Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 05.02.2010

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Landessozialgericht NRW, L 12 B 37/09 AL
Datum:
05.02.2010
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 12 B 37/09 AL
Vorinstanz:
Sozialgericht Duisburg, S 33 AL 67/09
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom
20.10.2009 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens
sind nicht zu erstatten.
Gründe:
1
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
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Zu Recht hat es das Sozialgericht abgelehnt, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu
bewilligen.
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Gemäß § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)
erhält ein Beteiligter, der auf Grund seiner persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse die Kosten für die Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten
aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint und hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
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Erfolgsaussichten in diesem Sinn bestehen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt
des Antragstellers aufgrund seiner Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden
Unterlagen zumindest für vertretbar erachtet und in tatsächlicher Hinsicht eine
Beweisführung für möglich hält. Dabei muss die Chance, den Prozess zu gewinnen,
mindestens genauso groß sein wie ihn zu verlieren. Dies ist grundsätzlich zu bejahen,
wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bisher ungeklärten
Rechtsfrage abhängt oder von Amts wegen weitere Ermittlungen gemäß § 103 SGG
durchzuführen sind, bevor die streit-erheblichen Fragen abschließend beantwortet
werden können (Bundesverfassungsgericht, NJW 1991, 413 ff.; NJW - RR 2002, 665 ff.;
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.06.2009 - L 20 B 6/09 AS -, Leitherer in:
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 73 a Rn. 7 und 7 a).
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Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Ablehnung der Prozesskostenhilfe nicht
zu beanstanden. Die Klage ist nicht erfolgversprechend.
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Es ist unwahrscheinlich, dass das Sozialgericht zu dem Ergebnis kommt, dass der
Sperrzeittatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. Drittes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB III) nicht verwirklicht ist. Dem Kläger ist nach Aktenlage mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit eine vorsätzliche Verletzung seines Arbeitsvertrages vorzuwerfen,
so dass er seine Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt hat.
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Zwar hat der Kläger zutreffend hervorgehoben, dass das Landesarbeitsgericht (LAG) die
gegen ihn ausgesprochene Kündigung im Ergebnis als Verdachtskündigung für
wirksam erachtet hat. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine
Verdachtskündigung für die Verwirklichung des Sperrzeittatbestandes ausreicht, ist
durchaus umstritten (vergl. Curkovic in: Nomos Kommentar Sozialgesetzbuch III, 3.
Auflage, § 144 Rd. 25). Das LAG hat allerdings ausgeführt, dass der erforderliche
Überzeugungsgrad zumindest hinsichtlich derjenigen Sachverhaltsumstände erreicht
wird, die einen dringenden Tatverdacht begründen und damit die Verdachtskündigung
tragen. Die Feststellung der Voraussetzungen einer sogenannten Tatkündigung ist
damit offengelassen und nicht etwa positiv verneint.
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Jedenfalls hat das LAG festgestellt, dass die Beweiserhebung des Arbeitsgerichts in
seinem Kerngehalt nicht zu beanstanden und dass eine Wiederholung der
Tatsachenfeststellung damit entbehrlich ist. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat
an. Auch wenn das Sozialgericht nicht an die arbeitsgerichtlichen Feststellungen
gebunden ist, so wäre eine Anknüpfung an die sorgfältige Beweiserhebung des
Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden. Die bloße Behauptung eines möglicherweise
anderen Geschehensablaufs ist in dieser Situation nicht (mehr) geeignet, eine
wesentlich abweichende Tatsachenfeststellung als ernsthaft möglich zu erachten.
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Aus Sicht des Senates ist es unwahrscheinlich, dass das Sozialgericht zu einer von
dem Arbeitsgericht abweichenden Würdigung der erhobenen Beweise kommen könnte.
Das LAG musste sich insoweit nicht auf die Tatkündigung festlegen, da bereits die
Feststellung der Wirksamkeit der Verdachtskündigung für den Prozessverlust des
Klägers ausreichte. Nach den vom Arbeitsgericht festgestellten Tatsachen spricht aber
alles dafür, dass der Kläger die Rückgabe eines Staubsaugers lediglich vortäuschte mit
dem Ziel, der Zeugin Akkoc eine Kompensation für deren vermeintlichen Verlust zu
verschaffen. Dies stellt eine vorsätzliche Arbeitsvertragsverletzung dar, bei deren
Aufdeckung der Kläger auch bei einfachster Anstrengung seiner intellektuellen
Fähigkeiten mit der fristlosen Kündigung und folglich mit Arbeitslosigkeit rechnen
musste.
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Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet, § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §
127 Abs. 4 ZPO.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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