Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 06.07.2009

LSG NRW: nebentätigkeit, rechtseinheit, wiederholung, auflage, nachtarbeit, verfahrensmangel, datum, hauptsache, sachleistung, verwaltungsakt

Landessozialgericht NRW, L 7 B 157/09 AS NZB
Datum:
06.07.2009
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
L 7 B 157/09 AS NZB
Vorinstanz:
Sozialgericht Dortmund, S 32 AS 391/07
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird die Berufung
gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.02.2009
zugelassen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgen der
Kostenentscheidung in der Hauptsache.
Gründe:
1
Die zulässige Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im
Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 20.02.2009 ist gemäß § 145 des
Sozialgerichtsgesetzes (SGG) begründet.
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Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des
SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der
Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder
Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht
übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen
für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
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Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt nicht 750,00 Euro. Die Berufung
betrifft auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr.
Denn der Kläger begehrt Leistungen ohne Anrechnung von gezahlten
Nachtarbeitszuschlägen aus einer Nebentätigkeit als Einkommen für den Zeitraum vom
01.07.2007 bis 30.11.2007, wobei sich das tatsächliche Einkommen aus der
Nebentätigkeit auf weniger als 180,00 Euro monatlich belief.
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Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des
Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes
oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr.
2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
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Die vorliegende Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Diese liegt nach § 144
Abs. 2 Nr. 1 SGG vor, wenn das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen
Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts berührt ist bzw. wenn zu erwarten ist,
dass die Entscheidung dazu führen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu
erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Das kann der Fall sein,
wenn die Klärung einer Zweifelsfrage mit Rücksicht auf eine Wiederholung ähnlicher
Fälle erwünscht ist bzw. wenn von einer derzeitigen Unsicherheit eine nicht
unbeträchtliche Personenzahl betroffen ist. Die Weiterentwicklung des Rechts wird
dabei gefördert, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von
Gesetzesvorschriften aufzustellen oder Lücken zu füllen oder wenn die Entscheidung
Orientierungshilfe für die rechtliche Beurteilung typischer oder
verallgemeinerungsfähiger Sachverhalte geben kann (Leitherer in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rn. 28 und §
160 Rn. 6 ff.). Dies setzt jedoch zumindest voraus, dass es sich bei der aufgeworfenen
Rechtsfrage um eine Zweifelsfrage handelt und mithin Rechtsunsicherheit besteht. Die
Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer, a.a.O., § 144 Rn.
28, § 160 Rn. 8 ff.).
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Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass
im vorliegenden Verfahren die Rechtsfrage klärungsbedürftig ist, ob steuerfreie
Nachtarbeitszuschläge als Einkommen berücksichtigt werden dürfen. Eine
höchstrichterliche Entscheidung ist hierzu bislang nicht ergangen. Abweichend von der
angefochtenen Entscheidung des SG hat das Thüringer Landessozialgericht
entschieden, dass steuerfreie Zuschläge für Nachtarbeit sowie Sonn- und
Feiertagszuschläge als zweckbestimmte Einnahmen anzusehen und damit nicht als
Einkommen gemäß § 11 Abs. 3 SGB II zu berücksichtigen sind (Beschluss vom
08.03.2005, L 7 AS 112/05 ER). Diese Auffassung wird auch vom SG Chemnitz geteilt
(Urteil vom 20.06.2008; S 22 AS 4269/07 m.w.N.).
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Die Kostenentscheidung bleibt dem Berufungsurteil vorbehalten.
8
Mit diesem Beschluss wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren
fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht
(§ 145 Abs. 5 SGG).
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Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
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