Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 09.09.2002

LSG Nsb: berufungskläger, arbeitsunfall, anerkennung, kur, bad, arthrose, unfallversicherung, niedersachsen, verdacht, erwerbsfähigkeit

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 09.09.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Oldenburg S 7 U 139/99
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 9/3 U 235/00
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der dem Berufungskläger zustehenden Verletztenrente aus der gesetzlichen
Unfallversicherung.
Der 1943 geborene Berufungskläger war seit 1966 als Maurergeselle tätig - zuletzt bei der Firma D ... Daneben war er
in der Gebäudereinigung beschäftigt. Seit 1997 bezieht der Berufungskläger Erwerbsunfähigkeitsrente von der LVA
Oldenburg-Bremen.
Am 14. Oktober 1993 war es zu einem ersten Arbeitsunfall gekommen. Der Berufungskläger war von einem Gerüst
gefallen. Er hatte sich noch am selben Tage in die durchgangsärztliche Behandlung des Chirurgen E. begeben. Dieser
sah streckseitig über dem rechten Handrücken eine oberflächliche Schnittwunde, über dem linken Daumenballen eine
oberflächliche Schnittwunde und einen handflächengroßen Bluterguss über dem außenseitigen linken Oberarm mit
Druckschmerz. An der linken Schulter des Berufungsklägers hatte er keine Bewegungseinschränkung feststellen
können. An Hals und Nacken waren keine äußerlichen Verletzungszeichen zu erkennen gewesen. Über dem
innenseitigen, rechten Schienbeinkopf war ein Bluterguss zu sehen. Bei Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule
(HWS), der linken Schulter und des rechten Knies waren keine Knochenbruchzeichen zu verzeichnen gewesen. Noch
im Oktober 1993 hatte sich der Berufungskläger erneut vorgestellt und jetzt über Schmerzen der rechten Schulter
berichtet. Der Chirurg E. hatte festgestellt, dass der rechte Arm des Berufungsklägers sich ohne Einschränkung
heben ließ. Der Chirurg Priv.-Doz. Dr. F. hatte unter dem 7. Januar 1994 festgestellt, es lägen immer noch Schmerzen
der rechten Schulter vor. Bei erneuten Röntgenaufnahmen sei kein Nachweis frischer, knöcherner Verletzungen zu
führen gewesen. Es seien degenerative Veränderungen des Schulter-Eck-Gelenks und Unregelmäßigkeiten am
unteren Pfannenrand zu sehen gewesen. Diese Veränderungen seien unabhängig von dem Unfallereignis eingetreten.
Bei einer neurologischen Consiliaruntersuchung über die Prof. Dr. G. unter dem 11. Januar 1994 berichtet hatte, waren
keine neurologischen Ausfälle festzustellen gewesen. In der Folgezeit war der Berufungskläger wegen Beschwerden
der rechten Schulter mehrfach für längere Zeit krank geschrieben (zB am 28.11.1994 und am 07.06.1995). Hierbei
waren als zugrunde liegende Diagnosen "Rotatorenmanschettenläsion links” und "Impingement-Syndrom rechte
Schulter” genannt worden. Am 8. Dezember 1994 war der Berufungskläger von Dr. H. von der LVA Oldenburg-Bremen
aus Anlass eines Antrags auf Heilbehandlung begutachtet worden. Anlass waren Schulterbeschwerden rechts
gewesen. Der Berufungskläger hatte diese auf den Unfall von 1993 zurückgeführt, was aber von Dr. H. verneint
worden war. Am 5. Februar 1996 war der Berufungskläger erneut durch die LVA Oldenburg-Bremen anlässlich eines
Antrags auf Heilbehandlung durch den Internisten und Arbeitsmediziner Dr.I. begutachtet worden. Dieser hatte ein
Rotatorensyndrom rechts sowie Arthrose diagnostiziert.
Am 30. Mai 1996 kam es zu dem hier streitgegenständlichen Unfall. Der Berufungskläger stieg auf einen
Elektrokasten, um eine Mauer einzuflechten. Er rutschte ab und stürzte aus ein bis zwei Metern Höhe auf eine
Treppe.
Anlässlich der durchgangsärztlichen Erstuntersuchung durch den Chirurgen Dr. J. am selben Tage berichtete dieser
über Bewegungsschmerz der rechten Schulter und Hüfte. Die Beweglichkeit war aber nicht nennenswert
eingeschränkt. Bei einer Röntgenuntersuchung der rechten Schulter hätten sich keine knöchernen Verletzungen
ergeben. In der Folge gelangten etliche Zwischenberichte des Chirurgen Dr. K. zur Verwaltungsakte (vom 30.Mai, 24.,
25. Juni, 2., 8. Juli, 14. August, 21. Oktober, 5., 12., 18. November und 19. Dezember 1996 sowie vom 17. und 30.
Januar, 4. Februar 1997). Dieser berichtete zunächst, der Berufungskläger sei stationär aufgenommen worden zur
operativen Versorgung der bei ihm vorliegenden distalen Radiusfraktur. Erstmals in dem Zwischenbericht vom 24.
Juni 1996 ist die Rede von Schulterschmerzen des Berufungsklägers. Allerdings führt Dr. K. in diesem
Zwischenbericht aus, die Schulterschmerzen seien unfallunabhängig bei bekannter Arthrose. In dem Bericht vom 25.
Juni führt Dr. K. insoweit aus, es habe sich eine Symptomatik an der rechten Schulter entwickelt; diese sei auf die
Fixierung des rechten Unterarms und einen Bluterguss anlässlich des Unfalls zurückzuführen. In seinem letzten
Zwischenbericht vom 4. Februar 1997 führt Dr. K. aus, die Schulterbeschwerden rechts seien sicher nicht auf den
Unfall zurückzuführen, da hier ein ausgedehnter, kompletter Defekt vorliege. Insoweit sei der Unfall lediglich
Gelegenheitsursache gewesen.
Weiter gelangte ein Kurentlassungsbericht der L. in Bad Essen vom 15. Oktober 1996 zum Verwaltungsvorgang
(Dauer der Kur vom 28. August bis zum 2. Oktober 1996). Hinsichtlich der rechten Schulter des Berufungsklägers wird
hierin von einer Arthrose gesprochen. Das dortige Heilverfahren sei zu Beginn des Jahres 1996 wegen der
rechtsseitigen Schulterbeschwerden des Berufungsklägers beantragt worden. Diese bestünden seit Jahren. Vor allem
morgens sei es immer wieder zu Schmerzen und Steifigkeit gekommen. Anlässlich einer Sonographie der rechten
Schulter des Berufungsklägers habe sich der Verdacht auf eine Partialruptur des M. Supraspinatus rechts ergeben.
Es habe sich kein Kalknachweis und keine Bursitis diagnostizieren lassen.
Mit Bescheid vom 14. März 1997 lehnte die Berufungsbeklagte die Zuerkennung einer rentenberechtigenden
Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wegen des Unfalls am 14. Oktober 1993 ab. Zur Begründung bezog sie sich
auf die erwähnte Stellungnahme von Priv.Doz. Dr. F ... Der Berufungskläger hat gegen diesen Bescheid im März 1997
Widerspruch eingelegt. Über diesen Widerspruch ist noch nicht entschieden.
Sodann gelangte ein Schreiben des Orthopäden Dr. M. vom 21. Juni 1997 zur Akte. Dieser berichtete, der
Berufungskläger habe sich am 28. November 1994 erstmals mit Zeichen eines Impingement-Syndroms vorgestellt.
Anlässlich dessen habe er berichtet, er könne den Arm nicht ganz anheben. Dies deute auf das Vorliegen einer Ruptur
hin. Seit diesem Zeitpunkt sei der Berufungskläger ständig wegen dieser Beschwerden bei ihm in Behandlung
gewesen.
Die Berufungsbeklagte zog sodann ein Zusammenhangsgutachten des Chirurgen Dr. N. vom 26. September 1997 bei.
Anlässlich der Erhebung der Anamnese gab der Berufungskläger bei Dr. N. an, Schulterbeschwerden habe er seit
1993. Er habe aber weiter arbeiten können. Dr. N. führte im Wesentlichen aus, hinsichtlich des Unfalls 1993 sei eine
Traumatisierung der rechten Schulter nicht belegbar. Eine Schulteranprallung könne auch nicht zu einer Ruptur der
Rotatorenmanschette führen. Dr. N. sah in den ihm vorliegenden Röntgenbildern arthrotische Veränderungen des
Schultergelenks. Er vertrat die Auffassung, diese seien keinesfalls traumatischer Genese. Insoweit machte Dr. N.
aber darauf aufmerksam, dass noch nicht alle wahrscheinlich existierenden Röntgenbilder beigezogen worden seien.
Auch hinsichtlich des Unfalls vom 30. Mai 1996 könne lediglich von einer seitlichen Schulteranprallung ausgegangen
werden. In der Sonographie der Schulter anlässlich der Kur in Bad Essen habe lediglich eine Teilschädigung des M.
Supraspinatus nachgewiesen werden können. Letztlich kam Dr. N. zu dem Ergebnis, der Verlauf des Unfalls am 30.
Mai 1996 sei nicht geeignet gewesen, den nunmehr vorliegenden Schaden hervorzurufen.
Daraufhin lehnte die Berufungsbeklagte mit Bescheid vom 18. Februar 1998 die Anerkennung der Beschwerden
seitens der rechten Schulter des Berufungsklägers als Folge eines Arbeitsunfalls ab. Als Folgen des Arbeitsunfalls
wurden anerkannt:
"Mäßige Minderung der Vorderarmauswärtsdrehung, deutliche Minderung der Vorderarmeinwärtsdrehung, mäßige
Minderung der Handhebung, erhebliche Minderung der Handsenkung, mäßige Minderung der ellenwärtigen
Handabwinklung, Verlust der speichwärtigen Handabwinklung, anteilige Muskelminderung des Arms, Verminderung
der groben Kraft hinsichtlich des Grobgriffes der Hand sowie bei den Spitz- und Schlüsselgriffen zwischen Daumen
und Langfinger, Minderung des Fingerfächers und der Daumenabspreizung sowie der Beugung im
Daumengrundendgelenk, Gefühlsstörungen der Hand sowie Minderung der Tastsensibilität am Ring- und Kleinfinger,
reizlose Narbenverhältnisse sowie subjektive Belastungsbeschwerden nach knöchern festverheiltem Speichenbruch
mit Abriss des Griffelfortsatzes der Elle des rechten Handgelenkes.” Bei der Berechnung der Verletztenrente des
Berufungsklägers ging die Berufungsbeklagte – ebenfalls im Anschluss an das Gutachten von Dr. N. – von einer MdE
von 30 vH aus.
Auf den Widerspruch des Berufungsklägers, der der Auffassung war, ihm stünde eine höhere MdE sowie die
Anerkennung der Schulterbeschwerden rechts als Unfallfolge zu, leitete die Berufungsbeklagte weitere Ermittlungen
ein. Unter anderem gelangte eine erneute Stellungnahme des Dr. M. vom 12. Mai 1998 sowie ein Gutachten des
Orthopäden und Sozialmediziners Dr. O. vom 5. Juni 1998 zum Verwaltungsvorgang. Weiter reichte der
Berufungskläger ein Privatgutachten des Orthopäden P. vom 19. Juni 1998 ein. Dieser hielt eine Zuordnung der jetzt
hinsichtlich der rechten Schulter zu diagnostizierenden Befunde zu dem Unfall 1993 für ausgeschlossen. Bei dem
Unfall 1996 habe kein geeigneter Mechanismus vorgelegen, der eine gesunde Rotatorenmanschette habe
beschädigen können. Da die Rotatorenmanschette des Berufungsklägers indessen vorgeschädigt sei, habe der
Unfallmechanismus ausreichen können. Sodann diskutierte Dr. P. die Frage, ob es sich hierbei um eine
Gelegenheitsursache oder um eine richtunggebende Verschlimmerung gehandelt habe. Da er zu der Auffassung kam,
letzteres sei gegeben, hielt er den Rotatorenmanschettendefekt in der rechten Schulter des Berufungsklägers für eine
Unfallfolge im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung. Insgesamt hielt er für die Unfallfolgen die Vergabe
einer MdE in Höhe von 30 vH für zutreffend.
Die Berufungsbeklagte zog sodann noch ein ergänzendes Gutachten von Dr. N. vom 1. Februar 1999 bei. Dieser
befundete die nunmehr beigezogenen weiteren Röntgenaufnahmen im Verlauf. Hinsichtlich des Unfalls 1993 schloss
er sich der Auffassung von Dr. P. an. Hinsichtlich des Unfalls 1996 teilte er dessen Auffassung nicht, dass dieser
wesentliche Teilursache für das Auftreten der Rotatorenmanschettenruptur gewesen sei.
Daraufhin wies die Berufungsbeklagte den Widerspruch des Berufungsklägers gegen den Bescheid vom 18. Februar
1998 mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 1999 unter Bezugnahme auf die Ergebnisse von Dr. N. zurück.
Am 11. Juni 1999 ist Klage erhoben worden.
Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat die Klage im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 5.
April 2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Unfall am 30. Mai 1996 habe
kein Unfallmechanismus vorgelegen, der eine Rotatorenmanschette zerstören könne. Zur Begründung hat sich das
SG ua auf das sozialmedizinische Schrifttum berufen.
Zur Begründung der Berufung hat der Berufungskläger weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt. Er ist nach wie vor der
Auffassung, die nunmehr vorliegenden Beschwerden der rechten Schulter seien auf das Unfallereignis vom 30. Mai
1996 zurückzuführen.
Der Berufungskläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
1. das Urteil des Sozialgerichtes Oldenburg vom 5. April 2000 aufzuheben sowie den Bescheid der
Berufungsbeklagten vom 18. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 1999 zu ändern,
2. die Berufungsbeklagte zu verurteilen, die nunmehr vorliegenden Beschwerden in seiner rechten Schulter als
Unfallfolge anzuerkennen,
3. ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vH zuzuerkennen.
Die Berufungsbeklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf ihre angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil. Sie ist
insbesondere der Auffassung, es habe nicht nachgewiesen werden können, dass die Rotatorenmanschettenruptur in
der rechten Schulter des Berufungsklägers im Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 30. Mai 1996 aufgetreten
sei.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat auf Antrag des Berufungsklägers ein Gutachten des
Orthopäden Dr. M. vom 12. August 2001 beigezogen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das
Gutachten Bezug genommen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der
Gerichtsakte sowie auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Berufungsbeklagten (Az.: Q. - 3 Bände
- ) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den
Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet in Anwendung von §§ 124 Abs 2, 155 Abs 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche
Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht (SG) hat zu Recht entschieden, dass der Berufungskläger keinen Anspruch auf Anerkennung seiner
Schulterbeschwerden rechts als Unfallfolgen sowie auf Zuerkennung einer Verletztenrente hat. Der Bescheid der
Berufungsbeklagten vom 18. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 1999 ist
rechtmäßig und verletzt den Berufungskläger nicht in seinen Rechten.
Zweifelsfrei ist insoweit zunächst, dass der Unfall des Berufungsklägers am 30. Mai 1996 ein Arbeitsunfall im Sinne
von § 8 Abs 1 des 7. Buches des Sozialgesetzbuches – SGB VII – ist. Zweifelsfrei ist weiter, dass der
Berufungskläger nunmehr an einem ausgedehnten Rotatorenmanschettendefekt der rechten Schulter leidet. Der
Rotatorenmanschettendefekt der rechten Schulter des Berufungsklägers gehört indes nicht zu den
Gesundheitsstörungen, die von dem Arbeitsunfall am 30. Mai 1996 verursacht worden sind. Die Ursachenbeziehung
zwischen dem Unfallgeschehen und einem von diesem verursachten Personenschaden gehört in den Bereich der
haftungsausfüllenden Kausalität (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 SGB VII Rdn 8.1).
Diese muss in dem Sinne wahrscheinlich sein, dass nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung
mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernstliche Zweifel hinsichtlich einer anderen
Verursachung ausscheiden (Bereiter-Hahn/Mehrtens, aaO, Rdn 10.1 mwN). Als Ursache im Rechtssinne gilt dabei ein
Unfallereignis nur dann, wenn es ursächlich im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne und neben etwaigen
weiteren Faktoren als wesentliche Mitursache zu bewerten ist (vgl. erneut Bereiter-Hahn/Mehrten aaO Rdn 8.2 ff).
Das erkennende Gericht kann sich nicht die Überzeugung bilden, dass der nunmehr vorliegende Defekt mit der im
Recht der gesetzlichen Unfallversicherung erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit, wonach deutlich
überwiegende Gründe für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs zwischen Unfall und geltend gemachter
Unfallfolge (vgl BSGE 45, 286) vorliegen müssen, auf das Unfallereignis am 30. Mai 1996 zurück zu führen ist.
Von der Ursächlichkeit eines Sturzes auf die Schulter für die nunmehr gemachten Schäden kann nicht ausgegangen
werden. Hinsichtlich des Schadens der Rotatorenmanschette ist nach herrschendem ärztlichen Erkenntnisstand
auszuschließen, dass ein Sturz auf die Schulter ihn überhaupt im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, dh im
Sinne einer bestimmbaren gesetzmäßigen Verkettung, auslösen kann (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall
und Berufskrankheit, 6. Aufl. 1998, Seite 473). Insoweit entspricht es der ärztlichen herrschenden Lehrmeinung, dass
ein Sturz auf die Schulter nicht geeignet ist, eine ohnehin nur ausnahmsweise mögliche isolierte Verletzung der
Rotatorenmanschette herbeizuführen. Die direkte Krafteinwirkung auf die Schulter durch Sturz, Prellung oder Schlag
ist als ein zur Verletzung der Rotatorenmanschette ungeeigneter Hergang anzusehen (vgl. nochmals
Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Seite 472 f).
Hinzu kommt, dass bei dem Berufungskläger bereits zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens krankhaft degenerative
Veränderungen im Bereich der rechten Schulter festzustellen gewesen sind, die – unbeschadet der mangelnden
Eignung des konkreten Unfallgeschehens zur Herbeiführung des Schadens – in jedem Fall mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit ausschließlich oder wesentlich überwiegend zur Ruptur der Rotatorenmanschette beigetragen
haben. Dies ergibt sich aus den im Tatbestand der vorliegenden Entscheidung ausführlich dokumentierten ärztlichen
Befunden vor dem Unfall am 30. Mai 1996, die auch immer wieder in den Zwischenberichten des Dr. K. über die
Behandlung des Berufungsklägers zitiert werden. Eben diese degenerativen Veränderungen der rechten Schulter des
Berufungsklägers haben auch mehrfach bereits zur Krankschreibung des Berufungsklägers vor dem Unfall am 30. Mai
1996 sowie zur Bewilligung einer Kur seitens der LVA Oldenburg-Bremen wegen eben dieser Beschwerden geführt.
Angesichts des nunmehr ermittelten Sachverhalts kann sich das erkennende Gericht aber auch schon nicht davon
überzeugen, dass die Rotatorenmanschettenruptur in der rechten Schulter des Berufungsklägers anlässlich des
Unfalls am 30. Mai 1996 eingetreten ist. Dies ergibt sich für das Gericht aus der ausführlichen Befundung aller im
Wiederspruchsverfahren und im Verwaltungsverfahren beigezogenen Röntgenbilder und weiterer Ergebnisse
bildgebender Verfahren durch den Chirurgen Dr. N. in seinem ergänzenden Gutachten vom 1. Februar 1999. Hieraus
lässt sich nämlich entnehmen, dass der röntgenologische Befund sich über die Jahre schleichend verändert hat.
Indes lässt sich diesen Röntgenbildern nicht entnehmen, dass der röntgenologische Befund sich anlässlich des
Unfalls am 30. Mai 1996 wesentlich verändert hat. Daher liegt insoweit kein objektiver Nachweis dafür vor, dass die
Rotatorenmanschettenruptur anlässlich des Unfalls eingetreten ist. Dazu passt, dass nach dem Unfallereignis vom
30. Mai 1996 erstmals in dem Zwischenbericht von Dr. K. vom 24. Juni 1996 von Schulterbeschwerden des
Berufungsklägers die Rede ist. Dr. K. hat insoweit in diesem Bericht ergänzend berichtet, die Schulterschmerzen
rechts seien unfallunabhängig. Auch aus diesem Verlauf lässt sich daher kein objektiver Nachweis für das Auftreten
der Rotatorenmanschettenruptur anlässlich des Unfalls am 30. Mai 1996 entnehmen. Anlässlich der Sonographie
während des Heilverfahrens in Bad Essen (von August bis Oktober 1996) ist auch lediglich ein Verdacht auf
Partialruptur diagnostiziert worden. Erst im Dezember 1996 hat dann Dr. K. einen Riss des M. Supraspinatus
diagnostiziert.
Nach alledem kann sich das Gericht weder davon überzeugen, dass anlässlich des angeschuldigten Unfallereignisses
es zu einer Rotatorenmanschettenruptur gekommen ist; noch kann sich das Gericht davon überzeugen, dass sich der
Unfall so abgespielt hat, dass dies ein geeigneter Hergang gewesen wäre, um eine Rotatorenmanschette zu
zerstören. Angesichts der beim Berufungskläger vielfach dokumentierten Vorschäden in der rechten Schulter kann
sich das Gericht im Anschluss an Dr. N. auch nicht davon überzeugen, dass der Unfall vom 30. Mai 1996 eine
wesentliche Teilursache für eine richtunggebende Verschlimmerung des Schulterschadens des Berufungsklägers ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Ein Grund, gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision zuzulassen, besteht nicht.