Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 02.02.2006

LSG Nsb: heizöl, heizung, aufnahme einer erwerbstätigkeit, verbrauch, besondere härte, darlehen, ausbildung, härtefall, angemessenheit, verfügung

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschluss vom 02.02.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 25 AS 745/05 ER
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 8 AS 439/05 ER
Auf die Beschwerde der Antragstellerin zu 1. wird der Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 22. November
2005 geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege vorläufigen Rechtsschutzes verpflichtet, den Antragstellern zu 2.
bis 5. vorläufig – unter dem Vorbehalt der Rückforderung – anstelle laufender Leistungen für Heizung gemäß § 22 Abs
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1.
September 2005 bis 30. August 2006 einen Betrag von insgesamt 1.200,00 EUR zu gewähren. Bereits gezahlte
Leistungen (600,00 EUR gemäß Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 22. November 2005 sowie 217,60 EUR
laufende Leistungen für die Monate September bis Dezember 2005) sind hiervon in Abzug zu bringen.
Die Antragsgegnerin wird weiter im Wege vorläufigen Rechtschutzes verpflichtet, der Antragstellerin zu 1. ein
Darlehen in Höhe von 300,00 EUR zweckgebunden zur Anschaffung von Heizöl zu gewähren. Das Darlehen wird in
monatlichen Raten von 50,00 EUR von dem der Antragstellerin zu 1. gewährten Mehrbedarf wegen Alleinerziehung,
beginnend ab März 2006 zurückgezahlt.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites
Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) zur Beschaffung von Heizöl.
Die 1961 geborene Antragstellerin zu 1. lebt mit ihren vier minderjährigen Kindern im Alter zwischen drei und zwölf
Jahren zur Miete in einem 1928 gebauten Einfamilienhaus. Die Wohnfläche beträgt 85 qm, geheizt wird mit Öl, die
Warmwasserversorgung ist ebenfalls über die Ölheizung möglich. Nach dem im April 2002 geschlossenen Mietvertrag
ist der Heizöltank bei Mietbeginn im Juli 2002 gefüllt gewesen, nach Angaben der Antragstellerin zu 1. mit etwa 4.000
Litern. Bisher ist Heizöl im Oktober 2003 (3.008 Liter), Oktober 2004 (1.000 Liter), Februar 2005 (895 Liter) sowie
November 2005 (1.100 Liter) nachgekauft worden. Nach Angaben der Antragstellerin zu 1. ist der Tank seit dem 28.
Januar 2006 leer. Derzeit wird ein Zimmer des Hauses durch einen Kamin mit Holzfeuerung erwärmt. Auf die gleiche
Art und Weise wurde auch zeitweise vor dem Nachkauf von Heizöl das Haus geheizt.
Die Kaltmiete für das Haus beträgt nach dem Mietvertrag vom April 2002 435,00 EUR zuzüglich Kosten für Wasser
und Abwasser in Höhe von 38,00 EUR sowie Abfall- und Schornsteinfegergebühren von 12,83 EUR. Ab 1. Oktober
2005 soll die Miete nach einem von der Antragstellerin zu 1. vorgelegten und im Auftrag des Vermieters
unterschriebenen Schreiben 500,00 EUR zuzüglich 15,90 EUR Müllgebühren und 5,20 EUR Schornsteinfegergebühren
betragen; Wasser- und Abwasserkosten sind auf dem handschriftlichen Zettel nicht enthalten.
Die alleinerziehende Antragstellerin zu 1. ist derzeit im 20. Hochschultrimester in der Studienrichtung
Therapiebildende Kunst an der Fachhochschule in J. immatrikuliert. Sie erhält Leistungen nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von insgesamt 521,00 EUR monatlich. Von der
Antragsgegnerin erhalten die Antragsteller zu 2. bis 5. jeweils Sozialgeld nach dem SGB II sowie anteilige Leistungen
für Unterkunft und Heizung; die Antragstellerin zu 1. erhält von der Antragsgegnerin Leistungen für Mehrbedarf als
Alleinerziehende. Der monatliche Zahlbetrag betrug bis einschließlich August 2005 insgesamt 564,00 EUR, der sich
wie folgt zusammensetzte: Bedarf der Antragstellerin zu 1. 166,00 EUR, Bedarf der Antragsteller zu 2. bis 5. jeweils
207,00 EUR, Miete inklusive Nebenkosten und Abwasser 396,96 EUR (4/5 der tatsächlichen Kosten) sowie
Heizungskosten in Höhe von 68,00 EUR (ebenfalls 4/5 der von der Antragsgegnerin als angemessen angesehenen
Kosten von 1,00 EUR pro m² Wohnfläche). Abgesetzt wurde das Kindergeld (4 x 160,25 EUR) sowie
Unterhaltsvorschuss für zwei Kinder in Höhe von jeweils 127,00 EUR. Mit Bescheid vom 19. Oktober 2005 bewilligte
die Antragsgegnerin für den Monat September 2005 einen Betrag in Höhe von 550,32 EUR, wobei die Differenz im
Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass die Heizkosten mit 54,40 EUR anstelle von 68,00 EUR erneut um 1/5
gekürzt wurden. Die Leistung ab Oktober 2005 beträgt 580,20 EUR (wohl teilweise Berücksichtigung der höheren
Miete incl Nebenkosten auf 426,80 EUR).
Am 24. Oktober 2005 beantragten die Antragsteller die Gewährung einer Beihilfe für die Beschaffung von Heizöl in
Höhe von ca 1.900,00 EUR. Der Antrag wurde abgelehnt (Bescheid vom 28. Oktober 2005, Widerspruchsbescheid
vom 16. November 2005). Hiergegen ist beim Sozialgericht (SG) Lüneburg ein Klageverfahren anhängig.
Am 15. November 2005 haben die Antragsteller beim SG Lüneburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung gestellt und die Kostenübernahme für eine Heizöllieferung von 3.000 Liter zu 4/5 als Beihilfe, zu 1/5 als
Darlehen begehrt. Sie besäßen keine Heizölreserven und verfügten nicht über die finanziellen Mittel, Heizöl zu
bezahlen. Die Antragsgegnerin hat hierzu die Auffassung vertreten, dass für eine 85 qm große Wohnfläche
Heizkosten in Höhe von 1,00 EUR pro Quadratmeter angemessen seien. 4/5 hiervon seien an die Antragsteller zu 2.
bis 5. laufend gezahlt worden, mit dem von der Antragstellerin zu 1. selbst zu tragenden Anteil stände deshalb genug
Geld für die Beheizung des Wohnraumes zur Verfügung. Mit Beschluss vom 22. November 2005 hat das SG dem
Antrag teilweise stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, unter Einstellung der laufenden Leistungen für
Heizkosten eine einmalige Leistung von 600,00 EUR zu gewähren.
Hiergegen haben die Antragsteller am 24. November 2005 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, die 600,00 EUR
würden nicht ausreichen, um die laufende Heizperiode zu überstehen. Von den bisher erhaltenen Beträgen sei bereits
für 120,00 EUR Holz gekauft worden, um zumindest das Wohnzimmer mit dem Kamin ab und an zu beheizen,
außerdem sei über einen Ölradiator, der mit Strom betrieben werde, zwischenzeitlich das Bad geheizt worden und
insoweit höhere Stromkosten entstanden. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem
Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt.
Die Antragsgegnerin vertritt weiterhin die Auffassung, dass kein gesteigerter tatsächlicher Bedarf zu erkennen sei.
Auch eine Aufstockung durch eine darlehensweise Bewilligung sei nicht möglich; ein besonderer Härtefall könne nicht
darin gesehen werden, dass die Antragstellerin zu 1. nicht mit den Leistungen nach dem BAföG auskomme.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz – SGG ) und begründet. Den Antragstellern ist
vorläufig unter dem Vorbehalt der Rückforderung anstelle und unter Anrechnung bereits gezahlter laufender Leistungen
für Beheizung für die Zeit vom 1. September 2005 bis 30. August 2006 ein Betrag von insgesamt 1.200,00 EUR zu
gewähren. Außerdem ist der Antragstellerin zu 1. ein Darlehen in Höhe von 300,00 EUR zweckgebunden zur
Anschaffung von Heizöl zu gewähren. Der angefochtene Beschluss des SG ist insoweit zu ändern.
Die Voraussetzungen für eine Regelungsverfügung gemäß § 86b Abs 2 Satz 2 SGG liegen vor. Ohne Erlass der
einstweiligen Anordnung müssen die Antragsteller wesentliche Nachteile befürchten (Anordnungsgrund), weil sie nicht
über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um ihren Lebensunterhalt, hier insbesondere die Heizung der Unterkunft
zu sichern. Sie haben glaubhaft gemacht, dass ihnen keine Mittel zur Verfügung stehen, Heizöl anzuschaffen, um die
seit dem 28. Januar 2006 nicht mehr laufende Heizung wieder betreiben zu können. Das Abwarten des
Hauptsacheverfahrens ist den Antragstellern nicht zuzumuten.
Die Antragsteller haben auch den nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG ebenfalls erforderliche Anordnungsanspruch
glaubhaft gemacht. Unter Berücksichtigung des sich aus den vorliegenden Akten ermittelten Sachverhalts und nach
der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung haben die Antragsteller zu 2. bis
5. einen Anspruch auf Leistungen für die Heizung bereits jetzt in dem tenorierten Umfang (II.1), bei der Antragstellerin
zu 1. liegt ein Härtefall im Sinne des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II vor mit der Folge, dass ihr Leistungen für die Heizung
als Darlehen zu gewähren sind (II.2).
II.1
Gemäß § 22 Abs 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen
erbracht, soweit diese angemessen sind. Üblicherweise fallen die Kosten in gleichbleibenden Beträgen monatlich an,
beispielsweise für die Heizung durch Abschläge an das Energieversorgungsunternehmen, verbunden mit einer
Jahresabrechnung. Erfolgt, wie im vorliegenden Fall, die Beheizung durch Heizöl, fallen Kosten unregelmäßig in
größeren Abständen an, weil nicht Monat für Monat Heizöl beschafft werden kann. In jedem Fall ist die
Angemessenheit der Aufwendungen unter Betrachtung eines längeren Zeitraumes zu prüfen, in der Regel eines
Jahres.
Bei Ölheizungen ist jedenfalls dann, wenn ein großer Tank vorhanden ist, eine jährliche Abrechnung schwierig, weil
nicht jedes Jahr nachgetankt werden muss und der Verbrauch nicht genau ermittelt werden kann. Auch ist den
Betroffenen nicht zuzumuten, regelmäßig immer zur gleichen Zeit nachzutanken und dabei auch den Tank vollständig
aufzufüllen. Ein derartiges Ansinnen wäre zudem ökonomisch nicht sinnvoll, weil die Heizölpreise stark schwanken.
Ein Nachtanken zu anderen Zeiten oder (bei hohen Preisen) nur in geringeren Mengen kann deshalb auch im Interesse
des Sozialleistungsträgers sein. Zu beachten ist dabei, dass die Angemessenheit der Aufwendungen nicht allein
des Sozialleistungsträgers sein. Zu beachten ist dabei, dass die Angemessenheit der Aufwendungen nicht allein
anhand der Kosten überprüft werden darf, sondern die Kosten und damit die Angemessenheit durch den Verbrauch
bestimmt werden. Bei gleichbleibendem Verbrauch und einem Heizölpreis von 50,00 EUR / Liter kann ein Betrag von
1.000,00 EUR angemessen sein, bei einem Preis von 75,00 EUR / Liter wäre dies auch noch bei 1.500,00 EUR der
Fall. Da die Beschaffung von Heizöl Aufwendungen für einen zukünftig anfallenden (Heizungs-)bedarf sind, ist es auch
erforderlich, dass den Bedürftigen die insoweit anfallenden Kosten erstattet werden und nicht auf monatliche
Abschläge oder Pauschalen verwiesen wird. Weder ist die Zahlung für die Zeit vor Beschaffung des Heizöls
sachgerecht (hier sind noch gar keine tatsächlichen Aufwendungen im Sinne von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II
angefallen), noch der Verweis auf spätere monatliche Zahlungen, weil die Aufwendung bereits mit Beschaffung des
Heizöls entstanden ist.
Das o.g. Beispiel zeigt zudem, dass es auch im Interesse des Sozialleistungsträgers liegt, Leistungen für die
Beschaffung von Heizöl zu erbringen, wenn diese tatsächlich anfallen, zumal wenn dies zu günstigen Preisen erfolgt.
Ein wirtschaftlicher und sparsamer Umgang mit Haushaltsmitteln könnte es nahe legen, die Leistungsempfänger in
Niedrigpreiszeiten aufzufordern, sich Heizöl zu besorgen und die Kosten dann vollständig zu erstatten. Sollte die
Bedürftigkeit in der Folgezeit entfallen, läge eine wesentliche Änderung der Verhältnisse vor, die eine entsprechende
Formulierung des Bewilligungsbescheides vorausgesetzt zu einer (teilweisen) Aufhebung der Bewilligung und einer
Rückforderung noch nicht verbrauchter Leistungen berechtigen dürften.
Die Aufwendungen der Antragsteller für die Heizung im tenorierten Umfang sind nach summarischer Prüfung
angemessen und deshalb von der Antragsgegnerin zu tragen. Dabei belegt der vorliegende Fall, dass bei der
Ermittlung der angemessenen Aufwendungen vollkommen unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden können.
Während die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Rechnungen vom 28. Oktober 2004 und 14. Februar 2005
unter Abzug von 20 vH der Kosten für die Warmwasserbereitung einen Jahresbetrag von 705,57 EUR errechnet hat
und für angemessen hält, kommen die Antragsteller auf einen jährlichen für erforderlich gehaltenen Verbrauch
zwischen 3.000 und 4.000 Litern Heizöl.
Beide Berechnungen sind nach Auffassung des Senats falsch. Die Antragsgegnerin hat nicht beachtet, dass die
Kosten nicht allein vom Verbrauch abhängen, außerdem haben sie, wie auch die Antragsteller, für sie günstig
erscheinende Zeiträume für ihre Berechnungen gewählt. Der tatsächliche Verbrauch errechnet sich unter
Berücksichtigung der eingereichten Rechnungen und der Ausführungen der Antragstellerin zu 1., von deren Richtigkeit
der Senat mangels anderer Anhaltspunkte ausgeht, wie folgt: Übernahme des Tanks 01.04.2002 4.000 Nachtanken
11.11.2003 3.008 1.022,35 EUR 28.10.2004 1.000 509,24 EUR 14.02.2005 895 372,72 EUR 28.11.2005 1.100 635,45
EUR Summe 10.003 2.539,76 EUR
In 46 Monaten haben die Antragsteller damit bis zum 28. Januar 2006 etwa 10.000 Liter verbraucht, im Schnitt pro
Jahr 2.600 Liter. Die hierfür erforderlichen Aufwendungen sind bei dieser Betrachtung unbeachtlich. Zu überprüfen ist
lediglich, ob der Verbrauch angemessen war und die im streitigen Zeitraum für einen solchen Verbrauch erforderlichen
Aufwendungen für angemessen gehalten werden.
Zur genauen Prüfung des Angemessenheit des Verbrauchs wäre in einem Hauptsacheverfahren möglicherweise ein
Gutachten einzuholen. Dabei könnten dann die verbrauchsentscheidenden Verhältnisse im Einzelnen ermittelt werden.
Bei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes greift der Senat bei dieser Fallgestaltung auf die Möglichkeiten des
Internet zurück. Dort finden sich Berechnungsprogramme, mit deren Hilfe unter Eingabe von Grunddaten (Art und
Lage des Hauses, Baujahr, Größe der Wohnung, Art der Warmwasserbereitung, Zahl der Nutzer) eine zumindest
überschlägige Prüfung des Verbrauchs vorgenommen werden kann (Beispiel: www.co2online.de/heiz check.0.html).
Danach entspricht für das 1928 gebaute Einfamilienhaus der Antragsteller in K. bei einer Nutzung durch fünf Personen
und einer integrierten Warmwasserbereitung ein Jahresverbrauch von 2600 Litern noch dem Durchschnitt
vergleichbarer Altbauten.
Den vorgelegten Unterlagen und der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin ist zu entnehmen, dass den Antragstellern
die erforderlichen Mittel für die Beschaffung des erforderlichen und angemessenen Heizöls nicht zur Verfügung
standen. Bei der Überprüfung ist der Senat von einer Heizperiode von Oktober 2005 bis September 2006
ausgegangen, nachdem festgestellt werden konnte, dass für den davor liegenden Zeitraum Oktober 2004 bis
September 2005 der erforderliche Bedarf vermutlich gedeckt war. Für diesen Zeitraum haben die Antragsteller zu 2.
bis 5. Leistungen in Höhe von insgesamt 853,40 EUR erhalten: Leistungen nach dem BSHG für die Monate Oktober
bis Dezember 2004 in Höhe von 171,42 EUR, Nachzahlung in Höhe von 83,58 EUR, Zahlungen für die Monate Januar
bis August 2005 jeweils 68,00 EUR entsprechend 544,00 EUR, Zahlung für September 2005 in Höhe von 54,40 EUR.
Während dieser Zeit haben die Antragsteller Heizöl für 881,96 EUR gekauft sowie Holz für 120,00 EUR, zusammen
Aufwendungen in Höhe von rund 1.000,00 EUR. Hiervon entfallen 4/5 gleich 800,00 EUR auf die Antragsteller zu 2.
bis 5 ... Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass wegen der teilweise mangels Heizöl nicht betriebbereiten Heizung
auch mittels Strom geheizt wurde und vermutlich noch ein Teil des Heizöls aus der davor liegenden Heizperiode
vorhanden war, andererseits die Warmwasserbereitung zumindest teilweise durch die Ölheizung erfolgte, dürfte per
Saldo der Bedarf gedeckt gewesen sein.
Für die folgende, hier streitige Heizperiode ergibt sich folgende Berechnung: Die Antragsteller zu 2. bis 5. haben für
die Monate Oktober bis Dezember 2005 jeweils Leistungen in Höhe von 54,40 EUR (zusammen 163,20 EUR) für
Heizkosten erhalten. Dabei ist für den Senat nicht nachvollziehbar, warum von den für den davor liegenden Zeitraum
bewilligten 68,00 EUR (der sich aus einem Anteil von 4/5 des von der Antragsgegnerin für angemessen erachteten
Bedarfs von 85,00 EUR errechnete) erneut nur 4/5 bewilligt worden ist. Hinzu kommen die vom SG zugesprochenen
600,00 EUR. Da seit Januar 2006 keine laufenden Leistungen für Heizung mehr bewilligt werden, müssten die
Antragsteller demnach mit 763,20 EUR für die gesamte Heizperiode 2005 / 2006 auskommen. Dies ist im Hinblick auf
den überschlägig ermittelten tatsächlichen Verbrauch von 2.600 Litern nicht möglich.
Von den 763,20 EUR haben die Antragsteller nachweislich am 28. November 2005 für 635,45 EUR 1.100 Liter Heizöl
gekauft. Sie haben weiter glaubhaft gemacht, dass sie für 100,00 EUR Holz gekauft haben. Damit besteht für die
gesamte Heizperiode noch ein Bedarf von ca 1.500 Litern Heizöl, für die bei den derzeitigen Preisen von rund 65,00
EUR pro 100 Liter weitere 975,00 EUR aufgewandt werden müssen. Von dem erforderlichen Aufwand von insgesamt
1.838,20 EUR entfallen 4/5 auf die Antragsteller zu 2. bis 5., also ein Betrag von 1.470,00 EUR. Unter
Berücksichtigung eines Abzugs von 15 bis 20 vH für die Warmwasserbereitung, die bei funktionsfähiger Heizung über
diese erfolgen kann, ergibt sich ein Betrag zwischen 1.175,00 EUR und 1.250,00 EUR, der von der Antragsgegnerin
für die gesamte Heizperiode zu erbringen ist. Bei der hier zu treffenden vorläufigen Entscheidung hält der Senat einen
Betrag von 1.200,00 EUR für angemessen. Unter Berücksichtigung der bereits gezahlten 763,20 EUR wird die
Antragsgegnerin deshalb 436,80 EUR unverzüglich zur Auszahlung zu bringen haben.
II.2
Zusätzlich ist der Antragstellerin zu 1. ein Darlehen in Höhe von 300,00 EUR für die Anschaffung von Heizöl zu
gewähren.
Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 dieses Gesetzes erwerbsfähige
Hilfsbedürftige. Nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des
Bundesausbildungsförderungesetztes oder der §§ 60 bis 62 Sozialgesetzbuch (Drittes Buch) – Arbeitsförderung –
(SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts,
soweit kein Ausnahmefall des § 7 Abs 6 SGB II vorliegt. In besonderen Härtefällen können für diesen Personenkreis
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehn geleistet werden (§ 7 Abs 5 Satz 2 SGB II).
Die 1961 geborene Antragstellerin zu 1., die in Deutschland ein Fachhochschulstudium absolviert, erfüllt unstreitig die
Kriterien des § 7 Abs 1 Satz 1 Nrn 1, 2 und 4 SGB II. Sie ist auch hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs 1 Satz 1 Nrn 3,
§ 9 Abs 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift ist ua hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt und seine Eingliederung in
Arbeit nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann. Ein gesicherter Lebensunterhalt setzt voraus,
dass der Antragstellerin zu 1. die Beträge zur Verfügung stehen, für die sie anderenfalls Arbeitslosengeld II (Alg II)
erhalten würde: Die Regelleistung gemäß § 20 SGB II (im Falle der in den alten Bundesländern lebenden
alleinerziehenden Antragstellerin zu 1. 345,00 EUR), Mehrbedarfe nach § 21 SGB II (hier Mehrbedarf wegen
Alleinerziehung in Höhe von 166,00 EUR) und die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB
II (deren Höhe hier streitig ist; nach Berechnung der Antragsgegnerin im Bescheid vom 19. Oktober 2005 wären dies
120,30 EUR). Daraus ergibt sich ein monatlicher Bedarf von 631,30 EUR, dem eine BAföG-Leistung in Höhe von
466,00 EUR (zzgl 55,00 EUR Zuschuss zur Krankenversicherung) gegenübersteht. Auch unter Berücksichtigung der
Auffassung der Antragsgegnerin zu den Unterkunftskosten gehört die Antragstellerin zu den erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen und damit – sofern kein spezieller Leistungsausschluss eingreift – zum förderungsfähigen
Personenkreis des SGB II.
Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, da ihre
Ausbildung nach dem BAföG förderungsfähig ist und sie auch entsprechende Leistungen erhält. Diese Regelung des §
7 Abs 5 Satz 1 SGB II entspricht fast wörtlich § 26 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Hierzu hat das
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Ausschluss von Leistungen
nur für einen ausschließlich ausbildungsgeprägten Bedarf gilt (vgl. - zu § 31 Abs. 4 BSHG a.F. - Urteil vom 12.
Februar 1981 - BVerwG 5 C 51.80 - (BVerwGE 61, 352) sowie - zur Nachfolgeregelung des § 26 Satz 1 BSHG - Urteile
vom 17. Januar 1985 – 5 C 29.84 - (BVerwGE 71, 12 = FEVS 34, 232), 3. Dezember 1992 – 5 C 15.90 - (DÖV 1993,
345/346) und 14. Oktober 1993 – 5 C 16/91 (BVerwGE 94, 224 = FEVS 44, 269); Beschluss vom 13. Mai 1993 – 5 B
47/93 (Buchholz 436.0 § 26 BSHG Nr 9)).
Ausgehend von dieser Rechtsprechung, der sich der Senat bereits mit Beschluss vom 14. April 2005 (FEVS 2005, S
511) angeschlossen hat, kann deshalb ungeachtet des § 26 Satz 1 BSHG (bzw jetzt § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II) auch
ein Auszubildender, der sich in einer dem Grunde nach einschlägig förderungsfähigen Ausbildung befindet, nach dem
BSHG (bzw jetzt nach dem SGB II) solche Leistungen beanspruchen, die zwar nach ihrer Zuordnung in dem Gesetz
als Hilfe zum Lebensunterhalt bzw zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt sind, jedoch einen Bedarf betreffen,
der durch besondere, von der Ausbildung unabhängige Umstände bedingt ist (BVerwG, Urteile vom 17. Januar 1985,
aaO, und vom 3. Dezember 1992, aaO). Die Annahme derartiger besonderer Umstände kommt allerdings nur bei
bestimmten Sachverhalten in Betracht, wie zB bei Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags nach § 21 SGB II (hier
bewilligt und nicht streitig) bzw § 23 Abs 1 Nr 3 BSHG aF (hierzu BVerwG vom 14. Oktober 1993, aaO). Nach dem
Recht des BSHG fielen darunter beispielsweise auch die Krankenkostzulage nach § 37 BSHG aF oder die Übernahme
des besonderen Aufwandes, der durch den Besuch einer auswärtigen (Heim-)Schule für Blinde und Sehbehinderte
entsteht (BVerwG, Urteile vom 17. Januar 1985, aaO, und vom 3. Dezember 1992, aaO). Kosten für Unterkunft und
Heizung, um deren Höhe es hier in erster Linie geht, bedingen in der Regel keine derartigen besonderen Umstände.
Diese sind vielmehr in den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II bzw in den im
Leistungsausschluss des § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II alternativ genannten Sozialleistungen) enthalten, so dass die
Antragstellerin zu 1. grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen nach § 22 SGB II erfolgreich gelten machen kann.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin liegt hier ein besonderer Härtefall im Sinne von § 7 Abs 5 Satz 2 SGB
II vorliegen. Nach dieser Vorschrift, die § 26 Satz 2 BSHG nachgebildet ist, können Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden. Das BVerwG hat im Urteil vom 14. Oktober 1993 (aaO) zu den
Voraussetzungen des § 26 Satz 2 BSHG folgendes ausgeführt:
"Die Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, einem Auszubildenden, der eine dem Grunde nach förderungsfähige
Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (oder dem Arbeitsförderungsgesetz) betreibt, Hilfe zum
Lebensunterhalt zu gewähren, dies allerdings nur in "besonderen Härtefällen". Nach Wortlaut, Zweck und
Gesetzessystematik enthält Satz 2 des § 26 BSHG eine Ausnahme vom Regeltatbestand in Satz 1, deren Reichweite
aus der Gegenüberstellung zur Regelvorschrift zu bestimmen ist. Eine besondere Härte im Sinne von § 26 Satz 2
BSHG besteht deshalb nur, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das
regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden und vom Gesetzgeber in
Kauf genommen worden ist."
Diesen grundsätzlichen Überlegungen ist auch für den Geltungsbereich des SGB II zuzustimmen. Mit dem
Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg (insbesondere Beschluss vom 29. September 1995 4 M 5332/95 -, FEVS 46,
422) folgert der Senat daraus nicht, dass Hilfebedürftige, die eine Ausbildung der in § 26 Satz 1 BSHG (jetzt § 7 Abs
5 SGB II) genannten Art betreiben und nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht (mehr) gefördert
werden, in der Regel gehalten sind, von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen, um für die
Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluss von der Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden (so jedoch BVerwG,
Urteil vom 14. Oktober 1993, aaO). Es ist nicht im Sinne des Gebotes für erwerbsfähige Hilfebedürftige, ihre
Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts einzusetzen (§ 2 Abs 2 Satz 2 SGB II), wenn bedürftige
Menschen daran gehindert werden, Bildungsziele anzustreben und damit die Voraussetzungen für eine effektivere
Einsetzung ihrer Arbeitskraft zu schaffen.
Ob die vom OVG anerkannten Härtegründe (siehe hierzu Beschluss vom 30. Oktober 1990 4 M 101/90 -, NdsMBl
1981, 128 sowie Beschluss vom 29. September 1995, aaO) in jedem Fall zu berücksichtigen sind und ob es sich
insoweit um abschließende Fallgruppen handelt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls liegt nach
Auffassung des Senats hier ein besonderer Härtefall im Sinne von § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II vor.
Der Bedarf der Antragstellerin zu 1. kann hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung nicht isoliert betrachtet
werden. Kann sie ihren Anteil von 1/5 an den gemeinsamen Kosten nicht erbringen, trifft dies ihre Kinder, die
Antragsteller zu 2. bis 5. in gleichem Maße. Da die Leistung nach § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II gerade zur Überbrückung
einer vorübergehenden Notlage vorgesehen ist und die Antragstellerin selber die zeitnahe Rückzahlung des Darlehens
angeboten hat, sieht der Senat nach einer Gesamtabwägung hier einen von der Antragsgegnerin zu deckenden
unabwendbaren Bedarf, der mit Hilfe eines Darlehens zu befriedigen ist.
Auch aus anderen Gründen könnte hier ein Härtefall im Sinne des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II vorliegen. Die
Antragstellerin zu 1. befindet sich im 20. Trimester, auf der Immatrikulationsbescheidung ist ein voraussichtliches
Ende der Studiums für August 2006 vermerkt. Der Antragstellerin dürfte damit die Aufgabe des Studiums nicht
zuzumuten sein. Außerdem wäre ihr im Hinblick auf das Alter der Kinder die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit kaum
anzusinnen (Gedanke des § 10 Abs 1 Nr 3 SGB II). Der Senat braucht diesen Fragen nicht näher nachzugehen, da er
bereits aus anderen Gründen (s.o.) einen Härtefall annimmt.
Sind demnach die Voraussetzungen des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II erfüllt, liegt die Gewährung der Hilfe im Ermessen
der Antragsgegnerin ("kann"). Der Senat spricht auch eine Ermessensleistung im Wege des vorläufigen
Rechtsschutzes zu, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Träger der Sozialhilfe sein Ermessen
sachgerecht dahin wird ausüben müssen, die Hilfe zu gewähren. Ein solcher Fall liegt hier vor. Ist bei zutreffender
Auslegung des Gesetzes ein besonderer Härtefall zu bejahen, ist kaum noch ein sachgerechter Grund denkbar, die
Leistung gleichwohl zu verweigern (so auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. September 1995, aaO).
Der Beschluss verletzt keine berechtigten Interessen der Antragsgegnerin. Sie wird lediglich verpflichtet, der
Antragstellerin zu 1. ein Darlehen zu gewähren, dessen Rückzahlung innerhalb von sechs Monaten durch
Aufrechnung mit laufenden Leistungen gesichert ist.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).-