Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.02.2007

LSG NRW: öffentliches recht, versicherter, behandlung, patient, rechtskraft, zivilgericht, rechtsmittelbelehrung, subjektiv, vertragsarzt, krankenversicherung

Landessozialgericht NRW, L 16 B 7/06 SF
Datum:
12.02.2007
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 16 B 7/06 SF
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 11 SF 36/06
Sachgebiet:
Sonstige Angelegenheiten
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers vom 19.12.2006 gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Dortmund vom 04.12.2006 wird als unzulässig verworfen.
Der Beschluss ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 68
Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.
Gründe:
1
Die Beschwerde ist unzulässig, wie sich aus §§ 183, 197a des Sozialgerichtsgesetzes
(SGG) in Verbindung mit § 63 Abs. 1 S. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ergibt.
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Vorliegend ist entgegen der Auffassung des Klägers das GKG anzuwenden. Es ist
erstinstanzlich der Streitwert festzustellen. Gehört in einem Rechtszug nämlich weder
der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, werden
Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG). Wesentlich
ist dabei nicht, dass der Kläger generell, wie er vorträgt, zum Kreis der in § 183 SGG
genannten kostenbegünstigten Personen gehört, nur weil er sozial schwach und
Grundsicherungsempfänger ist. Entscheidend ist vielmehr, ob er seine Klage vor dem
Sozialgericht (SG) in der "jeweiligen Eigenschaft als Versicherter, Leistungsempfänger"
u.s.w. angestrengt hat (vgl. § 183 Abs. 1 S. 1 SGG). Nur in solchen Verfahren ist das
Sozialgerichtsverfahren kostenfrei und nicht (seit 2002) den Vorschriften des GKG
unterworfen.
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Mit seinem Begehren, von dem beklagten Arzt Schadensersatz zu fordern, hat der
Kläger keine Rechte als "Versicherter" oder "Leistungsempfänger" i.S.v. § 183 Abs.1
SGG geltend gemacht. Er ist auch nicht gemäß § 51 Abs. 2 S. 1 SGG im Rahmen einer
privatrechtlichen Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung
(als Versicherter) tätig geworden, wenn er seinen behandelnden Arzt, was naheliegt,
wegen einer fehlerhaften vertragsärztlichen Behandlung auf Schadensersatz vor Gericht
in Anspruch nehmen wollte. Denn die Beziehungen zwischen Patient und Arzt
unterliegen auch dann nicht den Regeln des § 51 SGG, wenn ein Versicherter einen
Vertragsarzt aufsucht und damit sein subjektiv öffentliches Recht auf Behandlung
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gegenüber dem öffentlichen Krankversicherungsträger wahrnimmt (ständige
Rechtsprechung, vgl. die Nachweise bei Meyer-Ladewig-Keller, SGG, Kommentar, 8.
Aufl. 2005, RdNrn. 14 und 20 mit weiteren Nachweisen). Das Rechtsverhältnis
zwischen Arzt und Patient ist und bleibt vielmehr wegen der Behandlungs- und
Sorgfaltspflichten des Arztes privatrechtlicher Natur und wird von den öffentlich-
rechtlichen Regeln nicht unmittelbar erfasst. Dementsprechend war auch der Hinweis
des SG an den Kläger, es handele sich um eine privatrechtliche Streitigkeit, die an das
Zivilgericht in E zu verweisen gewesen wäre, zutreffend und sachgerecht und ebenso
geboten war die Festsetzung des Streitwerts zwecks Erhebung von Gerichtsgebühren
und von Anwaltsgebühren, die dem Beklagten entstanden sind.
Indes kann der Kläger den ergangenen Beschluss nicht wirksam mit einem Rechtsmittel
anfechten. Dies wird durch § 63 Abs. 1 S. 2 GKG ausgeschlossen. Denn das SG hat
nicht endgültig über den Streitwert entschieden, wie dem angefochtenen Beschluss zu
entnehmen ist, sondern den Streitwert nur "vorläufig" festgesetzt. Diese Entscheidung
aber ist nicht beschwerdefähig. Erst die endgültige gerichtliche Streitwertfestsetzung ist
anfechtbar. Dies wird das SG noch nachzuholen haben. Es bleibt dem Kläger
anheimgestellt, eine dann zulässige Beschwerde einzulegen.
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Zur Vermeidung überflüssiger Verfahren erlaubt sich der Senat jedoch in diesem
Zusammenhang folgende Hinweise an den Kläger: Es besteht kein Anhalt dafür, dass
eine endgültige Festsetzung des Streitwertes auf 5000,00 Euro rechtlich unzutreffend
wäre. Denn der Kläger hat einen nicht näher bezifferten Anspruch erhoben (vgl. § 52
Abs. 2 GKG).
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Auch ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger genannte Norm des § 21 Abs. 1 S. 3 GKG
einer Streitwertfestsetzung entgegensteht. Denn die Vorschrift schließt die
Wertfestsetzung nicht aus; sie regelt nur, ob von der - einer Streitwertfestsetzung
nachfolgenden - Erhebung der (Gerichts-)Kosten abgesehen werden kann, wenn der
zurückgenommene (Klage-) Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen
oder rechtlichen Verhältnisse - hier seitens des Klägers - beruht (was im Übrigen
vorliegend bislang weder dargelegt noch belegt ist).
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Einer Wertfestsetzung bedarf es zudem auch wegen deren Auswirkungen auf die Höhe
der Anwaltsgebühren, die bei dem Beklagten entstanden sind (vgl. § 32 des
Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG)).
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Rechtsmittelbelehrung: Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
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