Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.02.2011

LSG NRW: alleinerziehende mutter, sozialhilfe, hauptsache, erlass, existenzminimum, form, notlage, aufenthaltserlaubnis, glaubhaftmachung, stadt

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss vom 14.02.2011 (rechtskräftig)
Sozialgericht Köln S 19 AS 160/08 ER
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 B 50/09 AS ER
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 31.03.2009 wird
zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach § 2 des
Asylbewerberleistungsgesetzes - (AsylbLG).
Die am 00.00.1969 geborene Antragstellerin stammt aus Angola und besitzt die angolanische Staatsangehörigkeit.
Sie ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Sie lebt seit
Februar 1996 im Bundesgebiet und wohnte zunächst in B. Dort wurde am 00.00.1998 ihr Sohn, der frühere
Antragsteller zu 2), geboren.
Seit dem 17.11.1998 lebt die Antragstellerin mit ihrem Sohn in L.
Die Antragstellerin und ihr Sohn erhielten in der Zeit vom 08.05.1996 bis 31.03.1998 Leistungen nach § 3 AsylbLG von
der Stadt B. Die laufenden Leistungen wurden in B zum 31.03.1998 eingestellt, da der Lebensunterhalt nach Angaben
des dortigen Sozialamts durch Unterhaltszahlungen des Kindesvaters sichergestellt worden sei.
Am 09.06.2000 beantragten die Antragstellerin und ihr Sohn bei der Beigeladenen die Gewährung von Sozialhilfe. Die
Beigeladene gewährte ihnen bis Ende des Jahres 2004 fortlaufend Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem
Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Ab Januar 2005 bewilligte die Antragsgegnerin fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II.
Mit Bescheid vom 23.09.2008 bewilligte die Antragsgegnerin die Leistungen für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis
31.03.2009. Sie ermittelte einen monatlichen Zahlbetrag von 919,72 EUR. Dabei berücksichtigte sie Kosten der
Unterkunft in Höhe von 469,72 EUR, was einer monatlichen Miete in Höhe von 478,00 EUR abzüglich von 8,28 EUR
als Kosten für die Warmwasserbereitung entsprach. Darüber hinaus erkannte die Antragsgegnerin für die
Antragstellerin eine Regelleistung in Höhe von monatlich 351,00 EUR zuzüglich eines Mehrbedarfes für
Alleinerziehende in Höhe von 42,00 EUR an. Für den Sohn der Antragstellerin ging die Antragsgegnerin von einer
Regelleistung in Höhe von 211,00 EUR aus, auf die sie Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR anrechnete und so zu
einem verbleibenden Bedarf in Höhe von 57,00 EUR gelangte. Von den bewilligten Leistungen überwies sie 478,00
EUR direkt an den Vermieter und weitere 87,00 EUR an den Energielieferanten. An die Regionaldirektion NRW der
Bundesagentur für Arbeit (BA) zahlte sie 35,00 EUR, und den Restbetrag überwies die Antragsgegnerin an die
Antragstellerin.
Die Antragstellerin sowie der frühere Antragsteller zu 2) legten unter dem 02.10.2008 Widerspruch ein, den sie damit
begründeten, dass keine Kindergeldzahlung erfolge und diese daher auch nicht bedarfsmindernd von den Leistungen
abgezogen werden dürfe.
Unter dem 30.10.2008 beantragten die Antragstellerin und der frühere Antragsteller zu 2) bei der Beigeladenen
Leistungen nach dem AsylbLG.
Mit Schreiben vom 13.11.2008 erklärte sich die Beigeladene für zuständig und bat die Antragstellerin unter Vorlage
des Einstellungsbescheides der Antragsgegnerin zur Vorsprache zwecks Antragstellung von Leistungen nach dem
AsylbLG. Die Antragsgegnerin gewährte jedoch die bewilligten Leistungen bis 31.03.2009 weiter.
Am 20.11.2008 haben die Antragstellerin sowie der frühere Antragsteller zu 2) bei dem Sozialgericht Köln einen Antrag
auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in Form des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gestellt und
beantragt, die Antragsgegnerin sowie hilfsweise die Beigeladene zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts unter Gewährung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende einschließlich Kosten der Unterkunft ohne
Anrechnung von Kindergeld zu gewähren.
Sie haben die Auffassung vertreten, dass ihnen Leistungen in nicht bedarfsdeckender Höhe gewährt würden. Die
Antragstellerin hat hierzu eine Bescheinigung der Kinderheime der Stadt L vom 16.12.2008 über die Unterbringung des
früheren Antragstellers zu 2) vorgelegt sowie eine Bescheinigung der Familienkasse L vom 07.01.2009 mit dem Inhalt,
dass kein Kindergeld gezahlt werde. Die Antragstellerin hat den Antrag sowohl gegen die Antragsgegnerin als auch
alternativ die Beigeladene (§ 75 Abs. 5 SGG) damit begründet, dass ihr sowie ihrem Sohn Leistungen nach § 2
AsylbLG zustünden.
Die Antragsgegnerin sowie die Beigeladene haben beantragt, den Antrag abzulehnen. Die Beigeladene hat hierzu
ausgeführt, dass der Antragstellerin und ihrem Sohn lediglich Leistungen nach § 3 AsylbLG zustünden, da die zuvor
gewährten Leistungen nach dem BSHG nicht auf den Vorbezugszeitraum für eine Leistungsgewährung nach § 2
AsylbLG anrechenbar wären. Ferner hat die Beigeladene nach Einstellung der Leistungen durch die Antragsgegnerin
zum 31.03.2009 mitgeteilt, sie werde ab 01.04.2009 die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG in Höhe von
monatlich 837,25 EUR aufnehmen. Die Antragsgegnerin hat zudem die Auffassung vertreten, dass kein
Anordnungsgrund vorliege.
Mit Beschluss vom 31.03.2009 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt
und zur Begründung im Wesentlichen das folgende ausgeführt:
Ein Anordnungsanspruch auf Erbringung höherer Leistungen, als sie die Antragsgegnerin bewilligt habe, sei nicht
glaubhaft gemacht worden. Die Antragstellerin sowie der frühere Antragsteller zu 2) hätten kein Anspruch gegen die
Antragsgegnerin auf höhere Leistungen nach dem SGB II, da sie gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II nach § 1
AsylbLG, dessen Voraussetzungen sie erfüllten, nicht zu den Leistungsberechtigten gehörten.
Die Antragstellerin und ihr Sohn hätten danach zwar einen Anspruch gegen die Beigeladene auf Leistungen nach dem
AsylbLG, allerdings nicht eine Höhe, die die von der Antragsgegnerin gezahlten Leistungen überstiegen. Den
Antragstellern stünden nur die Grundleistungen gemäß § 3 AsylbLG, nicht aber die Leistungen in besonderen Fällen
gemäß § 2 AsylbLG zu. § 2 Abs. 1 AsylbLG bestimme, dass abweichend von den §§ 3 bis 7 das Sozialgesetzbuch -
Sozialhilfe - (SGB XII) auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden sei, die über eine Dauer von
insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst
beeinflusst hätten. Es sei davon auszugehen, dass die Antragsteller nicht im Sinne des § 2 AsylbLG insgesamt 48
Monate lang Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten hätten. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Antragsteller seit
ihrem Umzug von B nach L im November 1998 Leistungen nach dem AsylbLG erhalten hätten. Vielmehr habe die
Antragstellerin, als sie im Sommer 2000 einen Antrag auf Sozialhilfe gestellt habe, angegeben, sie hätte bis zur
Trennung vom Kindesvater von dessen Einkommen gelebt. Ab Mitte 2000 hätten die Antragsteller Leistungen nach
dem BSHG bzw. dem SGB II erhalten. Diese Leistungen seien nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG)
nicht geeignet, um die in § 2 AsylbLG geregelte Vorbezugszeit zu erfüllen (Hinweis auf BSG 17.06.2008 - B 8/9b AY
1/07 R -). Das BSG habe ausführlich erläutert, dass die Vorschrift beinhaltet, dass nur mit dem Bezug von
Grundleistungen nach § 3 AsylbLG die Vorbezugszeiten von 48 Monaten erfüllt werden könnten. Es habe auch
ausgeführt, Antragsteller könnten sich nicht darauf berufen, dass ihnen in der Vergangenheit zu Unrecht keine
Leistungen nach § 3 AsylbLG, sondern nach anderen Vorschriften bewilligt worden sein. Das Gericht schließe sich
nach eigener Überprüfung diesen Ausführungen an. Es habe auch keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit
des § 2 AsylbLG. Die den Antragstellern gemäß § 3 AsylbLG zustehenden Leistungen seien nach den Berechnungen
der Beigeladenen, auf die sich das Gericht stütze, geringer als die Leistungen, die die Antragsgegnerin nach dem
SGB II gezahlt habe.
Gegen diesen am 03.04.2009 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin (sowie ursprünglich auch der
frühere Antragsteller zu 2]) mit der am 29.04.2009 eingelegten Beschwerde.
Zur Begründung macht die Antragstellerin im Wesentlichen das Folgende geltend:
Ihr stünden entgegen der Entscheidung des Sozialgerichts und des BSG vom 17.06.2008 Leistungen nach § 2
AsylbLG zu, da die erhaltenen Leistungen nach dem BSHG, die Zeiten fehlenden Leistungsbezuges wegen
Sicherstellung des Lebensunterhaltes durch Unterhaltszahlungen des Kindesvaters sowie der gewährten Leistungen
nach dem SGB II auf den Vorbezugszeitraum für eine Leistungsumstellung nach § 2 Abs. 1 AsylbLG anzurechnen
seien. Die Entscheidung des BSG, nur tatsächlich erhaltene Grundleistungen nach § 3 AsylbLG anzurechnen, sei aus
verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu vertreten. Auch lasse sich eine dahingehende Auslegung des § 2 Abs. 1
AsylbLG auch nicht dem Willen des Gesetzgebers entnehmen. Käme man gleichwohl zu einem dahingehenden
Auslegungsergebnis, wäre die Vorschrift selbst verfassungswidrig. Nach inzwischen 13jährigen Aufenthalt im
Bundesgebiet, dessen Dauer zu keinem Zeitpunkt rechtsmissbräuchlich beeinflusst worden sei, würde sie nunmehr
auf den Bezug von lediglich Grundleistungen verwiesen und damit auf ein Leistungsniveau herabgestuft, wie es neu
eingereisten Ausländern für eine Dauer von inzwischen 48 Monaten zugemutet werde. Aus der
Gesetzgebungsgeschichte ergebe sich jedoch, dass bei einem längeren Aufenthalt und noch nicht absehbarer
weiterer Dauer nicht mehr auf einen geringeren Bedarf abgestellt werden könne, der bei einem in der Regel nur
kurzem, vorübergehendem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland entstehe. Insbesondere seien ausweislich
der Gesetzgebungsgeschichte kurz nach Inkrafttreten des AsylbLG nunmehr Bedürfnisse anzuerkennen, die auf eine
stärkere Angleichung an die hiesigen Lebensverhältnisse und auf eine bessere Integration gerichtet seien. Die
Leistungsabsenkung sei daher zeitlich begrenzt und das Integrationsbedürfnis durch Gewährung von Leistungen
seinerzeit nach dem BSHG analog anerkannt worden. Streitige Kernfrage im vorliegenden Fall sei, ob sich Personen
wie die Antragstellerin den Anspruch auf Leistungen analog dem SGB XII gleichwohl erst wieder durch den
tatsächlichen Bezug von Grundleistungen erwerben müssten, obwohl sich an den Gründen für ihren langjährigen
Aufenthalt nichts geändert habe. Die Beschränkung auf das Grundleistungsniveau sei jedoch verfassungsrechtlich nur
dann zulässig, wenn sie zeitlich beschränkt und durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei. Ein solcher
sachlicher Grund für die Schlechterstellung der nach dem AsylbLG leistungsberechtigten Personengruppe gegenüber
Ausländern mit bereits längerer und verfestigter Aufenthaltsperspektive bestehe in der - an den ausländerrechtlichen
Status anknüpfenden - Annahme des nur vorübergehenden Aufenthaltes. Der sachliche Grund sei dementsprechend
dann nicht mehr gegeben, wenn sich der Aufenthalt infolge seiner Dauer bereits verfestigt habe und die Dauer des
Aufenthaltes seitens des Ausländers nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst worden sei. Dies sei im Zeitpunkt der
Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG der Fall, da gerade dann nicht mehr davon
ausgegangen werde, dass der Aufenthalt nur vorübergehend sei. Dieser Sachverhalt treffe auf sie (und ihren Sohn) zu.
Ihr - der Antragstellerin - Leistungen analog dem SGB XII unter Hinweis auf fehlende Vorbezugszeiten nach § 3
AsylbLG zu verweigern, sei angesichts des dargestellten Hintergrundes mit dem Grundgesetz (Art. 1, Art. 2, Art. 3
und Art. 20 GG) unvereinbar. Ihr seien mithin Leistungen nach § 2 AsylbLG, ggfs. nach verfassungskonformer
Auslegung der Vorschrift, zu gewähren.
Es liege auch ein Anordnungsgrund vor. Die Verweisung auf das Hauptsacheverfahren wäre unzumutbar, da während
dieses Verfahrens das soziokulturelle Existenzminimum nicht gedeckt wäre und die für die Dauer von einem Jahr
durch den Verweis auf die Grundleistungen einhergehende erhebliche Beeinträchtigung angesichts des
"Gegenwärtigkeitsprinzips der Sozialhilfe" nicht nachträglich mehr ausgeglichen werden könne. Eine Versagung des
Rechtsschutzes würde zu einer Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG führen.
Ferner sei darauf hinzuweisen, dass der 20. Senat des Landessozialgerichts NRW (LSG NRW) in der mündlichen
Verhandlung vom 26.07.2010 beschlossen habe, das dortige Verfahren auszusetzen und dem
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit der Frage vorzulegen, ob § 3 AsylbLG mit der Verfassung vereinbar sei.
Maßgeblich hierfür seien nicht nur die fehlende Bemessungsgrundlage für die Leistung nach § 3 AsylbLG, sondern
auch die Tatsache, dass die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG evident unzureichend seien. Dementsprechend werde
der nachfolgende Hilfsantrag gestellt.
Die Antragstellerin beantragt zuletzt,
die Beigeladene unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Köln vom 31.03.2009 zu verpflichten, ihr
Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren,
hilfsweise,
ihr Leistungen in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums in Höhe von 80% des Regelsatzes nach dem SGB XII
analog zu gewähren.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin führt hierzu aus, dass bis 31.03.2009 zwar irrtümlich Leistungen nach dem SGB II bewilligt
worden seien, was die Antragstellerin nicht zu vertreten habe. Dies könne jedoch keinen weiteren Anspruch nach dem
SGB II begründen. Auch sei angesichts der von der Beigeladenen gewährten Leistungen nach § 3 AsylbLG ein
Anordnungsgrund nicht gegeben.
Die Beigeladene nimmt auf die Ausführungen des Sozialgerichts sowie das Urteil des BSG vom 17.06.2008 Bezug.
Auch teile sie die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht, die die Antragstellerin an der Auslegung des § 2 Abs. 1
AsylbLG in der Rechtsprechung des BSG habe und auf die sich auch das Sozialgericht in der angegriffenen
Entscheidung beziehe. Ferner sei der nunmehr hilfsweise gestellte Antrag, der Antragstellerin Leistungen in Höhe des
soziokulturellen Existenzminimums in Höhe von 80% des Regelsatzes nach dem SGB XII analog zu gewähren,
zurückzuweisen. Die Vorlage des 20. Senats des LSG NRW an das BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des § 3
AsylbLG führe nicht zu einem Anordnungsanspruch. Die nur vom BVerfG verbindlich zu klärende Frage der
Verfassungswidrigkeit einer Norm könne nicht im Wege der einstweiligen Anordnung vorweggenommen beantwortet
werden. Darüber hinaus werde die Antragstellerin nicht jahrelang auf die höheren Leistungen nach § 2 AsylbLG warten
müssen, sondern es würden ihr bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen voraussichtlich ab dem Monat Mai 2011
Leistungen nach § 2 AsylbLG gewährt werden. Aus diesem Grunde könne ein Anordnungsgrund nur dann
angenommen werden, wenn mehr für einen Anordnungsanspruch spreche als dagegen. Dies sei vorliegend nicht der
Fall.
Die Beigeladene hat dem früheren Antragsteller zu 2) mit Bescheid vom 25.11.2009 Leistungen nach dem SGB XII ab
01.04.2009 bewilligt. Daraufhin hat die Bevollmächtigte der Antragstellerin die Beschwerde des früheren Antragstellers
zu 2) mit Schriftsatz vom 12.05.2010 für erledigt erklärt.
Das Gericht hat von der Beigeladenen noch die aktuellen Bewilligungsbescheide der Antragstellerin sowie des
früheren Antragstellers zu 2) für den Monat Februar 2011 angefordert und beigezogen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der
Antragsgegnerin und der Beigeladenen Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgemäße sowie statthafte Beschwerde der Antragstellerin vom 21.04.2009,
eingegangen am 29.04.2009, gegen den am 03.04.2009 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Köln vom
31.03.2009 ist unbegründet.
Der Senat nimmt zur Begründung gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) zunächst Bezug
auf die für zutreffend erachteten Gründe der angefochtenen Entscheidung. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den
Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die
Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers bzw. der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden
könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint (Satz 2). Die hier begehrte Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt die
Glaubhaftmachung des streitigen Rechtsverhältnisses voraus, aus dem die Antragstellerin eigene Rechte -
insbesondere Leistungsansprüche - ableitet (Anordnungsanspruch). Ferner ist erforderlich, dass die besonderen
Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) vom jeweiligen
Antragsteller glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dieses ist im Rahmen
einer summarischen Prüfung zu bestimmen.
Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine
Wechselbeziehung der Art, als die Anforderung an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw.
Schwere des drohenden Nachteils, d.h. dem Anordnungsgrund, zu verringern sind und umgekehrt.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden insoweit aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein
bewegliches System (s. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b Rdnr. 27). Daraus folgt
etwa, dass, wenn eine Klage in der Hauptsache offensichtlich begründet wäre, sich die Anforderungen an einen
Anordnungsgrund vermindern. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben,
auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf das Bestehen eines Anordnungsgrundes verzichtet werden kann. Damit
sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund regelmäßig kumulativ, nicht alternativ glaubhaft zu machen.
Ein Ausnahmefall, der es rechtfertigen würde, vom Erfordernis der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes
abzusehen, liegt hier nicht vor. Denn es besteht gegenwärtig kein (evidenter) Anordnungsanspruch der
Antragsstellerin auf Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG, auch nicht in der Form des zuletzt gestellten Hilfsantrages.
Dass ein Anspruch der Antragstellerin auf sog. Analogleistungen nach dem SGB XII so evident bestehen würde, dass
jede andere Entscheidung, ihr (vorläufig) entsprechende Leistungen im Eilverfahren zu gewähren, unvertretbar wäre,
ist insbesondere auch vor dem Hintergrund der Vorlage des 20. Senats des LSG NRW zur Verfassungsmäßigkeit von
§ 3 Abs. 1 AsylbLG an das BVerfG (Beschluss v. 26.07.2010 - L 20 AY 13/09 -) nicht ersichtlich. § 3 AsylbLG ist so
lange geltendes Recht, bis es vom BVerfG kraft seiner nur ihm zukommenden Normverwerfungskompetenz mit
Gesetzeskraft (§ 31 BVerfGG) für mit dem GG unvereinbar und ggf. nichtig erklärt worden ist. Einer eigenen Vorlage
des erkennenden Senats an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG stünde der summarische Charakter des
Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz und dessen immanentes Beschleunigungsgebot entgegen. All dies
entspricht im Übrigen auch der Auffassung des 20. Senats des LSG NRW, wie er selbst in einem seiner Vorlage an
das BVerfG nachfolgenden Eilverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG entschieden hat und der sich der erkennende Senat
ausdrücklich anschließt (LSG NRW, Beschluss v. 27.09.2010 - L 20 AY 79/10 B ER - Rdnr. 5, 6 [juris]).
Auch liegen die einfachgesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG
bei der Antragstellerin gegenwärtig (noch) nicht vor, weil andere Vorbezugszeiten als solche nach § 3 AsylbLG - hier
bei der Antragstellerin gegenwärtig (noch) nicht vor, weil andere Vorbezugszeiten als solche nach § 3 AsylbLG - hier
Leistungen nach dem BSHG, SGB II und Unterhaltsleistungen des Kindesvaters - sowohl nach dem eindeutigen
Wortlaut der Vorschrift als auch der Rechtsprechung des BSG die Voraussetzungen für die Gewährung von
Analogleistungen nach dem SGB XII nicht erfüllen (BSG 17.06.2008 - B 8/9b AY1/07 R - SozR 4-3520 § 2 Nr. 2 -
Rdnrn. 20 ff.). Der Senat stimmt mit dieser Rechtsprechung - wie im Übrigen auch der 20. Senat (LSG NRW,
Beschluss v. 27.09.2010 - L 20 AY 79/10 B ER - Rdnr. 4 [juris]) - überein.
Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch keinen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung notwendigen
Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Ein Anordnungsgrund i.S.d. § 86b Abs. 2 SGG besteht nur dann, wenn Eilbedürftigkeit im Sinne einer dringenden und
gegenwärtigen Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht, gegeben und eine einstweilige
Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile geboten ist (LSG NRW, Beschluss vom 17.05.2005 - L 12 B 11/05
AS ER -). Dies ist der Fall, wenn dem Antragsteller unter Berücksichtigung auch der widerstreitenden öffentlichen
Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist (Berlit, info also 1/2005, S. 3, 7).
Danach hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, ihr Existenzminimum sei gegenwärtig in einer Weise
gefährdet, dass ihr ein Abwarten eines etwaigen Verfahrens in der Hauptsache nicht mehr zuzumuten ist. Ausweislich
der von dem Senat zuletzt beigezogenen Leistungsbescheide der Beigeladenen für den Monat Februar 2011 vom
31.01.2011 erhält die Antragstellerin Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe von 695,00 EUR, ihr Sohn Leistungen
nach dem SGB XII in Höhe von 352,08 EUR. Die Antragstellerin hat über ihre abstrakten Ausführungen zur von ihr
geltend gemachten Verfassungswidrigkeit von § 3 AsylbLG hinaus nicht geltend gemacht, die ihr gewährten
Leistungen seien so niedrig, dass ihr Existenzminimum auch als alleinerziehende Mutter i.S. einer dringenden und
gegenwärtigen Notlage akut gefährdet ist. Dies hat sie im Übrigen auch mit Blick auf die überdurchschnittliche Dauer
dieses einstweiligen Rechtsschutzverfahrens - die sie in keiner Weise zu vertreten hat - nicht getan. Dazu kommt,
dass der Antragstellerin von der Beigeladenen ab Mai 2011 aller Voraussicht nach Leistungen nach § 2 Abs. 1
AsylbLG gewährt werden. Es ist ihr nach alledem zumutbar, eine Entscheidung in einem etwaigen
Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.