Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.09.2001

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 26.09.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 16 KA 454/97
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 3/5 KA 72/00
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 19. Januar 2000 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger
hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten aus beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind
Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung dagegen, dass das Sozialgericht sie zur Neubescheidung des Antrags
des Klägers auf Genehmigung zur Abrechnung von Leistungen nach Kapitel G II des Einheitlichen
Bewertungsmaßstabes (EBM) verurteilt hat.
Der Kläger ist als Allgemeinarzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Zuge seiner Ausbildung war er vom
01. Mai 1975 bis zum 19. Juli 1978 als Assistenzarzt in der psychosomatischen Abteilung der Kliniken der Universität
I. und vom 15. Juli 1978 bis zum 14. August 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im ärztlichen Dienst an der
Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie der J.Universität I. tätig.
Im Quartal III/1995 rechnete der Kläger über die Beklagte vertragsärztliche Leistungen in einem Gesamtumfang von
561.428,4 Punkten und im Quartal IV/1995 in einem Gesamtumfang von 725.629,2 Punkten ab. Von diesen
Gesamtpunktzahlen entfielen im 3. Quartal 1995 20.100, entsprechend 3,58 % der Gesamtpunktzahl, und im 4.
Quartal 1995 33.730 Punkte, entsprechend 4,65 % der Gesamtpunk-zahl auf die im Abschnitt G II. "Psychiatrie,
Kinder- und Jugendpsychiatrie" des EBM aufgeführten Geb.-Ziff. 820, 821, 822, 840, 841, 845, 846 und 847. Ferner
rechnete der Kläger im 3. Quartal 1995 insgesamt 470 mal und im 4. Quartal 1995 652 mal die (seinerzeit ebenfalls im
Abschnitt G II enthaltene) damals mit 230 Punkten bewertete Geb.-Ziff. 825 ("Gesprächsbehandlung eines psychisch
Kranken durch den Arzt, der die kontinuierliche hausärztliche Betreuung durchführt") ab.
Mit Wirkung zum 01. Januar 1996 trat eine Neufassung des EBM in Kraft. Mit dieser wurde der frühere
Gebührentatbestand Nr. 825 gestrichen und durch die neue – nunmehr im Abschnitt B II aufgeführte – mit 300
Punkten bewertete Geb.-Ziff. 11 ("Diagnostik und/oder Behandlung einer psychischen Destabilisierung oder
psychischen Krankheit durch hausärztliches Gespräch, Dauer mindestens 10 Minuten") ersetzt. Zugleich haben die
Partner der Bundesmantelverträge im Rahmen einer ergänzenden Vereinbarung zur Reform des EBM vom 14.09. und
11.12.1995 neu vorgeschrieben, dass Leistungen des Abschnitts G II nur für Ärzte mit den Gebietsbezeichnungen
Nervenarzt, Psychiater, Kinder- und Jugendpsychiater berechnungsfähig sind.
Diese sah in Ziff. 7 weiter vor, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) im Einvernehmen mit den –
beigeladenen – Landesverbänden der Krankenkassen im Einzelfall Ärzten eine Genehmigung zur Abrechnung von
Leistungen des Abschnitts G II erteilen können, wenn diese eine gleichwertige fachliche Befähigung nachweisen, die
Versorgung dieser Patienten im Rahmen ihres Fachgebietes einen Schwerpunkt ihrer Praxistätigkeit darstellt und die
Erbringung dieser Leistungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist.
Hierauf gestützt begehrte der Kläger mit Antrag vom 29. Januar 1996, auch ihm die Abrechnungen von Leistungen
nach dem Abschnitt G II weiter zu genehmigen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 1996 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03. Juni 1997, dem Kläger zugestellt am 09. Juni 1997, insbesondere
mit der Begründung ab, dass Leistungen nach dem Abschnitt G II des EBM keinen Schwerpunkt der Praxistätigkeit
des Klägers ausmachten. Darüber hinaus sei die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der
Bezirksstelle I. bereits durch dort niedergelassene Nervenärzte sichergestellt.
Mit seiner am 01. Juli 1997 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass schon aufgrund seiner langjährigen
und hochspezialisierten Ausbildung und Tätigkeit von einem Schwerpunkt der Praxis im Bereich der psychiatrischen
Leistungen auszugehen sei. Aufgrund seiner psychiatrischen Spezialkenntnisse würde er bei vielen Patienten, die ihn
als Allgemeinmediziner aufsuchen würden, das Vorliegen psychiatrischer Krankheitsbilder erkennen. Dabei sei
bedeutsam, dass der weitaus größte Teil dieser Patienten von sich aus nie die Hilfe eines Psychiaters oder
Nervenarztes in Anspruch genommen hätte. Damit decke er zugleich "in einzigartiger Weise" eine Versorgungslücke
ab.
Mit Urteil vom 19. Januar 2000, der Beklagten zugestellt am 12. Mai 2000, hat das Sozialgericht Hannover die
angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung des Antrages des Klägers verurteilt. Zur
Begründung hat es insbesondere ausgeführt: Hinsichtlich des umstrittenen Sicherstellungsbedarfes werde die
Beklagte bei der erneuten Prüfung des Antrages detaillierte Ausführungen zur tatsächlichen Versorgungssituation im
Niederlassungsbezirk des Klägers machen müsse. Sie habe auch erneut zu prüfen, ob bei dem Kläger ein
Praxisschwerpunkt im Bereich der Leistungen des Abschnitts G II vorliege. Namentlich müsse sie sich damit
auseinandersetzen, dass der Kläger weit überdurchschnittlich die Geb.-Ziff. 825 abgerechnet habe.
Mit ihrer am 07. Juni 2000 eingelegten Berufung macht die Beklagte zum einen geltend, dass beim Kläger ein
Schwerpunkt der Praxistätigkeit im Bereich der Leistungen im Sinne des Abschnitts G II des EBM nicht ersichtlich
sei. Ein solcher Schwerpunkt könne nur dann angenommen werden, wenn der betroffene Arzt die Geb.-Ziffn. 820 bzw.
841 EBM, die die Qualifikation einer so genannten Schlüsselziffer aufwiesen, mit einem Durchschnitt auf 100 Fälle
abgerechnet habe, der deutlich über dem bisherigen Durchschnitt der Fachgruppe 38 (Nervenärzte) und nicht deutlich
unter dem verfeinerten Fachgruppen-durchschnitt dieser Fachgruppen gelegen habe.
Darüber hinaus sei die begehrte Genehmigung auch nicht zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung
notwendig. Insoweit sei auf die Sicherstellungs-situation im Planungsbereich abzustellen, zumal vorliegend eine
Ausnahme von dem im EBM vorgesehenen Facharztvorbehalt begehrt werde. Unter Zugrundelegung der 11.
Fortschreibung des von ihr, der Beklagten, aufgestellten Bedarfsplanes habe die Arztgruppe der Nervenärzte im
Planungsbereich Landkreis I. einen Versorgungsgrad von 329,9 % aufgewiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 19. Januar 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hebt hervor, dass seine Praxis seit ihrer Gründung im Jahr 1985 auf Gesprächs-leistungen ausgerichtet gewesen
sei. Dabei versorge er viele Patienten, die nicht im unmittelbaren Einzugsbereich seiner Praxis, sondern aus weiter
entfernt gelegenen Orten des Landkreises I. stammen. Dies und die sogar in Eilfällen nicht zu vermeidenden
wochenlangen Wartezeiten auf einen Termin bei einem Nervenarzt zeigten deutlich, dass sich die von der Beklagten
angenommen Überversorgung in der Praxis nicht bestätigen lasse. Der nach der ergänzenden Vereinbarung
erforderliche Praxisschwerpunkt sei schon im Hinblick auf die weit überdurchschnittlich häufige Abrechnung der
früheren Geb.-Ziff. 825 zu bejahen. Auch die nach dieser Vorschrift abgerechneten (hausärztlichen) Gespräche seien
immer durch seine Erfahrungen in der Psychiatrie, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, in Psychosomatik und
Psychoanalyse geprägt gewesen.
Auf die neu eingeführte Geb.-Ziff. 11 EBM könne er auch deshalb nicht verwiesen werden, weil diese nur Gespräche
von mindestens zehn Minuten Dauer erfasse.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt
der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Hannover ist aufzuheben
und die Klage ist abzuweisen, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Genehmigung zur Abrechnung von
Leistungen nach dem Abschnitt G II des EBM mit Wirkung vom 01. Januar 1996 an hat.
Dem Begehren des Klägers steht die von den Partnern der Bundesmantelverträge getroffene Regelung in Nr. 7 der
ergänzenden Vereinbarung zur Reform des EBM entgegen. Er erfüllt nicht die in Abs. 5 dieser Regelung aufgestellten
Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Beschränkung der Abrechenbarkeit der Leistungen des Abschnitts G II
EBM auf die Gruppe der Ärzte mit den Gebietsbezeichnungen Nervenarzt, Psychiater, Kinder- und Jugendpsychiater.
Bei den Vereinbarungen der Partner der Bundesmantelverträge vom 14. September 1995 in Verbindung mit der
Ergänzung vom 11. Dezember 1995 handelt es sich, wovon auch diese ausgegangen sind, nicht um Änderungen des
EBM. Sie haben insbesondere nicht Regelungen zum Inhalt, die nach § 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V dem
Bewertungsausschuss vorbehalten sind. Die Vereinbarungen beschränken vielmehr die Abrechenbarkeit bestimmter
Leistungen auf einzelne Arztgruppen. Es handelt sich damit um Abrechnungsbestimmungen, die von den Partnern der
Bundesmantel-verträge als bundesmantelvertragliche Vereinbarung typischerweise in den Vertrags-
gebührenordnungen getroffen werden können (vgl. dazu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 20. Januar 1999 – B 6
KA 23/98 R – SozR 3-2500 § 72 SGB V Nr. 8).
Rechtsgrundlage der Vereinbarungen sind die Vorschriften der §§ 72 Abs. 2, 82 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Im Rahmen
dieser Ermächtigungsgrundlage bestehen keine Bedenken gegen die grundsätzliche Berechtigung der Partner der
Bundesmantelverträge, die Voraussetzungen für die Erbringung bestimmter Leistungen in der vertragsärztlichen
Versorgung festzulegen und damit die Regelungen des EBM hinsichtlich der Abrechenbarkeit in ihm enthaltener
Leistungen zu ergänzen. Bei den Vereinbarungen handelt es sich um Verträge mit normativer Wirkung, die mit ihrem
normativen Teil auch am Vertragsschluss nicht beteiligte Dritte binden. Als unmittelbar geltendes untergesetzliches
Recht bedürfen sie für ihre Rechtsverbindlichkeit keiner Umsetzung mehr im EBM (vgl. ebenfalls BSG, a.a.O.).
Die getroffenen bundesmantelvertraglichen Vereinbarungen halten sich innerhalb der gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage und entsprechen den Vorgaben des höherrangigen Rechts. Dies hat im Einzelnen bereits
das BSG in seinem Urteil vom 20. Januar 1999 (a.a.O.) ausgeführt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von
Wiederholungen Bezug, zumal diesbezüglich auch von Seiten des Klägers keine substantiierten Bedenken erhoben
werden.
Die Partner der Bundesmantelverträge haben mit der Regelung in Ziff. 7 der ergänzenden Vereinbarung die
Berufsausübung der betroffenen Ärzte im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG in zulässiger Weise geregelt und insbesondere
dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen, auch weil die Ergänzungsvereinbarung angemessene
Ausnahmebestimmungen enthält.
Der Kläger kann sich jedoch auf die in Ziff. 7 aufgeführte Ausnahmebestimmung nicht berufen. Ihr zufolge kann die
Beklagte im Einvernehmen mit den Landesverbänden mit den Krankenkassen im Einzelfall auch Ärzten, die keine
Fachärzte für Nervenheilkunde, Psychiatrie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie sind, die Genehmigung zur
Abrechnung von Leistungen nach dem Abschnitt G II des EBM erteilen, wenn diese eine gleichwertige fachliche
Befähigung nachweisen, die Versorgung dieser Patienten im Rahmen ihres Fachgebietes einen Schwerpunkt ihrer
Praxistätigkeit darstellt und die Erbringung dieser Leistungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung
notwendig ist. Die genannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Im vorliegenden Fall lässt sich jedenfalls
nicht feststellen, dass die den Ärzten mit den Gebietsbezeichnungen Nervenärzte, Psychiater, Kinder- und
Jugendpsychiater im Abschnitt G II des EBM vorbehaltenen Leistungen einen Schwerpunkt der Praxistätigkeit des
Klägers dargestellt haben.
Mit dem Merkmal "Schwerpunkt der Praxistätigkeit" wird an die individuelle Situation des einzelnen Arztes angeknüpft
(vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 11/99 R -). Die Partner der Bundesmantelverträge waren sich darüber
im Klaren, dass das Aufstellen von Fachkundeanforderungen in Form einer bestimmten Fachgebietsbezeichnung
dazu führte, dass etliche Ärzte, die solche Leistungen bis Ende 1995 erbracht hatten, diese in Zukunft nicht mehr
würden abrechnen dürfen. Dies trat ein, obwohl solche Vertragsärzte sich oftmals außerhalb bestehender
Weiterbildungsregelungen zur Erbringung dieser umfassenden und hoch bewerteten Leistungen qualifiziert und ihre
Praxis schwerpunktmäßig darauf ausgerichtet haben konnten; die Rücksichtnahme auf diese Ärzte erforderte eine
flexible vertragliche Übergangsregelung in Form von Ausnahmegenehmigungen. Vor diesem Hintergrund stellt
Abschnitt 4 a Nr. 7 Abs. 5 der ergänzenden Vereinbarung eine Übergangs- und Härteregelung dar, die dazu dient, die
beschriebenen negativen Auswirkungen auf die Berufsausübungsfreiheit von Vertragsärzten in Ausprägung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit abzumildern (vgl. dazu und zum Folgenden ebenfalls BSG, Urteil vom 31.
Januar 2001, a.a.O.).
Bei der Prüfung, ob eine Praxis einen solchen "Schwerpunkt der Praxistätigkeit" aufweist, steht der KV mangels eines
Erkenntnis- oder Einschätzungsvorranges kein Beurteilungsspielraum. Vielmehr unterliegt ihre Entscheidung in vollem
Umfang der sozialgerichtlichen Nachprüfung.
Für die Feststellung eines "Schwerpunktes der Praxistätigkeit" ist zunächst der Umfang der spezifischen
Leistungserbringung der Praxis der Klägers in Relation zu der Arztgruppe zu ermitteln, welcher er angehört und die
gleichermaßen vom Ausschluss der Abrechnungsfähigkeit betroffen ist. Anlass für die Zubilligung einer Ausnahme
von der ausgeschlossenen Abrechnungsfähigkeit der Leistungen des Abschnitts G II EBM auf der Grundlage des
Abschnitts 4 a Nr. 7 der ergänzenden Vereinbarung besteht nur, wenn sich eine einzelne Praxis insoweit deutlich von
der Typik derart vergleichbarer Praxen abhebt. Das ist vor allem der Fall, wenn in dieser Praxis vermehrt Leistungen
nach den betroffenen Gebührenziffern erbracht und abgerechnet worden sind und dies den Schluss auf eine
Schwerpunktsetzung bzw. Spezialisierung in einem Leistungsbereich zulässt (wiederum BSG, Urteil vom 31. Januar
2001). Da die arztgruppenbezogene Beschränkung der Abrechnungsfähigkeit der Leistung und der Ausschluss anderer
Vertragsärzte bewusst typisierend und generalisierend erfolgt ist, würden die damit verfolgten Regelungszwecke
verfehlt, wenn schon jegliche, auch nur geringfügige Abweichung des Behandlungsverhaltens von der
Vergleichsgruppe durch Ausnahmeregelungen Rechnung getragen werden müsste (BSG, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall lässt sich eine derartige Abweichung von der Typik vergleichbarer Praxen, d. h. von der Typik
anderer allgemeinärztlicher Praxen, nicht feststellen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger in (erheblich)
überdurchschnittlichem Umfang in dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum bis Ende 1995 (vgl. hierzu ebenfalls BSG;
a.a.O.) die mit Wirkung vom 01. Januar 1996 von dem im Abschnitt G II neu eingeführten Facharztvorbehalt erfassten
Leistungen abgerechnet hat. Im Gegenteil ist sogar eine unterdurchschnittliche Abrechnungs-häufigkeit festzustellen.
Der Kläger hat beispielsweise im 4. Quartal 1995 Leistungen nach den Geb.-Ziffn. 820, 822, 826, 840, 841, 845, 846
und 847 in einem Gesamt-umfang von 33.730 Punkten abgerechnet. Dies entspricht bei insgesamt 905
abgerechneten Fällen einer Quote von 37,27 Punkten je Fall. Die aus den Allgemeinmedizinern in der Stadt Göttingen
bestehende Vergleichsgruppe rechnete diese Leistungen demgegenüber im Durchschnitt in einem Umfang von 51,9
Punkten je Fall ab. Mithin ist der Kläger von dem neu eingeführten Facharztvorbehalt in erheblich geringerem Umfang
betroffen als der Durchschnitt der Fachgruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin in Göttingen. Schon deshalb kann
kein Raum für die Gewährung einer Ausnahmegenehmigung zur Abrechnung dieser Leistungen bestehen. Auch
bezogen auf den entsprechenden Durchschnittswert auf Landesebene (25,7 Punkte je Fall für die vorstehend
genannten EBM Ziffern im Durchschnitt des Jahres 1995 in der Gruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin) weicht
das Abrechnungsergebnis des Klägers nicht in einem so signifikanten Maße ab, dass der Schluss auf eine atypische
Schwerpunktsetzung gerechtfertigt sein könnte.
In diesem Zusammenhang kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, dass er die Leistung nach Geb.-Ziff. 825
erheblich häufiger als der Durchschnitt der Fachgruppe abgerechnet habe. Zwar hat der Kläger diese Gebührenziffer
im 4. Quartal 1995 allein im Ersatzkassenbereich insgesamt 374 mal abgerechnet, was einer Häufigkeit je 100 Fälle
von 70,56 entspricht wohingegen die Vergleichsgruppe diese Gebührenziffer lediglich mit einer Häufigkeit von 15,94 je
100 Fälle abgerechnet hat, die Geb.-Ziff. 825 ist jedoch von dem mit Wirkung vom 01. Januar 1996 neu eingeführten
Facharztvorbehalt gar nicht erfasst worden. Sie ist vielmehr - mit nur geringfügigen inhaltlichen Modifikationen - aus
dem Abschnitt G II herausgenommen und neu in den Abschnitt B II als Geb.-Ziff. 11 aufgenommen worden (wobei
zugleich ihre Bewertung von 230 auf 300 Punkte verbessert wurde). Da die von der Geb.-Ziff. 825 EBM a.F. bzw. 11
EBM n.F. erfassten Leistungen ohnehin nicht dem neuen Facharztvorbehalt unterfielen, kann die
überdurchschnittliche Erbringung ihrer als solche von vornherein keine unbillige Härte beinhalten, zu deren Abwendung
in Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen sein könnte.
Bezeichnenderweise verlangt bereits der Tatbestand der früheren Geb.-Ziff. 825, dass die dort erfasste
Gesprächsbehandlung durch denjenigen Arzt erfolgte, der auch die kontinuierliche hausärztliche Betreuung
durchführte. Damit brachte auch die frühere Fassung des EBM klar zum Ausdruck, dass der Gebührentatbestand
keine Leistungen erfassen sollte, die auch nur typischerweise das besondere Fachwissen eines Nervenarztes,
Psychiaters bzw. Kinder- und Jugendpsychiaters erforderten.
Darüber hinaus kann ein "Schwerpunkt der Praxistätigkeit" im Sinne der ergänzenden Vereinbarung auch deshalb
nicht angenommen werden, weil der Anteil der von dem Genehmigungsvorbehalt erfassten Leistungen an der von der
Praxis des Klägers insgesamt abgerechneten Gesamtpunktzahl kein hinreichend großes Ausmaß erreicht hat. Auf die
von dem neu eingeführten Genehmigungsvorbehalt betroffenen Leistungen des Abschnitts G II EBM in der Fassung
vom 01. Januar 1996 entfiel im 3. Quartal 1995 weniger als 4 % und im 4. Quartal 1995 weniger als 5 % der
insgesamt vom Kläger abgerechneten Punktzahl. Damit wird kein Betrag erreicht, der im Rahmen der
Honorarabrechnung mit der erforderlichen Nachhaltigkeit ins Gewicht fallen kann. Bezeichnenderweise hat das BSG in
seinem Urteil vom 06. September 2000 (- B 6 KA 40/99 R -) einen Versorgungsschwerpunkt (im Fall eines ambulant
operierenden Orthopäden) verneint, weil sich der von der vollen Vergütung ausgeschlossene Anteil der Leistungen nur
auf Werte zwischen 4,09 % und 4,74 % der Gesamtpunktmenge belief. Ob für die Annahme eines "Schwerpunktes
der Praxistätigkeit" im Sinne der ergänzenden Vereinbarung zu fordern ist, dass ein Anteil von mindestens 20 % der
von der Praxis des betroffenen Arztes insgesamt abgerechneten Gesamtpunktzahl auf die betroffenen Gebühren-
ziffern entfällt, wie es das BSG in seinen Urteilen von 06. September 2000 (– B 6 KA 36/99 R –, zur Veröffentlichung
in SozR 3-2500 § 135 Nr. 15 vorgesehen) grundsätzlich für Ausnahmen von der Teilbudgetierung verlangt hat, kann
der Senat ebenso wie das BSG in seinem bereits zitierten Urteil vom 31. Januar 2001 offen lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG); Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2
SGG), sind nicht gegeben.