der Beklagten steht dieser Beurteilung nicht entgegen, dass sie in dem genannten
Zeitraum weder Zahlungen der Krankenkassen für Zahnersatz entgegenzunehmen
noch entsprechende Honorare an die Vertragszahnärzte auszukehren hatte. Denn ein
solcher Zusammenhang zwischen Honoraranspruch einerseits und
Schadenersatzanspruch andererseits wird von § 12 Nr. 6 EKV-Z nicht vorausgesetzt:
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§ 12 Nr. 6 EKV-Z ist zum einen in dem bereits dargelegten Sinn als Kompetenzvorschrift
zugunsten der Beklagten für die Festlegung von Schadenersatzansprüchen zu lesen.
Soweit die Bestimmung die Abwicklung der Schadenersatzansprüche regelt, handelt es
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sich jedoch lediglich um eine spezielle Vollstreckungsvorschrift, die eine Verrechnung
der Forderung mit dem jeweils nächsten Honoraranspruch des Vertragszahnarztes
vorsieht. Dass auf diese Weise nur Schadenersatzansprüche durchgesetzt werden
könnten, für die zuvor Honorar von der KZÄV an den Vertragszahnarzt gezahlt worden
ist, lässt sich § 12 Nr. 6 EKV-Z demgegenüber schon dem Wortlaut nach nicht
entnehmen. Dagegen spricht weiter, dass dieser Schadenersatzanspruch, wie das BSG
bereits hervorgehoben hat, gerade kein Rückforderungsanspruch für gezahltes Honorar
ist (vgl. BSG, Urt. v. 20.05.1992 a.a.O.). Schließlich greift die weitere Zielsetzung des §
12 Nr. 6 Satz 1 EKV-Z, etwaige Schadenersatzansprüche auf möglichst einfachem
Wege durch Absetzung von späteren Honoraransprüchen durchzusetzen, auch in
Fällen der vorliegenden Art ein.
Entgegenstehende schutzwürdige Interessen des Vertragszahnarztes sind dabei nicht
ersichtlich. Insbesondere läuft er nicht Gefahr, einer doppelten Inanspruchnahme durch
die Krankenkasse und den Versicherten ausgesetzt zu werden. Regelmäßig wird er im
Hinblick auf den Gedanken der Vorteilsausgleichung einem privatrechtlichen
Schadenersatzanspruch des Versicherten nämlich nur insoweit ausgesetzt sein, als
dieser nicht von seiner Krankenkasse Zahlung eines weiteren Festzuschuss für die
Nachbesserung oder Neuanfertigung des Zahnersatzes verlangen kann. Der
infolgedessen auf die Krankenkasse entfallende Teil des entstandenen Schadens kann
somit unbedenklich öffentlich-rechtlich durch die KZÄV festgestellt werden. Aus diesem
Grund spielt es auch keine Rolle, ob und gegebenenfalls inwieweit sich der
Beigeladene und die Versicherte im vorliegenden Fall bereits im Vorfeld
vergleichsweise geeinigt haben. Denn die Versicherte war keinesfalls befugt, über den
orginären Schadenersatzanspruch der Klägerin zu verfügen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 01.01.2002 geltenden
Fassung.
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Die Zulassung der Revision erfolgt im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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