Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 13.09.2006

LSG Nsb: niedersachsen, sachliche zuständigkeit, aufwand, vergütung, anmerkung, stahl, anschlussberufung, versorgung, bahn, abrechnung

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 13.09.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 35 KA 598/03
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 3 KA 79/05
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 20. April 2005 wird zurückgewiesen. Die
Kosten des zweiten Rechtszuges tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3. Außergerichtliche Kosten der
Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird
auf 831,54 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Berichtigung.
Die Klägerin ist als Zahnärztin niedergelassen und nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. In den hier
streitbefangenen Quartalen III und IV/2000 führte sie im Rahmen von Wurzelbehandlungen bei verschiedenen
Versicherten der Primärkassen Spülungen der Wurzelkanäle mit Natriumhypochlorit (NaOCl), Wasserstoffperoxid
(H202) und Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) durch. Hierfür brachte sie jeweils die Ziffer 33 des Einheitlichen
Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z; in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung:
"Zusätzliche Anwendung anerkannter physikalisch-chemischer Methoden" – Abk.: Phys) in Ansatz.
Dieser Gebührenansatz wurde von der (ursprünglich zu 1. beigeladenen und nunmehr) beklagten
Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) für das Quartal III/2000 in insgesamt 10 Bescheiden vom 21. August 2002
(im einzelnen bezogen auf Versicherte der "IKK Niedersachsen Landesdirektion", der "IKK Niedersachsen RD
Hannover", der IKK Südost-Niedersachsen und Wilhelmshaven, der BKK Bahn, der BKK KM, der BKK Krupp Hoesch
Stahl AG, der BKK Novitas, der BKK MAN und MTU München, der BKK Neun Plus und der AOK – Die
Gesundheitskasse für Niedersachsen) berichtigt; die Beklagte korrigierte das Quartalsabrechnungsergebnis der
Klägerin um insgesamt 414,52 EUR. Zur Begründung führte sie an, bei der Ziffer 33 müsse es sich um eine
physikalisch-chemische Methode handeln, nicht um eine mechanische oder rein chemische. Hiergegen legte die
Klägerin unter dem 01. September 2002 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie die Auffassung vertrat,
Spülungen seien physikalische Aufbereitungsmethoden des Wurzelkanals. Dies werde auch in der endodontischen
Literatur so gesehen. Die von ihr hierbei eingesetzten Chemikalien dienten der Auflösung des Gewebes und der
Reinigung der Wurzel durch Schaumbildung bzw. als Chelator. Mit der Bema-Z-Ziffer 34 (Med) könnten die bei
Durchführung dieser Maßnahmen entstehenden Kosten nicht abgedeckt werden.
Mit weiteren 8 Bescheiden vom 17. Oktober 2002 (bezogen auf die IKK Celle und Harburg-Land, die "IKK
Niedersachsen RD Hannover", die BKK Bahn, die BKK Volkswagen, die BKK Krupp Hoesch Stahl AG, die BKK Neun
Plus, die BKK Rheinland und die AOK – Die Gesundheitskasse für Niedersachsen) führte die Beklagte entsprechende
Berichtigungen für das Quartal IV/2000 durch. Der hierauf entfallende Korrekturbetrag betrug 417,02 EUR. Auch
hiergegen legte die Klägerin – mit Schreiben vom 03. November 2002 – Widerspruch ein.
Die für die Quartale III und IV/2000 eingelegten Widersprüche wurden vom "Widerspruchsausschuss (§ 3 Prüfordnung)
kons. – chirurg." bei der Beklagten mit Bescheiden vom 24. April 2003 zurückgewiesen. Auch hiergegen legte die
Klägerin Widerspruch ein (Schreiben vom 27. April 2003).
Unter dem 28. August 2003 erließ der "Beschwerdeausschuss (§ 3 Prüfordnung)" insgesamt 18 Bescheide, in denen
die Widersprüche der Klägerin zurückgewiesen wurden. Zur Begründung führte er aus, das Entfernen vitalen bzw.
gangränösen Gewebes sei Bestandteil der Positionen WK bzw. VitE. Hierzu gehöre auch das Spülen des
Wurzelkanals, um dieses Gewebe überhaupt entfernen zu können. Die in Ansatz gebrachte Gebührennummer 33 sei
nicht richtlinienkonform und leistungsinhaltlich angesetzt worden; sie sei ausschließlich bei der Gangränbehandlung
berechnungsfähig.
Gegen diese ihr mit Schreiben vom 04. November 2003 übermittelten Bescheide hat die Klägerin am 29. November
2003 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, die sie ursprünglich gegen den "Beschwerdeausschuss bei
der KZVN" gerichtet hat. Zur Begründung hat sie ihre bisherige Auffassung bekräftigt und ergänzend ausgeführt, es
sei unrichtig, dass die Ziffer 33 nur bei der Gangränbehandlung in Ansatz gebracht werden könne. Eine Spülung mit
Stoffen, die chemisch reagierten, sei als physikalisch-chemikalische Methode anzusehen. Die Wurzelkanäle müssten
gespült werden, weil es zahnmedizinisch nicht zulässig sei, dass Eiter im Wurzelkanal oder an den Knochen belassen
werde. Eine Abrechnung dieser Leistung mit der Ziffer 34 sei nicht ausreichend, zumal deren Bewertung mit sechs
Punkten nicht den hiermit verbundenen Aufwand erfasse.
Das SG Hannover hat die Klage mit Urteil vom 20. April 2005 abgewiesen. Die sachlich-rechnerischen Berichtigungen
der Gebühren-Nr. 33 seien zu Recht erfolgt. Aus der Definition "zusätzliche Anwendung anerkannter physikalischer
Methoden" ergebe sich eindeutig, dass die bei Aufbereitung des Wurzelkanals üblicherweise erforderlichen
physikalisch-chemischen Methoden von dieser Gebühren-Nummer nicht erfasst würden. Die von der Klägerin
eingesetzten Spülungen seien jedoch übliche Behandlungsmethoden, die bereits von der Gebühren-Ziffer 32 erfasst
seien.
Gegen das ihr am 13. Mai 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schreiben vom 11. Juni 2005 Berufung
eingelegt, die am 12. Juni 2005 bei dem SG Hannover eingegangen ist. Sie hält an ihrem Begehren fest, wobei sie
ihre Klage nunmehr gegen die Beklagte richtet, nachdem diese mitgeteilt hat, dass der "Beschwerdeausschuss (§ 3
Prüfordnung)" zum 31. Dezember 2005 aufgelöst worden sei. Sie rügt, dass das SG in der Besetzung mit einem
Zahnarzt und einem Krankenkassenvertreter entschieden habe, weil diese Mitglieder der Interessengemeinschaft
seien, die sie verklagt habe. In der Sache habe das SG die Spülung mit H2O2, EDTA und NaOCl zu Unrecht als
übliche Methode angesehen, weil eine derartige Spülung auch mit NaCl 0,9 % habe vorgenommen werden können. Im
Übrigen sei zu beachten, dass die Vergütung notwendiger Behandlungsmaßnahmen zumindest kostendeckend sein
müsse. Die umstrittenen Spülungen seien auch nicht mit der Bema-Z-Ziffer 32 abgegolten, weil diese nur mit 25 EUR
abzurechnen sei. Der auf die Maßnahmen entfallende erhebliche sächliche und zeitliche Aufwand (15 bis 20 Minuten)
für eine Wurzelkanalaufbereitung sei hiermit nicht angemessen vergütet. Die von ihr vorgenommene kombinierte
Anwendung von Med und Phys zu insgesamt 14 Punkten sei schließlich immer noch geringer als die neue Med-
Bewertung mit 15 Punkten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 20. April 2005 und die Bescheide vom 28. August 2003, 21. August und
17. Oktober 2002 sowie vom 24. April 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil sei zutreffend, weil das Ausspülen des Wurzelkanals mit H2O2 und/oder Natriumhypochlorit
ein Bestandteil der Bema-Nr. 32 sei. Diese Spülungen fielen nicht unter die Bema-Nr. 33, weil als "zusätzliche"
Maßnahmen nur solche gemeint sein könnten, die im Regelfall nicht im Rahmen der Wurzelkanalaufbereitung anfielen.
Ihre am 11. September 2006 eingelegte Anschlussberufung mit dem Ziel, im Wege der Widerklage festzustellen, dass
sie nunmehr die zuständige Widerspruchsbehörde sei, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 13.
September 2006 zurückgenommen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat über die Berufung der Klägerin in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der
Vertragszahnärzte und der Krankenkassen entschieden. § 12 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 33 S. 2 SGG
sieht vor, dass in den Senaten des Landessozialgerichts (LSG) je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der
Krankenkassen und der Vertrags(zahn)ärzte mitwirkt, wenn es sich um Angelegenheiten des Vertrags(zahn)arztrechts
handelt (Satz 1); in Angelenheiten der Vertrags(zahn)ärzte (§ 12 Abs. 3 S. 2 SGG) wirken dagegen als ehrenamtliche
Richter nur Vertrags(zahn)ärzte mit. Um welchen der beiden Fälle es sich im Einzelfall handelt, beurteilt sich nach
ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; SozR 3-2500 § 92 Nr. 1; SozR 3–2500 § 106 Nr. 10)
danach, ob nach den maßgebenden rechtlichen Vorschriften die Verwaltungsstelle, die über den geltend gemachten
Anspruch zu entscheiden hat, nur mit Vertrags(zahn)ärzten oder mit Vertretern von Krankenkassen und
Vertrags(zahn)ärzten besetzt ist. In den Fällen, in denen – wie hier - die angefochtene Verwaltungsentscheidung von
dem Beschwerdeausschuss getroffen worden ist, der auf der Grundlage der ab 01. April 1968 in Niedersachsen
geltenden Prüfordnung (PrüfO) gebildet worden ist, ist ein Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von
Zahnärzten und Krankenkassen tätig geworden, das mit Vertretern beider Kreise zu besetzen ist. Damit liegt eine
Angelegenheit des Vertragszahnarztrechts vor; das gilt unabhängig davon, ob der genannte Beschwerdeausschuss im
Einzelfall rechtmäßig besetzt gewesen ist (zu alledem: BSG SozR 3 – 1500 § 12 Nr. 9).
Hieran ändert nichts, dass – wie sogleich darzulegen ist – mittlerweile ein Zuständigkeitswechsel mit der Folge
eingetreten ist, dass nunmehr allein die KZV über sachlich-rechnerische Berichtigungen der vorliegenden Art befinden
müsste. Denn für die Zusammensetzung der Richterbank ist grundsätzlich an die tatsächlich erfolgte
Verwaltungsentscheidung anzuknüpfen (vgl. Wenner, NZS 1999, 172, 176). Würde man dagegen eine spätere
Funktionsnachfolge für beachtlich halten, müssten bereits vor der Terminsladung hiermit zusammenhängende Fragen
– die u.U. erhebliche rechtliche Probleme aufwerfen könnten – diskutiert werden, um die Senatsbesetzung zu klären.
Dies würde den Gesichtspunkten der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit entgegenstehen, die bei der
Entscheidung über die Richterbank im Vordergrund stehen (BSG SozR 3-5533 Allg Nr 2).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, weil die Klägerin durch das angefochtene Urteil in Höhe
eines Betrags von 831,54 EUR beschwert ist, der über dem in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG genannten Grenzbetrag
von 500 EUR liegt.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage in seinem Urteil vom 20. April 2005 zu Recht abgewiesen.
Zutreffend richtet die Klägerin ihre Klage nunmehr gegen die KZV Niedersachsen. Diese ist im Gerichtsverfahren
passiv legitimiert, weil sie nach § 7 des zwischen ihr und den Primärkassen bzw. Primärkassenverbänden
abgeschlossenen Gesamtvertrags vom 28. März 2006 für die sachlich-rechnerische Berichtigung im
Primärkassenbereich zuständig geworden ist, und zwar auch für die vor 2006 liegenden Quartale. Kompetenzregeln
werden nach allgemeinen Grundsätzen wie alle Verfahrensvorschriften mit ihrem Inkrafttreten unmittelbar wirksam,
sofern übergangsrechtlich nichts anderes vorgesehen ist (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 5 m.w.N.). Da der neue
Gesamtvertrag nach dessen § 11 am 1. Januar 2006 in Kraft getreten und für die sachlich-rechnerischen
Berichtigungen bis 2005 nichts von § 7 abweichendes geregelt ist, ist die KZV seit diesem Zeitpunkt auch für die
Abwicklung von Altfällen zuständig und vorliegend die richtige Beklagte.
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ist eine
Klage – wie vorliegend – gegen Bescheide eines Beschwerdeausschusses gerichtet, werden die vorangegangenen
Prüfbescheide grundsätzlich zwar nicht Gegenstand des Klageverfahrens (vgl. BSG SozR 3-1300 § 35 Nr. 5).
Ausnahmsweise konnte die Klägerin vorliegend aber auch die Aufhebung der bereits von der Beklagten (bzw. von dem
sog. "Widerspruchsausschuss") erlassenen Bescheide beantragen (vgl. BSG SozR 3-1300 § 35 Nr. 5; SozR 3-2500 §
106 Nr. 22). Denn der Beschwerdeausschuss wäre im Fall ihrer Rechtswidrigkeit zu deren Aufhebung verpflichtet
gewesen, weil er bei seiner Entscheidung über sachlich-rechnerische Berichtigungen keine sachkundige Beurteilung
der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise zu treffen hatte und ihm deshalb kein Beurteilungsspielraum zustand
(BSG-Urteil vom 03. Dezember 1997 a. a. O.).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide erweisen sich im Ergebnis als zutreffend.
Sie unterliegen keinem zur Aufhebbarkeit führenden formalrechtlichen Mangel. Insbesondere ist die sachliche
Zuständigkeit des Beschwerdeausschusses zur Durchführung sachlich-rechnerischer Berichtigungen in den Quartalen
III und IV/2000 im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vom 28. August 2003 zu bejahen gewesen. Vom BSG ist
dies bisher nur für die Zeit bis 1988 - gestützt auf die Anlage 4 zum Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) -
entschieden worden, während es für die Zeit danach bisher offen geblieben ist, ob den Gremien der
Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die PrüfO auch die Aufgaben der sachlich-rechnerischen Berichtigung übertragen
werden konnten (SozR 3–1500 § 12 Nr. 9; vgl. im Anschluss hieran auch Senatsurteil vom 25. Juni 2003 – L 3 KA
349/02). Es ist aber kein Grund dafür ersichtlich, warum seit Inkrafttreten des SGB V zum 01. Januar 1989 etwas
anderes gelten sollte. § 106 SGB V steht dem jedenfalls nicht entgegen. Das BSG hat in anderem Zusammenhang
wiederholt entschieden, dass den Prüfungseinrichtungen gesamtvertraglich auch andere als die dort genannten
Aufgaben zugewiesen werden könnten, wenn sie sich im weitesten Sinne noch innerhalb des Rechtszwecks der
Gewährung einer wirtschaftlichen Versorgung der Kranken halten (SozR 3–2500 § 106 Nr. 29 m. w. N.). Hierzu gehört
auch die Richtigstellung der Honorarabrechnungen bei Nichtbeachtung vertraglicher Bestimmungen (BSGE 31, 33,
35). Es bedarf insoweit keiner näheren Darlegung, dass hierdurch die finanziellen Belange der Krankenkassen in
erheblichem Umfang berührt werden. Dann ist es aber nicht als sachwidrig anzusehen, wenn die Mitwirkung der
Krankenkassen bei der Richtigkeitskontrolle der vertragszahnärztlichen Abrechnungen nicht nur auf eine
Antragsbefugnis zur Durchführung entsprechender Prüfungen (wie in § 12 Abs. 1 Satz 3 des Zahnarzt-
Ersatzkassenvertrags (EKV-Z) in der im Jahr 2000 geltenden Fassung) beschränkt, sondern den Kassen eine
weitergehende Berechtigung zur Teilnahme an der sachlich-rechnerischen Prüfung eingeräumt wird.
Auch inhaltlich sind die angefochtenen Berichtigungsbescheide nicht zu beanstanden.
Sie finden ihre Grundlage in § 19 BMV-Z, wonach es der KZV – bzw. hier: wegen der geschilderten früheren
Besonderheiten in Niedersachsen auch den Prüfungseinrichtungen – obliegt, die Honoraranforderungen der Zahnärzte
rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggfs. zu berichtigen. Berichtigungen mussten hier erfolgen,
weil die von der Klägerin vorgenommenen Spülungen nicht nach Nr. 33 des bis zum 31. Dezember 2003 geltenden
Bema-Z abgerechnet werden konnten.
Ziffer 33 ermöglicht die Vergütung der "zusätzlichen Anwendung anerkannter physikalisch-chemischer Methoden" mit
9 Punkten. Wie sich aus dem Wortlaut der Leistungslegende ergibt, fallen hierunter nur Behandlungsmaßnahmen, die
sich der Kombination sowohl physikalischer als auch chemischer Methoden bedienen, während allein physikalische
oder allein chemische Methoden nicht unter Ziffer 33 fallen (Liebold/Raff/Wissing, Bema-Z, Stand: Juni 2003 -,
Anmerkung a zu Nr. 33). Bei der Abgrenzung des Sinngehalts von "physikalisch-chemischen" gegenüber (allein)
"chemischen" Methoden ist die fachlich-zahnmedizinische Bedeutung dieser Begriffe zu Grunde zu legen. Hierbei ist
entscheidend, dass auch allein chemische Methoden bei zahnärztlichen Behandlungen nicht eingesetzt werden
können, ohne dass die verwendeten Chemikalien dem Patienten in irgendeiner Weise appliziert werden, was
notwendigerweise auch physikalisch-mechanische Vorgänge (z. B. Spülen mit oder Auftragen von chemischen
Stoffen) einschließt. Die in Ziffer 33 vorausgesetzte Differenzierung zwischen physikalisch-chemischen und
chemischen Methoden wäre aber sinnlos, wenn dieser jeder chemischen Anwendung immanente Einsatz
physikalischer Hilfsprozesse zur Annahme einer "physikalisch-chemischen Methode" führen würde. Eine derartige
Methode kann vielmehr nur dann vorliegen, wenn besondere physikalische Prozesse eingesetzt werden, die über rein
mechanische Vorgänge hinaus gehen; hierunter kann z. B. die Ionophorese oder das Ultraschallverfahren in
Verbindung mit Natriumhydrochlorid fallen (Liebold/Raff/Wissing a. a. O.).
Diese Auslegung wird dadurch bestätigt, dass Ziffer 33 nur die Abrechnung "zusätzlicher" Methoden ermöglicht.
Hierdurch wird an die vorangegangene Ziffer 32 angeknüpft, die das "Aufbereiten des Wurzelkanalsystems, je Kanal"
mit 30 Punkten bewertet. Zusätzliche Methoden können demzufolge nur solche sein, die nicht schon im Rahmen einer
gewöhnlichen Aufbereitung des Wurzelkanalsystems nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst notwendig sind.
Hierzu gehören aber Maßnahmen zur Säuberung der Wurzelkanäle (Liebold/Raff/Wissing a. a. O., Anmerkung b zu Nr.
32), auch soweit sie sich chemischer Prozesse (durch kalklösende Säuren bzw. gewebsauflösende Mittel) bedienen
(Liebold/Raff/Wissing a. a. O., Anmerkung a zu Nr. 33). Dies räumt die Klägerin im Ergebnis selbst ein, wenn sie
darauf hinweist, dass der Einsatz von NaOCl, H2O2 und EDTA zur Säuberung der Kanäle fachlich zwingend
erforderlich sei.
Mit ihrem Einwand, ohne Abrechenbarkeit der Ziffer 33 sei der mit dem Einsatz der vorliegenden Spülungen
verbundene Aufwand nicht ausreichend vergütet, kann sie nicht gehört werden. Es entspricht ständiger BSG-
Rechtsprechung (vgl. nur SozR 3–2500 § 81 Nr. 7 m.w.N.), dass dem Zuschnitt der vertrags(zahn)ärztlichen
Vergütung eine Mischkalkulation zu Grunde liegt, so dass hinzunehmen ist, dass es einzelne Leistungen geben kann,
bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte Praxis kein Gewinn zu erzielen ist. Sogar wenn sich herausstellen
sollte, dass die in den Gebührenordnungen vorgesehene Punktzahlbewertung einzelner Ziffern – hier z. B. der Ziffer
32 – nicht ausreichend ist, um den damit verbundenen Aufwand kostendeckend zu vergüten, führt dies nicht dazu,
dass sich die Gerichte über Vorschriften der Gebührenordnung hinweg setzen können und andere Ziffern – hier die
Ziffer 33 – über den dort vorgesehenen Bedeutungsgehalt hinaus anwenden können. Hieraus könnte sich lediglich eine
Verpflichtung des Bewertungssauschusses (vgl. § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V) ergeben, seine Bewertung im Bema-Z zu
überprüfen und für die Zukunft zu korrigieren (BSG SozR 3–5533 Nr. 763 Nr. 1).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 S.1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dabei hatte die Beklagte die Kosten ihrer zurück genommenen
Anschlussberufung zu tragen (§ 155 Abs. 2 VwGO), deren Wert der Senat mit 300,- EUR angesetzt hat, woraus sich
die tenorierte Kostenquote ergibt. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ergibt sich
aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht ersichtlich.
Die Bemessung des Streitwerts folgt aus der Anwendung der §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 S. 3
Gerichtskostengesetz (GKG).