Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 31.05.2001

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 31.05.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Stade S 13 KG 18/97
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 8/3 KG 14/99
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 8. Oktober 1999 wird
zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten streitig ist nur noch die Rückforderung von Kinder-geld (Kg) für das Jahr 1992 in Höhe von
1.680,00 DM.
Der Kläger erhielt im Jahre 1992 für seine drei Kinder Kg von insgesamt 420,00 DM monatlich. Ihm hätte Kg nur in
Höhe des Sockelbetrages (280,00 DM monatlich) zugestanden, weil das maßgebliche Einkommen im Jahre 1990 den
Freibetrag von 54.200,00 DM (§ 10 Abs 2 des bis zum 31. Dezember 1995 gültigen Bundeskindergeldgesetzes –
BKGG aF -) über-stieg. Dies wurde der Beklagten auf Grund einer Stichprobenüberprüfung bekannt. Daraufhin nahm
sie die Bewilligung von Kg für 1992 (12 x 140,00 DM = 1.680,00 DM) gemäß § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 Zehntes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB X) teilweise zurück, weil der Kläger die Änderung der Einkommensverhältnisse nicht
angezeigt habe (Bescheid vom 7. Dezember 1995, Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 1997).
Die nicht begründete Klage hat das Sozialgericht (SG) Stade durch Gerichts-bescheid vom 8. Oktober 1999
abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beru-fung stützt der Kläger darauf, er habe die Überzahlung nicht erkennen kön-
nen und deshalb die erhaltenen Leistungen gutgläubig verbraucht.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 8. Oktober 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7.
Dezember 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 1997 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte weist darauf hin, dass der Kläger zu Beginn eines Leistungsjah-res einen Bescheid darüber erhalten
habe, dass ungemindertes Kg ohne Einkommensprüfung gewährt werde, weil die Kg-Kasse davon ausgehe, dass sich
das Einkommen im maßgeblichen Kalenderjahr nicht erheblich ge-ändert habe. Gleichzeitig werde darauf hingewiesen,
dass der Leistungs-empfänger Änderungen in seinen finanziellen Verhältnissen unverzüglich mitzuteilen und
entsprechende Nachweise vorzulegen habe.
Der Kläger ist im Erörterungstermin am 29. Mai 2001 persönlich angehört worden. Die Beteiligten haben sich mit einer
Entscheidung durch den Be-richterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des umfassenden Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Kg-Akte des Arbeitsamtes E. (Kg-Nr.:
F.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Eine Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung, weil die
Beteiligten sich hiermit einverstanden er-klärt haben (§§ 124 Abs 2, 155 Abs 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Streitgegenstand ist nur noch die teilweise Rücknahme der Leistungsbewilli-gung sowie die Rückforderung von Kg für
das Jahr 1992. Soweit die Be-klagte im Ausgangsbescheid rückwirkend die Leistungsrücknahme ab Januar 1988
verfügt hatte, weil der Kläger keine Einkommensnachweise vorgelegt hätte, hat sie diese im Laufe des Rechtsstreits
nach weitergehenden Ermitt-lungen fallengelassen und den Rückforderungszeitraum auf Januar bis De-zember 1992
beschränkt.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Die angefochtenen Be-scheide der Beklagten sind, soweit die
Leistungsbewilligung von Kg für das Jahr 1992 betroffen ist, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger ist zur
Erstattung von 1.680,00 DM an die Beklagte verpflichtet.
Der Kläger hat zwischenzeitlich eingesehen, dass ihm für das Jahr 1992 Kg nur in Höhe des Sockelbetrages
zugestanden hat. Er hat nämlich gemein-sam mit seiner Ehefrau im Jahre 1990 ein Jahreseinkommen von mehr als
100.000,00 DM erzielt, welches nach Abzug der vorgesehenen Freibeträge, Steuern und Abgaben ein
berücksichtigungsfähiges Einkommen von 70.733,24 DM ergab. Dieser Betrag lag höher als die maßgebliche Einkom-
mensgrenze nach §§ 10, 11 BKGG aF.
Der Kläger hat nach Aktenlage die Änderung der Einkommensverhältnisse im Jahre 1990, in dem sich sein eigenes
Einkommen mehr als verdoppelt hatte, bei der Beklagten nicht angezeigt, obwohl ihm der leistungsrechtliche
Zusammenhang bekannt war. Der Kläger hat im Fragebogen zur Prüfung des Anspruchs auf Kg vom 6. April 1984, der
weiterhin Grundlage für die Weiterzahlung des Kg war, den Erhalt des Merkblattes über Kg bestätigt. Dort wird im
Einzelnen erläutert, dass Kg über den Sockelbetrag hinaus ein-kommensabhängig gewährt wird, der
Leistungsempfänger zur Anzeige von Änderungen in den Einkommensverhältnissen verpflichtet bleibt und dass die
Einkommensverhältnisse des Vorvorjahres maßgebend sind. Mit Schreiben vom 1. August 1985 (Bl 26
Verwaltungsakte) wurde der Kläger auf diesen Umstand zusätzlich hingewiesen und aufgefordert, bezüglich des Kg für
das Jahr 1985 die Einkommensverhältnisse im Jahre 1983 darzulegen. Das hat er auch getan. Später hat er
unaufgefordert die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 1984 und dann 1985 vorgelegt. Für die Zeit danach sind
aber weitere Mitwirkungshandlungen des Klägers nicht feststellbar.
Der Kläger hat erst Recht grob fahrlässig gehandelt, wenn er, wie im Erörte-rungstermin am 29. Mai 2001 bekundet,
davon ausgeht, die geänderten Ein-kommensverhältnisse aus dem Jahre 1990 sehr wohl im Jahre 1992 bei der Kg-
Kasse angezeigt zu haben. Dieser Umstand spricht zusätzlich gegen sei-nen guten Glauben, weil er nach eigenen
Angaben nicht einmal das Schrei-ben erhalten hat, das die Beklagte zu Beginn eines jeden Leistungsjahres an die Kg-
Bezieher mit den zusätzlichen Hinweisen auf die Mitwirkungs- und Anzeigepflichten verschickt haben will. Da das
Einkommen des Klägers im Jahre 1990 sich erheblich verändert hatte, musste er ohne Weiteres anneh-men, dass die
einkommensabhängigen Sozialleistungen ihm nicht mehr zu-stehen. Unter diesen Umständen ist der behauptete
Verbrauch des erhalte-nen Kg nicht schutzwürdig.
Unerheblich ist ferner der Hinweis des Klägers darauf, dass er die eidesstatt-liche Versicherung geleistet habe und
deshalb die Forderung der Beklagten nicht befriedigen könne. Das Gericht befindet nämlich nur über die Berechti-gung
der Leistungsaufhebung und der Rückforderung, die unabhängig von der aktuellen finanziellen Leistungsfähigkeit des
Klägers besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf Anwendung des § 193 SGG. Soweit die Beklagte die Erstattungsforderung für das
Jahr 1989 nicht mehr betreibt, er-scheint ihre Belastung mit den außergerichtlichen Kosten des Klägers als nicht
geboten.
Gesetzliche Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 SGG) liegen nicht vor.