Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 22.08.2001

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 22.08.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Oldenburg S 6 KR 64/99
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 4 KR 204/99
Die Beklagte zu 4) wird entsprechend ihrem Anerkenntnis vom 22. August 2001 verurteilt, der Klägerin Akteneinsicht
zu gewähren und ihr alle über sie erstellten und noch vorhandenen Gutachten in Kopie herauszugeben. Im übrigen
wird die Berufung zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Akteneinsicht und die Herausgabe aller über ihre Person erstellter Gutachten.
Die 1952 geborene Klägerin war vom 24. Juli 1984 bis 25. Januar 1987 bei der Beklagten zu 1), anschließend bis zum
16. Mai 1990 bei der Beklagten zu 2) und danach bis zum 28. August 1994 bei der Beklagten zu 3) krankenversichert.
In der Zeit vom 14. August 1995 bis 30. Juni 1996 und erneut vom 19. Juli 1996 bis 31. März 1999 war sie
versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 4).
Die Unterlagen der Beklagten zu 1) bis 3) über die betreffenden Zeiträume sind bereits vernichtet. Lediglich bei der
Beklagten zu 4) sind noch Unterlagen vorhanden. Bei der Beklagten zu 4) liegt insbesondere das Gutachten des
Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Niedersachsen (MDKN) anlässlich der Untersuchung zu einer
Rehabilitationsmaßnahme am 1. April 1997 vor. Mit Antrag vom 9. März 1999 beantragte die Klägerin die
Akteneinsicht in dies zuvor genannte Gutachten. Dies lehnten die Beklagten mit Schreiben vom 10. März 1999 ab.
Die Klägerin habe gemäß § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) als Beteiligte die Möglichkeit,
Akteneinsicht zu beantragen. Die Behörde habe dem Antrag zu entsprechen, sofern ein berechtigtes Interesse
nachgewiesen sei. Dieses sei von der Klägerin nicht nachgewiesen, somit könne dem Antrag auf Akteneinsicht nicht
entsprochen werden.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 16. April 1999, eingegangen beim Sozialgericht (SG) Oldenburg am 20. April
1999, Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 4) erhoben. Mit Beschluss vom 2. November 1999 hat das SG die
Verfahren gegen die Beklagte zu 1) bis 4) verbunden. Mit Gerichtsbescheid vom 16. November 1999 hat das SG die
Klagen abgewiesen. Die Beklagten hätten zu Recht gemäß § 25 Abs 1 SGB X der Klägerin die Akteneinsicht
verweigert. Die Klage scheitere daran, dass die Akteneinsicht bzw die Herausgabe von Ablichtungen nicht im Rahmen
von Verfahren geltend gemacht werde, in denen sich die Klägerin und die Beklagte als Beteiligte gegenüber stünden
und die Klägerin die Unterlagen benötige, um Ansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen oder sich gegenüber
Angriffen der Beklagten zu verteidigen. Vielmehr diene die Klage ausdrücklich nur zur Vorbereitung von Prozessen
gegen Ärzte/Ärztinnen, genau gesagt, zur Ausforschung von Klagegegnern/Klagegegnerinnen. Die Beklagten seien
nicht dazu verpflichtet, der Klägerin dabei zu helfen.
Gegen den der Klägerin am 18. November 1999 mit Übergabeeinschreiben abgesandten Gerichtsbescheid hat diese
Berufung eingelegt, die am 22. November 1999 beim SG Oldenburg eingegangen ist. Die Klägerin ist der Ansicht,
dass ihr eine vollständige Akteneinsicht zu allen über sie jemals erstellten Gutachten zustehe. Sie habe bereits
deutlich gemacht, dass das Gutachten, das ihr innerhalb des Klageverfahrens vom MDK in Kopie zugegangen sei,
nicht das Gutachten sei, was sie seinerzeit diktiert gehört und später bei ihren Hausärzten gelesen habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 16. November 1999 und den Bescheid vom 10. März 1999
der Beklagten zu 4) aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, ihr Akteneinsicht zu gewähren und alle über sie
erstellten Gutachten herauszugeben.
Die Beklagten zu 1) bis 4) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichts- sowie die Verwaltungsakten der Beklagten
und die Prozessakten des SG Oldenburg Az: S 6 KR 65/99, S 6 KR 66/99 sowie S 6 KR 67/99 verwiesen, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin war insoweit erfolgreich, als die Beklagte zu 4) entsprechend ihrem Anerkenntnis vom 22.
August 2001 zu verurteilen war, der Klägerin Akteneinsicht zu gewähren und ihr alle über sie erstellten und noch
vorhandenen Gutachten in Kopie herauszugeben. Die Klägerin hat an der Senatssitzung vom 22. August 2001 nicht
teilgenommen. Sie konnte daher das Anerkenntnis der Beklagten nicht unmittelbar annehmen. Gem. § 101 Abs 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG) erledigt nur das angenommene Anerkenntnis den Rechtsstreit. Insoweit erging das
Anerkenntnisurteil.
Die Berufung gegenüber den Beklagten zu 1) bis 3) war zurückzuweisen. Diese haben ihre Originalunterlagen über die
Klägerin bereits vernichtet und ihr die noch vorhandenen Daten als Computerauszug zur Verfügung gestellt. Das
Recht auf Akteneinsicht gem § 25 Abs 1 SGB X beschränkt sich auf die der Behörde vorliegenden Verfahrensakten.
Es bestand keine Veranlassung der Beklagten zu 1) bis 3), die Akten zu rekonstruieren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Das Obsiegen der Klägerin, welches im Anerkenntnisurteil zum
Ausdruck kommt, führt nicht zur Kostentragungspflicht der Beklagten. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass die
Klägerin sich zum Verfahren seit langer Zeit nicht geäußert hat.
Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, liegt nicht vor ( § 160 Abs 2 SGG).