Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.01.2005

LSG NRW: vertrag zu lasten dritter, kieferorthopädie, anteil, vergleich, vergütung, unternehmen, zahntechniker, rechtsgrundlage, einfluss, durchschnitt

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Sachgebiet:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Landessozialgericht NRW, L 11 KA 167/03
26.01.2005
Landessozialgericht NRW
11. Senat
Urteil
L 11 KA 167/03
Sozialgericht Münster, S 2 KA 71/01
Vertragsarztrecht
nicht rechtskräftig
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster
vom 10.11.2003 wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die
außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, Honorare der Kläger für
zahntechnische Leistungen im Zusammenhang mit kieferorthopädischen Behandlungen in
den Quartalen II und III des Jahres 2000 in Höhe von insgesamt 258,75 Euro (506,08 DM)
zu kürzen.
Die Kläger betreiben als Vertragszahnärzte eine Praxis für Kieferorthopädie mit einem
praxiseigenen Labor. In den streitigen Quartalen behandelten sie 28 bei der Beigeladenen
zu 1) versicherte Patienten. Mit Bescheiden vom 23.01.2001 (Quartal II/00) und 08.03.01
(Quartal III/00) berichtigte die Beklagte die abgerechneten Honorare mit 170,83 DM (87,33
Euro [Quartal II/00]) bzw. 335,25 DM (171,42 [Quartal III/00]). Die Beklagte begründete die
Honorarkürzungen damit, die Kläger hätten die ab 01.01.2000 gültigen Laborpreise für
kieferorthopädische Maßnahmen nicht berücksichtigt, so dass die entsprechenden
Differenzen gekürzt werden müssten. Die Honorarberichtigungen gingen auf
entsprechende Anträge der Beigeladenen zu 1) zurück.
Die Kläger legten gegen die jeweiligen Bescheide Widerspruch ein, den die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 29.06.2001 zurückwies. Nach § 88 Abs. 2 Satz 1 des
Sozialgesetzbuches (SGB) V vereinbarten die Landesverbände der Krankenkassen und
die Verbände der Ersatzkassen mit den Innungsverbänden der Zahntechniker die
Vergütungen für die nach dem bundeseinheitlichen Verzeichnis abrechnungsfähigen
zahntechnischen Leistungen. Nach Satz 2 der Vorschrift seien die vereinbarten
Vergütungen Höchstpreise. Für das Jahr 2000 hätte die Zahntechnikerinnung mit den
gesetzlichen Krankenkassen neue Laborpreise vereinbart. Danach gelten die Preise für
Zahnkronen, Zahnersatz und Schienen in der bis zum 31.12.1999 vereinbarten Höhe für
das Jahr 2000 weiter. Für den Bereich der Kieferorthopädie (KFO) sei eine zweite Liste
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vereinbart worden, deren Preise auf der Basis für das Jahr 2000 um 7,5 v. H. gesenkt
worden sei. Die Absenkung beziehe sich für den KFO-Bereich auf die Leistungspositionen
701 0 bis 770 0 des bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnisses (BEL). Da die Beklagte
an dieser Vereinbarung von Gesetzes wegen nicht beteiligt sei, habe sie keinen Einfluss
auf ihren Inhalt nehmen können. Die vereinbarten Preise seien dennoch für die Mitglieder
der Beklagten bindend. Da die Kläger die Höchstpreise überschritten hätten, seien die
Honorare entsprechend zu berichtigen.
Mit der vor dem Sozialgericht Münster erhobenen Klage machen die Kläger geltend, § 88
Abs. 3 SGB V siehe vor, dass die Preise für zahntechnische Leistungen, die von einem
Zahnarzt erbracht würden, die Preise, die durch gewerbliche Labore erbracht würden, um
mindestens 5 v. H. unterschreiten müssten. Mit der streitigen Vereinbarung seien jedoch
lediglich die Höchstpreise für zahntechnische Leistungen im Rahmen der
kieferorthopädischen Behandlung durch gewerbliche Laboratorien gesenkt worden. Darin
liege eine pauschale Absenkung um 7,5 v.H. im Vergleich zum Vorjahr 1999, während die
Höchstpreise für den gesamten Bereich zahntechnischer Leistungen durch gewerbliche
Labore außerhalb der Kieferorthopädie im Vergleich zum Vorjahr unverändert geblieben
seien. Sachliche Gründe für eine derartige ab dem Jahre 2000 geltende unterschiedliche
Höchstpreisfestsetzung lägen nicht vor und seien auch nicht genannt worden. § 88 SGB V
enthalte keine Differenzierungsmöglichkeit bei einzelnen Leistungspositionen. Wenn der
Gesetzgeber eine Preisabsenkung ganzer Gruppen von Leistungspositionen für
gewerbliche - und Praxislabors sowie die unterschiedliche Preisdifferenzierung bei
einzelnen Leistungspositionen habe zulassen wollen, hätte er dies auch für die Zeit ab
01.01.1999 mit einer Regelung tun müssen, die es bereits in Form des § 88 Abs. 2 a) SGB
V in der bis zum 31.12.1997 gültigen Fassung gegeben habe. Aus dieser Vorschrift ergebe
sich, dass es für solche Regelungen einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, an der es
vorliegend fehle. Pauschale Absenkungen im Bereich der Kieferorthopädie könnten auch
nicht durch eine Ausgabenbegrenzung gerechtfertigt werden, denn die Vereinbarung vom
21.12.1999 beziehe sich allein auf die Leistungserbringung durch gewerbliche Labors.
Ausweislich der Statistik der Beklagten über Marktanteile in der Zeit von 1984 bis 2000
seien diese aber im Bereich der Kieferorthopädie im Vergleich zu den Zahnarztlabors
deutlich geringer. Im Übrigen sei die Vereinbarung unwirksam, weil sie zum Nachteil der
Kläger in deren grundgesetzlich geschützte Rechte eingreift. Sie stelle einen öffentlich-
rechtlichen Vertrag im Sinne des § 57 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) X dar.
Angesichts dessen sei die Zustimmung des Dritten erforderlich, wenn der Vertrag in dessen
Rechte eingreife. An dieser Zustimmung fehle es. Die Vereinbarung sei als Vertrag zu
Lasten Dritter auch rechtswidrig, weil sie gegen den Rechtsgedanken des § 19 Satz 4 Ziffer
3 GWB wie den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 verstoße.
Die Beklagte hatte keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Vereinbarung. Die
zum 01.01.1999 in Kraft getretene Regelung des § 88 Abs. 2 SGB V enthalte keine
Vorgaben über die Höhe der Vergütung zahntechnischer Leistungen. Für die frühere, nicht
mehr in Kraft befindliche Regelung des § 88 Abs. 2 a) SGB V gäbe es nunmehr durch Art. 6
des Beitragssicherungsgesetzes (BSichG) ab 2003 eine gleichlautende Regelung. Auch
hier sei nur geregelt worden, dass Höchstpreise für zahntechnische Leistungen nicht
überschritten werden dürften. Innerhalb des Spielraums seien Differenzierungen möglich,
auch wenn zugestimmt werden müsse, dass für eine ausschließliche Absenkung der
Ziffern 701 0 bis 707 0 BEL kein sachlicher Grund erkennbar sei. Entgegen der Ansicht der
Kläger seien auf die Vereinbarung nach § 88 SGB V, § 47 SGB X nicht anwendbar, da es
ansonsten in jedem Fall einer Zustimmung der am Vertragsschluss nicht beteiligten
Vertragszahnärzte zur Wirksamkeit eines Gesamtvertrages bedürfe.
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Mit Urteil vom 10.11.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage
des Rückforderungsbescheides sei § 19 a) Bundesmantelvertrag Zahnärzte (BMV-Z). Die
streitigen Honorarforderungen seien zu berichtigen gewesen, da sie wegen Überschreitens
der maßgeblichen Höchstpreise unrichtig gewesen seien. Obwohl weder die Kläger noch
der Berufsverband der Kieferorthopäden am Vertragsschluss beteiligt gewesen seien,
seien die Regelungen gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 SGB V verbindlich. Die
Vertragszahnärzte, die zahntechnische Leistungen in praxiseigenen Labors erbringen
würden, seien im Wege der Außenseitererstreckung über § 88 Abs. 3 SGB V in die
Vereinbarungen einbezogen. Selbst wenn § 19 Abs. 4 Ziffer 3 GWB auf die nach § 88 Abs.
2 SGG geschlossenen Verträge Anwendung finden würde, könnten die Kläger sich auf
diese Bestimmung nicht berufen, da Voraussetzung sei, dass ein marktbeherrschendes
Unternehmen ungünstigere Entgelte als auf vergleichbaren Märkten fordere. Ein solches
marktbeherrschendes Unternehmen sei der Landesverband für das
Zahntechnikerhandwerk NRW jedoch nicht. Die Vertragspartner der nach § 88 Abs. 2 SGB
V getroffenen Vereinbarung seien auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung
befugt, die Höchstpreise für zahntechnische Leistungen zu senken, denn den Klägern
stünde lediglich ein Anspruch auf Teilhabe an der für das jeweilige Kalenderjahr
maßgeblichen Vergütung zu, die auch abgesenkt werden könne. Ein Verstoß gegen Art. 3
Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) liege nicht vor, denn in der vertraglichen Vereinbarung
werde nicht zwischen praxiseigenen Labors von Kieferorthopäden und anderen Labors
unterschieden. Allein der Umstand, dass die Leistungskürzung im kieferorthopädischen
Bereich angesetzt sei und in diesem Bereich praxiseigene Labors in
überdurchschnittlichem Umfang tätig seien, werde Art. 3 GG nicht verletzt. Ebensowenig
verstoße die Vereinbarung gegen Art. 12 GG unter dem Aspekt einer Verletzung des
hieraus abzuleitenden Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Eine Verletzung
dieses Grundrechts liege schon deshalb nicht vor, da die getroffenen Regelungen nicht den
Kernbereich der zahnärztlichen Tätigkeit betreffen würde. Die sogenannten Eigenlabors
oder Praxislabors der Zahnärzte stellten traditionell nur eine übliche Erweiterung der
eigentlichen zahnärztlichen Tätigkeit dar.
Hiergegen richtet sich die Berufung vom 12.12.2003, mit der die Kläger ihr Begehren weiter
verfolgen. Ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen vertreten sie die Ansicht, im
Rahmen der Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG komme es maßgeblich auf die Bildung der
Vergleichsgruppe an. Diese sei hier nicht anhand der praxiseigenen Labors von
Kieferorthopäden und anderen Labors zu bilden, vielmehr bestimme sich die
Vergleichsgruppe anhand der Leistungserbringer von kieferorthopädischen Leistungen und
anderer zahnärztlicher Leistungen. Hier hätte es einer Darstellung bedurft, wie die
Vergütungsentwicklung im Bereich aller AOKen im gesamten Anwendungsbereich BEL II
aussehe. Im Übrigen greife die Vereinbarung vom 21.12.1999 in die Werterelation des
Bundesleistungsverzeichnisses ein, in dem die Laborleistungen der kieferorthopädischen
Leistungen im Verhältnis zu den anderen Laborleistungen im Wert erheblich herabgesetzt
würden. Gerade die von der Beklagten zitierte Vorschrift des Art. 6 BSichG, mit dem ab
01.01.2003 eine dem früheren § 88 Abs. 2 a) SGB V entsprechende Regelung wieder
eingeführt worden sei, belege, dass für eine pauschale Absenkung der Vergütung
zahntechnischer Leistungen im abgrenzbaren Bereich der Kieferorthopädie eine
gesetzliche Regelung erforderlich sei.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 10.11.2003 abzuändern und die Beklagte unter
Aufhebung ihrer Bescheide vom 23.01.2001 und 08.03.2001 in der Gestalt des
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Widerspruchsbescheides vom 29.06.2001 zu verpflichten, die abgerechneten
zahntechnischen Leistungen antragsmäß, hilfsweise unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Senats zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich zur Begründung ihres Antrags auf ihr Vorbringen im
erstinstanzlichen Verfahren.
Die Beigeladene zu 1) ist der Ansicht, der sachliche Grund für die vorgenommene
Differenzierung ergebe sich aus dem Umstand, dass der Anteil der Laborkosten an den
Gesamtkosten für kieferorthopädische Behandlungen vor Einführung des BEL II in
Westfalen-Lippe auf demselben Niveau wie bei allen West-AOKen gelegen habe, dann
aber nach einem kurzfristigen Rückgang im Jahre 1993 im Vergleich zum Durchschnitt
West-AOKen überproportional angestiegen seien. Besonders exponiert sei die
Abweichung 1999 gewesen. Hierfür sei die Überbewertung der KFO-Laborleistungen bei
der Einführung des BEL II verantwortlich. Zur Gewährleistung der Beitragsstabilität hätten
die Krankenkassen daher nur auf dem Wege der Preisgestaltung steuernd Einfluss
nehmen können. Alternativen dazu gäbe es nicht. Die Beklagte habe sich mit den neuen
Höchstpreisen einverstanden erklärt.
Ergänzend trägt die Beklagte hierzu vor, die von der Beigeladenen zu 1) zur Belegung ihrer
These beigefügte Grafik sei für sich genommen nicht aussagefähig. Es sei vielmehr auch
die Kostenentwicklung der Laborpreise für Zahnersatzleistungen in den Blick zu nehmen.
Hier sei für das Jahr 2003 ein Kostenrückgang zu verzeichnen, obwohl für den Bereich der
Laborkosten in der Prothetik keine Preisabsenkung vereinbart worden sei. Entgegen der
Auffassung der Beigeladenen zu 1) sei die Beklagte nicht an der Vereinbarung der
Höchstpreise beteiligt gewesen. Eine Rechtsgrundlage, nach der ihr ein Vetorecht zustehe,
existiere nicht.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die das Gericht beigezogen hat
und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom
23.01.2001 und 08.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2001
sind rechtmäßig im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), denn die
Kläger haben keinen Anspruch auf antragsgemäße Vergütung ihrer abgerechneten
zahntechnischen Leistungen.
Zutreffend ist mit dem Sozialgericht davon auszugehen, dass die auf die Rechtsgrundlage
des § 19 lit. a) des Bundesmantelvertrages für Zahnärzte (BMV-Z) gestützten
Berichtigungsbescheide sich an den im Rahmen des § 88 Abs. 2 Satz 1 des
Sozialgesetzbuches (SGB) V zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den
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Innungsverbänden der Zahntechniker vereinbarten Vergütungen für die nach dem
bundeseinheitlichen Verzeichnis abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen zu
orientieren haben. Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich keine abweichende
Beurteilung aus dem Umstand, dass sie an den Vereinbarungen nicht beteiligt waren, eine
solche Beteiligung in Form der Zustimmung aber erforderlich gewesen wäre, weil es sich
bei den Vereinbarungen um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 57 Abs. 1
des Sozialgesetzbuches (SGB) X handele, der in ihre Rechte eingreife und deshalb die
Zustimmung nach § 57 Abs. 1 SGB X erforderlich mache. Das Bundessozialgericht (BSG)
hat hierzu ausgeführt, dass die streitigen Regelungen nur Vergütungsfragen beträfen und
sich deshalb aus ihnen kein schwerwiegender Rechtseingriff ergäbe. Die Bindungswirkung
erfasse z. B. auch Innungen, die nicht Mitglied eines Verbandes seien und auch
Zahntechniker ihrer Bereiche und runde den Geltungsbereich der Regelungen ab. Solche
Außenseitererstreckungen seien verfassungsgemäß und insbesondere mit rechtsstaatlich-
demokratischen Grundsätzen vereinbar (BSG, Az.: 6 KA 21/01 R vom 11.12.2002, m. w.
N.).
Mit dem Sozialgericht geht der Senat auch davon aus, dass der Landesinnungsverband für
das Zahntechnikerhandwerk Nordrhein-Westfalen auf Grund der ihm zugewiesenen
Vertragsabschlusskompetenz zur Vereinbarung der Höchstpreise kein
marktbeherrschendes Unternehmen darstellt und deshalb § 19 Abs. 4 Ziffer 3 GwB, aus
dem die Kläger eine Rechtswidrigkeit der getroffenen Vereinbarung ableiten wollen,
unanwendbar ist. Zutreffend hat das Sozialgericht auch einen Verstoß gegen die
Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG verneint, weil zum Einen die getroffenen
Regelungen nicht den Kernbereich der zahnärztlichen Tätigkeit betreffen, da die
Eigenlabors oder Praxislabors der Zahnärzte nur eine übliche Erweiterung der eigentlichen
zahnärztlichen Tätigkeit darstellt und zum Anderen aus den im erstinstanzlichen Urteil
näher erläuterten Gründen kein Verstoß gegen die Honorarverteilungsgerechtigkeit
vorliegt.
Zur weiteren Begründung verweist der Senat im Einzelnen auf die Ausführungen im
angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Münster, die er sich nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Entgegen der Auffassung der Kläger ist die getroffene Vereinbarung nicht deshalb
rechtswidrig, weil die Absenkung der Höchstpreise für zahntechnische Leistungen
gewerblicher Laboratorien in Westfalen-Lippe im Rahmen der kieferorthopädischen
Behandlung um 7,5 v. H. gegenüber den Preisen im Jahre 1999 gegen das
Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Ein solcher Verstoß liegt nur vor,
wenn wesentlich Gleiches ohne sachlichen Grund verschieden behandelt wird. Dafür
bestehen vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte. Zur Begründung dieser Ansicht stützt der
Senat sich im Wesentlichen auf die von der Beklagten vorgelegten Grafiken, die sich mit
der Entwicklung des Materiallabor (ML) -anteils an den Zahnersatz (ZE) -Gesamtkosten
bzw. dem ML-Anteil an den kieferorthopädischen (KFO) -Gesamtkosten für die AOK in
Westfalen-Lippe im streitigen Zeitraum befasst. Aus diesen Grafiken wird deutlich, dass in
der Zeit von 1997 bis 1999, also dem Jahr, in dem die streitige Vereinbarung getroffen
worden ist, der ZEML-Anteil an den Gesamtkosten von 59,77 v. H. auf 59,64 v. H. gesunken
ist, während zeitgleich der KFOML-Anteil von 28,05 v. H. im Jahr 1997 auf 30,05 v. H. im
Jahre 1999 angestiegen ist. Danach konnte der Durchschnittswert für das Jahr 2000, also
nach Inkrafttreten der Vereinbarung, wieder auf 28,87 v. H. abgesenkt werden. Wenn aber
der KFOML-Anteil an den Gesamtkosten im Verhältnis zum ZEML-Anteil überproportional
bzw. überhaupt angestiegen ist, kann die Absenkung, die den KFO-Bereich betrifft, nicht
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sachwidrig sein. Die Kläger selbst haben vorgetragen, dass es im Rahmen der Prüfung
einer Verletzung des aus Art. 3 Abs. 1 GG fließenden Gleichbehandlungsgebotes
maßgeblich auf die Bildung der Vergleichsgruppe ankomme und diese nicht anhand der
praxiseigenen Labors von Kieferorthopäden und anderen Labors zu bilden seien, vielmehr
sich die Vergleichsgruppe anhand der Leistungserbringer von kieferorthopädischen
Leistungen und anderer zahnärztlicher Leistungen bestimme. Diese Ansicht ist zutreffend
und die vom Senat zur Prüfung der Sachlichkeit der Honorarabsenkung nur im KFO-
Bereich vertretene Auffassung berücksichtigt diese Sichtweise. Angesichts dessen kann
die von der Beigeladenen zu 2) vertretene Auffassung, die Kosten im Bereich der AOK
Westfalen-Lippe seien im Verhältnis zu den übrigen West-AOKen überproportional
angestiegen, nicht zu Grunde gelegt werden, denn auf diese Gegenüberstellung kommt es
nicht an, da die streitige Vereinbarung nur für den Bereich Westfalen-Lippe getroffen wurde
und der sachliche Grund sich daher auch nur aus den Verhältnissen in diesem Bereich
ergeben kann.
Nach Ansicht des Senats ergeben sich sachgerechte Anhaltspunkte für die Absenkung der
Laborpreise nur für kieferorthopädische Behandlungen auch aus dem Umstand, dass nach
Angaben der Beigeladenen zu 2) die Höchstpreise für kieferorthopädische Laborleistungen
in Westfalen-Lippe um bis zu 18 v. H. über dem Durchschnitt der GKV West gelegen haben
und knapp 40 v. H. der KFO-Laborpositionen diesen Mittelwert um rund 9,5 v. H.
überstiegen haben. Für diese Entwicklung ist in erster Linie die Überbewertung der KFO-
Laborleistungen bei der Einführung des Bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnisses
(BEL) II verantwortlich. Angesichts der zu hohen Bewertung dieser Leistungen lagen
Reserven vor, die unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes genutzt werden konnten.
Die Krankenkassen und die Beklagte haben demzufolge im KFO-Honorarbereich eine
Absenkungsmöglichkeit unter den gesetzlich vorgesehenen Mindestrahmen gesehen,
denn die Beklagte hat sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen darauf eingelassen,
dass Honorar um 7,5 v. H. abzusenken und damit um 2,5 v. H. mehr als der gesetzliche
Mindestrahmen vorsieht.
Darüber hinaus hält der Senat die Absenkung der Höchstpreise von Material- und
Laborkosten im Rahmen kieferorthopädischer Behandlungsmaßnahmen auch aus
sachbezogenen Gründen nicht für rechtswidrig. Gegenüber der Vielfalt prothetischer
Leistungen handelt es sich im kieferorthopädischen Bereich um handwerklich einfachere
und in einer weitaus größeren Zahl der Fälle gleichartige Konstruktionen. Diese
Besonderheit im kieferorthopädischen Bereich rechtfertigt die ungleiche Herabsetzung der
Höchstpreise im Bereich zahntechnischer Leistungen gewerblicher Laboratorien. Zu dieser
Einschätzung gelangt der Senat insbesondere nach Beratung mit den an der Entscheidung
beteiligten ehrenamtlichen Richtern, die angesichts ihrer Sachkunde auf diesen Umstand
hingewiesen haben.
Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich bei der erfolgten Absenkung der
Höchstpreise auch nicht um eine Wertverschiebung des BEL. Das bundeseinheitliche
Leistungsverzeichnis beschreibt, wie sein Name besagt, lediglich die dort genannten
Leistungen, bewertet sie aber nicht mit Punkten. Bereits aus diesem Grunde kann nicht von
einer Werteverschiebung durch die Absenkung der Höchstpreise ausgegangen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).