Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 12.02.2002
LSG Nsb: berufungskläger, osteoporose, unfallfolgen, rente, niedersachsen, erwerbsfähigkeit, minderung, einverständnis, form, anerkennung
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 12.02.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 13 U 298/98
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 9/6 U 492/99
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die dem Berufungskläger gewährte Verletz-tenrente zu erhöhen ist.
Der 1942 geborene Berufungskläger hat am 16. Dezember 1990 einen Arbeits-unfall erlitten, bei dem er als
Bauschlosser von einer Leiter gestürzt ist. Ausweis-lich des Durchgangsarztberichtes des Dr. H. hat er sich dabei im
wesentlichen eine Patellastückfraktur links zugezogen. Aufgrund des Zweiten Rentengutach-tens des Prof. Dr. I. vom
1. Oktober 1992 hat die Berufungsbeklagte dem Beru-fungskläger mit Bescheid vom 22. Oktober 1992 anstelle der
bisher gewährten vorläufigen Rente eine Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vH
bewilligt. Als Unfallfolgen hat die Berufungsbeklagte dabei aner-kannt:
Unter Deformierung der Kniescheibe knöchern ausgeheilter Kniescheiben-stückbruch links. Deutliche
Bewegungsbehinderung des Kniegelenkes bei Kapselverdickung und Einschränkung der Kniescheibenbeweglichkeit.
Muskelkraftminderung des Oberschenkels
Als Folgen des Arbeitsunfalles wurden dagegen nicht anerkannt:
Krampfaderleiden im Bereich des linken Unterschenkels. Verbreiterung der inneren und äußeren Schienbeinkonsole
sowie feine Knochenausziehungen an den Spitzen der Kreuzbandhöcker und am mitt-leren Gelenkknorren beiderseits.
Verbiegung beider Schienbeine im 0-Sinne. Senk-Spreiz-Fuß beiderseits.
Mit Schreiben vom 6. August 1997 beantragte der Berufungskläger unter Vorlage eines Attestes des Orthopäden Dr.
J. vom 7. Juli 1997 die Gewährung weiterer Leistungen. Die Berufungsbeklagte holte daraufhin ein weiteres Zweites
Renten-gutachten von Prof. Dr. I. vom 16. Oktober 1997 sowie eine ergänzende Stel-lungnahme des Arztes für
Chirurgie Dr. K. vom 12. November 1997 ein. Darauf - sowie auf die weitere ergänzende Stellungnahme des Dr. K.
vom 5. Mai 1998 während des Widerspruchsverfahrens - gestützt lehnte die Berufungsbeklagte mit Bescheid vom 4.
Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 1998 die Gewährung einer höheren Rente
ab. Eine wesentliche Än-derung des Unfallfolgezustandes sei nicht eingetreten. Insbesondere erreiche die
Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit nicht ein solches Ausmaß, daß da-durch allein eine höherer MdE
gerechtfertigt sei. Bei der inzwischen vorliegenden Osteoporose und der Lendenwirbelsäulenerkrankung handele es
sich nicht um Folgeerkrankungen der Unfallfolgen.
Dagegen hat der Berufungskläger am 21. August 1998 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und die
Gewährung einer Rente nach einer MdE von 50 vH begehrt. Zur Begründung hat er sich erneut auf das Attest des Dr.
J. vom 7. Juli 1997 bezogen.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. November 1999 hat das SG die Klage als unbe-gründet abgewiesen. Zur Begründung hat
es insbesondere darauf hingewiesen, daß die Bewegungsstörungen des linken Kniegelenkes nicht ein solches
Ausmaß erreichten, daß nach den im Unfallversicherungsrecht geltenden Maßstäben dafür eine höhere MdE als 20
vH anzusetzen sei. Die Wirbelsäulenbeschwerden, die Schultertendopathie sowie die Osteoporose stünden nicht in
Zusammenhang mit den Unfallfolgen.
Gegen den ihm am 6. Dezember 1999 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich die am 27. Dezember 1999 bei dem
Landessozialgericht eingegangene Berufung des Berufungsklägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren
weiterverfolgt. Unter Bezugnahme auf ein weiteres von ihm vorgelegte Attest des Dr. J. vom 29. Juni 2000 vertritt der
Berufungskläger zur Begründung seines Begehrens die Auffassung, die Knieverletzung habe zu einer Schonhaltung
geführt, die ihrerseits die Wirbelsäulenbeschwerden und die Schulterbeeinträchtigung verursacht habe.
Nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen beantragt der Berufungskläger,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 5. November 1999 und den Bescheid der Beklagten vom
4. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 1998 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 16. Dezember 1990 eine Verletztenrente
nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vH seit dem 8. August 1997 zu gewähren.
Die Berufungsbeklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffenen Bescheide für zutreffend und sieht sich in dieser Auf-fassung durch den Gerichtsbescheid
bestätigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
Verwaltungsakte der Berufungsbeklagten, Az: L. Be-zug genommen. Die genannten Unterlagen haben der
Entscheidungsfindung zugrunde gelegen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 124 des Sozi-algerichtsgesetzes (SGG) durch
Urteil ohne mündliche Verhandlung.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat zu Recht festgestellt, daß dem Berufungskläger ein Anspruch auf die Gewährung einer höheren
Verletztenrente als nach einer MdE von 20 vH nicht zusteht. Hierbei ist das SG von den zutreffenden rechtlichen
Grundlagen ausge-gangen, hat die Tatsachen umfassend ermittelt und sie mit dem richtigen Ergeb-nis der rechtlichen
Prüfung unterzogen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Inhalt des angegriffenen Gerichtsbescheides
Bezug genommen, § 153 Abs 2 SGG.
Hinsichtlich der Bewertung der Funktionsstörungen des linken Kniegelenks des Berufungsklägers hat der Senat den
Ausführungen des SG nichts hinzuzufügen. Soweit der Berufungskläger darüber hinaus sinngemäß die Anerkennung
von Wirbelsäulenbeschwerden, einer Schultertendopathie sowie einer Osteoporose als mittelbare Unfallfolgen begehrt,
ist ergänzend auf die Stellungnahmen des Dr. K. vom 12. November 1997 und 5. Mai 1998 hinzuweisen. Bereits in der
Stel-lungnahme vom 12. November 1997 hat Dr. K. darauf ausgeführt, daß die funkti-onellen Auswirkungen der
Bewegungseinschränkungen des linken Kniegelenkes des Berufungsklägers so gering ausgeprägt sind, daß dadurch
eine nennens-werte Beeinträchtigung der Statik der Wirbelsäule nicht bedingt sein kann. Diese Einschätzung des Dr.
K. stimmt auch mit den tatsächlichen Gegebenheiten über-ein. In den Gutachten vom 1. Oktober 1992 und 19.
September 1994 ist das linksseitige Hinken als "leicht”, in dem Gutachten vom 15. Oktober 1997 als ”angedeutet”
beschrieben. Eine konkrete Beschreibung einer weitergehenden funktionellen Störung findet sich auch in den diversen
Attesten des Dr. J. nicht. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Lendenwirbelsäulenveränderung ihrer Art nach
überhaupt mit einer Veränderung an einer unteren Extremität in Verbindung gebracht werden könnten.
Der Senat hat auch keine Zweifel daran, der Stellungnahme des Dr. K. vom 5. Mai 1998 dahingehend zu folgen, daß
es sich bei der Osteoporose um eine unfallunabhängige Erkrankung handelt. Allerdings spricht die über die Jahre hin -
geringfügig - zunehmende Muskelverschmächtigung des linken Beines des Be-rufungsklägers für eine gewisse
Schonung des linken Beines. Eine Schonung mag möglicherweise auch eine Osteoporose der betroffenen Gliedmaße
verursa-chen können. Daß im vorliegenden Fall ein solcher Zusammenhang zwischen den Unfallfolgen und der
Osteoporose tatsächlich besteht, ist nach der Überzeu-gung des Senates aber nicht wahrscheinlich. Dies ergibt sich
insbesondere dar-aus, daß ausweislich des Attestes des Dr. J. vom 31. März 1998 die Osteoporose im Bereich der
Lendenwirbelsäule weiter fortgeschritten ist, als im Bereich des linken Oberschenkels.
Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen der Kniegelenksfunktionsstö-rung und der Schultertendopathie sind
nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung der §§ 183, 193 SGG
Anlaß für die Zulassung der Revision besteht nicht, § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG.