Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 15.01.2010

LSG Nsb: stationäre behandlung, niedersachsen, vergütung, liquidation, schuldfähigkeit, ermessen, versorgung, erwerbsfähigkeit, minderung, krankenkasse

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschluss vom 15.01.2010 (nicht rechtskräftig)
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 1 KO 5/09
Die Vergütung für das von dem Antragsteller in dem Verfahren vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
zu dem Az: L 1 KR 192/09 erstattete Gutachten vom 12. November 2009 wird auf 821,20 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
In dem Berufungsverfahren L 1 KR 192/09 stritten die Klägerin als Betreiberin eines Krankenhauses mit
psychiatrischer Abteilung und die Beklagte als gesetzliche Krankenkasse um die (restliche) Vergütung für eine
vollstationäre Krankenhausbehandlung einer bei der Beklagten Versicherten. Streitig war die Behandlungsdauer vom
10. Januar bis zum 30. September 2003. Hierzu hat der erkennende Senat mit Beweisanordnung vom 9. Juni 2009 in
der Gestalt des Beschlusses vom 19. Juni 2009 den Antragsteller mit der Begutachtung nach Aktenlage zu der Frage
beauftragt, "war die stationäre Behandlung der Versicherten im Krankenhaus der Klägerin erforderlich und - wenn ja -
in welchem Zeitraum?".
Für das vom Antragsteller gefertigte Gutachten vom 12. November 2009 machte er in seiner Liquidation vom 14.
November 2009 einen Gesamtbetrag von 1.148,45 EUR geltend, wobei er den Stundensatz mit 85,- EUR bemaß.
Die Kostenbeamtin des Landessozialgerichts (LSG) kürzte die Liquidation - bei Akzeptanz im Übrigen - bezüglich des
Stundensatzes von 85,- auf 60,- EUR und setzte (mit entsprechend geringerem Umsatzsteuer-Betrag) den
Liquidationsbetrag unter dem 24. November 2009 auf 821,20 EUR fest.
Hierauf hat der Antragsteller - am 29. November 2009 bei Gericht eingehend - eingewendet, die Festsetzung seiner
geltend gemachten Vergütung sei unzureichend.
Nachdem die Kostenbeamtin nicht abgeholfen hat, beantragt der Antragsteller richterliche Festsetzung.
Die Antragsgegnerin schließt sich der Auffassung der Kostenbeamtin in der Vergütungsfestsetzung an.
II. Der gemäß § 4 JVEG zulässige Antrag auf richterliche Festsetzung ist unbegründet. Die Anwendung der
Honorargruppe M2 ist zutreffend.
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhalten Sachverständige neben Fahrtkostenersatz und Aufwandsentschädigung für ihre
Leistungen ein Honorar, dessen Höhe sich gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 JVEG nach dem zeitlichen Aufwand in
Stunden und dem für jede Stunde zu veranschlagenden Stundensatz in Euro bemisst. Der Stundensatz beträgt gem.
§ 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG für medizinische Leistungen in der Honorargruppe M 1 50,00 Euro, in der Honorargruppe M 2
60,00 Euro und in der Honorargruppe M 3 85,00 Euro. Welcher der drei Honorargruppen die Leistung des
medizinischen Sachverständigen zuzuordnen ist, bestimmt sich nach der jeweiligen Legaldefinition in der Anlage zu §
9 JVEG. Dabei erfasst die Honorargruppe M 2 "Beschreibende (Ist-Zustands-) Begutachtungen nach standardisiertem
Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit
durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad", zu denen nach den in der Anlage aufgeführten Regelbeispielen dabei
insbesondere auch Gutachten "zur Minderung der Erwerbsfähigkeit" gehören, während die Honorargruppe M 3 auf
"Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder
differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger
Kausalitätsfragen)" Anwendung findet, zu denen insbesondere auch Gutachten "zu ärztlichen Kunstfehlern" oder "zur
Schuldfähigkeit bei Schwierigkeiten der Persönlichkeitsdiagnostik" gehören.
In Anwendung dieser Kriterien ist die Tätigkeit des Antragstellers der Honorargruppe M2 unmittelbar zuzuordnen, so
dass es einer Bestimmung des zustehenden Honorars nach billigem Ermessen im Verfahren nach § 9 Abs. 1 Satz 3
JVEG nicht bedarf.
Die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Honorargruppe M3 sind vorliegend nicht erfüllt.
Zwar ist nicht zu verkennen, dass es sich bei der Versicherten, deren Krankheitsbild für die Dauer der stationären
Versorgung zu beurteilen war, um ein schweres und komplexes Erkrankungsbild handelte. Dies allein ist für eine
Einstufung in die Honorargruppe M3 jedoch nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr etwa die Notwendigkeit der
Begutachtung spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilungen
der Prognose und/oder strittiger Kausalitätsfragen. Diese Aufgaben waren vom Sachverständigen jedoch nicht
gefordert und wurden - folgerichtig - auch nicht geleistet. Nach der Beweisfrage war allein nach der "Erforderlichkeit
der Dauer der stationären Behandlung der Versicherten im Krankenhaus der Klägerin" gefragt. Die Ätiologie des
Erkrankungsbildes, etwaige differenzialdiagnostische Betrachtungen oder auch nur Kausalitätsfragen bezüglich
durchzuführender Therapien waren weder nachgefragt noch wurden sie - zu Recht - beantwortet. Bei alledem war die
Aktenlage - so auch der Antragsteller in seinem Gutachten ausdrücklich - vollständig und in dem nach Aktenlage zu
fertigenden Gutachten als Entscheidungsgrundlage komplett. Die von dem erkennenden Senat dem Antragsteller zu
den Beweisfragen gegebenen (rechtlichen) Hinweise waren dem Sachverständigen nach eigener Darstellung im
Gutachten aufgrund einer mehr als 25jährigen Tätigkeit als Krankenhausarzt "geläufig", eine schwierige, aus den
Beweisfragen resultierende, vom Sachverständigen zu entwickelnde Gliederung nicht erforderlich (nur 2
Gliederungspunkte) und das Gutachten mit einer Länge von 11 Seiten zur umfassenden Beantwortung der
Beweisfragen ausreichend.
Nach alledem ist die Einstufung in die Honorargruppe M2 nicht zu beanstanden (eine Höherstufung in die
Honorargruppe M3 ebenso ablehnend: LSG Niedersachsen-Bremen, 1. Senat, Beschluss vom 18.01.2006 - L 1 SF
1/06; Beschluss vom 18.01.2007, L 1 SF 9/06; 9. Senat: Beschluss vom 17.10.2005, L 9 SF 2/05).
Dieser Beschluss ist gemäß § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG nicht anfechtbar.