Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 09.08.2001

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschluss vom 09.08.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 34 SF 40/00
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 4 B 134/01 SF
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
In dem Rechtsstreit des Antragstellers gegen die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vor dem Sozialgericht
Hannover (SG) – S 14 RA 417/98 – ordnete das SG das persönliche Erscheinen des Antragstellers zum
Verhandlungstermin am 7. April 2000 an. Die Ladung wurde durch Niederlegung zur Post am 22. März 2000 zugestellt.
Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Antragsteller in B./Spanien im Urlaub. Seine Mutter las ihm einige Tage vor dem
Verhandlungstermin die Ladung fernmündlich vor, woraufhin der Antragsteller einen preiswerten Flug nach C. buchte,
um den Termin rechtzeitig wahrnehmen zu können. Das SG informierte er nicht.
Der Antragsteller beantragte beim SG folgende Entschädigung:
Flugkosten 349,64 DM Straßenbahn 2,83 DM Bus 10,00 DM
Summe 362,47 DM
Der Kostenbeamte des SG setzte die Entschädigung des Antragstellers auf 5,70 DM fest (Verfügung vom 2. Juni
2000).
Hiergegen hat der Antragsteller richterliche Festsetzung beantragt. Die Kostenbeamtin hat dem Antrag nicht
abgeholfen.
Mit Beschluss vom 6. April 2001 hat das SG die Entschädigung auf 362,47 DM festgesetzt. Zur Begründung hat es
im wesentlichen ausgeführt: Aus der Ladungsverfügung sei für den Antragsteller nicht hinreichend erkennbar
gewesen, dass sein Anspruch auf Fahrkosten abgelehnt werde, wenn er das SG nicht über die Notwendigkeit einer
Anreise von einem anderen Ort als seinem Wohnort unterrichte.
Hiergegen hat der Antragsgegner am 28. April 2001 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Erstattung der Fahrkosten eines Beteiligten richtet sich nach § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 9 Gesetz
über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG). § 9 Abs. 5 ZSEG bestimmt: Tritt der Zeuge oder
Sachverständige die Reise zum Terminsort von einem anderen als dem in der Ladung bezeichneten oder der ladenden
Stelle unverzüglich angezeigten Ort an oder fährt er zu einem anderen als zu diesem Ort zurück, so werden, wenn die
dadurch entstandenen Gesamtkosten höher sind, höchstens die Kosten ersetzt, die für die Reise von dem in der
Ladung bezeichneten oder der ladenden Stelle angezeigten Ort oder für die Rückreise zu diesem Ort zu ersetzen
wären (Satz 1). Mehrkosten werden nach billigem Ermessen ersetzt, wenn der Zeuge oder Sachverständige zu diesen
Fahrten durch besondere Umstände genötigt war (Satz 2).
Der Senat läßt offen, ob die Ladungsverfügung hinreichend eindeutig auf die finanziellen Folgen hinweist, die bei einer
unterlassenen Benachrichtigung des Gerichts über einen Ortswechsel nach § 9 Abs. 5 Satz 1 ZSEG entstehen
können. Denn jedenfalls ergibt sich der Anspruch des Antragstellers auf Entschädigung in der beantragten Höhe aus §
9 Abs. 5 Satz 2 ZSEG.
Im vorliegenden Fall lagen besondere Umstände vor, die es in diesem Einzelfall rechtfertigen, dem Antragsteller die
begehrte Entschädigung zu gewähren. Infolge seines Urlaubs hat der Antragsteller erst wenige Tage vor dem
Verhandlungstermin Kenntnis von der Ladung erhalten. Seine 78jährige Mutter hat ihn telefonisch von der Ladung in
Kenntnis gesetzt. Ihm ist der Text der Ladung somit nur fernmündlich vorgelesen worden. Er hatte damit nicht die
Chance, die Ladung im einzelnen nochmals zu lesen und zu erkennen, dass er das Gericht korrekter Weise über
seinen geplanten Flug von Malaga nach Hannover noch hätte benachrichtigen sollen. Um der Anordnung seines
persönlichen Erscheinen im Verhandlungstermin zu entsprechen, hat er alles getan, um rechtzeitig in C. zu sein. Er
hat ohne Zögern seinen Urlaub unterbrochen. Dabei hat er sich zugunsten der Staatskasse sparsam und wirtschaftlich
verhalten, indem er sich erfolgreich um einen preiswerten Flug bemüht hat. Der Senat hält es daher für gerechtfertigt,
ihm die entstandenen Kosten zu erstatten.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).