Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.06.2002

LSG Nsb: zuschuss, beihilfe, beitragssatz, pflegebedürftigkeit, versicherungsschutz, rentner, niedersachsen, krankheit, anschluss, beratung

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 26.06.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Stade S 5 RI 56/96
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 2 RI 362/97
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten einen höheren Zuschuss zu seinem Bei-trag für die private Pflegeversicherung.
Der im Juni 1930 geborene Kläger war von April 1944 bis Juli 1960 in der Ren-tenversicherung der Arbeiter
pflichtversichert. Sodann trat er in die Dienste der H. (DB) und wurde in das Beamtenverhältnis übernommen. 1986
wurde er in den Ruhestand versetzt und erhält Versorgungsbezüge, berechnet auf der Grundlage von Bezügen nach
der Besoldungsgruppe A 8 Bundesbesoldungsord-nung(BBesO). Versorgungsträger ist seit 1994 das
Bundeseisenbahnvermögen (BEV) als Rechtsnachfolger der DB.
Mitglied der Krankenversorgung der Bundesbeamten (KVB), einer Sozialeinrich-tung von DB und BEV, ist der Kläger
seit 1962. Sie hat die Rechtsform einer Kör-perschaft des öffentlichen Rechts und erhebt Beiträge nach einem
Hebesatz, der nach Besoldungs- oder Vergütungsgruppen der einzelnen Mitglieder variiert. Sie sind zusätzlich nach
der Anzahl der versicherten Angehörigen gestaffelt (An-hang IV der KVB-Satzung). Anfang 1995 versicherte der
Kläger sich und seine Ehefrau bei der Gemeinschaft privater Versicherungsunternehmen (GPV) gegen das Risiko der
Pflegebedürftigkeit. Art und Umfang der vereinbarten Leistungen entsprechen denen der sozialen Pflegeversicherung
(SPV). Dafür hat der Kläger Beiträge zu zahlen, begrenzt auf 50 v.H. des Höchstbeitrages der SPV (Tarifstufe PVB).
Am 12. Januar 1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Regelaltersrente und gleichzeitig die
Gewährung von Zuschüssen zur Kranken-versicherung und zur Pflegeversicherung. Nachdem die KVB unter dem 16.
März 1995 das Bestehen eines privaten Pflegeversicherungsvertrages, der nach Art und Umfang den Leistungen der
SPV entspricht, bestätigt hatte, gewährte die Beklagte dem Kläger ab 12. Juli 1995 Regelaltersrente nebst Zuschuss
zur Pri-vaten Pflegeversicherung in Höhe von 0,25 v.H. des monatlichen Rentenbetra-ges. Den Zuschuss erläuterte
sie mit dem Hinweis, dass sich die Zusatzleistung im Hinblick auf den bestehenden Anspruch auf Beihilfe oder
Heilfürsorge hier nach der Hälfte des maßgebenden Beitragssatzes bemesse (Rentenbescheid vom 05.05.1995). Mit
weiterem Bescheid vom gleichen Tage stellte die Beklagte die Leistung nach § 106 a SGB VI nochmals gesondert
fest.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit dem Ziel, von der Beklagten ei-nen doppelt so hohen monatlichen
Zuschuss zu erhalten. In Höhe von 0,5 % der Rente könnten die Rentenbezieher den Zuschuss verlangen, die in der
SPV pflichtversichert seien. Er müsse 0,8 v.H. seiner Versorgungsbezüge als Beitrag für die Private
Pflegeversicherung entrichten. Hinzu kämen noch 0,4 v.H. dieser Bezüge für die Mitversicherung seiner Ehefrau, so
dass er insgesamt 1,2 v.H. seiner Versorgungsbezüge an die GPV abführen müsse. Dafür erhalte er jedoch nur 30
v.H. seiner Pflegeaufwendungen erstattet, da 70 v.H. ohnehin beihilfemä-ßig von der KVB zu begleichen seien. Die
Beklagte wies den Widerspruch zurück. Der gesetzlich festgelegte Beitrag in Höhe von 1 % und ab 1. Juli 1996 1,7 %
der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder sei bei Rentenbeziehern zu je 0,5 v.H. bzw. ab 1. Juli 1996 zu je 0,85
v.H. vom Rentner selbst und vom Renten-versicherungsträger zu bezahlen. Da der Kläger jedoch Heilfürsorge erhalte,
für die das BEV in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht Zuschüsse leiste, betrage der Beitragssatz lediglich die Hälfte des
normalen Beitragssatzes, also 0,5 bzw 0,85 v.H. Dementsprechend habe der Kläger auch nur Anspruch auf Zuschuss
in Höhe von 0,25 v.H. bzw 0,425 v.H. der Rente (Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 1996).
Im Klageverfahren wiederholt der Kläger seinen Vortrag aus dem Vorverfahren. Das Sozialgericht (SG) Stade hat die
Klage durch Urteil vom 5. Juni 1997 abge-wiesen. Der Kläger als Beihilfe- oder Heilfürsorgeberechtigter werde zwar
hin-sichtlich der Höhe des Beitragszuschusses des Rentenversicherungsträgers un-gleich gegenüber dem
Versicherungsnehmer in der gesetzlichen Krankenversi-cherung behandelt. Dies sei jedoch sachgerecht und nicht
willkürlich, denn dieser Personenkreis habe einen doppelt so hohen Beitragssatz zu zahlen, so dass der
Beitragszuschuss auch entsprechend höher als bei Personen mit Anspruch auf Beihilfe bzw Heilfürsorge sein müsse.
Im Berufungsverfahren lässt der Kläger erneut geltend machen, dass seine kon-krete Beitragsbelastung höher sei als
diejenige, die ein alleiniger Rentenbezieher in der SPV zu tragen habe. Das sei maßgebend. Er beantragt nach seinem
schriftsätzlichen Vorbringen,
1. das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 5. Juni 1997 und die Be-scheide der Beklagten vom 5. Mai 1995 in der
Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 22. Januar 1996 zu ändern,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 1995 einen Zuschuss zur Privaten Pflegeversicherung in Höhe von 0,5 %
der monatlichen Rente bis zum 30. Juni 1996 und in Höhe von 0,85 v.H. ab 1. Juli 1996 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten stimmen einer Senatsentscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zu.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren von der KVB in Ablichtungen die Sat-zung der KVB nebst Beitragstafel,
Zuschussrichtlinien des BEV zu Pflegeaufwen-dungen sowie die Pflegeversicherung bei der GPV betreffende
Bedingungen nebst Beitragsübersichten in den Tarifstufen PVB und PVN beigezogen.
Außer der Gerichtsakte hat die Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Die Vorgänge waren Gegenstand der
Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt
worden und somit zulässig.
Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.
Der Kläger, der sein Risiko der Pflegebedürftigkeit nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Nr. 3 SGB XI
anteilig privat abzusichern hatte, kann von der Beklagten keinen höheren Zuschuss zu dem der GPV geschuldeten
Pflegeversi-cherungsbeitrag verlangen.
In § 106 a Abs. 2 Satz 1 SGB VI hat der Gesetzgeber zwar angeordnet, dass der Rentenversicherungsträger einen
monatlichen Zuschuss zur Rente in Höhe des Beitragsanteils leisten muss, den er für Rentenbezieher zu tragen hat,
die in der SPV pflichtversichert sind. Aber daraus kann in Anwendung der Bestimmungen der §§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB
V, 20 Abs. 1 Nr. 11, 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI nicht gefolgert werden, dass der begehrte Zuschuss zum
Pflegeversicherungsbeitrag der Höhe nach allein durch die Aufwendungen für Beiträge begrenzt wird, die dem Träger
der Rentenversicherung zu den Beitragssätzen von 1 v.H. bzw. 1,7 v.H. für Rentenbezieher erwachsen, die in der
zweiten Hälfte ihres Erwerbsle-bens mindestens zu neun Zehnteln Pflichtmitglied in der gesetzlichen Kranken-
versicherung waren. Dass der Kläger lediglich die Hälfte des Betrages als Bei-tragszuschuss beanspruchen kann, der
in der SPV pflichtversicherten Rentnern mit vergleichbaren Altersbezügen zusteht, die außerhalb der
Organisationsberei-che von I. und J. tätig waren, folgt aus § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB XI. Dort hat der Gesetzgeber
einen um die Hälfte reduzierten Beitragssatz festgesetzt. Diese Ausnahmevorschrift gilt für Personen, auf die § 28
Abs. 2 SGB XI anzuwenden ist. Dort fordert der Gesetzgeber, dass die Angehörigen des betroffenen Perso-
nenkreises nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Beihilfe oder Heilfürsorge bei Krankheit und
Pflege beanspruchen können. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass er nicht als Heilfürsorgeberechtigter im Sinne
dieser Bestim-mung eingestuft werden darf, weil die Heilfürsorge ein eigenständiges, auf dem Prinzip der Alimentation
beruhendes Krankenfürsorgesystem für bestimmte Be-dienstete im öffentlichen Dienst darstellt (vgl. dazu §§ 30 Abs.
1 Soldatengesetz, § 69 Abs. 2 sowie 70 Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz und 35 Zivildienstgesetz). Bei
Pflegebedürftigkeit hat der Kläger aber in entsprechender Anwendung der Bestimmungen der Beihilfevorschriften des
Bundes Anspruch auf Zuschüsse zu den Pflegeaufwendungen, die die KVB-Bezirksleitung Münster im Auftrag des
BEV gewährt. Insoweit wird auf die Richtlinien des BEV für die Gewährung von Zuschüssen zu den Aufwendungen bei
dauernder Pflegebedürftigkeit hingewie-sen.
Nicht gegen das Grundgesetz verstoßen hat der Gesetzgeber dadurch, dass er für die Höhe des Zuschusses zu den
Beiträgen oder Prämien einer privaten Pfle-geversicherung an den Beitragssatz in der SPV angeknüpft hat. Im
wesentlichen rügt der Kläger, dass der Rentner mit Versicherungsschutz in der SPV nur 0,5 v.H. seiner monatlichen
Rente für die Pflegeversicherung aufbringe, während er 0,8 v.H. seiner Versorgungsbezüge für die Absicherung des
Pflegerisikos bei einer Erstattungsquote von nur 30 v.H. der Pflegekosten aufwenden müsse. Für die Prämien in der
privaten Pflegeversicherung hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden, dass unter Berufung auf Artikel
3 Abs. 1 GG nicht verlangt werden darf, dass Prämien und Beiträge in der SPV gleich bemessen werden (vgl. dazu
BSG SozR 3-3300 § 23 SGB XI Nr. 3). Bei der Ausgestaltung der Zusatzleistung, die der Träger der
Rentenversicherung seinen Versicherten gewährt, fällt es vielmehr in den Gestaltungsfreiraum des Gesetzgebers, die
tat-sächlichen Aufwendungen des Rentners für eine private Pflegeversicherung weit-gehend unberücksichtigt zu
lassen und auf die berechtigten Interessen der Ren-tenversicherungsträger an einer einfachen Umsetzung der
Sozialleistungsgesetz-gebung abzustellen. Bei Altersrentnern mit anteiligem Versicherungsschutz in der privaten
Pflegeversicherung die finanzielle Situation des Rentners bei der Auf-bringung der Prämien hintanzustellen und statt
dessen auf die vorbezeichneten Belange des Trägers der Rentenversicherung abzustellen, der die Beitragssätze der
SPV jederzeit abrufen und wegen der Rentenhöhe ohne großen Ermittlungs-aufwand auf seinen Datenbestand
zurückgreifen kann, stand schon deshalb im Einklang mit Artikel 3 GG, weil zwischen Rentnern mit
Versicherungsschutz in der SPV und Rentnern mit Anspruchsberechtigung in entsprechender Anwendung von
Beihilfevorschriften des Bundes und teilweise privat versichertem Pflegever-sicherungsschutz Unterschiede bestehen,
die die Ungleichbehandlung beider Personengruppen rechtfertigen. Auch der Kläger muss sich nämlich darauf ver-
weisen lassen, dass er gegen die Risiken des Alters zusätzlich durch Versor-gungsleistungen seines früheren
Dienstherrn abgesichert ist. Auch auf Artikel 14 GG kann er sich nicht mit Erfolg berufen. Denn der Eigentumsschutz
des GG ga-rantiert lediglich den Anspruch auf den Zuschuss zu seinen Prämienaufwendun-gen in einer Höhe, die der
Bestimmung durch Gesetz vorbehalten ist. Das hat das BSG bereits für den Fall entschieden, dass der
Beitragszuschuss zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegeversicherung niedriger ausfällt, weil eine Verletztenrente auf
die Altersrente mit der Folge der Absenkung des Rentenzahlbetrages ange-rechnet werden muss (SozR 3-2600 § 93
SGB VI Nr. 10 im Anschluss an BVerfG SozR 2200 § 165 RVO Nr. 81).
Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, liegt nicht vor.