Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23.04.2003

LSG Nsb: arbeitslosenhilfe, anpassung, vergleich, vorschlag, entstehungsgeschichte, ausführung, niedersachsen, gerichtsakte, unterlassen, widerspruchsverfahren

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschluss vom 23.04.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bremen S 9 AL 273/99
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 15 AL 7/02
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 12. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Arbeitslosenhilfe, die die Beklagte in Ausführung eines Vergleichs in einem vorangegangenen
Rechtstreit (L 5 AL 61/98) zu zahlen hat.
Nachdem die Beklagte in diesem Rechtstreit zunächst die Regelung vorgeschlagen hatte, dem Kläger ab 1. März
1995 Arbeitslosenhilfe nach einem Bemessungsentgelt von wöchentlichen DM 1.160,00 zu gewähren, schlug der
Kläger vor, diese Regelung durch den Passus "unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anpassung” zu ergänzen und
damit die Hauptsache zu erledigen. Diesen Vorschlag nahm die Beklagte mit Schriftsatz vom 15. April 1998 an.
Mit Änderungsbescheiden vom 25. Mai 1999 gewährte die Beklagte dem Kläger höhere Arbeitslosenhilfe auf der Basis
des wöchentlichen Bemessungsentgelts von DM 1.160,00 und berücksichtigte dabei in dem Zeitraum vom 29.
Februar bis 30. Juni 1996 die Dynamisierung des Bemessungsentgelts auf DM 1.190,00 und ab dem 1. Juli 1996 die
gesetzlich vorgesehene Absenkung auf DM 1.150,00, ab dem 1. Juli 1997 die Absenkung auf DM 1.140,00 und ab 1.
Juli 1998 auf DM 1.120,00 wöchentlich.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass aufgrund des geschlossenen Vergleichs eine
Herabsenkung des Bemessungsentgelts nicht möglich sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 1999 wies die
Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte unter anderem aus, dass die Absenkung ab dem 1. Juli 1996 wegen der
in diesem Jahr eingeführten Vorschrift des § 242v AFG a. F. vorgenommen worden sei. In Verbindung mit § 136 Abs.
2b AFG in der ab dem 1. April 1996 geltenden Fassung müsse jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Entstehen
des Anspruchs auf Alhi das Bemessungsentgelt um 3 % abgesenkt werden. Danach ergäben sich ab 1996 jeweils
zum 1. Juli unter Berücksichtigung von Rundungsvorschriften die jeweils zugrunde gelegten abgesenkten
Bemessungsentgelte. Diese Anpassung sei gesetzlich vorgeschrieben und auch nicht durch den Vergleich
suspendiert worden.
Am 30. Juli 1999 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht (SG) Bremen Klage erhoben und weiterhin geltend
gemacht, in Ausführung des geschlossenen Vergleichs sei keine Absenkung sondern ausschließlich eine
Dynamisierung nach oben möglich.
Die Beklagte hat sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid bezogen.
Mit Urteil vom 12. Oktober 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Durch die Formulierung im Vergleich, dass
Arbeitslosenhilfe nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von DM 1.160,00 "unter Berücksichtigung der
gesetzlichen Anpassung” gezahlt werden solle, sei klar gewesen, dass neben der Dynamisierung des
Bemessungsentgelts auch die Vorschriften zu dessen Absenkung zu berücksichtigen seien. Im Hinblick auf die
zutreffende Darlegung der Dynamisierung wie der Absenkung im Widerspruchsbescheid werde von einer weiteren
Darstellung der Gründe abgesehen.
Gegen diese ihm am 20. Februar 2002 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 27. Februar 2002 Berufung beim
Landessozialgericht eingelegt. Er trägt vor, das SG hätte bei der Auslegung des Vergleichs die
Entstehungsgeschichte, insbesondere die Aufnahme der Anpassungsklausel auf Vorschlag des Klägers,
berücksichtigen und daraus ableiten müssen, dass damit – auch für die Beklagte erkennbar – nur eine Anpassung
nach oben gemeint sein sollte.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Bremen vom 12. Oktober 2001 und unter Abänderung der
Bescheide vom 25. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 1999 zu verpflichten, ihm
Arbeitslosenhilfe ab dem 1. März 1995 bis zum 31. Mai 1999 nach einem Bemessungsentgelt von DM 1.160,00 zu
zahlen, abzüglich bereits für diesen Zeitraum erbrachter Leistungen.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung. Der Wortlaut des Vergleichs sei eindeutig. Zu den
gesetzlichen Anpassungen gehörten sowohl die Dynamisierung als auch die Herabsetzungen. Hätte der Vergleich nur
eine Verbesserung gegenüber dem Vorschlag der Beklagten beinhalten sollen, hätte der Kläger eine andere
Formulierung wählen können. Dieses habe er wohl gerade vor dem Hintergrund unterlassen, dass die Beklagte einer
nur für den Kläger günstigen Regelung nicht zugestimmt hätte.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Prozessakte sowie auf die Gerichtsakte
des Vorprozesses L 5 AL 61/98 (S 9 Ar 279/95) und die Leistungsakte der Beklagten. Diese Unterlagen haben dem
Gericht vorgelegen und sind zum Gegenstand der Beschlussfassung gemacht worden.
Entscheidungsgründe:
Das Landessozialgericht kann gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss
zurückweisen, da es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält,
nachdem die Beteiligten dazu vorher gehört worden sind.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Die Klage ist zulässig. Soweit der Antrag des Klägers auch den Zeitraum vom 1. März 1995 bis zum 30. Juni 1996
einbezieht, in dem ihm Arbeitslosenhilfe nach dem begehrten oder sogar nach einem höheren Bemessungsentgelt
gezahlt worden ist, ist der Antrag nicht (teilweise) unzulässig, sondern insoweit lediglich gegenstandslos. Inhaltlich mit
dem Antrag nicht erfasst sind Zeiträume, für die Alhi nach dem begehrten Bemessungsentgelt bereits gezahlt worden
ist, wie auch der im Berufungsverfahren dem Antrag beigefügte Zusatz "abzüglich bereits für diesen Zeitraum
erbrachter Leistungen” deutlich macht.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bremen kann insoweit Bezug
genommen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Entstehungsgeschichte des Vergleichs steht dessen Wortlaut nicht
entgegen. Zwar mag der Kläger mit der von ihm vorgeschlagenen Formulierung die subjektive Vorstellung verbunden
haben, es könnten nur Anpassungen nach oben in Betracht kommen. Ebenso wäre aber auch die nachvollziehbare
Erwägung der Beklagten zu berücksichtigen, dass sie einer Formulierung, nach der nur künftige Erhöhungen des
Bemessungsentgeltes berücksichtigt werden sollten, nicht zugestimmt hätte. Der eindeutige Wortlaut des Vergleichs
sah jedenfalls vor, dass die gesetzlichen Anpassungen – nicht nur die Erhöhungen – zu berücksichtigen seien. Im
Übrigen spricht viel dafür, dass diese Klausel lediglich der Klarstellung diente und die Beklagte im Zweifel auch sonst
verpflichtet gewesen wäre, gesetzliche Anpassungen zu berücksichtigen, da kein Grund ersichtlich ist, den Kläger
aufgrund des Vergleichs – ggf. auf nicht absehbare Zeit – anders zu behandeln als alle anderen Arbeitslosen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.