Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.09.2007

LSG NRW: form, behinderung, wohnung, beratungspflicht, rentenanspruch, auskunftserteilung, versorgung, aufnehmen, vertreter, rechtskraft

Landessozialgericht NRW, L 11 KR 3/07
Datum:
21.09.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 11 KR 3/07
Vorinstanz:
Sozialgericht Köln, S 5 KR 180/03
Sachgebiet:
Krankenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom
15.11.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch
im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten über ein Auskunftsersuchen des Klägers.
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Die gesetzlichen Vertreter des 1992 geborenen und bei der Beklagten
familienversicherten Klägers haben am 09. Juli 2003 Klage erhoben mit dem Begehren,
die Beklagte zu Unterstützungshandlungen bzw. Erteilung von Auskünften zu
verurteilen. Dem Kläger fehle seit seiner Geburt die linke Hand ab Unterarm, da er
nunmehr das Gymnasium besuche trete seine Behinderung immer stärker in
Erscheinung. In den davor liegenden Jahren sei die Beklagte immer wieder sporadisch
um Gewährung von Hilfsmitteln oder Prothesen gebeten worden. Auf die letzten
Schreiben vom 12. Februar 2003 und 24. März 2003 sei keine Antwort erfolgt, so dass
nunmehr die Auskunftsklage erforderlich sei. Dem Kläger sei auch kein
Beratungsgespräch angeboten worden. Bis heute sei dem Kläger nicht einmal klar,
welche Leistungen die Beklagte überhaupt erbringen müsse.
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Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2006 nicht
erschienen ist, hat nach dem Inhalt seiner Schriftsätze beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, ihm die erforderliche Unterstützung in Form von Auskünften
über Hilfsmittel oder auch Auskunftsstellen, die ihn beraten, um ihm das Leben
angenehmer und seine Behinderung erträglicher zu gestalten würde, zu erteilen.
Darüber hinaus beantragt er, ihn über seine gesetzlichen Ansprüche gegenüber den
sozialen Leistungsträgern zu beraten und zu unterstützen, ggfls. auch in Form von
finanziellen Ansprüchen gegenüber anderen sozialen Einrichtungen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat vorgetragen, ihr sei kein Vorgang in der Sache bekannt. Sie sei aber
selbstverständlich bereit, den Kläger in Hilfsmittelfragen umfassend zu beraten. Zwecks
dessen könne er sich ohne Erhebung einer gerichtlichen Klage an die Geschäftsstelle in
L wenden. Die dort tätigen Rehabilitationsberater würden dann umgehend mit ihm
Kontakt aufnehmen. Für das Hilfsmittelzentrum der Beklagten sei eine Beratungsfirma
tätig, die Orthopädietechniker, Rehatechniker, Ärzte und Experten in Bezug auf die
Versorgung
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mit Hilfsmitteln beschäftigten. Diese nähmen auch Termine für die Beklagte bei den
Versicherten wahr, in dem sie vor Ort Gespräche über die Möglichkeiten und
Notwendigkeiten der Hilfsmittel im einzelnen sowie das Bestehen etwaiger Alternativen
besprechen würden. Die Beklagte hat insbesondere darauf hingewiesen, dem Kläger im
Rahmen des Klageverfahrens angeboten zu haben, einen Termin in seiner Wohnung
mit einem Mitarbeiter zu vereinbaren, um vor Orte die erforderliche Hilfsmittelversorgung
zu klären. Sie habe jedoch vergeblich versucht, den Kläger zu erreichen.
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Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 15.01.2006 abgewiesen. Es sei nicht
ersichtlich, dass die Beklagte ihrer Auskunfts- und Beratungspflicht nach den §§ 13 und
14 des Sozialgesetzbuches (SGB) I nicht nachgekommen sei. Die Schreiben des
Klägers vom 12. Februar 2003 und 24. März 2003 seien bei der Beklagten nicht
eingegangen. Im Erörterungstermin vom 02. März 2005 habe sich die Beklagte dann
ausdrücklich nochmals bereit erklärt, über das neue Hilfsmittelzentrum den Kläger
beraten zu lassen. Nach diesem Termin sei mehrfach versucht worden, Kontakt zum
Kläger aufzunehmen, das sei aber nicht gelungen. In der mündlichen Verhandlung vom
15. November 2006, zu der der Kläger ordnungsgemäß geladen worden sei, sei er nicht
erschienen. In dieser Sitzung des Sozialgerichts habe die Beklagte nochmals ihre
Bereitschaft betont, dem Kläger Auskunft zu erteilen, es seien jedoch bisher vom Kläger
überhaupt noch keine Hilfsmittel beantragt worden.
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Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 27. Dezember 2006. Er sei mit der
Entscheidung des Sozialgerichts nicht einverstanden, da dieses offensichtlich seine
Ausführungen ignorieren und sich zu einem Interessenvertreter der Beklagten mache.
Im übrigen fehle jede gerichtliche Stellungnahme zur Frage, ob dem Kläger ein
Rentenanspruch zustehe. Die genannten Ansprechpartner der Beklagte seien nicht
erreichbar gewesen und hätten sich auch nicht gemeldet. Im übrigen sei nicht bekannt,
wofür er sich bei der Beklagten melden solle. Es stelle sich die Frage, warum die
Beklagte sich nicht bei ihm melde, wenn sie ihm etwas mitteilen möchte.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.11.2006 abzuändern und die Beklagte zu
verurteilen, ihm die erforderliche Unterstützung in Form von Auskünften bei Hilfsmitteln
oder Auskunftsstellen zu erteilen und ihn über seine gesetzlichen Ansprüche gegenüber
den sozialen Leistungsträgern zu beraten und zu unterstützen, ggfls. auch in Form von
finanziellen Ansprüchen gegenüber anderen sozialen Einrichtungen.
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Die Beklagte beantragt sinngemäß,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Begründung vertritt die Beklagte die Auffassung, die erstinstanzliche Entscheidung
beinhalte eine vollständige Darstellung des Sachverhalts und eine darauf beruhende
zutreffende rechtliche Bewertung.
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Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichts- und Verwaltungsakte sowie der Akten S 9 KR 214/05 und S 9 KR 213/05 ER
jeweils Sozialgericht Köln, die der Senat beigezogen hat und deren Inhalt er seiner
Entscheidung zugrunde gelegt sowie auf das Vorbringen der Beteiligten im übrigen
verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Der Senat konnte durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes
(SGG) entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche
Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind mit Schreiben vom
04.05.2007 darauf hingewiesen worden.
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Die Berufung des Klägers ist zulässig, ist aber nicht begründet, denn zu Recht hat das
Sozialgericht die Klage mangels Beschwer des Klägers nach § 54 Abs. 2 SGG
abgewiesen.
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Nach § 14 hat jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach
diesem Gesetzbuch (Satz 1). Zuständig für die Beratung sind Leistungsträger, denen
gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind (Satz 2).
Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen
Krankenversiche-rung und der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet, über alle
sozialen Angelegen-heiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen (§ 15 Abs. 1
SGB I).
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Unabhängig von der Frage, inwieweit der Anspruch auf Beratung bzw.
Auskunftserteilung von Amts wegen zu erfüllen ist oder ein konkretes
Sozialrechtsverhältnis voraussetzt (vgl. Seewald im Kasseler Kommentar zum SGB I,
Stand März 1995, § 14 Anm. 5ff) - letzteres ist angesichts der sich nicht in der
Verwaltungsakte befindlichen vom Kläger zitierten Schreiben vom 12. Februar 2003 und
24. März 2003 fraglich -, lässt sich auf keinen Fall feststellen, dass die Beklagte
etwaigen Beratungs- oder Auskunftspflichten nicht nachgekommen ist. Unmittelbar
nachdem ihr bekannt geworden ist, dass der Kläger entsprechende Beratungen und
Auskünfte begehrt, hat sie sich im gesamten Verfahren wiederholt bereit erklärt, diese
auch zu erteilen. Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, dass es während des
gesamten Klageverfahrens über einen Zeitraum vom Juli 2003 bis November 2006 nicht
möglich gewesen sein soll, einen entsprechenden Kontakt zwischen Kläger und
Beklagter zustande kommen zu lassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich
weigert, den Kläger zu beraten bzw. Auskünfte zu erteilen sieht der Senat entgegen der
Behauptung des Klägers nicht. Selbst im Berufungsverfahren hat der Kläger sich nicht
mit der Beklagten in Verbindung gesetzt, dies ergibt sich aus der vom Senat eingeholten
Auskunft vom 29. März 2007. Wenn der Kläger daraufhin mitteilt, es sei ihm nicht
bekannt, wofür er sich bei der Beklagten melden solle und vielmehr die Frage
aufdränge, aus welchem Grunde sich die Beklagte nicht bei ihm melde, ist diese
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Äußerung des Klägers nicht mehr nachzuvollziehen. Für den Senat drängt sich der
Eindruck auf, dass es dem Kläger offensichtlich nicht klar ist, was Gegenstand seines
gerichtlichen Verfahrens ist oder er einen von ihm nicht ernst gemeinten Anspruch
verfolgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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