Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.04.2010
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Landessozialgericht NRW, L 6 AS 297/10 B
Datum:
23.04.2010
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 6 AS 297/10 B
Vorinstanz:
Sozialgericht Detmold, S 18 AS 105/09
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts
Detmold vom 07.01.2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind im
Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
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I.
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Streitig ist, ob der Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) für das von ihr geführte
Klageverfahren zu bewilligen ist.
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Die Klägerin bezieht von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
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Mit Schreiben vom 12.10.2008 beantragte sie die Übernahme der Kosten für die
Anschaffung eines PC samt Zubehör (Monitor, Tastatur, Maus, ggf Lautsprecher,
Drucker und software) und für die Teilnahme an einem PC-Grundlehrgang. Die Beklagte
lehnte den Antrag mit Bescheid vom 02.04.2009 und Widerspruchsbescheid vom
23.07.2009 ab, da ein Personalcomputer (PC) nicht vom Begriff der
"Wohnungserstausstattung" des § 23 Abs. 2 SGB II umfasst sei. Demzufolge könnten
auch die Kosten für die Teilnahme an einem Grundkurs für PC-Anwender nicht
übernommen werden. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit
bestehe, Computer im Bewerbungszentrum zur Stellensuche zu nutzen. Diese seien mit
einem Internetanschluss versehen.
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Hiergegen hat die Klägerin am 03.08.2009 Klage beim Sozialgericht Detmold (SG)
erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt. Sie begehrt die Zahlung eines Betrages von
737,40 Euro (Anschaffung eines PC nebst Zubehör und Router) sowie die Übernahme
der Kosten für die Teilnahme an einem PC-Grundlehrgang. Sie ist der Auffassung, ein
PC nebst erforderlichem Zubehör gehöre mittlerweile zum soziokulturellen Bedarf eines
Hilfebedürftigen, um den Anspruch auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erfüllen zu
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können. Zur Erstausstattung einer Wohnung zählten in der Regel alle Gegenstände, die
in Haushalten unterer Einkommensgruppen üblicherweise vorhanden seien. Weit über
64 % aller Privathaushalte besäßen einen PC, so dass dieser den zur Zeit üblichen
Standard darstelle.
Das SG hat die Gewährung von PKH mit Beschluss vom 07.01.2010 abgelehnt. Es hat
ausgeführt, dass es sich bei dem von der Klägerin begehrten PC nebst Zubehör und
Router nicht um eine Wohnungserstausstattung i.S.v. § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II handle.
Dabei könne der Grad der Verbreitung von PC in Haushalten in Deutschland
dahinstehen. Denn nicht allein die Verbreitung bestimme, ob ein
Einrichtungsgegenstand für einen Empfänger von Leistungen nach dem SGB II als
Erstausstattungsgegenstand erforderlich sei. Wesentlich sei, ob ein PC für eine
geordnete Haushaltsführung notwendig sei und der Leistungsempfänger ihn für ein an
den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Leben benötige (Münder in LPK-
SGB II, 2. Aufl. 2007, jetzt: 3. Aufl. 2009, § 23 Rn 29 ff.; LSG NRW, Urteil vom
29.10.2007, L 20 AS 12/07, in juris Rn 27). Dies sei bei einem PC nicht der Fall. Ein
Haushalt lasse sich ohne Probleme ohne einen PC führen. Auch sei ein PC nicht für die
Grundversorgung mit Informationen erforderlich, da diese durch Fernseh- und
Rundfunkgeräte sichergestellt werden könnten. Bezieher von Leistungen nach dem
SGB II hätten keinen Anspruch im Rahmen der Erstausstattung so gestellt zu werden
wie die Mehrheit aller Haushalte, sondern lediglich darauf, dass sich ihre
Wohnungsausstattung an den Lebensgewohnheiten der Gesamtbevölkerung orientiere.
Da kein Anspruch auf eine Beihilfe für den Erwerb eines PCs bestehe, fehle die
Grundlage für einen Anspruch auf Förderung eines PC-Grundlehrgangs.
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Gegen den ihr am 20.01.2010 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 22.02.2010
Beschwerde eingelegt und sich auf ihr bisheriges Vorbringen bezogen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten sowie der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
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II.
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Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht (SG) den
Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt.
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Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73 a Abs.1 Satz 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter
anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg
bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger
Prüfung (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 07.05.1997, 1 BvR 296/94 = NJW 1997,
2745) den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und
der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in
tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Meyer-
Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 73 a Rn 7a; st. Rspr. LSG NRW, z.B. Beschluss vom
23.03.2010, L 6 B 141/09 AS). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach
den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben.
Prozesskostenhilfe kann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar
nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BSG,
Beschluss vom 17.02.1998, B 13 RJ 83/97 R = SozR 3-1750 § 114 Nr. 5; BVerfG,
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Beschluss vom 14.04.2003, 1 BvR 1998/02 = NJW 2003, 296; BVerfG, Beschluss vom
29.09.2004, 1 BvR 1281/04 = NJW-RR 2005, 140). Dies ist hier der Fall. Nach den
aktenkundigen Unterlagen ist der mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten
vom 02.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2009 nicht
rechtswidrig. Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass ein PC samt Zubehör nicht
zur "Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten" im Sinn von §
23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II zähle (ebenso LSG Bayern, Beschluss vom 29.01.2010, L 7
AS 41/10 B ER) und deshalb auch die Kosten für den Grundkurs nicht übernommen
werden könnten. Auf die Begründung des Sozialgerichts, die sich der Senat nach
Überprüfung zu eigen macht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug
genommen (§ 142 Abs. 2 S. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127
Abs. 4 ZPO.
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Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht
angefochten werden (§ 177 SGG).
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