Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23.11.2000

LSG Nsb: kurs, umschulung, form, krankenversicherung, beruf, niedersachsen, privatwirtschaft, eingliederung, krankenkasse, rehabilitation

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 23.11.2000 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Oldenburg S 5 RA 50202/97
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 1 RA 56/99
Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der am 14. Dezember 1959 geborene Kläger begehrt von der Beklagten die Förderung eines sechsmonatigen
allgemeinen EDV-Kurses als berufliche Maßnahme zur Rehabilita-tion.
Er hat den Beruf des Kraftfahrzeugmechanikers erlernt und anschließend als Operator in der Chemie-Industrie
gearbeitet. Da er diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte, bewilligte die Beklagte
dem Kläger eine berufsfördernde Maßnahme in Form einer 28-monatigen Umschulung zum
Sozialversicherungsfachange-stellten – Krankenversicherung – (Bescheid vom 14. Juni 1994), die er im Juni 1996 mit
der Abschlussprüfung für den staatlich anerkannten Ausbildungsberuf des Sozialversiche-rungsfachangestellten –
Schwerpunkt: allgemeine Krankenversicherung – abschloss. Eine Schulung in der EDV erfolgte während dieser
Maßnahme nicht. In ein entsprechendes Arbeitsverhältnis konnte der Kläger anschließend nicht vermittelt werden.
Seit dem 31. Juli 2000 nimmt der Kläger an einer bis zum 27. April 2001 laufenden Integ-rationsmaßnahme bei der H.,
I., teil (Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 19. Juli 2000).
Im Dezember 1996 beantragte der Kläger deshalb bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die Durchführung
eines EDV-Kurses. Mit Bescheid vom 5. April 1997 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger
sei mit der Umschulung bereits ausreichend rehabilitiert. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch, zu
deren Begründung der Kläger vortrug, als Arbeitsloser habe er ohne EDV-Kenntnisse keine Chancen bei der
Arbeitsplatzsuche, wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Wider-spruchsbescheid vom 18. Juli 1997 zurück.
Zur Begründung führte sie u.a. aus: Während der Umschulung zum Sozialversicherungsfachangestellten seien dem
Kläger umfassende Kenntnisse, die für die Ausübung eines Berufs notwendig seien, vermittelt worden, so dass es
dem Kläger möglich sein dürfe, eine Wiedereingliederung in das Berufsleben zu erreichen. Die Ermittlungen der
Beklagten hätten ergeben, dass ein allgemeiner EDV-Kurs nicht wesentlich zu einer besseren Vermittelbarkeit
beitragen würde, da bei den je-weiligen Arbeitgebern (z.B. Krankenkassen) kein einheitliches EDV-System zur Anwen-
dung komme und eine Einarbeitung im jeweiligen System erst am konkreten Arbeitsplatz erfolgen könne.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt
und Stellenausschreibungen diverser Unternehmen der Privatwirtschaft aus Zeitungen vorge-legt, in denen jeweils
Grundkenntnisse in der EDV gefordert werden. Er hat dazu vorge-tragen, dass zur Zeit kein Bedarf an Sozialversiche-
rungsfachangestellten im Bereich der Krankenversicherung bestehe, in Betrieben der Pri-vatwirtschaft – diese allein
blieben ihm offen –aber EDV-Kenntnisse unabdingbar voraus-gesetzt würden. Zum Beweis hat der Kläger u.a.
Bewerbungsabsagen der J., der K., L., sowie der M., der N. und der O. vorgelegt. Die Beklagte hat die Auffassung
vertreten, dass für den Kläger allenfalls bei einem kon-kreten Angebot eines Arbeitsplatzes geprüft werden könne, ob
an den zukünftigen Arbeit-geber Leistungen in Form einer Eingliede-rungshilfe oder eines Einarbeitungszuschusses zu
gewähren seien. Die von dem Kläger begehrte EDV-Vollzeit-Ausbildung müsse die Be-klagte weiterhin ablehnen. Ein
sechsmo-natiger EDV-Kurs sei nicht geeignet, die Vermitt-lungschancen des Klägers im Beruf des
Sozialversicherungsfachangestellten im Bereich Krankenversicherung entscheidend zu erhöhen. Das SG hat noch die
Stellungnahmen des Arbeitsamtes I. vom 1. April 1998 sowie die Auskünfte der P. vom 7. September 1998, der N.
vom 8. September 1998, der Q. vom 8. September 1998, der R. vom 9. September 1998, der S. vom 8. September
1998 und der T. vom 14. September 1998 eingeholt und mit Urteil vom 18. Februar 1999 die Klage abgewiesen. Zur
Begründung hat das SG ausgeführt: Die Beklagte habe nicht rechtswidrig gehandelt, als sie die Bewilligung des
allgemeinen sechsmonatigen EDV-Kurses abgelehnt habe. Ein Ermessensfehler der Beklagten sei nicht erkennbar.
Nach den von der Kammer getroffenen Ermittlungen stehe fest, dass bei Bewerbern in dem Beruf eines
Sozialversicherungsfachangestellten allgemeine EDV-Kenntnisse grundsätz-lich nicht verlangt würden, da eigene
EDV-Programme zur Anwendung kämen und des-halb ohnehin eine spezielle Einarbeitung auf die verwendeten EDV-
Systeme not-wendig sei. Die Beklagte lehne mit ihrem Bescheid auch nicht grundsätzlich die Gewäh-rung jegli-cher
weiterer berufsfördernder Maßnahmen zur Rehabilitation ab. Vielmehr weise sie selbst darauf hin, dass beim
Vorhandensein eines geeigneten Arbeits-platzes durch sie berufsfördernde Maßnahmen im Rahmen des § 16 Abs. 1
SGB VI zu Gunsten des Klä-gers weiterhin erbracht würden, insbesondere in Form der Zahlung eines Einarbeitungs-
zuschusses auf einen konkreten Arbeitsplatz. Unter diesen Umständen könne die Gewäh-rung eines allgemein
gehaltenen sechsmonatigen EDV-Kurses nicht als die einzige ge-eignete berufliche Rehabilitationsmaßnahme
angesehen werden, die die Wiedereingliede-rung des Klägers ins Erwerbsleben ermögliche. Die von der Beklagten
getroffene Ent-scheidung sei nach alledem nicht wegen Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig.
Gegen dieses am 11. März 1999 abgesandte Urteil richtet sich die am 23. März 1999 ein-gelegte Berufung des
Klägers, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung legt er dem Gericht u.a. die Auskünfte der U. in V.
vom 25. November 1999 und der M. vom 14. Dezember 1999 vor.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 18. Februar 1999 und den Bescheid der Beklagten vom 5. April 1997
in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 18. Juli 1997 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm einen sechsmonatigen EDV-Kurs als beruf-liche Maßnahme zur Rehabilitation zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten und die Rehabilitationsakten
der Beklagten (3 Bände), die dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und der Entschei-dung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143 f Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden
und damit zulässig.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.
Das angefochtene Urteil des SG Oldenburg vom 18. Februar 1999 erweist sich nicht als rechtswidrig. Der Bescheid
der Beklagten vom 5. April 1997 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 18. Juli 1997 ist nicht zu
beanstanden. Die Beklagte hat es er-messensfehlerfrei abgelehnt, dem Kläger als weitere berufliche Maßnahme zur
Rehabili-tation im Anschluss an die Umschulung zum Sozialversicherungsfachangestellten zusätz-lich noch einen
allgemeinen EDV-Kurs zu bewilligen.
Eine solche weitere Förderung ist zur Eingliederung des Klägers im Umschulungsberuf bei einer Krankenkasse nicht
Voraussetzung. Die Beklagte und das SG haben zutreffend darauf hingewiesen, dass ein allgemeiner EDV-Kurs nicht
wesentlich zu einer besseren Vermittelbarkeit des Klägers im Umschulungsberuf beitragen kann, weil die potenziellen
Arbeitgeber des Klägers kein einheitliches EDV-System verwenden und deshalb nur eine Einarbeitung am jeweiligen
System sinnvoll ist. Auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des SG, dem der Senat folgt, wird zur
Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs 2 SGG Bezug genommen.
Die ablehnende Entscheidung der Beklagten ist darüber hinaus auch schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die
Beklagte sich einer weiteren Förderung des Klägers nicht schlechthin verschließt, sondern ihre Bereitschaft erklärt
hat, bei Vorhandensein eines geeigneten Arbeitsplatzes gegebenenfalls einen Einarbeitungszuschuss zu zahlen, dh,
die Eingliederung des Klägers weiter zu fördern. Soweit der Kläger die Vermittlung von allgemeinen EDV-Kenntnissen
begehrt, weil er Arbeitsmöglichkeiten im Umschulungsbe-ruf nicht sieht und seine Einstellungschancen in der
Privatwirtschaft damit zu verbessern können glaubt, hat die Beklagte eine Förderung mit diesem Ziel
ermessensfehlerfrei ab-gelehnt. Dem hat der Senat nichts hinzuzufügen.
Schließlich ist für den Senat auch aufgrund der veränderten Situation, dass der Kläger seit dem 31. Juli 2000 an einer
bis zum 27. April 2001 laufenden Integrationsmaßnahme bei einer Krankenkasse teilnimmt, die Notwendigkeit einer
Förderung durch Teilnahme an einem EDV-Kurs objektiv nicht erkennbar.
Die Berufung konnte nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Es hat keine Veranlassung bestanden, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG).