Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 28.01.2002

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 28.01.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Oldenburg S 91 P 37/00
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 3 P 20/01
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung von Pflegegeld nach Maßgabe der Pfle-gestufe II anstatt des bereits
gezahlten Pflegegeldes nach Maßgabe der Pfle-gestufe I.
Die im Juli 1938 geborene Klägerin stellte erstmals im Dezember 1997 einen Antrag auf die Gewährung von
Pflegegeld, der von der Beklagten nach Einho-lung eines Gutachtens des MDKN abgelehnt wurde. Die dagegen
erhobene Klage wies das Sozialgericht (SG) Oldenburg durch Gerichtsbescheid vom 17. Mai 1999 zurück. Die
dagegen eingelegte Berufung wurde vom erkennenden Senat durch Urteil vom 04. November 1999 wegen
Versäumung der Beru-fungsfrist verworfen.
Im Juni 1999 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf die Gewährung von Geldleistungen. In einem für den MDKN
erstatteten Gutachten vom 09. August 1999 erläuterte der Gutachter Dr E., dass bei der Klägerin im Bereich der Kör-
perpflege ein Hilfebedarf in einem zeitlichen Umfang von 31 Minuten, im Be-reich der Ernährung bei der
mundgerechten Zubereitung der Nahrung in einem Umfang von 9 Minuten und im Bereich der Mobilität beim An-
/Auskleiden ein Hilfebedarf in einem zeitlichen Umfang von 12 Minuten bestände. Insgesamt sei im Bereich der
Grundpflege ein Hilfebedarf von 52 Minuten im Tagesdurch-schnitt gegeben, so dass die Pflegestufe I anzunehmen
sei.
Die Beklagte bewilligte dementsprechend mit Bescheid vom 13. August 1999 Geldleistungen nach Maßgabe der
Pflegestufe I ab 01. Mai 1999. Mit Schreiben vom 27. August 1999 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und
machte geltend, es sei bei ihr ein Hilfebedarf im Umfang der Pflegestufe II gegeben. Zur Begründung berief sie sich
auf Attest ihres behandelnden Arztes Dr F., der in seiner Bescheinigung vom 28. Oktober 1999 bei der Klägerin eine
weichteil-rheumatische Erkrankung angab. Nach Einholung zweier gutachtlicher Stel-lungnahmen des MDKN (Dr G.
vom 24.11.1999 und Dr H. vom 04.04.2000), in denen jeweils die Tatsachenfeststellungen in dem Gutachten vom 09.
August 1999 nach wie vor für zutreffend erachtet wurden, hat die Beklagte den Wider-spruch der Klägerin durch vom
Bescheid vom 05. Juni 2000 zurückgewiesen.
Mit ihrer am 20. Juni 2000 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren wei-ter verfolgt. Das SG hat die Klage durch
Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf das von ihm eingeholte Gutachten
des Dr I. vom 04. April 2001 berufen, das die Feststellungen des MDKN im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen
bestätigte und bei der Klägerin einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege in einem zeitlichen Umfang von 53 Mi-
nuten im Tagesdurchschnitt attestierte.
Gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 29. Juni 2001 zugestellten Gerichts-bescheid hat die Klägerin am 16. Juli
2001 rechtzeitig Berufung eingelegt. Sie macht geltend, dass bei ihr gravierende Gesundheitsstörungen beständen,
die sie durch zahlreiche Bescheinigungen des Dr F. belegen könne. Ihr Hilfebedarf erreiche einen zeitlichen Umfang,
der dem der Pflegestufe II entspreche.
Die Klägerin beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. Juni 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.
August 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Juni 2000 zu ändern,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihr Geldleistungen nach Maßgabe der Pfle-gestufe II ab Mai 1999 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für und die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ärztliche Bescheinigungen von Dr F. vom 20. September 2001, Dr J. vom 10.
September 2001, vom K. vom 05. und 20. November 2001, vom L. (Rheumatische Klinik) M. vom 13. November 2001
und vom N. in O. vom 26. November 2001 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und den Inhalt der beigezoge-nen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die gemäß § 143 und 144 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichts-gesetz (SGG) zulässige Berufung nach
vorheriger Zustimmung der Beteiligten durch seine Berichterstatterin als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung
entscheiden (vgl § 124 Abs 2 SGG, § 155 Abs 4 SGG).
Anspruch auf die Gewährung von Leistungen im Umfang der Pflegestufe II ha-ben Personen, die bei der Körperpflege,
der Ernährung oder Mobilität mindes-tens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zu-
sätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Nach § 15 Abs 3 SGB XI nF
muss der Zeitaufwand, den ein Famili-enangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson
für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Ver-sorgung benötigt, wöchentlich im
Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II min-destens 3 Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens 2
Stunden entfallen müssen.
Das SG und die Beklagte haben zu Recht entschieden, dass diese Vorausset-zungen im Falle der Klägerin nicht
gegeben sind. Das ergibt sich aus dem Gut-achten des MDKN vom 09. August 1999, das von der Beklagten eingeholt
wur-de und aus dem vom SG eingeholten Gutachten des Dr I. vom 05. April 2001. Aus den Gutachten geht hervor,
dass aufgrund der Erkrankungen der Klägerin im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates sowie wegen eines
Weichteil-rheumatismus erhebliche Einschränkungen insbesondere in der Beweglichkeit des Schulter-Nacken-Arm-
Bereichs bei der Klägerin bestehen. Es leuchtet da-her ein, dass die Klägerin insbesondere beim Waschen, dem
Kämmen, der mundgerechten Zubereitung der Nahrung, beim Aufstehen und Zubettgehen sowie beim An- und
Auskleiden der Hilfe durch eine Pflegeperson bedarf. Aus den Gutachten geht jedoch weitgehend übereinstimmend
hervor, dass dieser Hilfebedarf einen zeitlichen Umfang von etwa 52 bis 53 Minuten im Tages-durchschnitt erreicht.
Damit wird der erforderliche Zeitaufwand von 2 Stunden im Tagesdurchschnitt, wie er für die Gewährung von
Leistungen nach Maßgabe der Pflegestufe II erforderlich sind, bei weitem nicht erreicht.
Auch aus den zahlreichen von der Klägerin im Berufungsverfahren zu den Ge-richtsakten gereichten Befundberichten
ergibt sich kein anderes Bild. In Bezug auf den Pflegebedarf der Klägerin ergeben sich aus diesen Bescheinigungen
ohnehin keine Einzelheiten. Lediglich in dem Befundbericht des P. vom 05. No-vember 2001 wird zum Hilfebedarf der
Klägerin im Einzelnen Stellung genom-men. Dort sind aber noch nicht einmal die Hilfen für erforderlich gehalten wor-
den, die seitens des Gutachters und Dr E. und des Sachverständigen Dr I. für erforderlich gehalten wurden.
Ansonsten sind in den Berichten lediglich Diagno-sen und Therapien genannt, ohne dass ersichtlich wäre, dass sich
aus ihnen ein Hilfebedarf ergeben könnte, der oberhalb der Pflegestufe I anzusiedeln wä-re.
Nach allem hat die Berufung keinen Erfolg haben können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Es hat keine Veranlassung bestanden, die Revision zuzulassen.