Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 07.05.2003

LSG NRW: arbeitslosenhilfe, lebensversicherung, form, verwertung, angemessenheit, freibetrag, fürsorgeleistung, gestaltungsspielraum, sozialhilfe, konkretisierung

Landessozialgericht NRW, L 12 AL 22/03
Datum:
07.05.2003
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 12 AL 22/03
Vorinstanz:
Sozialgericht Detmold, S 12 AL 153/00
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 11 AL 49/03 R
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold
vom 29.11.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind
nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
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Streitig ist, ob der Klägerin auch für die Zeit ab dem 13.07.2000 Arbeitslosenhilfe zu
gewähren ist. Die 1937 geborene Klägerin bezog vom 08.04.1997 bis 04.12.1999
Arbeitslosengeld von der Beklagten. Nachdem dieser Leistungsanspruch erschöpft war,
beantragte sie am 11.10.1999 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe. Im Rahmen der
Bedürftigkeitsprüfung gab die Klägerin an, dass ihr 1936 geborener Ehemann über
Lebensversicherungen mit einer Versicherungssumme von 57.893,00 DM verfüge.
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Mit Bescheid vom 21.10.1999 bewilligte ihr die Beklagte daraufhin Arbeitslosenhilfe ab
dem 05.12.1999 nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe
von 530 DM und einem ungekürzten Leistungssatz in Höhe von 138,04 DM wöchentlich.
Mit Änderungsbescheid vom 14.01.2000 wurde der wöchentliche Leistungssatz
aufgrund der neuen Leistungsentgelttabelle für das Kalenderjahr 2000 auf ungekürzte
143,29 DM erhöht.
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Am 06.07.2000 beantragte der ebenfalls arbeitslose Ehegatte der Klägerin die
Gewährung von Arbeitslosenhilfe, da sein Arbeitslosengeldanspruch voraussichtlich mit
Ablauf des 28.08.2000 erschöpft sein werde. Im Rahmen seiner Antragstellung gab
dieser an, über Vermögen in Renten- und Lebensversicherungen mit einem Gesamtwert
von 298.269,-- DM zu verfügen. Des weiteren existiere ein Sparbuch mit einem
Guthaben von 3.954,79 DM. Sein bebautes und selbst bewohntes Grundstück habe
einen Wert von 531.000,00 DM bei einer Wohnfläche von 130 qm und Belastung von
85.583,00 DM.
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Mit Bescheid vom 10.07.2000 nahm die Beklagte daraufhin die Bewilligung von
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Arbeitslosenhilfe für die Klägerin mit Wirkung für die Zukunft, dass heißt ab 13.07.2000,
ganz zurück. Zur Begründung führte sie an, die Klägerin und ihr Ehegatte verfügten über
soviel Vermögen, dass ihr Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für 94 Kalenderwochen ruhe.
Mit ihrem dagegen am 11.07.2000 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin
geltend, bei dem angegebenen Vermögen handele sich es um Versicherungen, die zum
Zweck einer Altersrente für ihren Ehegatten abgeschlossen worden seien.
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Mit Bescheid vom 09.08.2000 wies die Beklagten den Widerspruch als unbegründet
zurück und führte in den Gründen u.a. aus: Nach den eingereichten Aufstellungen
ergäben sich Rückkaufswerte für die abgeschlossenen Lebensversicherungen in Höhe
von 322.348,09 DM. Hiervon sei noch eine Beleihung einer Versicherung mit 25.000,00
DM durch die Sparkasse B ... S ... abzuziehen, so dass 297.348,09 DM aus den
Versicherungen zu berücksichtigen gewesen seien. Zuzüglich eines Sparvermögens
von 3.954,78 DM ergebe sich grundsätzlich ein zu verwertendes Vermögen in Höhe von
301.302,87 DM. Für die Alterssicherung sei im Hinblick auf das Ende des
Bewilligungsabschnittes (04.12.2000) und die bis dahin vollendeten Lebensjahre der
Klägerin und ihres Ehegatten ein Freibetrag in Höhe von 126.000,00 DM und der
weitere allgemeine Freibetrag in Höhe von 8.000,00 DM pro Ehegatte abzuziehen.
Hieraus errechne sich ein anzurechendes Vermögen in Höhe von 159.302,87 DM. Nach
Teilung des zu berücksichtigendes Vermögens durch das Arbeitsentgelt von 530,-- DM
nach dem sich die Arbeitslosenhilfe richte, sei die Klägerin für ein Zeitraum von 300
Wochen nicht bedürftig. Zudem seien die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Nr. 2 und
Nr. 3 des 10. Sozialgesetzbuches (SGB X) erfüllt. Die Klägerin habe bei der
Beantragung von Arbeitslosenhilfe ab dem 05.12.1999 das vorhandene Vermögen in
Form von Versicherungen bei Alterssicherung ihres Ehegatten nicht in der tatsächlich
vorhandenen Höhe angegeben, obwohl sie nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I im Rahmen
ihrer Mitwirkungspflichten hierzu verpflichtet gewesen sei. Darüber hinaus habe sie
aufgrund des Merkblattes für Arbeitslose wissen müssen, dass ein solches Vermögen
auf die Arbeitslosenhilfe anzurechnen gewesen sei.
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Dagegen hat die Klägerin am 31.08.2000 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Detmold
erhoben, mit der sie vorgetragen hat, sie habe bei der Antragstellung keine falschen
Angaben gemacht, sondern in demselben Umfang Vermögenspositionen angegeben,
wie später auch ihr Ehemann. Die Beklagte habe diese Angaben nur falsch gelesen.
bzw. interpretiert. Bei dem von der Beklagten angerechneten Vermögen handele es sich
um Lebensversicherungen, die als private Altersvorsorge und Absicherung begründet
und aufgebaut worden seien. Sie und ihr Ehemann könnten aus der gesetzlichen
Rentenversicherung nämlich nur mit monatlichen Altersrentenzahlung rechnen, die
unterhalb des Sozialhilfesatzes liegen würden. Die Rechtsauffassung der Beklagten
möge zwar der Arbeitslosenhilfeverordnung entsprechen. Eine entsprechende
Verpflichtung ihr für die Altersvorsorge angespartes Vermögen aufzubrauchen, sei
jedoch rechtswidrig. Ein solches Ansinnen verstoße auch gegen den
Gleichheitsgrundsatz. Sie habe während der sehr langen Zeit ihrer Erwerbstätigkeit
beträchtliche Teile ihres Einkommens in die Lebensversicherung investiert und damit
angespart mit dem Ziel, mit vernünftiger Rendite ein Vermögen aufzubauen, von dem
sie nach Eintritt des Rentenalters einen akzeptablen Lebensstandard oberhalb des
Sozialhilfesatzes führen könne. Sie habe damit nicht nur im Hinblick auf sich selbst
verantwortlich gehandelt, sondern der Allgemeinheit ersparen wollen, ihr nach Eintritt
des Rentenalters bis zu ihrem Ableben Sozialhilfe zahlen zu müssen. Durch die mit dem
Verhalten der Beklagten angestrebte Behandlung würde sie in einer nicht hinnehmbarer
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Weise gegenüber denjenigen Mitbürgern benachteiligt, die (ohne eine gesetzliche
Altersversicherung zu haben) selbst hohes Erwerbseinkommen laufend aufbrauchen
und dann staatliche Fürsorgeleistung erhalten würden.
Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 10.07.2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 09.08.2000 aufzuheben.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 29.11.2002 hat das SG die Klage
abgewiesen. In den Gründen hat es u.a. ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht die
Arbeitslosenhilfebewilligung ab dem 13.07.2000 zu rückgenommen. Die
Voraussetzungen des § 45 SGB X seien erfüllt. Die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab
dem 13.07.2000 sei rechtswidrig gewesen, da die Klägerin mangels Bedürftigkeit
keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt habe. Nach § 6 Abs. 1 der aufgrund der
Ermächtigungsnorm des § 206 SGB III ergangenen Arbeitslosenhilfeverordnung (Alhi-
VO) in der Fassung der 6. Änderungsverordnung vom 08.06.1999, BGBl I S 1431) seien
die Lebensversicherungen als verwertbares Vermögen in Ansatz zu bringen. Die
Rückkaufswerte hätten sich im Juli 2000 auf 322.348,09 DM belaufen. Die Verwertung
der Lebensversicherung sei auch zumutbar gewesen. Selbst unter Berücksichtigung der
angemessenen Alterssicherung nach § 6 Abs. 4 Alhi-VO ergäbe sich ein weiter zu
berücksichtigender Freibetrag von 126.000,00 DM, ausgehend davon, dass die Klägerin
ihr 62. und ihr Ehegatte sein 64. Lebensjahr zu diesem Zeitpunkt vollendet hätten.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sei auch das in befreienden Lebensversicherung
angelegte Vermögen nur im Rahmen des § 6 Abs. 4 Nr. 2 Alhi-VO geschützt, da der
Verordnungsgeber im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der Alterssicherung
keinen Unterschied zwischen verschiedenen Anlageformen gemacht habe. Diese
Verfahrensweise des Gesetzgebers sei auch insoweit nicht zu beanstanden, als er im
Bereich der steuerfinanzierten Arbeitslosenhilfe einen weiten Spielraum bei seiner
Normsetzungskompetenz habe, als bei spielsweise im Bereich der beitragsfinanzierten
Arbeitslosengeldes. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz könne die Kammer
nicht erkennen. Zudem könne bei der Verwertung der befreienden Lebensversicherung
von offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit nicht ausgegangen werden, da der
Rückkaufswert der Versicherungen die Summe der eingezahlten Beträge um mehr als
10 % nicht unterschreite.
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Anhaltspunkte für eine allgemeine Unbilligkeit der Verwertung der befreienden
Lebensversicherung lägen nach Auffassung der Kammer bei der Klägerin nicht vor,
zumal aufgrund der ab 01.10.2000 gewährten Altersteilzeitrente hier nur der
Arbeitslosenhilfebezug für einen kurzen Zeitraum bis einschließlich 30.09.2000 in Streit
stehe. Auch die weiteren Voraussetzungen für die Rücknahme der
Arbeitslosenhilfebewilligung ab 13.07.2000 lägen vor. Die Klägerin habe im Rahmen
der Antragstellung die Lebensversicherung ihres Ehegatten nicht vollständig
angegeben. Aufgrund des ihr überreichten Merkblattes habe sie erkennen können, dass
sie vollständige Angaben hätte machen müssen.
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Gegen das ihr am 10.01.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.02.2003
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Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Sie macht geltend, der
angefochtenen Bescheid der Beklagten stehe zwar nicht im Widerspruch zu den
Regelungen der Arbeitslosenhilfeverordnung. Die Festsetzungen der
Arbeitslosenhilfeverordnung verstießen jedoch gegen höherrangiges Recht.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung einverstanden erklärt.
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Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
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das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 29.11.2002 zu ändern und nach ihrem
erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die
Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Der Senat konnte die Streitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die
Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht
abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht rechtswidrig sind. Zu
Recht hat die Beklagte die Arbeitslosenhilfebewilligung ab dem 13.07.2000 gemäß § 45
des 10. Sozialgesetzbuches (SGB X) zurückgenommen, da die Klägerin nicht mehr
bedürftig war (§§ 190 Abs. 1 Nr. 5, 193 Abs. 1, 194 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB III).
Zutreffend hat die Beklagte im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung das in Form von
Lebensversicherungen vorhandene und zumutbar verwertbare Vermögen des
Ehegatten berücksichtigt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat
insoweit auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 153
Abs. 2 SGG).
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Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass nach der hier an zuwendenden
Vorschrift des § 6 Abs. 4 Nr. 2 (Alhi-VO) in der Form der 6. Änderungsverordnung vom
18.06.1999 der Klägerin selbst unter Berücksichtigung des Alterssicherungszweckes
nach der in der Norm vorgegebenen Berechnung nicht bedürftig ist. Die Vorschrift ist
auch mit höherrangigem Recht vereinbar.
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Mit dem Sozialgericht ist der erkennende Senat der Auffassung, dass das von dem
Ehemann der Klägerin in befreienden Lebensversicherungen angelegte Vermögen
ausschließlich im Rahmen des § 6 Abs. 4 Nr. 2 Alhi-VO geschützt ist, da nicht erkennbar
ist, dass der Verordnungsgeber im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der
Alterssicherung einen Unterschied zwischen verschiedenen Anlageformen gemacht hat.
Die vom Gesetzgeber normierte Konkretisierung der Höhe des für die Alterssicherung
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zu berücksichtigenden Vermögens (1.000,00 DM pro Lebensjahr des Arbeitslosen)
befindet sich in Übereinstimmung mit der Verordnungsermächtigung nach § 206 Nr. 1
SGB III. Der Verordnungsgeber hat sich bewusst hinsichtlich der Angemessenheit des
von dem Arbeitslosenhilfeempfänger für die Alterssicherung anzulegen den
Schönvermögens für eine auch im Verwaltungsverfahren vereinfacht anzuwendende
Formel von 1.000,00 DM pro Lebensjahr entschieden. Damit hat er dem erhöhten
Alterssicherungsbedürfnis mit zunehmenden Lebensalter Rechnung getragen. Der
erkennende Senat hält es - wie auch das Hessische Landessozialgericht in seiner
Entscheidung vom 10.07.2002 - L 6/10 AL 1476/01 - und das Landessozialgericht
Niedersachsen/Bremen in seiner Entscheidung vom 13.05.2002 - L 8 Al 475/01 - mit
dem Zweck der Regelung für vereinbar, dass der Verordnungsgeber davon abgesehen
hat, auf die individuell zu erwartenden Rente abzuheben und stattdessen ein für alle
Bezieher von Arbeitslosenhilfe gleichen Schonbetrag je Lebensalter festgelegt hat
(siehe hierzu auch Urteile des BSG vom 29.01.1997 - 11 RAr 21/96 = SozR 3 - 4220 § 6
Nr. 4 und vom 22.10.1998 - B 27 AL 118/97 R; Spellbrink in ZfS 2000 S. 203). Damit
entfällt ein erheblicher Ermittlungsaufwand, der hinsichtlich des individuellen
gegenseitigen Rentenanspruchs nur durch Einschaltung des
Rentenversicherungsträgers zu leisten und hinsichtlich der zu künftigen Entwicklung
(individuell und allgemein) auf unsichere Prognosen angewiesen wäre. Ein darüber
hinausgehender Schutz eines höheren Vermögens ist aber nach wie vor über die
allgemeine Härteklausel des § 6 Abs. 3 Alhi-VO möglich (siehe Spellbrink a.a.O. S.
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Im Übrigen verkennt die Klägerin, dass es sich bei der steuerfinanzierten
Arbeitslosenhilfe, ähnlich wie bei der Sozialhilfe, um eine staatliche Fürsorgeleistung
handelt und diese nur deshalb erbracht wird, weil der Arbeitslose seinen
Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreiten kann, d.
h. bedürftig ist. Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung sind daher Einkommen und
Vermögen vorrangig zur Bestreitung des Lebensunterhaltes einzusetzen.
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So lässt sich auch aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Grundgesetz (GG) kein
Anspruch auf eine bestimmte soziale Regelung oder einen Mindestbetrag an
Arbeitslosenhilfe ableiten. Dem Gesetzgeber steht im Rahmen des Sozialstaatsprinzips
ein weiter Gestaltungsspielraum zu, wie er Sozialleistungen gewähren und ausgestalten
will (siehe hierzu BSG-Urteil vom 25.06.1998 - B 7 AL 2/98 R mwN). Diesen
Gestaltungsspielraum sieht der Senat auf der Grundlage der vorstehenden Ausführung
bei der Ausgestaltung der aufgrund der Ermächtigungsnorm des § 206 SGB III
ergangenen Vorschrift des § 6 Abs. 4 Nr. 2 Alhi-VO hier als nicht verletzt an.
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Die Beklagte war daher berechtigt, die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe gem. § 45 SGB
X zurückzunehmen. Ein schutzwürdiges Vertrauen im Sinne des § 45 SGB X ist aus
Sicht des erkennenden Senats nicht zu bejahen. Die Klägerin kann sich nicht darauf
zurückziehen, dass ihr Ehemann im Rahmen seiner Antragstellung zutreffende
Angaben gemacht hat. Aus dem ihr überreichten Merkblatt, dessen Empfang sie
unterschriftlich bestätigt hatte, ergibt sich, dass die Verpflichtung zur vollständigen
Angabe vorhandener Vermögenswerte sich auf den jeweiligen
Antragsteller/Antragstellerin bezieht. Sie war daher verpflichtet, vollständige Angaben,
auch in Bezug auf die Lebensversicherung, der Beklagten gegenüber zu machen. Im
Übringen hätte sie ohne weiteres die von ihrem Ehegatten geleisteten Angaben
übernehmen oder ihn bei Ausfüllen des Antrages ggf. zu Rate ziehen können. Da sie all
dies nicht getan hat und der Beklagten gegenüber nur unvollständige Angaben geleistet
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hat, ist ein grob fahrlässiges Fehlverhalten zu bejahen.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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Die Revision hat der Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2
Nr. 1 SGG).
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