Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 09.07.2002
LSG Nsb: niedersachsen, behinderung, verdacht, ausgabe, gerichtsakte, form, anhörung
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschluss vom 09.07.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 19 SB 563/99
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 10/9 SB 4/02
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und insgesamt zulässig. Sie hat jedoch in der Sache
keinen Erfolg. Der Senat hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für
erforderlich. Nach Anhörung der Beteiligten konnte die Entscheidung über die Berufung daher gemäß § 153 Abs. 4 des
Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Beschluss ergehen.
II.
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der 1942 geborenen Klägerin die Voraussetzungen für die Feststellung eines
Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 vorliegen.
Der Beklagte hatte bei der Klägerin zuletzt mit Bescheid vom 26. Januar 1996 einen GdB von 40 wegen der
Funktionsstörungen 1. umformende Veränderungen des linken Kniegelenkes 2. umformende Veränderungen der
Wirbelsäule 3. Sehbehinderung 4. Harnröhrenverengung, wiederkehrende Harnwegsinfekte
sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festgestellt.
Im Mai 1998 beantragte die Klägerin bei dem Versorgungsamt Hannover (VA) die Feststellung eines höheren GdB und
der Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches der erheblichen Gehbehinderung. Neben einer Verschlimmerung der
bereits bekannten Funktionsstörungen seien cystische Zustände nach Uterusextirpation, Sensibilitätsstörungen in den
unteren Extremitäten sowie Schilddrüsenveränderungen zu berücksichtigen. Nach Beiziehung von Befundberichten
der die Klägerin behandelnden Ärzte lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 3. Dezember 1998 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 1999 die Feststellung eines höheren GdB ab. Neben den bereits
berücksichtigten Funktionsstörungen seien auch umformende Veränderungen des rechten Hüftgelenkes und der
Fußgelenke in die Bewertung einzubeziehen. Der Gesamt-GdB ändere sich dadurch nicht. Die Voraussetzungen des
geltend gemachten Nachteilsausgleiches lägen nicht vor.
Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig Klage zum Sozialgericht Hannover (SG) erhoben und die Feststellung eines GdB
von mindestens 50 begehrt. Zur Begründung hat sie insbesondere auf Funktionsstörungen der Schultergelenke
hingewiesen und die Auffassung vertreten, bereits die Einzel-GdB seien zu niedrig bewertet. Das SG hat weitere
medizinische Berichte und Unterlagen beigezogen und die Klägerin dann am Tag der mündlichen Verhandlung von Dr.
F. begutachten lassen. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme hat es die Klage mit Urteil vom 25. Oktober
2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, eine wesentliche, die Höherbemessung des GdB
rechtfertigende Veränderung des Behinderungszustandes der Klägerin gegenüber der letzten verbindlichen
Feststellung sei nicht eingetreten.
Gegen das ihr am 7. Dezember 2001 zugestellte Urteil wendet sich die vorliegende, am 23. Dezember 2001 bei dem
SG eingegangene Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung führt sie
insbesondere aus, die Auswirkungen der gesundheitlichen Störungen würden von ihr im täglichen gesellschaftlichen
Leben ganz erheblich negativ wahrgenommen. Sie sei auch in ihrer Mobilität zunehmend eingeschränkt. Der
Gesamtzustand rechtfertige einen GdB von 50. Zur Stützung ihres Vorbringens legt sie weitere medizinische
Unterlagen vor.
Nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen beantragt die Klägerin sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Oktober 2001 und den Bescheid des Versorgungsamtes Hannover
vom 3. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes Niedersachsen
vom 6. Oktober 1999 aufzuheben,
2. den Beklagten zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 seit Mai 1998 festzustellen.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Oktober 2001 zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil und die angegriffenen Bescheide für zutreffend und sieht sich in dieser Auffassung
durch das Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils, den
sonstigen Aktenhalt sowie auf den Inhalt der Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes Hannover, Aktenzeichen
22 4933/2, Bezug genommen. Die genannten Akten haben der Entscheidungsfindung zugrunde gelegen.
III.
Das SG hat zutreffend erkannt, dass der Klägerin ein höherer GdB als 40 nicht zusteht. Hierbei hat es zu Recht die
rechtliche Prüfung auf der Grundlage des § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) durchgeführt.
Es hat es zutreffend den Eintritt einer wesentlichen Änderung gegenüber demjenigen Behinderungszustand, der der
Feststellung des GdB in dem Bescheid vom 26. Januar 1996 zugrundegelegen hat, nicht feststellen können. Es hat
auf den richtigen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen mit nachvollziehbaren Erwägungen und zutreffend seine
Entscheidung begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe in dem Urteil vom
25. Oktober 2001 Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG.
Ergänzend ist lediglich auf folgendes hinzuweisen: Soweit in den in erster Instanz zur Gerichtsakte gelangten
medizinischen Unterlagen andere als die bereits der genannten Feststellung zugrundeliegende Funktionsstörungen
beschrieben werden, handelt es sich hierbei sämtlich um vorübergehende oder Bagatellstörungen.
Bagatellfunktionsstörungen können - und insoweit hält der Senat das Vorbringen der Klägerin durchaus für
nachvollziehbar - von der Klägerin zwar im Alltag bemerkt werden, sie führen allerdings nicht zu einer
Höherbemessung des GdB, Randnr. 19 Abs. 4 der Anhaltpunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen
Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz, Ausgabe 1996. Im Übrigen werden in den Unterlagen
insbesondere die bereits sein längerer Zeit bestehenden Funktionsstörungen dargestellt, ohne dass sich ernsthaft
Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass die Funktionsstörungen in ihrem Ausmaß gravierend zugenommen hätten.
Im Berufungsverfahren sind wesentliche neue Gesichtspunkte nicht zutage getreten. Der Bericht über eine
Ganzkörperskelettszintigraphie von Dres. G. pp. vom 26. April 2001 ergibt keinerlei Erkenntnisse über
Funktionsstörungen. Für eine GdB-Bewertung ist er daher gänzlich ungeeignet. Darüber hinaus ergeben sich aus ihm
auch keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin etwa bisher nicht berücksichtigte Gesundheitsstörungen
vorlägen, die nennenswerte Funktionsstörungen verursachen könnten. In den Berichten der Dres. G. pp. vom 4. März
2002 und Dr. H. vom 20. März 2002 werden lediglich lumbale und durchblutungsbedingte Ursachen der von der
Klägerin bereits mit ihrem Neufeststellungsantrag geltend gemachten Sensibilitätsstörungen der unteren Extremitäten
ausgeschlossen. Die Berichte der Dres. I. vom 24. April 2002 und Dres. G. pp. vom 31. Mai 2002 stützen lediglich
den bereits früher in dem Befundbericht des Dr. J. vom Mai 1999 geäußerten Verdacht auf Vorliegen einer Morton-
Neuralgie. Diese Äußerung war bereits Gegenstand der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. K. vom 6.
August 1999. Neue, etwa weitergehende oder verstärkte Funktionsstörungen ergeben sich aus den in zweiter Instanz
vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht, § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.