Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 06.03.2003

LSG NRW: arbeitsentgelt, höherversicherung, begriff, berechnungsgrundlage, winter, tarifvertrag, behandlung, auflage, arbeiter, proportionalität

Landessozialgericht NRW, L 9 AL 58/02
Datum:
06.03.2003
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 9 AL 58/02
Vorinstanz:
Sozialgericht Gelsenkirchen, S 22 AL 62/01
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 7 AL 54/03 R
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts
Gelsenkirchen vom 09. Januar 2002 wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, das die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des
Bescheides vom 21. November 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 09. Februar 2001 sowie des Bescheides
vom 26. März 2001 verurteilt wird, bei der Berechnung des
Erstattungsbetrages die Erschwerniszulagen und die Entgelte für
Rufbereitschaften zu berücksichtigen. Die Beklagte hat auch die der
Klägerin im Berufungsverfahren entstandenen Kosten zu erstatten. Die
Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die Beklagte Aufstockungsbeträge
nach dem Altersteilzeitgesetz (AtG) zu dem Arbeitsentgelt und zu den
Rentenversicherungsbeiträgen des Versicherten H zu erstatten hat.
2
Der am 00.00.1939 geborene Versicherte H war seit August 1971 ununterbrochen bei
der Klägerin als Kraftfahrer beschäftigt. Ausgehend von einem ungeminderten Anspruch
des Arbeitnehmers auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01.01.2001 vereinbarten
die Vertragsparteien mit Änderungsvertrag vom 24.06.1999, dass das Arbeitsverhältnis
ab 01.01.1999 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des im Bereich des
Bundes, der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und der Vereinigung der kommunalen
Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Tarifvertrages zur Regelung der
Altersteilzeitarbeit im öffentlichen Dienst (TV ATZ ÖD) vom 05.05.1998 fortgesetzt
werde. Dieser Vertag enthielt u.a. folgende Bestimmungen:
3
" ...§ 2 Arbeitszeit
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Die Altersteilzeit wird im Blockmodell geleistet. Die Arbeitphase dauert vom 01.01.1999
5
bis 31.12.1999, die Freizeitphase vom 01.01.2000 bis 31.12.2000.
§ 3 Arbeitsentgelt, Aufstockungsleistungen
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1. Der Arbeitnehmer enthält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Entgelt
nach Maßgabe der reduzierten Arbeitszeit. Das Arbeitsentgelt ist unabhängig von der
Verteilung der Arbeitszeit fortlaufend zu zahlen.
7
2. Außerdem erhält der Arbeitnehmer Aufstockungsleistungen nach Maßgabe des § 5
TV ATZ ...".
8
Der auf das Arbeitsverhältnis des H H mit der Klägerin wegen ihrer Mitgliedschaft beim
KAV NW anwendbare TV ATZ ÖD enthält ergänzend folgende Regelungen:
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" ... § 3 Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit
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(1) Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen
Arbeitszeit ... (2) Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu
leistende Arbeit kann so verteilt werden, dass sie a) in der ersten Hälfte des
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend von der
Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4 und 5 freigestellt wird
(Blockmodell) oder b) durchgehend geleistet wird (Teilzeitmodell) ...
11
§ 4 Höhe der Bezüge
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(1) Der Arbeitnehmer erhält als Bezüge die sich für entsprechende Teilzeitkräfte bei
Anwendung der tariflichen Vorschriften (z.B. § 34 BAT/BAT-O) ergebenden Beträge mit
der Maßgabe, dass die Bezügebestandteile, die üblicherweise in die Berechnung des
Aufschlags zur Urlaubsvergütung/Zuschlags zum Urlaubslohn einfließen ...
entsprechend dem Umfang der tatsächlich geleisteten Tätigkeit berücksichtigt werden.
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§ 5 Aufstockungsleistungen
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(1) Die dem Arbeitnehmer nach § 4 zustehenden Bezüge zuzüglich des darauf
entfallenden sozialversicherungspflichtigen Teils der vom Arbeitgeber zu tragenden
Umlage zur Zusatzversorgungseinrichtung werden um 20 v.H. dieser Bezüge
aufgestockt (Aufstockungsbetrag). Bei der Berechnung des Aufstockungsbetrages
bleiben steuerfreie Bezügebestandteile, Entgelte für Mehrarbeits- und Überstunden,
Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften sowie für Arbeitsbereitschaften (§ 18 Abs 1
Unterabs. 2 MTArb/MTArb-O bzw. § 67 Nr. 10 BMT-G/BMT-G-O) unberücksichtigt; diese
werden, soweit sie nicht unter Absatz 2 Unterabs. 2 und 3 fallen, neben dem
Aufstockungsbetrag gezahlt.
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(2) Der Aufstockungsbetrag muss so hoch sein, dass der Arbeitnehmer 83 v.H. des
Nettobetrages des bisherigen Arbeitsgentgelts erhält (Mindestnettobetrag). Als
bisheriges Arbeitsentgelt ist anzusetzen das gesamte, dem Grunde nach
beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer für eine Arbeitsleistung bei
bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1 Unterabs. 2) zu beanspruchen hätte.
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Dem bisherigen Arbeitsentgelt nach Unterabsatz 1 Satz 2 zuzurechnen sind Entgelte für
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Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft - letztere jedoch ohne Entgelte für angefallene
Arbeit einschließlich einer etwaigen Wegezeit -, die ohne Reduzierung der Arbeitszeit
zugestanden hätten; in diesen Fällen sind die tatsächlich zustehenden Entgelte
abweichend von Absatz 1 Satz 2 letzter Halbsatz in die Berechnung des
aufzustockenden Nettobetrages einzubeziehen ...
(4) Neben den vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträgen für die nach
§ 4 zustehenden Bezüge entrichtet der Arbeitgeber gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
des Altersteilzeitgesetzes zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für
den Unterschiedsbetrag zwischen den nach § 4 zustehenden Bezügen einerseits und
90 v.H. des Arbeitsentgelts im Sinne des Absatzes 2 zuzüglich des
sozialversicherungspflichtigen Teils der vom Arbeitgeber zu tragenden Umlage zur
Zusatzversorgungsein- richtung, höchstens aber der Beitragsbemessungsgrenze,
andererseits ...
18
Protokollerklärung zu Absatz 2:
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Beim Blockmodell können in der Freistellungsphase die in die Bemessungsgrundlage
nach Absatz 2 eingehenden, nicht regelmäßig zustehenden Bezügebestandteile (z.B.
Erschwerniszuschläge) mit dem für die Arbeitsphase errechneten Durchschnittsbetrag
angesetzt werden; dabei werden Krankheits- und Urlaubszeiten nicht berücksichtigt.
Allgemeine Bezügeerhöhungen sind zu berücksichtigen, soweit die zugrunde liegenden
Bezügebestandteile ebenfalls an allgemeinen Bezügeerhöhungen teilnehmen ...
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Mit Bescheid vom 10.05.2000 stellte die Beklagte auf Antrag der Klägerin fest, dass die
Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen nach dem AtG für den
Arbeitnehmer H erfüllt seien. Die Beklagte erstatte in der Zeit ab 08.02.2000
(Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes) für die Zeit des Vorliegens der
Anspruchsvoraussetzungen, längstens jedoch bis zum 31.12.2000, in doppelter Höhe
folgende Leistungen:
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- Aufstockung des Arbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit in Höhe von 20 v.H. bzw. bis
zur Höhe des Mindestnettobetrages (ggf. Aufstockung auf mindestens 70 v.H. des
pauschalierten bisherigen Nettoarbeitsentgelts), und
22
- Aufstockung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe des Beitrags,
der auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90 v.H. des bisherigen Arbeitsentgelts und
dem Teilzeitarbeitsentgelt entfalle.
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Nach Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes beantragte die Klägerin mit Schreiben vom
28.08.2000, ihr Aufstockungsleistungen für die Altersteilzeitarbeit und zusätzliche
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Abrechnungszeiträume vom
08.02.2000 bis 30.06.2000 und Aufstockungsleistungen beim Blockzeitmodell für
spiegelbildlich zurückliegende Zeiträume in Höhe von insgesamt 10.587,54 DM zu
erstatten.
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Entsprechend den Regelungen in § 5 TV ATZ ÖD und der Protokollerklärung zu Absatz
2 dieser Vorschrift berücksichtigte die Klägerin bei der Ermittlung der Höhe der
Aufstockungsbeträge als bisheriges Bruttoarbeitsentgelt des H H ein Entgelt, das auch
Erschwerniszuschläge und Zulagen für Rufbereitschaften umfasste. Für die
Freizeitphase, in der diese beiden Entgeltbestandteile nach dem Inhalt der
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tarifvertraglichen Regelung nicht zu zahlen waren, berechnete die Klägerin aus den in
der Arbeitsphase der Altersteilzeit unregelmäßig zugeflossenen Entgelten einen
monatlichen Durchschnittsbetrag von 413,30 DM, den sie bei den von ihr gezahlten
Aufstockungsbeträgen zum Arbeitsentgelt und zu den Rentenversicherungsbeiträgen
zugrunde legte.
Mit Bescheid vom 21.11.2000 bewilligte die Beklagte für diesen Zeitraum
Förderleistungen nach dem AtG in Höhe von 8.353,00 DM und führte aus, die Klägerin
habe die Aufstockungsbeträge zum Lohn und den Beiträgen zur Rentenversicherung
nicht richtig ermittelt. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 09.02.2001 als unbegründet zurück. Da das während der
Freizeitphase der Altersteilzeit gezahlte Brutto-Teilzeitentgelt die streitigen
Entgeltbestandteile nicht umfasse, könne eine fiktive Betrachtungsweise nicht zu einer
Erhöhung der Erstattungsleistungen nach dem AtG führen. Habe der Arbeitnehmer in
der Freistellungsphase tatsächlich keinen Anspruch auf bestimmte Bezügebestandteile,
könnten diese bei der Berechnung der Aufstockungsbeträge nicht berücksichtigt
werden.
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Mit ihrer hiergegen am 05.03.2001 bei dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen
erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, während der Arbeitsphase der
Altersteilzeit habe der Arbeitnehmer H auch tarifliche Zuschläge für
erschwerniszuschlagsberechtigende Arbeiten sowie tarifliche Entgelte für die Leistung
von Rufbereitschaften erhalten. Diese tariflichen Lohnbestandteile seien entsprechend
den gesetzlichen und tariflichen Vorgaben für die Altersteilzeit bei der Ermittlung der
gesetzlichen und tariflichen Mindestlöhne und somit bei der Ermittlung der Aufstockung
auf 70% bzw. 83% von der Klägerin mit einem aus der Arbeitsphase errechneten
Durchschnittsbetrag berücksichtigt worden. Die Beklagte verweigere die Erstattung von
Aufwendungen, obwohl die Klägerin im Falle von Altersteilzeitarbeit verpflichtet sei,
unständige Bezügebestandteile aus der Arbeitsphase entgelterhöhend zu
berücksichtigen. Zudem werde mit der Außerachtlassung dieser Beträge in der
Freizeitphase die gesetzliche Mindestnettogarantie von 70% des bisherigen
Arbeitsentgelts unterlaufen.
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Während des Klageverfahrens vor dem SG hat die Beklagte mit dem weiteren Bescheid
vom 26.03.2001 die Erstattungsleistungen an die Klägerin für den Zeitraum vom
01.07.2000 bis 31.12.2000 auf einen Gesamtbetrag von 11.804,24 DM festgesetzt.
Hierbei ließ sie erneut die aufgrund tarifrechtlicher Verpflichtung in die
arbeitgeberseitige Aufstockung einzubeziehenden Entgeltbestandteile
(Erschwerniszulagen, Rufbereitschaften) bei der Ermittlung der Erstattungsleistungen
nach § 4 AtG außer Betracht.
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Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 09.01.2002 unter teilweiser Aufhebung des
Bescheides vom 21.11.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
09.02.2001 antragsgemäß verurteilt, der Klägerin Leistungen in Höhe von 5.413,32
EUR zu erstatten. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf die Vorschriften des
AtG ausgeführt, bei der Ermittlung der Höhe der Aufstockungsbeträge sei als bisheriges
Arbeitsentgelt im Sinne von § 6 AtG das Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das der in
Altersteilzeit beschäftigte Arbeitnehmer für eine Arbeitsleistung bei bisheriger
wöchentlicher Arbeitszeit zu beanspruchen habe, soweit es die
Beitragsbemessungsgrenze des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch nicht überschreite.
Nach diesen Grundsätzen sei bei der Berechnung des Vollzeitentgelts maßgeblich das
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Entgelt, das dem Altersteilzeitarbeitnehmer vertraglich geschuldet werde. Hierzu
gehörten nicht nur das monatliche Grundgehalt, sondern alle echten Lohnbestandteile.
Zu diesen seien die Entgelte für Rufbereitschaften sowie die Erschwerniszulagen zu
rechnen. Richtig sei zwar, dass der Arbeitnehmer H während der Freizeitphase seiner
Altersteilzeit im Jahre 2000 weder zu Rufbereitschaften herangezogen worden sei noch
tatsächlich Arbeitserschwernissen unterlegen habe und diese beiden
Entgeltbestandteile von Monat zu Monat differieren könnten. Das diesbezügliche
Arbeitsentgelt sei jedoch konkret feststellbar, indem man dessen durchschnittliche Höhe
in der Arbeitsphase des Jahres 1999 errechne. Eine andere Ermittlung des bei der
Berechung zugrunde zu legenden bisherigen Arbeitsentgelts widerspreche dem Sinn
und Zweck des AtG, da ansonsten erhebliche Bestandteile des zuvor erzielten Entgelts
entfielen.
Gegen das am 08.03.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.03.2002 Berufung
eingelegt. Sie bekräftigt ihre Auffassung, dass Bezügebestandteile, auf die in der
Freistellungsphase kein Anspruch bestehe, auch dann nach dem AtG nicht als
bisheriges Arbeitsentgelt berücksichtigt werden könnten, wenn sie in die tarifvertragliche
Aufstockung auf 83% des bisherigen Entgelts gemäß § 5 Abs. 2 TV ATZ ÖD Eingang
gefunden hätten. Die hieraus resultierenden Aufstockungsbeträge seien nicht
erstattungsfähig. Der Begriff des bisherigen Arbeitsentgelt in § 6 Abs. 1 AtG könne nicht
isoliert aus dem Wortlaut des Gesetzes gefolgert werden, sondern müsse dessen Sinn
und Zweck sowie den Zusammenhang mit denjenigen Vorschriften (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. a) und b), § 4 Abs. 1 AtG) erfassen, die auf ihn Bezug nähmen. Danach sei über
den Wortlaut des § 6 Abs. 1 AtG hinaus, der zunächst an eine fiktive Festlegung des
Vollzeitentgelts denken lasse, eine konkrete Betrachtung anzustellen. Hierbei sei zu
berücksichtigen, dass der Vorschrift eine Ergänzungsfunktion im Zusammenhang mit
der Grundaufstockung zukomme. Daher sei die zusätzliche Aufstockung nur möglich,
wenn insoweit Arbeitsentgelt gezahlt werde, dass der Grundaufstockung unterliege.
Maßgeblich sei das Entgelt, das der Arbeitnehmer ohne Reduzierung der Arbeitszeit
erzielt hätte, wobei der Umstand zu berücksichtigen sei, dass er sich in der
Freizeitphase der Altersteilzeit befinde.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 09.01.2001 zu ändern und die Klage -
auch gegen den Bescheid vom 26.03.2001 - abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, die Beklagte unter teilweiser
Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, bei der Berechung des
Erstattungsbetrages die Entgelte für Erschwerniszulagen und Rufbereitschaften zu
berücksichtigen.
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Die Klägerin und Berufungsbeklagte trägt vor, die tarifvertragliche Regelung in § 5 Abs.
2 Satz 2 TV ATZ ÖD orientiere sich am eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 1 AtG. Wie
bei der Weiterzahlung des Arbeitsentgelts nach § 4 des Entgeltfortzahlungsgesetzes
(EFZG) sei zu prüfen, welches dem Grunde nach beitragspflichtige Arbeitsentgelt der
Arbeitnehmer erziele, wenn er sich nicht in der Altersteilzeit befinde, sondern sein
Arbeitsverhältnis mit der tariflichen Arbeitszeit fortsetze.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte
und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben
vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
38
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 09.01.2002 zu Recht verurteilt, Förderleistungen
an die Klägerin für deren ehemaligen Arbeitnehmer H unter Berücksichtigung der
streitigen Lohnbestandteile für Erschwernisse und Rufbereitschaften zu zahlen.
39
Nachdem die Klägerin ihren Klageantrag im Berufungsverfahren hinsichtlich der
Erstattungshöhe zulässigerweise beschränkt hat (§ 153 Abs. 1 des
Sozialgerichtsgesetzes - SGG - i.V.m. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG), ist Gegenstand des
Berufungsverfahrens ein Anspruch der Klägerin auf höhere Erstattungsleistungen dem
Grunde nach unter Berücksichtigung der aufgrund tarifrechtlicher Verpflichtung in die
arbeitgeberseitige Aufstockung einzubeziehenden Entgelte für erschwerniszuschlags
berechtigende Arbeiten und Rufbereitschaften. Die Aufstockung bezieht sich auf das
Arbeitsentgelt und die Beiträge zur Rentenversicherung für den
Altersteilzeitarbeitnehmer H.
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Zwar steht die genaue Höhe der Förderleistungen nach dem AtG unter
Berücksichtigung der streitigen Entgeltbestandteile nicht fest, da sich nach den
Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2003 noch geringe
Veränderungen bei deren Berechnung nach der Protokollerklärung zu § 5 Abs. 2 TV
ATZ ÖD ergeben können. Dies steht der Anwendbarkeit der für Grundurteile geltenden
Vorschrift des § 130 SGG in dem hier vorliegenden Höhenstreit jedoch nicht entgegen,
da die ergänzende Berücksichtigung der Erschwerniszulagen und Entgelte für
Rufbereitschaften in jedem Fall eine erhöhte Erstattungsleistung gegenüber den
bisherigen Berechnungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden ergibt (Zur
Zulässigkeit eines Grundurteils im Höhenstreit: BSG, Urteil vom 04.09.2001, Az. B 7 AL
84/00 R, SozR 3 - 4300 § 137 Nr.1; BSG, Urteil vom 19.05.1982, Az. 11 RA 47/81, SozR
2200 § 1241 Nr. 22; A.A. BSG, Urteil vom 13.03.1997, Az. 11 RAr 79/96, SozR 3-4100 §
138 Nr. 10). Das Verfahren betrifft den gesamten Anspruchszeitraum vom 08.02.2000
bis 31.12.2000, da neben dem Bescheid vom 21.11.2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides 09.02.2001 auch der Bescheid vom 26.03.2001 gemäß § 96
Abs. 1 SGG einzubeziehen ist. Die Beklagte war auf die nach § 54 Abs. 4 SGG
zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu höheren
Erstattungsleistungen unter entsprechender Abänderung der angefochtenen Bescheide
zu verurteilen, da auch die sonstigen Voraussetzungen für die Erbringung von
Erstattungsleistungen nach § 4 AtG vorliegen.
41
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 10.05.2000 entsprechend dem in § 12 AtG
beschriebenen Verfahren zu Recht (vorab) festgestellt, dass die gesetzlichen
Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen nach dem AtG für den
Altersteilzeitarbeitnehmer H erfüllt sind. Sie hat sich verbindlich verpflichtet, der Klägerin
in der Zeit vom 08.02.2000 bis 31.12.2000 als Leistungen in doppelter Höhe u.a. die
"Aufstockung des Arbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit in Höhe von 20 v.H. bzw. bis
zur Höhe des Mindestnettobetrages (ggf. Aufstockung auf mindestens 70 v.H. des
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pauschalierten bisherigen Nettoarbeitsentgelts) ..." zu erstatten. Ein Anspruch der
Klägerin auf Förderleistungen unter Berücksichtigung von Erschwerniszulagen und
Entgelte für Rufbereitschaften ergibt sich aus Regelungen des AtG.
Für die hier vorliegende Ausgestaltung der Altersteilzeitarbeit im Blockmodell regelt §
12 Abs. 3 AtG, dass die Leistungen für zurückliegende Zeiten jeweils in monatlichen
Teilbeträgen ausgezahlt werden. Die Höhe der Förderleistungen für zurückliegende
Zeiten bestimmt sich nach der Höhe der laufenden Zahlungen in der Freistellungsphase
(Sätze 3 und 4). Nach § 4 Abs. 1 AtG in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes
zur Fortentwicklung der Altersteilzeit vom 20.12.1999 (BGBl I S. 2494) erstattet die
Beklagte dem Arbeitgeber den Aufstockungsbetrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AtG
in Höhe von 20 v.H. des für die Altersteilzeitarbeit gezahlten Arbeitsentgelts, jedoch
mindestens den Betrag zwischen dem für die Altersteilzeitarbeit gezahlten
Arbeitsentgelt und dem Mindestnettobetrag (Nr. 1), und dem Betrag, der nach § 3 Abs. 1
Nr. 1 Buchst. b AtG in Höhe des (Rentenversicherungs-)Beitrags geleistet worden ist,
der auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90 v.H. des bisherigen Arbeitsentgelts im
Sinne des § 6 Abs. 1 AtG und dem Arbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit entfällt (Nr.
2). Nach § 3 Abs. 1 AtG setzt der Anspruch auf Leistungen nach § 4 AtG voraus, dass
der Arbeitgeber auf Grund eines Tarifvertrages ... oder einer Vereinbarung mit dem
Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit um mindestens 20 v.H. dieses
Arbeitsentgelts, jedoch auf mindestens 70 v.H. des um die gesetzlichen Abzüge, die bei
Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten bisherigen Arbeitsentgelts im Sinne
des § 6 Abs. 1 (Mindestnettobetrag) aufgestockt hat (§ 3 Abs. 1 Buchst. a AtG) und für
den Arbeitnehmer Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mindestens in Höhe
des Beitrags entrichtet hat, der auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90 v.H. des
bisherigen Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 und dem Arbeitsentgelt für die
Alterteilzeitarbeit entfällt (§ 3 Abs. 1 Buchst. b AtG). Nach § 6 Abs. 1 AtG ist bisheriges
Arbeitsentgelt im Sinne des AtG das Arbeitsentgelt, das der in Altersteilzeit beschäftigte
Arbeitnehmer für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit zu
beanspruchen hätte, soweit es die Beitragsbemessungsgrenze des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch nicht überschreitet.
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Ausgehend von § 12 Abs. 3 Satz 4 AtG berechnet sich die Höhe der
Erstattungsleistungen der Beklagten ausschließlich nach den Aufstockungsleistungen,
die der Arbeitgeber in der Freistellungsphase des Altersteilzeitarbeitnehmers, also in
der durch die Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes abgedeckten Zeit, zu zahlen hat (BT-
Drucks 13/4877 S. 35). Dabei hängt die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden
Beiträge der Aufstockung zum Arbeitsentgelt und der Höherversicherung nach § 4 AtG
daran, dass in der geltend gemachten Höhe auf die Zahlung der
Aufstockungsleistungen ein Rechtsanspruch besteht (Martin, Gleitender Übergang in
den Ruhestand, in: Weiss/Gagel, Handbuch des Arbeits- und Sozialrechts, § 22 C Rn.
18 ff.) und die Aufstockungsleistungen in der gesetzlichen Mindesthöhe tatsächlich
gezahlt worden sind (Winter, Das neue Altersteilzeitgesetz, in: RV 2000, 185 f.).
44
Unstreitig ist, dass die Klägerin entsprechend den tarifvertraglichen Regelungen des TV
ATZ ÖD an den Arbeitnehmer H in der Zeit vom 08.02.2000 bis 31.12.2000 die geltend
gemachten Aufstockungsbeträge zum Arbeitsentgelt und zur Höherversicherung
tatsächlich erbracht hat. Die Beklagte kann auch nicht einwenden, dass die Erbringung
der Leistungen auf einer unzutreffenden Auslegung der tariflichen Bestimmungen des
TV ATZ ÖD oder der gesetzlichen Regelungen des AtG beruht. Zunächst ist nach den
anwendbaren tarifvertraglichen Bestimmungen bei der Festlegung der von der Klägerin
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zu leistenden Aufstockungsbeträge zwischen regelmäßigen Einkommensbestandteilen,
die in Monatsbeträgen gezahlt werden, und den unregelmäßigen
Einkommensbestandteilen, also Bezügen, die üblicherweise in die Berechnung des
Aufschlags zur Urlaubsvergütung bzw. des Zuschlags zum Urlaubslohn einfließen (§ 4
Abs. 1 TV ATZ ÖD), zu unterscheiden. Letztere, zu denen die hier streitigen
Erschwerniszulagen und Entgelte für Rufbereitschaften (ohne tatsächliche Arbeit in
Rufbereitschaft) zählen, werden entsprechend dem Umfang der tatsächlich geleisteten
Arbeit zusätzlich zu dem fortlaufend gezahlten Altersteilzeitentgelt gezahlt, das
grundsätzlich der Hälfte der in Monatsbeträgen festgelegten Einkommensbestandteile
entspricht (§ 4 Abs. 1 TV ATZ ÖD). Zwar entfallen die nicht regelmäßig gezahlten
Entgeltbestandteile in der Freistellungsphase des Blockmodells. Die Klägerin hat
jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Lohnbestandteile entsprechend den
tariflichen Bestimmungen für die Altersteilzeit bei der Ermittlung des
Mindestnettobetrages nach § 5 Abs. 2 TV ATZ ÖD heranzuziehen sind.
Diese tarifvertraglichen Regelungen entsprechen den gesetzlichen Vorgaben für die
Ermittlung des Mindestnettobetrages nach den §§ 3, 6 AtG. Der Mindestnettobetrag wird
demnach auf der Grundlage des bisherigen Arbeitsentgelts berechnet. Bei der
Ermittlung des bisherigen Arbeitsentgelts im Sinne von § 6 Abs. 1 AtG ist nicht auf das
in der Freistellungsphase tatsächlich gezahlte Entgelt, sondern auf das bei bisheriger
wöchentlicher Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt abzustellen. Entgegen der
Auffassung der Beklagten, die unter dem Begriff des bisherigen Arbeitsentgelts im Sinne
von § 6 Abs. 1 AtG das auf die bisherige Arbeitszeit hochgerechnete konkrete
Teilzeitentgelt während der Freistellungsphase versteht, ist der Aufstockungsbetrag des
Arbeitgebers hinsichtlich der zu berücksichtigenden Entgeltbestandteile auf der
Grundlage desjenigen Brutto- bzw. Nettoarbeitsentgelts zu ermitteln, das der
Arbeitnehmer erhalten würde, wenn er seine Arbeitszeit nicht im Rahmen der
Altersteilzeit vermindert hätte. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung der Regelung in §
3 Abs. 1 AtG, die nach ihrem Wortlaut unterscheidet zwischen dem konkret für die
Altersteilzeitarbeit vereinbarten Arbeitsentgelt, das ("dieses Arbeitsentgelt") in einem
ersten Schritt um 20 v.H. der Bruttobezüge aufgestockt wird (Grundaufstockung), und
dem bisherigen Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 AtG, welches
Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des Mindestnettobetrages ist. Auf der
Grundlage dieser Vorschrift und der hiermit übereinstimmenden Bestimmung des
Mindestnettobetrags in § 5 Abs. 2 Satz 2 TV ATZ ÖD werden im Ergebnis nahezu alle
vor Eintritt in die Altersteilzeit erbrachten Einkommensbestandteile (Ausnahmen:
steuerfreie Zuschläge, Überstundenvergütungen, Vergütungen für tatsächlich geleistete
Arbeit in der Rufbereitschaft) in die Ermittlung des Mindestnettobetrags einbezogen, als
wenn die Arbeitszeit nicht reduziert worden wäre (Pieper, Tarifvertrag zur Altersteilzeit
im öffentlichen Dienst, in: Der Personalrat 1998, 347, 351).
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Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen und hiermit überstimmenden tarifvertraglichen
Regelungen soll der Mindestnettobetrag zugleich eine Untergrenze für die Ermittlung
der zu erbringenden Aufstockungsleistungen darstellen. Die Höhe der
Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers und - hieran anknüpfend (§ 4 Abs. 1 Nr. 1
AtG) - der Förderleistungen der Beklagten orientiert sich daher nicht an dem tatsächlich
in der Freistellungsphase gezahlten Entgelt, sondern an dem bei bisheriger
wöchentlicher Arbeitszeit zustehenden (Vollzeit-) Arbeitsentgelt. Vergleichsmaßstab für
die Festlegung des (zwingend) fiktiven Bruttoeinkommens ist das Arbeitsentgelt, das
beansprucht werden könnte, wenn die Arbeitszeit im Rahmen der Altersteilzeit nicht
reduziert worden wäre. Da der Gesetzgeber mit der Regelung in § 6 AtG an das Entgelt
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vor Eintritt in die Altersteilzeit insgesamt (d.h. auch vor Eintritt in die Arbeitsphase der
Altersteilzeit) anknüpft, findet die von der Beklagten gewählte Differenzierung bezogen
auf das Block- oder Teilzeitbeschäftigungsmodell im Gesetz keine Grundlage (s.a. SG
Nürnberg, Urteil vom 26.03.2002 - S 5 AL 302/01).
Bei der Auslegung der genannten Vorschriften hat der Senat auch berücksichtigt, dass
hinsichtlich der Vereinbarung von Blockarbeitszeiten in der Altersteilzeit der
herkömmliche Grundsatz, dass ein vereinbartes Entgelt als direkte Gegenleistung für
erbrachte Arbeitsleistung (i.d.R. pro Monat) gezahlt wird, nicht mehr uneingeschränkt
angewendet werden kann. In der Freistellungsphase der Altersteilzeit wird das
Altersteilzeitentgelt von dem Arbeitgeber vielmehr generell ohne konkrete und
unmittelbare Arbeitsleistung durch die Beschäftigten gezahlt
(Kerschbaumer/Tiefenbacher, Altersteilzeit in "Blockmodellen" in: ArbuR 1998, 58 ff. ).
Insofern beziehen sich die Erstattungsleistungen der Beklagten bei dem Blockmodell
der Altersteilzeit regelmäßig auf Entgeltansprüche, die - in gleicher Weise wie die hier
streitigen Entgeltbestandteile - nicht auf zeitgleicher tatsächlicher Arbeitsleistung
beruhen.
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Die von der Beklagten vertretene Auslegung der §§ 3,6 AtG führt zudem zu einer
unterschiedlichen Behandlung von Altersteilzeitarbeitnehmern mit durchgehend
hälftiger Beschäftigung und solchen im Blockmodell. Während in einem
Altersteilzeitmodell mit durchgehender Teilzeittätigkeit die unregelmäßigen
Einkommensbestandteile auf die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit (Vollzeit)
hochzurechnen wären und in die Berechnung des Mindestnettobetrages einfließen
würden, wäre die entsprechende Entgeltsicherung für den Altersteilzeitarbeitnehmer im
Blockmodell nach der von der Beklagten vertretenen Auslegung der §§ 3,6 AtG nicht
gegeben. Unabhängig von der Art und Weise der Ausgestaltung der Altersteilzeit soll
nach dem Sinn und Zweck des AtG jedoch erreicht werden, dass der
Altersteilzeitarbeitnehmer mindestens einen Betrag um 70 % des früheren
Nettoeinkommens erhält (Martin, a.a.0., § 22 C Rn. 19). Der Gesetzgeber wollte mit der
Ausgestaltung der Aufstockungsleistungen sicherstellen, dass der Arbeitnehmer
mindestens 70 % des pauschalierten Nettoarbeitsentgelts erhält, das er erhalten würde,
wenn er seine Arbeitszeit nicht im Rahmen der Altersteilzeit vermindert hätte (BT-
Drucks. 13/4336). Zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung der
Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell sieht es der Senat daher -entsprechend der
Protokollerklärung zu § 5 Abs. 2 TV ATZ ÖD - als sachgerecht an, bei der Ermittlung des
fiktiven Bruttoeinkommens (bisheriges Arbeitsentgelt) während der Freistellungsphase
einen Durchschnittsbetrag aus den in der Arbeitsphase erzielten unständigen
Einkommensbestandteilen zu ermitteln und der Berechnung der
Aufstockungsleistungen sowie der Förderleistungen zugrunde zu legen.
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Da sich die Höhe der Förderleistungen auch für die zurückliegende Zeit nach dem
eindeutigen Wortlaut des § 12 Abs. 3 AtG ausschließlich nach den
Aufstockungsleistungen berechnet, die der Arbeitgeber in der Freistellungsphase des
Altersteilzeitarbeitnehmers, also in der durch die Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes
erfassten Zeit, zu zahlen hat, kann nicht berücksichtigt werden, dass die Klägerin
während der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitnehmers H an diesen tatsächlich
geringere Aufstockungszahlungen für den Lohn und die Rentenversicherungsbeiträge
erbringen musste. Die geringeren Arbeitgeberzahlungen ergeben sich aus dem
tarifvertraglich vorgesehenen, unterschiedlich hohen Teilzeitentgelt für die Arbeitsphase
und die Freistellungsphase im Blockmodell. Hierbei erhöht sich das während der
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Arbeitsphase ausgezahlte Arbeitsentgelt dadurch, dass die hier streitigen
Erschwerniszulagen und Entgelte für Rufbereitschaften (ohne tatsächliche Arbeit in
Rufbereitschaft) als unregelmäßige Lohnbestandteile entsprechend dem Umfang der
tatsächlich geleisteten Arbeit (d.h. hier der Vollzeittätigkeit) zusätzlich zu dem fortlaufend
gezahlten Altersteilzeitentgelt gezahlt werden, das grundsätzlich der Hälfte der in
Monatsbeträgen festgelegten Einkommensbestandteile entspricht (§ 4 Abs. 1 TV ATZ
ÖD). Diese tarifvertragliche Regelung führt dazu, dass der tarifliche Mindestnettobetrag
nach § 5 Abs. 2 TV ATZ ÖD von 83 % ausgehend von einem höheren
Altersteilzeitentgelt des Beschäftigten mit einer geringeren Aufstockungsleistung des
Arbeitgebers erreicht wird. Da die nicht in Monatsbeträgen zu zahlenden
Einkommensbestandteile in der Freistellungsphase komplett wegfallen, ist die vom
Arbeitgeber tatsächlich geleistete Aufstockungszahlung in dieser Zeit entsprechend
höher. In gleicher Weise muss auch die Beklagte ausgehend von dem
Mindestnettobetrag des § 3 Abs. 1 Nr. a) AtG für die Freistellungsphase der Altersteilzeit
höhere Aufstockungsleistungen erbringen, da das zu berücksichtigende Teilzeitentgelt
des Arbeitnehmers geringer ist.
Die hiernach unterschiedlich hohen Erstattungsleistungen der Beklagten je nach
Ausgestaltung der Altersteilzeit hat der Gesetzgeber mit der Regelung zur
Verwaltungsvereinfachung in § 12 Abs. 3 Satz 4 AtG hingenommen. Nach dem
ausdrücklichen Wortlaut dieser Vorschrift wird für die Höhe der Förderleistungen der
Beklagten an die Höhe der - auch tarifvertraglich ausgestalteten -
Aufstockungszahlungen des Arbeitgebers angeknüpft. Da das AtG eine entsprechende
gesetzliche Vorgabe nicht enthält, muss davon ausgegangen werden, dass eine strenge
Proportionalität zwischen reduzierter Arbeitszeit und Entgelthöhe nicht vorgeschrieben
ist. Die Höhe des Teilzeitarbeitsentgelts ist im Gesetz nicht bestimmt, sondern unterliegt
grundsätzlich der freien Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien (Preis/Rolfs, Das
Altersteilzeitgesetz, in: SGB 1998, 147, 151), womit wiederum unmittelbare
Auswirkungen auf die absolute Höhe der Aufstockungsbeträge verbunden sind. Die in
der Literatur beschriebene negative Konsequenz, dass ausschließlich in der
Arbeitsphase gezahlte Lohnbestandteile bei der Förderhöhe nicht berücksichtigt werden
können (Rittweger, Altersteilzeit, 1999, § 12 Rn. 14); Langenbrinck/Litzka, Altersteilzeit
im öffentlichen Dienst für Angestellte und Arbeiter, 2. Auflage 2000, § 6 Rn. 251) greift
hier nicht. Da die unständigen Lohnbestandteile nach § 5 Abs. 2 TV ATZ ÖD in
Verbindung mit der Protokollerklärung zu dieser Vorschrift bei der Ermittlung der
Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers herangezogen werden, sind sie - unter
Berücksichtigung der oben dargelegten Auslegung von § 6 AtG - auch bei der
Feststellung der Leistungen nach § 4 AtG zu berücksichtigen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache
zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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