Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 03.07.2006

LSG NRW: unangemessenheit, krankenversicherung, haftpflichtversicherung, rechtsschutzversicherung, unfall, rechtskraft, rechtseinheit, auflage, datum

Landessozialgericht NRW, L 19 B 11/06 AS NZB
Datum:
03.07.2006
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
19. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 19 B 11/06 AS NZB
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 29 AS 71/05
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im
Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09. Januar 2006 wird
zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu
erstatten.
Gründe:
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Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 11.11.2004 Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Alg II -
SGB II - für die Zeit vom 01.01. bis 31.03.2005 unter Berücksichtigung einer dem Kläger
gezahlten Geldrente für den Verlust eines Wohnrechts in Höhe von monatlich 120,-
EUR bei Absetzung einer Pauschale von 30,- EUR für Aufwendungen für freiwillige
Versicherungen.
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Widerspruch und Klage, mit denen der Kläger geltend gemacht hat, der
Schadensausgleich dürfe nicht als Einkommen angerechnet und von letzterem müssten
die tatsächlich gezahlten Versicherungsbeiträge abgesetzt werden, blieben erfolglos
(Widerspruchsbescheid vom 09.02.2005; Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom
09.01.2006).
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Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des
Sozialgerichts macht der Kläger geltend, den von ihm aufgeworfenen Fragen komme
eine grundsätzliche Bedeutung zu.
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Die Beschwerde ist zulässig. Die Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG
der Zulassung, weil der streitige Anrechnungsbetrag 500,- EUR nicht übersteigt.
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Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Der hier allein in Betracht zu ziehende
Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, wonach die Berufung bei grundsätzlicher
Bedeutung der Rechtssache zuzulassen ist, liegt nicht vor. Eine solche kommt einem
Rechtsstreit nur zu, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft,
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deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, die Rechtseinheit zu erhalten und die
Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/
Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Auflage, § 144 Rdnr. 28). Keine grundsätzliche
Bedeutung besteht, wenn die Entscheidung der eindeutigen Rechtslage entspricht, mit
der allgemeinen Auffassung auch im Schrifttum übereinstimmt und die ihr
widersprechende Auffassung eines Beteiligten abwegig erscheint (vgl. Zeihe,
Kommentar zum SGG, Rdnr. 21h zu § 144). Danach ist eine grundsätzliche Bedeutung
der vom Kläger aufgeworfenen Fragen zu verneinen.
Nach der eindeutigen Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II sind Ausgleichszahlungen
für Vermögensschäden grundsätzlich nicht privilegiert. Für eine von dieser
Gesetzeslage abweichende Beurteilung bezüglich der vom Kläger erhaltenen Geldrente
für den Verlust seines Wohnrechts gibt es keinen denkbaren Grund, zumal die Beklagte
die Mietkosten des Klägers trägt.
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In welchem Umfang Versicherungen, die nicht vorgeschrieben sind, als angemessen
anzusehen sind (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II,) ist bezüglich der vom Kläger
abgeschlossenen Versicherungsverträge hinreichend geklärt. Hierzu zählen die Unfall-,
Familien-/Haushalts- und Haftpflichtversicherungen (vgl. Brühl in LPK - SGB II Rdnr.
29/30 zu § 11; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, Rdnr. 146 zu § 11),
nicht aber die Rechtsschutzversicherung (vgl. Brühl in LPK - BSHG § 76 Rdnr. 69; VG
Arnsberg, ZfF 1989,9 im Hinblick auf die Möglichkeiten des Erhalts von
Prozesskostenhilfe) sowie die Krankenhausversicherungen (vgl. dazu LSG NRW Urt.
vom 22.05.2006 - L 20 SO 11/05 - im Hinblick auf die grundsätzliche Unangemessenheit
von Versicherungsleistungen über den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung
hinaus). Die monatlichen Beiträge für die danach allein zu berücksichtigenden
Versicherungen übersteigen aber nicht die gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG II - VO
bestimmte Pauschale von 30,- EUR, so dass die Angemessenheit dieser Pauschale im
vorliegenden Fall nicht zu überprüfen ist. Die Kfz-Haftpflichtversicherung hat die
Beklagte gesondert berücksichtigt. Dass der Kläger die nicht im Sinne des § 11 Abs. 2
Nr. 3 SGB II als angemessen anzusehenden Versicherungen möglicherweise nicht
fristgerecht zum 01.01.2005 kündigen konnte, ist kein Umstand, der die Einbeziehung
der entsprechenden Versicherungsbeiträge gegen die eindeutige Gesetzeslage
erlauben könnte.
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Die Beschwerde war daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193
SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
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Mit der Zurückweisung der Beschwerde wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund
vom 09.01.2006 rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§177 SGG).
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