Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 09.06.2009

LSG Nsb: vorläufiger rechtsschutz, wichtiger grund, zumutbare tätigkeit, arbeitsmarkt, leistungsausschluss, altersgrenze, erwerbstätigkeit, fachschule, eigentum, hauptsache

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschluss vom 09.06.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Oldenburg S 48 AS 2431/08 ER
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 13 AS 39/09 B ER
Der Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Dezember 2008 wird aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig laufende
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 18. Dezember 2008 bis zum 31. Juli 2009 in
Höhe von monatlich 749,00 EUR zu gewähren.
Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechzügen sind zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) hat, obwohl sie eine Fachschule für
Sozialpädagogik in Form des Teilzeitunterrichts besucht.
Die im Januar 1971 geborene, ledige Antragstellerin hat früher eine Ausbildung zur Kinderpflegerin absolviert. Sie
bewohnt seit dem Januar 1995 eine Wohnung, die im Eigentum ihrer Mutter steht und für die sie monatlich eine Miete
von 255,65 EUR und Abschlagszahlungen für Heizung und Nebenkosten in Höhe von 92,50 EUR und 49,50 EUR zu
zahlen hat. Die Warmwasserbereitung erfolgt nach einem früheren Vermerk in den Verwaltungsvorgängen mittels
Strom. Bis zum 24. Oktober 2008 erhielt die Antragstellerin laufende Leistungen nach dem Arbeitslosengeld I von der
Bundesagentur für Arbeit; ihr Anspruch war mit diesem Tag erschöpft.
Seit dem 21. August 2008 besucht die Antragstellerin in F. die Fachschule für Sozialpädagogik mit dem Ziel, dort eine
Ausbildung zur staatlich geprüften Erzieherin zu absolvieren. Dieser Fachschulbesuch hat die Besonderheit, dass die
Klasse in Teilzeitunterricht von den Berufsbildenden Schulen angeboten wird. Die Unterrichtsstunden im Umfang von
10,5 Stunden wöchentlich werden am Dienstag und Donnerstag in der Zeit von 17:00 bis 20:30 Uhr und am Samstag
in der Zeit von 8:30 bis 14:00 Uhr erteilt. Daneben wird erwartet, dass die Schülerinnen ein ausbildungseinschlägiges
Praktikum absolvieren, das die Antragstellerin nach ihrem Vorbringen in einem Kindergarten eines Freien Trägers in
der Gemeinde G. durchgeführt. Nach einem Vermerk ihres persönlichen Ansprechpartners in der Bundesagentur für
Arbeit (Bl. 32 der Verwaltungsvorgänge) hat die Antragstellerin zwar aufgrund ihrer Ausbildung zur
sozialpädagogischen Assistentin und der Berufserfahrung grundsätzlich gute Voraussetzungen für eine berufliche
Integration; allerdings sei sie mangels einer Ausbildung zur staatlich geprüften Erzieherin nur als Zweitkraft einsetzbar
und derartige Posten würden zunehmend auch mit staatlich geprüften Erzieherinnen besetzt.
Der Antrag der Antragstellerin, ihr für den Besuch der Fachschule in Teilzeitform Leistungen nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) zu gewähren, wurde von der Stadt F. mit Bescheid vom 25. November
2008 mit der Begründung abgelehnt, dass die Antragstellerin die für die Gewährung von Ausbildungsförderung
maßgebliche Altersgrenze nach § 10 BAföG überschritten habe.
Am 24. Oktober 2008 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Gewährung von laufenden Leistungen.
Sie legte dabei ihre wirtschaftlichen Verhältnisse und die näheren Umstände ihrer Ausbildung dar. Mit Bescheid vom
29. Oktober 2008 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen mit der Begründung ab, dass die
Antragstellerin eine dem Grunde nach den Vorschriften des BAföG förderungsfähige Ausbildung betreibe, so dass sie
dem Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II unterfalle. Dagegen legte die Antragstellerin mit Schreiben
vom 10. November 2008 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass sie tatsächlich weiterhin dem
Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe und sich um die Aufnahme einer Tätigkeit bemühe.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 27. November 2008 als unbegründet
zurückgewiesen; der Widerspruchsbescheid wurde ausweislich eines handschriftlichen Vermerks am gleichen Tage
zur Post gegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin eine dem Grunde nach förderungsfähige
Ausbildung betreibe, jedoch lediglich wegen Überschreitens der Altersgrenze und damit mangels persönlicher
Anspruchsvoraussetzungen Leistungen nach dem BAföG nicht erhalte. Damit unterfalle sie dem Leistungsausschluss
nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Auch sei bei ihr kein besonderer Härtefall gegeben, der ausnahmsweise die
Gewährung von Leistungen in Form eines Darlehens rechtfertigen könne. Dagegen hat die Antragstellerin am 2.
Januar 2009 Klage beim Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben, die dort unter dem Aktenzeichen S 48 AS 4/09
behandelt worden.
Bereits am 18. Dezember 2008 hat sich die Antragstellerin an das SG Oldenburg mit der Bitte um Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes gewandt. Sie hat geltend gemacht, dass sie trotz zahlreicher Bewerbungen als
ausgebildete Kinderpflegerin keine Arbeit finden könne, weil die besser qualifizierten Erzieherinnen auf dem
Arbeitsmarkt bevorzugt würden. Tatsächlich suche sie auch nach einer bezahlten Arbeit, die sie aber nicht finde.
Mit Beschluss vom 22. Dezember 2008 hat es das SG Oldenburg abgelehnt, die begehrte einstweilige Anordnung zu
erlassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Antragstellerin eine dem Grunde nach förderungsfähige
Ausbildung betreibe, so dass sie grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II habe. Auch sei bei
ihr ein besonderer Härtefall, der die darlehensweise Gewährung von Leistungen nach dem SGB II rechtfertigen könnte,
nicht gegeben. Der Umstand, dass die Antragstellerin im vorgerückten Alter nun eine schulische Ausbildung
absolviere, stellte keinen Grund für die Annahme eines Härtefalles dar. Denn die Regelungen des SGB II stellten
keine allgemeine Auffangregelung für den Fall dar, dass mangels persönlicher Voraussetzungen Leistungen nach dem
BAföG nicht gewährt würden. Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 23. Dezember 2008 zugestellt.
Am 23. Januar 2009 hat die Antragstellerin Beschwerde erhoben. Sie macht geltend: Aufgrund der Ausbildung in
Teilzeitform sei es ihr möglich, einer beruflichen Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt regelmäßig nachzugehen.
Außerdem stehe der Anwendung des Ausschlusstatbestandes nach § 7 Abs. 5 SGB II die Regelung in § 7 Abs. 6
SGB II entgegen, weil sie im Sinne dieser Vorschrift weiterhin bei ihren Eltern wohne. Denn die von ihr bewohnte
Wohnung stehe im Eigentum ihrer Mutter.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten und macht geltend, dass die in § 12 Abs. 3 a BAföG
angesprochene Regelung über den im Eigentum der Eltern stehenden Wohnraum der Auszubildenden für die
Anwendung der Gewährung von Förderungsleistungen nach § 2 Abs. 1 a BAföG keine Anwendung finde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte,
der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie der genannten Akte des Klageverfahrens der Antragstellerin.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis gem. § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein
Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein
Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen
Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2
Zivilprozessordnung). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige
Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu
gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn
ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden,
zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG,
BVerfGE 79, 69, 74 mwN).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin nach dem Kenntnisstand des Senats sowohl einen
Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch auf Gewährung von Leistungen glaubhaft dargetan. Entgegen
der Ansicht der Antragsgegnerin und des SG Oldenburg betreibt nämlich die Antragstellerin nicht eine dem Grunde
nach förderungsfähige Ausbildung im Sinne des Ausschlusstatbestands von § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Dazu im
Einzelnen:
Leistungen nach den §§ 20, 22 SGB II erhalten gem. § 7 Abs. 1 Satz1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr
vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3)
sind und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben (Nr. 4). Diese Voraussetzungen erfüllt die Antragstellerin
allesamt nach Aktenlage bis heute. Für den Fall, dass die Hilfesuchende nur allgemein vorbringt, arbeitsuchend zu
sein, aber tatsächlich eine Ausbildung betreibt, wurde in § 7 Abs. 5 und 6 SGB II für Auszubildende ein Sonderrecht
geschaffen, um zu vermeiden, dass durch Leistungen nach dem SGB II Ausbildungsförderung in "zweiter Linie"
geleistet wird, obwohl staatliche Ausbildungsförderungsleistungen im Regelfall ausschließlich nach den
Bestimmungen des BAföG oder des Berufsausbildungsrechts im SGB III - dort §§ 59 bis 63 - gewährt wird. Durch die
Formulierung in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II wird deutlich, dass es nicht darauf ankommt, ob der Hilfesuchenden
tatsächlich Leistungen nach dem BAföG gewährt werden, weil individuelle Versagungsgründe nach dem BAföG außer
Betracht bleiben; vielmehr kommt es auf die Förderungsfähigkeit der betreffenden Ausbildung dem Grunde nach an
(vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 36/06 R - in: FEVS 59, 289 und Urteil vom 30. September
2008 - B 4 AS 28/07 R - zitiert nach juris, zur beruflichen Zweitausbildung).
Zur Beantwortung der Frage, ob es sich bei der konkret in Frage stehenden Ausbildung um eine dem Grunde nach
förderungsfähige Ausbildung im Sinne des BAföG handelt, ist auf die in § 2 BAföG umschriebenen Ausbildungsstätten
und dort genannten Ausbildungsgänge zurückzugreifen. Unterfällt eine Ausbildung nicht dieser Regelung, so handelt
es sich nicht um eine "dem Grunde nach" förderungsfähige Ausbildung im Sinne des BAföG.
Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass es für die Frage der grundsätzlichen Förderungsfähigkeit nicht darauf
ankommt, ob der betreffende Auszubildende tatsächlich Ausbildungsförderungsleistungen erhält; vielmehr ist der
Ausschlusstatbestand von § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II auch dann erfüllt, wenn Ausbildungsförderung aufgrund der
Regelungen in § 7 BAföG versagt worden ist (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 2. Februar 1984 - 2 B 9/84 - in:
FEVS 33, 147; BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 1993 - 5 B 82.92 - in: FEVS 44, 138 beide noch zur
Vorgängervorschrift § 26 BSHG; anderer Ansicht zum individuellen Ausschlusstatbestand des § 7 BAföG beim
Aufbaustudium, Masterstudiengang und Promotionsstudium: Sächsisches LSG Chemnitz, Urteil vom 23. August 2007
- L 3 AS 59/06 - und Urteil vom 21. August 2008 - L 3 AS 62/06 - sowie LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. April 2008
- L 2 AS 71/06 - in: FEVS 60, 234). Aus den gleichen in der Person des Auszubildenden und nicht in der Eigenart des
Ausbildungsganges liegenden Gründen ist es für die Bejahung des Ausschlusstatbestandes in § 7 Abs. 5 SGB II
ohne Bedeutung, wenn die betreffende Hilfesuchende deswegen keine Ausbildungsförderungsleistungen nach dem
BAföG erhält, weil sie etwa die Altersgrenze überschritten hat (§ 10 BAföG), die
Staatsangehörigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt (§ 8 BAföG), die Förderungshöchstdauer überschritten hat (§ 15
BAföG) oder eine Zweitausbildung betreibt (§ 7 BAföG). Dasselbe gilt für das Fehlen persönlicher Voraussetzungen
bei einer Förderung der Berufsausbildung. Fällt z. B. die Auszubildende nicht unter den förderungsfähigen
Personenkreis nach § 63 SGB III, so ist die Berufsausbildung dennoch dem Grunde nach förderungsfähig, so dass
der Anspruchsausschluss nach dem SGB II greift. Auch die besonderen Voraussetzungen für eine Förderung von
berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (§ 61 SGB III) nach § 64 Abs. 2 SGB III (individuelle Fähigkeiten des
Auszubildenden) berühren die dem Grunde nach bestehende Förderungsfähigkeit nicht (vgl. Grube zur Parallelnorm §
22 SGB XII in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 22 Rdn. 26 m. w. N.). Durch dieses Regelungssystem
kommt zum Ausdruck, dass § 7 Abs. 5 SGB II nicht etwa nur Ausdruck des Nachranggrundsatzes ist, sondern
darüber hinaus deutlich macht, dass laufende Grundsicherungsleistungen für den Typus Ausbildung
sozialhilferechtlich - sei es nach dem SGB II oder sei es nach dem SGB XII - nicht mehr ein beachtlicher Bedarf sind.
Mithin ist die von der Antragstellerin konkret betriebene Ausbildung zur Beantwortung der Frage, ob es sich um eine
dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung handelt, nach den Voraussetzungen und Regelungen in § 2 BAföG zu
beurteilen. Werden in dieser Regelung aufgrund der Eigenart des Ausbildungsganges - losgelöst von den persönlichen
Voraussetzungen des jeweiligen Auszubildenden - bestimmte Ausbildungen ausgeschlossen, so kann dies zunächst
nicht allgemein über § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II dem Hilfesuchenden als Ausschlusstatbestand entgegengehalten
werden. So hat der Senat bereits entschieden, dass es sich bei einer erwerbsfähigen Hilfesuchenden, die als Beamtin
auf Widerruf in der Referendarausbildung hin zum zweiten Staatsexamen befindet, nicht um eine dem Grunde nach
förderungsfähige Ausbildung handelt, weil für diese Art von Ausbildung Ausbildungsförderung dem Grunde nach
ausgeschlossen ist, wie es sich aus § 2 Abs. 6 Nr. 3 BAföG ergibt. Nach dieser Vorschrift wird nämlich
Ausbildungsförderung nicht geleistet, wenn die Auszubildende als Beschäftigte im öffentlichen Dienst Anwärterbezüge
oder ähnliche Leistungen aus öffentlichen Mitteln erhält (vgl. Beschluss des Senat vom 29. Mai 2009 - L 13 AS
261/08 ER - V. n. b.).
Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Falle. Denn die Antragstellerin führt eine Ausbildung in Teilzeitform durch.
Vollständig in Teilzeitform durchgeführte Ausbildungen unterfallen aber dem Leistungsausschluss nach § 2 Abs. 5
Satz 1 BAföG. Nach dieser Vorschrift kann nur eine solche Ausbildung durch Leistungen nach dem BAföG gefördert
werden, für die die Auszubildenden im Allgemeinen, d. h. im Normalfall, ihre Arbeitszeit ganz einsetzen müssen. Die
von der Antragstellerin durchgeführte Teilzeitausbildung mit 10,5 Wochenstunden Unterrichtszeit entspricht dieser
Anforderung nicht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Leistungsfähigkeit der Antragstellerin möglicherweise bei
einem Teilzeitstudium nicht voll ausgelastet wäre und sie möglicherweise individuell zu einem Vollzeitstudium
durchaus in der Lage wäre. Denn der Leistungsausschluss nach § 2 Abs. 5 Satz 1, 2. HS BAföG betrifft nicht die
Förderung im konkreten Falle, sondern die abstrakte Förderungsfähigkeit wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
ausführlich unter Bezugnahme auf Wortlaut, Regelungszusammenhang, Entstehungsgeschichte und Zweck dieser
Vorschrift ausgeführt hat (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1994 - 11 C 28.93 - in: Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 112 =
FamRZ 1995, 839 und Beschluss vom 22. Dezember 2003 - 5 B 51/03 - zit. nach juris). Es kommt danach nicht
darauf an, ob der einzelne Auszubildende nach seinen persönlichen Verhältnissen in der Lage ist, neben der
Ausbildung seine Arbeitskraft für eine andere Tätigkeit einzusetzen, sondern allein darauf, ob die Ausbildung als
solche in Vollzeit- oder Teilzeitform ausgeführt wird. Wird sie in Teilzeitform ausgeführt, ist diese Ausbildung deshalb
nicht förderungsfähig, weil der entsprechende Ausbildungsgang so gestaltet ist, dass er der Auszubildenden die
Möglichkeit belässt, neben dieser Ausbildung eine Berufstätigkeit auszuüben und so den Lebensunterhalt zu sichern.
Insoweit kann auf die Regelung in § 120 Abs. 2 SGB III verwiesen werden. Danach wird bei Schülern oder Studenten
einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätten vermutet, dass sie nur versicherungsfreie
Beschäftigungen ausüben können. Nach Satz 2 der Regelung kann diese Vermutung widerlegt werden, wenn der
Schüler oder Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen,
mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei einer ordnungsgemäßen Erfüllung der in den
Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt. Dann widerspricht es auch nicht
dem Konzept des SGB II, in den Fällen, in denen die Möglichkeit der Aufnahme einer den Lebensunterhalt
(vollständig) sichernden Erwerbstätigkeit neben der Ausbildung nicht realisiert werden kann, weil keine Arbeit
vorhanden ist, bedürftigkeitsabhängige Leistungen zu gewähren. Zwar dienen die Leistungen der Grundsicherung nach
dem SGB II nicht dem Zweck, gleichsam eine Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene sicherzustellen, nach dem die
primär dafür vorgesehenen Leistungen nicht gewährt werden können. Finanziert wird mit den Leistungen des SGB II in
Fällen einer in Teilzeit durchgeführten Ausbildung aber nicht in erster Linie die Ausbildung, sondern es wird vielmehr
das Risiko der Erwerbslosigkeit abgedeckt, das unabhängig von der nur in Teilzeit durchgeführten Ausbildung besteht
(vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. August 2007 - L 28 B 1098/07 AS ER - und Beschuss vom 19.
November 2007 - L 14 B 1224/07 AS ER -; LSG Thüringen, Beschluss vom 15. Januar 2007 - L 7 AS 1130/06 ER - in:
FEVS 59, 45; anderer Ansicht: LSG Hessen, Beschluss vom 22. November 2005 - L 9 AS 76/05 ER - und Beschluss
vom 7. November 2006 - L 7 AS 200/06 ER - in: ZfSH/SGB 2007, 274). Auch in der Literatur wird bei einem
Teilzeitstudium eine dem Grunde nach gegebene Förderungsfähigkeit nach dem BAföG verneint (vgl. Schlette in:
Hauck/Noftz, SGB XII, Stand November 2008, § 22 Rdn. 12f; Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand April 2008, § 7
Rdn. 87 a; A. Loose in: GK-SGB II, Hrsg. Hohm, Stand 9. Lieferung, § 7 Rdn. 121.1 und 141.4).
Gehört die von der Antragstellerin betriebene Teilzeitausbildung nicht zu den dem Grunde nach förderungsfähigen
Ausbildungen, und wird damit diese Ausbildung als solche nicht vom Anspruchsausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1
SGB II erfasst, so bedeutet dies keineswegs, dass für derartige Ausbildungen stets und immer
Grundsicherungsleistungen ohne Weiteres beansprucht werden könnten. Denn Ausbildungsförderung durch die
Gewährung von laufenden Leistungen nach dem SGB II gehört nicht zu den Aufgaben der Grundsicherung abgesehen
von den Sonderregelungen in § 16 SGB II. Dass im vorliegenden Fall für die Antragstellerin Leistungen der
Antragsgegnerin auch beim Betreiben einer Ausbildung nach § 16 SGB II in Betracht kommen können, ist für die
Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ohne ausschlaggebende Bedeutung, da der Antragsgegnerin insoweit
ein sehr weites Ermessen eingeräumt ist und eine Ermessensreduzierung auf Null nicht erkennbar geworden ist. Auch
ist im vorliegenden Fall keine Situation gegeben, die auch unter Berücksichtigung des der Antragsgegnerin
eingeräumten Ermessens es gebieten würde, von einer für die Antragstellerin gebotenen Leistung auszugehen (vgl.
Beschluss des 12. Senats des erkennenden Gerichts vom 16. Oktober 2006 - L 12 AL 202/06 ER - in: Breithaupt
2007, 342).
Kann mithin der Antragstellerin gegenwärtig der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 SGB II nicht entgegengehalten
werden, so spricht nach dem Kenntnisstand des Senats in diesem Verfahren Überwiegendes dafür, einen
Anordnungsanspruch zu bejahen. Die Antragstellerin ist erwerbsfähig und findet keine Arbeit. Es wäre ihr möglich,
neben der Teilzeitausbildung zu den normalen täglichen Beschäftigungszeiten - abgesehen vom Samstag - eine
Erwerbstätigkeit auszuüben. Allerdings sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass nach § 2 Abs. 2 SGB
II die Antragstellerin gehalten ist, in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus
eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten; nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB II ist die Annahme einer Arbeit nur dann nicht
zumutbar, wenn der Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund entgegensteht. Während dies wohl für den
Besuch einer allgemeinbildenden höheren Schule angenommen werden kann (vgl. hierzu: Rixen in: Eicher/Spellbrink,
SGB II, 2. Auflage, § 10 Rdn. 130; Sander in: GK-SGB II, a. a. O., § 10 Rdn. 77), so ist angesichts der schon von der
Antragstellerin absolvierten ersten Ausbildung und ihres fortgeschrittenen Lebensalters jeweils im Einzelfall zu prüfen,
ob sie einer angebotenen Beschäftigung die Fortführung ihrer begonnenen Ausbildung als wichtigen Grund entgegen
halten kann. Allerdings liegt dies angesichts der von der Arbeitsverwaltung festgestellten niedrigen
Vermittlungschancen und der schlechten Entlohnung in ihrem bisherigen Beruf durchaus nahe, weil durch die
Ausbildung sich ihre Vermittlungschancen und ihre Wiedereingliederung ins Arbeitsleben deutlich erhöhen mögen. Die
Frage der Leistungsberechtigung nach dem SGB II kann sich dabei aber nur unter den Voraussetzungen des § 31
Abs. 1 Nr. 1 c SGB II stellen. Eine Absenkung oder Einstellung von Leistungen nach dem aus dem Recht des SGB
III entnommenen Gesichtspunkt der "fehlenden Verfügbarkeit" (vgl. § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III) ist im SGB II nicht
vorgesehen. Für eine fehlende Erreichbarkeit der Antragstellerin im Sinne des § 7 Abs. 4 a SGB II ergibt sich
ebenfalls kein Anhaltspunkt.
Nach alledem geht der Senat nach seinem derzeitigen Erkenntnisstand davon aus, dass der Antragstellerin unter
Berücksichtigung des Regelsatzes und der Kosten der Unterkunft gegenwärtig (gerundet) monatlich ein
Leistungsanspruch von 749,00 EUR zur Seite steht. Hinsichtlich des Bewilligungszeitraums knüpft der Senat an den
Tag der Antragstellung beim SG im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes an, soweit es den Beginn
der Regelungsanordnung betrifft (vgl. Wündrich, Vorläufiger Rechtsschutz in: SGb 2009, 267, 271); hinsichtlich der
Dauer der Regelungsanordnung stellt der Senat auf das voraussichtliche Ende des Teilzeitunterrichts zum 31. Juli
2009 ab. Sollte die Antragstellerin danach ihre Ausbildung in Teilzeitform fortsetzen, ohne eine Erwerbstätigkeit
gefunden zu haben oder ohne dass ihr von der Antragsgegnerin eine zumutbare Tätigkeit angeboten wurde, so wird
die Antragsgegnerin einen eventuell geltend gemachten Anspruch auf Leistungen erneut unter Berücksichtigung der
vorstehenden Ausführungen zu prüfen haben.
Der Anordnungsgrund ergibt sich aus der wirtschaftlichen Notlage der Antragstellerin, die sie im vorliegenden
Verfahren glaubhaft gemacht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Eine Entscheidung über das
von der Antragstellerin geltend gemachte Prozesskostenhilfebegehren ist nicht mehr notwendig, da die Antragstellerin
nunmehr mit der Antragsgegnerin über eine leistungsfähige Kostenschuldnerin verfügt.
Dieser Beschluss ist gem. § 177 SGG nicht anfechtbar.