Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.04.2001

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschluss vom 25.04.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Stade S 7 U 241/97
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 6 B 54/01 U
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 30. November 2000 wird
zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer - Bf - begehrt Prozesskostenhilfe - PKH - für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht - SG -
Stade. Seine Klage richtet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 17. November 1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 1997. Mit diesem Bescheid lehnte die Beklagte den am 28. Oktober 1996
mündlich gestellten Antrag des Klägers ab, dessen Beschwerden im Bereich beider Unterarme und Hände sowie die
als mögliche Folge dieser Beschwerden geltend gemachte schwere depressive Reaktion mit funktionellen
Körperbeschwerden (Antrumgastritis, Reizmagen mit Blutungen, eine leichte Leberfunktionsstörung und blutende
Zwölffingerdarmgeschwüre) als Berufskrankheit - BK - im Sinne der Nr. 2101 der Anlage zur Berufskrankheiten-
Verordnung - BKV - anzuerkennen. Ferner lehnte sie es ab, die geltend gemachte schwere depressive Reaktion als
"Quasi-BK" i.S.d. § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung - RVO - festzustellen.
Dagegen hat der Kläger am 12. Dezember 1997 Klage vor dem SG Stade erhoben und PKH beantragt. Das SG hat
den Antrag des Klägers auf PKH nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 30. November 2000 abgelehnt
(vgl. im Einzelnen die schriftliche Begründung des Beschlusses vom 20. Februar 2001). Dagegen hat der Kläger am
6. März 2001 Beschwerde eingelegt. Wegen der Begründung wird auf die Sitzungsniederschrift des Urkundsbeamten
der Geschäftsstelle des SG Stade vom 6. März 2001 Bezug genommen.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die Formulierung des Klägers in seinem Schreiben vom 30. März 2001, er halte den Vorsitzenden "wegen der
Verfahrensführung aus dem Verfahren L 6 U 130/96" und alle anderen Richter für befangen, hindert den Senat nicht
daran, über die Beschwerde zu entscheiden. Denn ein Antrag auf Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit ist
dann unzulässig, wenn sich seine Begründung - wie im vorliegenden Fall - in herabsetzenden und beleidigenden
Wertungen erschöpft und sich deshalb einer inhaltlichen Überprüfung entzieht.
Die statthafte Beschwerde des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig (§ 73a
Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 127 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO - ). Dabei geht der Senat davon aus,
dass der Hinweis des Klägers in der Beschwerdebegründung, er habe keinen Antrag gemäß § 73a SGG (PKH)
gestellt, nicht als Rücknahme seines ausweislich der Sitzungsniederschrift des SG Stade vom 30. November 2000
gestellten Antrags auf PKH zu werten ist. Denn der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung andererseits
beantragt, ihm für alle seine Verfahren vor der 7. Kammer des SG Stade PKH unter Beiordnung des Rechtsanwalts
E., F., zu gewähren.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Der Bewilligung von PKH steht bereits entgegen, dass der Kläger entgegen
seinen Angaben in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 28. November 2000, wie
dem Senat aus dem unter dem Aktenzeichen L 6 U 130/96 gegen den Gemeinde-Unfallversicherungsverband
Hannover geführten Rechtsstreit bekannt ist, kostenlosen Rechtsschutz durch eine Rechtsschutzversicherung oder
einen Verband (hier: VdK) in Anspruch nehmen kann. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts - BSG -. Danach ist PKH nicht zu bewilligen, wenn der Kläger nach seinen wirtschaftlichen
Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aus seinem Vermögen aufzubringen (§ 73a Abs. 1 S. 1
SGG i.V.m. §§ 114, 115 Abs. 2 ZPO). Zum Vermögen eines Antragstellers gehören Ansprüche gegen eine
Rechtsschutzversicherung und ebenso ein satzungsmäßiger Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz durch eine
Gewerkschaft oder einen Verband (BSG, Beschluss vom 12. März 1996 - 9 RV 24/94 - = SozR 3-1500 § 73a Nr. 4).
Der Umstand, dass der VdK für die Prozessführung einen geringen Pauschbetrag verlangt, ändert nach Auffassung
des Senats nichts daran, dass der Kläger zumutbar auch auf diese Rechtsschutzmöglichkeit verwiesen werden kann,
und zwar ebenso wenig wie die Tatsache, dass eine Rechtsschutzversicherung nicht kostenlos, sondern mit einer
Beitragsverpflichtung verbunden ist.
Unabhängig davon ist die Beschwerde auch mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung (§ 73a SGG
i.V.m. § 114 ZPO) nicht begründet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, sofern ein Erfolg oder Teilerfolg als
durchaus möglich erscheint. Die für das PKH-Verfahren gebotene summarische Prüfung ergibt, dass die Beklagte es
zu Recht abgelehnt hat, eine BK nach Nr. 2101 der Anlage zur BKV ("Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des
Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze ...") anzuerkennen und eine depressive Reaktion wie
eine BK nach § 551 Abs. 2 RVO (§ 9 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - SGB - VII) zu entschädigen.
Entscheidungserheblich ist im Hinblick auf den durch den angefochtenen Bescheid umrissenen Klagegegenstand in
erster Linie, ob die Tätigkeiten, die der Kläger in der Zeit von Mitte 1988 bis Anfang 1993 bei den Firmen G. verrichtet
hat, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Gesundheitsstörungen i.S.d. Nr. 2101 verursacht haben, nicht hingegen, ob
die Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich beider Arme und Hände eine andere Ursache haben. Diese Frage
durfte die Beklagte aufgrund ihrer Ermittlungen, insbesondere aufgrund der schlüssigen Stellungnahmen des ihrer
Präventionsabteilung angehörenden Dr. H. vom 21. August und 15. September 1997 verneinen. Danach entsprechen
die Beschwerden des Klägers im Bereich der Arme und Hände schon nicht dem von der BK Nr. 2101
definitionsgemäß vorausgesetzten Krankheitsbild. Bei dieser Beurteilung konnte sich Dr. H. auf die in den
Verwaltungsakten dokumentierten Befunde und Diagnosen - insbesondere auf handchirurgischem Gebiet - stützen.
Außerdem hat dieser Arzt darauf hingewiesen, dass selbst die langjährige Tätigkeit eines Programmierers ihrer Art
nach nicht geeignet ist, eine BK nach Nr. 2101 zu verursachen. Ferner hat er einleuchtend ausgeführt, dass eine im
Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöhte Neigung von Programmierern zu psychischen und psychosomatischen
Erkrankungen nicht bekannt und auch wissenschaftlich nicht plausibel sei. Daraus folgt, dass die vom Kläger geltend
gemachte Depression auch nicht "wie" eine BK gemäß § 551 Abs. 2 RVO (seit dem 1. Januar 1997: § 9 Abs. 2 SGB
VII) entschädigt werden kann.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).