Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 11.09.2008

LSG NRW (erste instanz, kläger, beschwerde, bewilligung, vertretung, begründung, falle, vorteil, tätigkeit, qualifikation)

Landessozialgericht NRW, L 2 B 19/08 KN P
Datum:
11.09.2008
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 2 B 19/08 KN P
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 39 KN 288/07 P
Sachgebiet:
Pflegeversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Auf die Beschwerde des Klägers vom 08.05.2008 wird der Beschluss
des Sozialgerichts Dortmund vom 30.04.2008 aufgehoben. Dem Kläger
wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Dortmund
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C für die erste
Instanz bewilligt. Dem Kläger wird für das Beschwerdeverfahren in der 2.
Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C
gewährt.
Gründe:
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I.
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Der Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert und begehrt die Gewährung von
Pflegeleistungen. Er steht zumindest seit dem 14.05.2002 unter Betreuung. Betreuer ist
der bevollmächtigte Rechtsanwalt. Mit Beschluss vom 30.04.2008 lehnte das
Sozialgericht Dortmund die Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Zur Begründung ist
ausgeführt worden, nach dem Subsidiaritätsprinzip sei eine Vertretung des Klägers nicht
notwendig, da ihn sein Betreuer vertreten könne.
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Gegen den am 08.05.2008 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 08.05.2008
Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, entsprechend der
Rechtsprechung des BGH sei der Klägerbevollmächtigte in seiner Funktion als Betreuer
nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet für den Kläger zu den Konditionen der
Prozesskostenhilfe tätig zu werden.
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II.
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Das Sozialgericht hat es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger die beantragte
Prozesskostenhilfe zu gewähren, denn die Klage bietet hinreichende Aussicht auf
Erfolg, weil weitere Ermittlungen notwendig sind. Die Rechtsverfolgung des Klägers, der
die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von
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Prozesskostenhilfe erfüllt, erscheint nicht von vornherein aussichtslos.
Ein als Berufsbetreuer bestellter Rechtsanwalt kann eine Betreuertätigkeit gemäß §§
1835 Abs. 3, 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen,
wenn sich die zu bewältigende Aufgabe als ein für den Beruf des Rechtsanwalts
spezifische Tätigkeit darstellt. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass der Betreute - und bei
mittellosen Betroffenen die Staatskasse - keinen Vorteil daraus ziehen soll, dass sein
Betreuer zufällig aufgrund einer besonderen beruflichen Qualifikation etwas verrichten
kann, wozu ein anderer Betreuer berechtigterweise die entgeltlichen Dienste eines
Dritten in Anspruch nehmen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 20.12.2006, XII ZB
118/03; NJW 2007, 381, MünchKomm/Wagenitz BGB 4. Aufl. § 1835 Rdn. 34;
Palandt/Diederichsen BGB 65. Aufl. § 1835 Rdn. 13)
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Hat der Kläger in einem gerichtlichen Verfahren Anspruch auf die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe, ist sie ihm auch für die Verfahrensführung durch seinen
Anwaltsbetreuer unter dessen Beiordnung als Prozessbevollmächtigter zu gewähren.
Dabei entspricht es allgemeiner Auffassung (jetzt auch LSG Berlin-Brandenburg L 15 B
162/08 SO PKH), dass der Anwaltsbetreuer schon aus dem Gesichtspunkt einer
kostensparenden Amtsführung verpflichtet ist, für die gerichtliche Vertretung des
Betreuten Prozesskostenhilfe zu beantragen, so dass er im Falle der Bewilligung die
entsprechenden Gebühren eines beigeordneten Rechtsanwalts gemäß § 49 RVG
(früher § 123 BRAGO) erhält (OLG Frankfurt FamRZ 2002, 59, 60). Dieser Grundsatz gilt
auch in einem Verfahren in dem kein Anwaltszwang besteht, es jedoch üblich oder
förderlich ist einen Anwalt hinzuziehen (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 1284f.).
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Gegen diesen Beschluss findet eine Beschwerde nicht statt (§ 177
Sozialgerichtsgesetz).
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