Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 09.01.2002

LSG NRW: grobe fahrlässigkeit, arbeitslosenhilfe, arbeitsamt, bankguthaben, verwaltungsakt, bargeld, beendigung, bedürftigkeit, anfang, arbeitslosenversicherung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Sachgebiet:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Landessozialgericht NRW, L 12 AL 85/01
09.01.2002
Landessozialgericht NRW
12. Senat
Urteil
L 12 AL 85/01
Sozialgericht Köln, S 10 AL 33/00
Arbeitslosenversicherung
rechtskräftig
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichtes Köln
vom 15. März 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind
auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die Klägerin Arbeitslosenhilfe und entsprechend entrichtete Beiträge zur
Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 10.722,96 DM wegen nachträglich
festgestellter fehlender Bedürftigkeit zurückzahlen muss.
Die am ...1949 geborene Klägerin war vom 01.10.1975 bis 30.06.1993 als technische
Übersetzerin tätig. Das Arbeitsverhältnis endete wegen Arbeitsmangels. Die Klägerin
erhielt eine Abfindung in Höhe von 69.000,00 DM. Diese gab Sie bei der Beantragung von
Arbeitslosengeld an. Arbeitslosengeld wurde ihr ohne Sperrzeit ab 01.07.1993 für eine
Anspruchsdauer von 572 Tagen bewilligt und ausgezahlt.
Nach Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beantragte die Klägerin am
29.06.1995 die Gewährung von Anschlussarbeitslosenhilfe. Der Antragsvordruck wurde ihr
vom Zentralamt der Bundesanstalt zugesandt. Die Klägerin reichte ihn teilweise ausgefüllt
an die Arbeitsverwaltung zurück. Dort wurden weitere Eintragungen nach Rücksprache mit
Bediensteten der Arbeitsverwaltung vorgenommen. Diese Ergänzungen wurden mit
grünem Kugelschreiber getätigt. Die Frage nach Bargeld, Vermögen oder Bankguthaben
unter Ziffer 8a des Vordruckes war von der Klägerin offen gelassen worden. Mit grüner
Schrift findet sich der Eintrag: "3.708,90 DM Original lag vor". Unter Ziffer 8b ist eine
Kapitallebensversicherung angekreuzt worden. Beide Eintragungen sind durch die
Bediensteten der Arbeitsverwaltung erfolgt. Das Vorhandensein von Bausparverträgen,
Grundstücken, Wertpapieren und Sachwerten ist von der Klägerin selbst verneint worden.
Desweiteren ist durch die Arbeitsverwaltung eingetragen worden, dass es keine sonstigen
Vermögenswerte gebe. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab
29.04.1995 nach einem Bemessungsentgelt vom 1.300,00 DM. Wegen der
Berücksichtigung des Einkommens des Ehepartners wurden anfangs 78,37 DM auf die
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Arbeitslosenhilfe angerechnet. Den Fortzahlungsanträgen aus den Jahren 1996, 1997 und
1998 entsprach die Beklagte jeweils. Auf die Arbeitslosenhilfe wurde jeweils das
Einkommen des Ehegatten, nicht aber Vermögenswerte angerechnet.
Im Zusammenhang mit dem Fortzahlungsantrag für die Zeit ab 01.07.1998 erfuhr die
Beklagte von einem Festgeldkonto der Klägerin bei der ... Bank, welches nach der
Bescheinigung der ... Bank vom 31.08.1998 am 29.04.1995 ein Guthaben von 51.051,08
DM auswies. Die Klägerin teilte auf Nachfrage am 23.10.1998 mit, das Festgeldkonto sei
inzwischen aufgelöst und das Geld zum Lebensunterhalt verbraucht worden. Sie habe
inzwischen 8.000,00 DM Schulden. Aus der Bescheinigung vom 31.08.1998 ergibt sichauf
4 Konten insgesamt ein Guthaben bei der ... Bank per 29.04.1995 in Höhe von 50.212,49
DM.
Nach einer durchgeführten Anhörung hob die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.1999 die
Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 29.04.1995 bis 08.12.1995 auf mit der
Begründung, die Klägerin sei wegen des auf dem Festgeldkonto befindlichen Vermögens
für die Zeit von 32 Wochen nicht bedürftig gewesen. Es wurde zunächst ein Betrag von
insgesamt 14.665,12 DM zurückgefordert.
Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend: Ihr könne grobe Fahrlässigkeit nicht
angelastet werden. Im Arbeitslosengeldantrag und in der Arbeitsbescheinigung des
Arbeitgebers sei die Bruttoabfindung von 69.000,00 DM angegeben worden. Sie habe sich
mit dem unvollständig ausgefüllten Antrag auf Arbeitslosenhilfe persönlich zum Arbeitsamt
begeben. Vom Sachbearbeiter seien Fragen gestellt worden, die sie wahrheitsgemäß
beantwortet habe. Zur Abfindung sei keine Frage gestellt worden. Eben weil dem
Arbeitsamt die Zahlung der Abfindung und die Höhe bekannt gewesen sei, habe sie darauf
vertrauen dürfen, dass entweder der Sachbearbeiter die Abfindungszahlung von sich aus
berücksichtige oder aber dass die Abfindungszahlung rechtlich nicht von Bedeutung sei.
Daraufhin erteilte die Beklagte unter dem 16.12.1999 einen Änderungsbescheid, in
welchem sie zusätzlich einen Freibetrag von 10.000,00 DM anerkannte, weil es sich bei
dem auf dem Festgeldkonto befindlichen Betrag um eine Abfindung im Zusammenhang mit
der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gehandelt habe. Unter Berücksichtigung eines
Freibetrages von nunmehr 18.000,00 DM verblieben 32.212,49 DM, welche auf die
Arbeitslosenhilfe anzurechnen seien. Unter Berücksichtigung eines Bemessungsentgeltes
von 1.300,00 DM ergebe sich nach § 9 der Arbeitslosenhilfeverordnung (Alhi-VO) eine Zeit
von 24 Wochen fehlender Bedürftigkeit, also für die Zeit vom 29.04.1995 bis 13.10.1995.
Auf diesen Zeitraum wurde die Aufhebung der Bewilligung nunmehr beschränkt und ein
Erstattungsbetrag von 7.304,76 DM an Arbeitslosenhilfe und 3.418,20 DM an
Versicherungsbeiträgen geltend gemacht, insgesamt also ein Betrag von 10.722,96 DM
zurückgefordert. Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom
12.01.2000 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 11.02.2001 Klage vor dem Sozialgericht K ... erhoben. Sie
hat die Aufassung vertreten: Sie habe nicht grob fahrlässig falsche Angaben gemacht. Sie
habe einige Fragen des Vordrucks nicht verstanden und diese bewusst offen gelassen. Die
Bediensteten des Arbeitsamtes hätten nicht auf die bekannte Abfindung hingewiesen und
auch nicht nachgefragt, ob das Geld noch vorhanden gewesen sei. Deshalb habe sie auch
keine Angaben zum Festgeldkonto gemacht.
Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin beantragt,
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die Bescheide der Beklagten vom 17.03.1999 und 16.12.1999 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12.01.2000, abgeändert durch Bescheid vom 21.01.2000,
aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist bei ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung
verblieben. Die Klägerin habe die eindeutige Frage nach dem Vorhandensein von
Vermögen unzutreffend beantwortet. Ihr Festgeldkonto habe die Klägerin verschwiegen.
Die Mitarbeiter des Arbeitsamtes hätten von sich aus keine Veranlassung gehabt,
Rückfragen zu einer im Jahr 1993 ausgezahlten Abfindung und deren Verbleib zu stellen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Bediensteten des
Arbeitsamtes K ... J ... B ... und G ... M ... Diese haben bestätigt, dass sie den nur teilweise
ausgefüllten Vordruck zur Bewilligung von Arbeitslosenhilfe mit der Klägerin
durchgegangen seien. Frau M ... hat bestätigt, ohne nähere Anhaltspunkte nicht nach
Anlageformen wie Festgeldkonten zu fragen, da die Antragsteller ja verpflichtet seien, von
sich aus wahrheitsgemäße Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen zu machen.
Mit Urteil vom 15.03.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die
Rechtsauffassung der Beklagten bestätigt, wonach die Klägerin für die Zeit vom 29.04.1995
bis 13.10.1995 wegen der Anrechnung von Vermögen nicht bedürftig gewesen sei und
dass diese 10.722,96 DM zurückzahlen müsse. Die Klägerin habe ihr Festgeldkonto nicht
angegeben. Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie im Juli 1993
im Zusammenhang mit der Beantragung von Arbeitslosengeld die Abfindung angeben
habe. Dieser Zeitraum habe 2 Jahre zurückgelegen und das Schicksal der Abfindung sei
dem Arbeitsamt völlig unbekannt gewesen. Es sei auch erstaunlich, dass die Klägerin im
Zusammenhang mit der Frage nach Bargeld und Bankguthaben ein Sparbuch mit einem
Wert von 3.708,90 DM angebe, nicht aber den weitaus höheren Betrag auf dem
Festgeldkonto. Die Bedienstete des Arbeitsamtes sei nicht verpflichtet gewesen, die
Klägerin danach zu fragen, ob die Vermögens- und Einkommensverhältnisse aus Sommer
1993 auch noch im Sommer 1995 vorhanden seien. Die Klägerin habe vielmehr von sich
aus ihren gesamten Vermögensstand angeben müssen. Tue sie dies nicht, so sei dies grob
fahrlässig.
Gegen dieses ihr am 03.04.2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 27.04.2001
eingegange Berufung der Klägerin. Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung: Ihr könne
grobe Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit der Beantragung von Arbeitslosenhilfe im April
1995 nicht vorgeworfen werden. Sie habe sich mit den Formularen nicht ausgekannt und
habe bewusst ihr zweifelhaft erscheinende Posten nicht beantwortet. Dies habe sie im
Zusammenwirken mit den Bediensteten des Arbeitsamtes tun wollen. Diese hätten ihr
jedoch keine Beratung zuteil werden lassen. Man habe sie lediglich nach Sparkonten
gefragt und nach nichts anderem. Bezüglich des Abfindungsbetrages sei sie davon
ausgegangen, dass dieser dem Arbeitsamt bekannt sei und das dieser nicht nochmals
habe angegeben werden müssen. Einen Betrag von rund 60.000,00 DM würde man nicht
so einfach ausgeben. Dies hätte dem Arbeitsamt auffallen müssen und es hätte sich zu
einer Rückfrage gedrängt fühlen müssen. Durch die Nichtbeantwortung einzelner Fragen
sei offensichtlich gewesen, dass die Klägerin mit dem Formular nicht zu Recht gekommen
und überfordert gewesen sei. Wenn dann seitens der Beklagten keine Rückfragen nach
ursprünglich von der Klägerin angegebenen Abfindungsbeträgen gehalten würden, so
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könne der Klägerin keine grobe Fahrlässigkeit vorgehalten werden. Das Festgeldkonto sei
für die Klägerin die Abfindung gewesen, von der sie unterstellt habe, dass der
Sachbearbeiter hiervon gewusst habe. Gerade aus den Sparbüchern sei doch zu
entnehmen gewesen, dass der Abfindungsbetrag eben gerade nicht hier auf geflossen,
sondern anderweitig angelegt worden sei. Nicht die Klägerin, sondern die Bediensteten
des Arbeitsamtes hätten einfachste und ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt.
Diese hätten erkennen können und müssen, dass die Abfindung noch nicht verbraucht
worden sei. Im Übrigen habe die Klägerin inzwischen das Festgeldkonto für ihren
Lebensunterhalt vollständig verbraucht und sei zu einer Rückzahlung nicht in der Lage.
Auch dies müsse die Beklagte bei der Rückforderung unter Billigkeitsgesichtspunkten im
Rahmen der Ermessensausübung berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts K ... vom 15.03.2000 abzuändern und nach ihrem
erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie weist erneut daraufhin: Zum
Zeitpunkt des Antrags auf Arbeitslosenhilfe hätten die Angaben zur Abfindung bereits zwei
Jahre zurück gelegen und den Mitarbeitern der Beklagten sei der Verbleib der Abfindung
vollkommen unbekannt gewesen. Es habe im Rahmen der Bearbeitung des Antrags auf
Arbeitslosenhilfe keine Veranlassung bestanden, die Angaben im zwei Jahre
zurückliegenden Antrag auf Arbeitslosengeld zu überprüfen und Nachfragen zu stellen. Im
Übrigen sei es ungewöhnlich, dass man einen geringen Betrag auf einem Sparkonto in
Höhe von 3.708,90 DM angebe, den wesentlich höheren auf einen Festgeldkonto dagegen
nicht.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte mit der Kundennummer: ...
Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend
entschieden, dass die Entscheidung der Beklagten, die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe
für die Zeit vom 29.04.1995 bis 13.10.1995 von Anfang an zurückzunehmen und die
Erstattung in Höhe von 10.722,96 DM zu verlangen, rechtmäßig war. Die Voraussetzungen
für die Anwendung des §§ 45, 50 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) haben für den
genannten Zeitraum vorgelegen.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig
ist, unter gewissen Voraussetzungen auch mit Wirkung für die Vergangenheit
zurückgenommen werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Begünstigte nicht
auf Vertrauen berufen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte insbesondere dann
nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte
vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig
gemacht hat, § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen
vor. Die Klägerin konnte Arbeitslosenhilfe nach Auslaufen des Anspruchs auf
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Arbeitslosengeld ab dem 29.04.1995 nicht beanspruchen. Sie hatte zuvor Arbeitslosengeld
nach einem Bemessungsentgelt von zuletzt 1.300,00 DM bezogen. Bei Erfüllung aller
Anspruchsvoraussetzungen hätte sie Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt. Die Klägerin
war insbesondere arbeitslos, hatte Arbeitslosenhilfe beantragt und stand der
Arbeitsverwaltung zur Verfügung. Die in Höhe von 300,23 DM unter Berücksichtigung des
Ehegatteneinkommens gewährte Zahlung von Arbeitslosenhilfe war jedoch insgesamt
nicht gerechtfertigt, weil die Klägerin nicht bedürftig war im Sinne von § 134 Abs. 1 Nr. 4
AFG in der damals noch geltenden Fassung. Bedürftig im Sinne dieser Vorschrift war
damals eine Arbeitslose, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch
Arbeitslosenhilfe bestreiten konnte und das Einkommen, welches nach § 138 AFG zu
berücksichtigen war, die Arbeitslosenhilfe nach § 136 AFG nicht erreichte (vgl. § 137 Abs. 1
AFG).
Die Klägerin verfügte am 29.04.1995 über verwertbares Vermögen. Nach § 6 Abs. 1 Alhi-
VO ist Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar sowie seine
Verwertbarkeit zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist,
8.000,00 DM pro Person nicht übersteigt. Nach der vorliegenden Bescheinigung der
Dresdner Bank vom 31.08.1998 verfügte die Klägerin am 29.04.1995 über Spar- und
Festgeldvermögen in Höhe von 50.212,49 DM. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus
zwei Sparkonten und einem Festgeldkonto über 51.051,08 DM. Abgezogen worden ist das
im Minus geführte Girokonto mit einem Soll von 5.707,87 DM. Diese Aufstellung der
Dresdner Bank ist zwischen den Beteiligten auch inhaltlich nicht umstritten. Von diesem
Vermögen ist zunächst ein Freibtrag in Höhe von 8.000,00 DM abzuziehen, da die Klägerin
zum damaligen Zeitpunkt noch nicht verheiratet war. Ferner ist ein Betrag von 10.000,00
DM nach § 7 Abs. 1 Alhi-VO abzuziehen, da der Betrag auf dem Festgeldkonto nach
Angaben der Klägerin aus der Abfindung anlässlich der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses stammt. Es verbleibt somit ein Vermögen in Höhe von 32.212,49 DM.
Dieses Vermögen ist in vollem Umfang zu berücksichtigen. Insbesondere sind keine
Abzüge nach § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Alhi-VO zu machen. Das Geld war auf einem
Festgeldkonto angelegt und innerhalb kürzester Zeit verfügbar. Zweckbestimmungen sind
im Sinne von § 6 Abs. 3 Alhi-VO werden selbst von der Klägerin nicht vorgetragen. Sie
selbst hat angegeben, das Geld sei auch zur Sicherung ihres eigenen Lebensunterhaltes
gedacht gewesen.
Rechnerisch bedeutet dies nach § 9 Alhi-VO, dass der Betrag von 32.212,49 DM durch das
der Arbeitslosenhilfe ab dem 29.04.1995 zugrunde zu legenden Bemessungsentgelt von
1.300,00 DM zu teilen ist, so dass sich ein Zeitraum von 24 vollen Wochen der
Nichtbedürftigkeit ergibt. Daraus folgt, dass die Klägerin bis zum 13.10.1995 nach § 9 Alhi-
VO als nicht bedürftig anzusehen ist. Für diesen Zeitraum stand ihr Arbeitslosenhilfe nicht
zu. Die gleichwohl gewährte Bewilligung war somit rechtswidrig im Sinne von § 45 SGB X.
Die Bewilligung konnte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X mit Wirkung für die
Vergangenheit zurückgenommen werden, da die Klägerin unrichtige Angaben gemacht
hat. Sie hat im Antrag auf Arbeitslosenhilfe angegeben, lediglich über ein Sparguthaben in
Höhe von 3.708,90 DM zu verfügen. Diese Angabe war nicht vollständig. Das bereits zur
Zeit der Antragstellung vorhandene Festgeldkonto ist von der Klägerin nicht angegeben
worden. Im Vordruck über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ist unter Ziffer 8a eindeutig
nach Bankguthaben gefragt worden. Um ein solches handelt es sich bei dem
Festgeldkonto bei der ... Bank ohne Zweifel. Diese Konto war somit anzugeben, was
unzweifelhaft nicht geschehen ist. Selbst wenn die Klägerin gemeint haben sollte, das Geld
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auf dem Festgeldkonto stamme aus der Abfindung und diese sei bereits bei der
Beantragung von Arbeitslosengeld angegeben worden, so entbindet sie dies nicht von der
Verpflichtung, eventuell noch vorhandene Restbestände aus der Abfindung erneut bei der
Beantragung von Arbeitslosenhilfe anzugeben. Der Senat sieht in dem Verhalten der
Klägern auch grobe Fahrlässigkeit. Die Klägerin musste die vorhandenen Geldbeträge von
sich aus angeben und durfte sich nicht darauf verlassen, dass die Bediensteten des
Arbeitsamtes von sich aus nach dem Vorhandensein eines Festgeldkontos oder dem
Verbleib der Abfindung fragten. Hierzu waren sie weder verpflichtet noch musste sich ihnen
eine Frage aufdrängen. Bei der Beantragung von Arbeitslosengeld spielen die finanziellen
Verhältnisses des Antragstellers keine Rolle. Die gezahlte Abfindung kann allenfalls für die
Frage einer Sperrzeit oder des Ruhens des Anspruchs von Bedeutung sein. Auch ging aus
den Angaben bei der Beantragung von Arbeitslosengeld die Anlageform nicht hervor.
Nachdem die Klägerin auf eine entsprechende Rückfrage des Arbeitsamtsbediensteten ihr
Sparbuch vorgelegt, hatte konnte dieser - selbst wenn er den Arbeitslosengeldantrag
eingesehen hätte - davon ausgehen, dass dies der gesamte Vermögensstand der Klägerin
sei. Es besteht keine Verpflichtung des Arbeitsamtes, sämtliche denkbaren Anlageformen
abzufragen, denn hierauf läuft ja die Ansicht der Klägerin hinaus, sie habe nur die
gestellten Fragen beantworten müssen. Sollte die Klägerin tatsächlich subjektiv gedacht
haben, das Festgeldkonto nicht angeben zu müssen, weil es aus der Abfindung stamme
und deshalb nicht angerechnet werde, so ist diese Ansicht nicht zu billigen. Es ist nicht
Sache des Arbeitslosen, eine Einschätzung über die Verwertbarkeit seines Vermögens
selbst durchzuführen und dann unvollständige Angaben in der Meinung zu machen, dass
sich diese ohnehin nicht auswirkten. Sollten bei der Klägerin solche Überlegungen eine
Rolle gespielt haben, so wären sie zu missbilligen. Grobe Fahrlässigkeit bei der Ausfüllung
des Antrages ist somit zu bejahen.
Die Höhe des Erstattungsbetrag für die Zeit vom 29.04.1995 bis 13.10.1995 ist mit
10.722,96 DM zutreffend berechnet worden. Von diesem Betrag entfallen 7.304,76 DM auf
die Arbeitslosenhilfe und 3.418,20 DM auf die gezahlten Krankenversicherungsbeiträge.
Rechtsgrundlage für diese Forderung ist § 157 Abs. 3 a Satz 1 AFG.
Klage und Berufung konnten somit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2
SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des BSG ab, sondern macht sie im
Gegenteil zur Grundlage seiner Entscheidung. Die Frage, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt,
ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern das Ergebnis der
Beurteilung des Sachverhaltes im konkreten Einzelfall.