Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.07.2003

LSG NRW: aufschiebende wirkung, überwiegendes interesse, vollziehung, härte, nichtigkeit, niedersachsen, hauptsache, aussetzung, ermessensfehlgebrauch, anforderung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Sachgebiet:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Landessozialgericht NRW, L 4 (2) B 4/02 U ER
23.07.2003
Landessozialgericht NRW
4. Senat
Beschluss
L 4 (2) B 4/02 U ER
Sozialgericht Detmold, S 14 U 243/01 ER
Unfallversicherung
rechtskräftig
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Detmold vom 15.02.2002 wird zurückgewiesen. Kosten
sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Beschwerdeführer begehrt, die aufschiebende Wirkung gegen einen Beitragsbescheid
der Beschwerdegegnerin betreffend "Umlage 2000" anzuordnen.
Mit der am 22.11.2001 erhobenen Klage (Sozialgericht - SG - Detmold - S 14 U 58/02 -)
begehrt der Beschwerdeführer in der Hauptsache unter anderem die Feststellung, dass der
Beitragsbescheid der Beschwerdegegnerin vom 09.08.2001 betreffend die Umlage 2000
nichtig sei. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 21.02.2002 zurück. Am 14.03.2002 erhob der
Beschwerdeführer Klage mit dem Begehren, die Bescheide vom 09.08.2001 und
21.02.2002 aufzuheben (SG Detmold - S 14 U 20/03 -).
Anträge des Beschwerdeführers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die
genannten Bescheide anzuordnen, lehnte das SG Detmold durch Beschluss vom
15.02.2002 (S 14 U 243/01 ER) betreffend die sogenannte "Nichtigkeitsfeststellungsklage"
sowie durch Beschluss vom 31.01.2003 (S 14 U 59/02 ER) betreffend die Anordnung der
aufschiebenden Wirkung gegen die Bescheide vom 09.08.2001 und 31.03.2002 sowie die
Anordnung der Aufhebung der Vollziehung ab.
Der Beschwerde gegen den Beschluss vom 15.02.2002 hat das SG durch Beschluss vom
14.03.2002 nicht abgeholfen.
Der Beschwerdeführer hat die Auffassung vertreten, entgegen der Meinung des SG sei es
für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung der Nichtigkeitsfeststellungsklage nicht
erforderlich, die Erfolgsaussichten oder die Schlüssigkeit der Klage zu prüfen. Ausreichend
sei, dass er schlüssig vorgetragen habe, dass der Bescheid vom 09.08.2001
widersprüchlich und offensichtlich fehlerhaft sei.
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Die Beschwerdegegnerin hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass mit Wirkung vom 02.01.2002 § 97
Sozialgerichtsgesetz - SGG - aufgehoben und §§ 86 a und 86 b SGG eingeführt worden
sind.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich sein Begehren, den Beschluss des SG Detmold
vom 15.02.2002 zu ändern und die aufschiebende Wirkung gegen die Bescheide vom
09.08.2001 und 21.02.2002 anzuordnen.
Entgegen der Auffassung des SG, dass auf § 97 SGG abgestellt hat, richtet sich die Frage,
ob die aufschiebende Wirkung gegen diese Bescheide anzuordnen ist, nach den den
vorläufigen Schutz regelnden Vorschriften der §§ 86 a und 86 b SGG. Diese durch das
Sechste SGG-Änderungsgesetz vom 17.08.2001 (BGBl. I S. 2144) eingefügten Vorschriften
sind am 02.01.2002 ohne Übergangsregelung in Kraft getreten (vgl. Art. 17 und 19 des
Sechsten SGG-Änderungsgesetzes).
Nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen,
in denen - wie hier im Hinblick auf den für nichtig gehaltenen Beitragsbescheid - der
Widerspruch oder die (Anfechtungs-) Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die
aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Vorliegend kann dahinstehen, ob
der aufgrund der Erklärung der Beschwerdegegnerin im Schriftsatz vom 08.01.2002, diese
werde zunächst von Zwangsbeitreibungsmaßnahmen absehen, zunächst mangels
Rechtsschutzbedürfnisses unzulässige Antrag - etwa aufgrund zwischenzeitlicher
Vollstreckungsmaßnahmen - im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens zulässig geworden
ist. Jedenfalls bestehen bei der gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten
der Klage weder die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigende ernsthafte
Zweifel daran, dass der angefochtene Beitragsbescheid nicht nichtig ist noch sprechen
sonstige zu berücksichtigende Umstände für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
Grundsätzlich hat der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung bei der Entscheidung über
Beitragspflichten zunächst einmal angeordnet, § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG. Davon
abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den
Bescheid Belasteten feststellbar ist (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002, § 86 b Rdnr.
12 mit weiteren Nachweisen).
Das Gericht entscheidet über einen Antrag im Sinne von § 86 b Abs. 1 SGG nach
Ermessen und aufgrund einer Interessenabwägung. Für die gerichtliche
Ermessungsentscheidung sind die Kriterien des § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG, nach denen die
Verwaltung die Vollziehung aussetzen soll, ebenfalls maßgebend (vgl. LSG
Niedersachsen, Beschluss vom 10.01.2003 - L 6 U 556/02 ER -). Demnach soll die
Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für die Abgaben-
oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen
gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zutreffend
hat das SG in dem Beschluss vom 15.02.2002 dargelegt, dass eine Nichtigkeit des
Beitragsbescheides vom 09.08.2001 nicht erkennbar ist. Insoweit nimmt der Senat auf die
Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug. Im Einklag damit hat das LSG NW
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auch bereits im Beschluss vom 15.05.2002 (L 17 B 10/02 U ER) entschieden, dass Gründe
für eine Nichtigkeit des Bescheides vom 09.08.2001 nicht vorliegen. Entsprechendes gilt
für den Widerspruchsbescheid vom 21.02.2002. Auch unter Berücksichtigung des
Beschwerdevorbringens sind keine Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch des
SG ersichtlich. Eine unbillige Härte, die es trotz der ungünstigen Beurteilung der
Erfolgsaussicht gleichwohl geboten erscheinen ließe, die aufschiebende Wirkung des
angefochtenen Beitragsbescheides anzuordnen, ist nicht erkennbar. Bei der Vollziehung
der Anforderung öffentlicher Abgaben liegt eine billige Härte dann vor, wenn durch die
sofortige Zahlung ein durch die spätere Erstattung nicht wieder gut zu machender Schaden
- insbesondere Konkurs oder Existenzvernichtung - entstehen würde (vgl. LSG
Niedersachsen a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Solche Gefahren sind hier weder
ersichtlich noch vom Beschwerdeführer aufgezeigt.
Zusammenfassend folgt daraus, dass kein Raum für die vom Beschwerdeführer erstrebte
Eilentscheidung besteht und es diesem zuzumuten ist, den Ausgang des
Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).