Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.09.2001
LSG Nsb: niedersachsen, satzung, aufschiebende wirkung, wirkung ex nunc, aufsichtsbehörde, krankenkasse, vorläufiger rechtsschutz, rechtsverordnung, erlass, körperschaft
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschluss vom 26.09.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 2 KR 1109/01
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 4 KR 203/01
Der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 27. Juli 2001 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die
Antragsgegnerin vorläufig bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens vor dem Sozialgericht Hannover: S 2 KR
1109/01 verpflichtet ist, dem Antragsteller Teilkostenerstattungen nach dem sogenannten Hannover-Modell zu
gewähren. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I.
Das Verfahren betrifft die Weitergeltung der Teilkostenerstattungsregelung.
Der Antragsteller war Dienstordnungs(DO-)Angestellter der Innungskrankenkasse (IKK) Hannover. Er befindet sich
jetzt im Ruhestand. Für ihn galt die Teilkostenerstattung nach § 19 der Satzung der IKK Hannover iVm § 14 Fünftes
Sozialgesetzbuch (SGB V). § 19 der Satzung der IKK Hannover in der bis zum 31. März 1996 geltenden Fassung
lautet (sog. Hannover-Modell):
"Teilkostenerstattung
Auf Antrag des Berechtigten nach § 14 SGB V tritt an die Stelle der nach dem SGB V vorgesehenen Leistungen ein
Anspruch auf Teilkostenerstattung in Höhe der Differenz zwischen dem Beihilfebemessungssatz der Versicherten und
100 v.H. Erstattungsfähig sind die beihilfefähigen Aufwendungen des Versicherten. Für die Durchführung des
Erstattungsverfahrens gelten die entsprechenden Regelungen der auf den Versicherten anwendbaren
Beihilfevorschriften."
Am 16. Januar 1996 erließ die Niedersächsische Landesregierung die Verordnung über die Vereinigung der IKKen in
Niedersachsen, mit der die IKK Hannover mit 14 weiteren niedersächsischen IKKen zur IKK Niedersachsen vereinigt
werden sollte, Nds.GVBl. 1996 S. 2 (Verordnung 1996). Mit Bescheid vom 25. März 1996 entschied die
Bezirksregierung Hannover als Aufsichtsbehörde über die landesunmittelbaren IKKen in Niedersachsen, dass 14 der
in der Verordnung 1996 aufgeführten insgesamt 15 IKKen zum 1. April 1996 vereinigt würden. Die IKK Weser-Ems sei
nach Erlass der Rechtsverordnung vom 16. Januar 1996 und vor dem 1. April 1996 durch Bescheid des
Bundesversicherungsamtes der bundesunmittelbaren Aufsicht unterstellt worden. Ihre Vereinigung mit den übrigen
IKKen könne daher nicht mehr erfolgen.
Die IKKen Weserbergland und Rotenburg (Wümme) erhoben gegen die Vereinigung Klagen vor dem Sozialgericht (SG)
Hannover. Sie beantragten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die aufschiebende Wirkung der Klagen
herzustellen. Mit rechtskräftigen Beschlüssen vom 26. Juni 1996 (L 4 Kr 82/96 eR und L 4 Kr 87/86 eR) stellte der
erkennende Senat die aufschiebende Wirkung der Klagen her: Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des Bescheides vom 25. März 1996, weil die Bezirksregierung den Regelungsinhalt der Verordnung vom 16. Januar
1996 durch Herausnahme der IKK Weser-Ems eigenständig verändert habe. Nach §§ 160 Abs. 3, 145 Abs. 2 SGB V
habe ausschließlich der Verordnungsgeber die Entscheidungsbefugnis darüber, welche Konsequenzen aus der
Tatsache zu ziehen seien, dass die IKK Weser-Ems inzwischen der bundesunmittelbaren Aufsicht unterstehe.
Die Niedersächsische Landesregierung erließ am 13. Oktober 1998 die Verordnung über die Vereinigung von
landesunmittelbaren IKKen in Niedersachsen, Nds.GVBl. 1998 S. 660 (Verordnung 1998). Nach § 1 Verordnung 1998
werden die IKKen Niedersachsen, Rotenburg (Wümme) und Weserbergland zu einer IKK vereinigt.
Am 10. August 1999 erließ die Niedersächsische Landesregierung schließlich die Verordnung zur Sicherung der
Organisationsstruktur der niedersächsischen IKKen, Nds.GVBl. 1999 S. 323 (Verordnung 1999). § 1 Verordnung 1999
bestimmt: "Die durch die Verordnung über die Vereinigung von landesunmittelbaren IKKen in Niedersachsen vom 13.
Oktober 1998 angeordnete Vereinigung der IKK Niedersachsen mit den IKKen Rotenburg (Wümme) und
Weserbergland, die bislang nicht wirksam geworden ist, wird aufgehoben" (Absatz 1). "Die IKK Niedersachsen besteht
aus den ehemaligen IKKen Delmenhorst, Hannover, Hildesheim, Vechta, Melle, Lüneburg, Stade, Peine, Osnabrück-
Emsland, Grafschaft Bentheim, Südheide und Verden/Nienburg/Diepholz, deren Vereinigung am 1. April 1996 wirksam
geworden ist" (Absatz 2).
Die Aufsichtsbehörde beschloss für die IKK Niedersachsen mit Wirkung vom 1. April 1996 eine Satzung. § 24 dieser
Satzung regelt die Teilkostenerstattung wie folgt:
"Teilkostenerstattung
(1) Die bei der IKK freiwillig versicherten DO-Angestellten und Versorgungsempfänger, die von dem Wahlrecht nach §
14 Abs 2 SGB V Gebrauch gemacht haben, erhalten eine Teilkostenerstattung. Diese basiert auf den beihilfefähigen
Aufwendungen nach dem jeweils geltenden Beihilferecht. An die Stelle der hiernach zu bewirkenden Leistung des
Beihilfeanspruchs nach der Dienstordnung treten die nach dem SGB V und der RVO vorgesehenen Kassenleistungen.
Im Übrigen bleibt der Beihilfeanspruch insoweit erhalten, als er für freiwillig versicherte Tarifangestellte der
Krankenkasse besteht, die einen Beitragszuschuß nach § 257 SGB V erhalten.
2. Der Antrag auf Teilkostenerstattung ist schriftlich einzureichen. Die Entscheidung wirkt für die Dauer von zwei
Jahren ab Eingang des Antrags bei der IKK. Die Entscheidung wirkt auch für die nach § 10 SGB V versicherten
Angehörigen.
(3) Auf Antrag des Berechtigten nach § 14 SGB V tritt an die Stelle der nach dem SGB V vorgesehenen Leistungen
ein Anspruch auf Teilkostenerstattung in Höhe der Differenz zwischen dem Beihilfebemessungssatz des Versicherten
und 100 v.H ... Erstattungsfähig sind die beihilfefähigen Aufwendungen des Versicherten. Für die Durchführung des
Erstattungsverfahrens gelten die entsprechenden Regelungen der auf den Versicherten anwendbaren
Beihilfevorschrift.
Die Regelung des Abs. 3 gilt übergangsweise bis längstens 31.12.1997 nur für die Berechtigten nach § 14 SGB V, die
bis zum 31.12.1995 die Anwendung dieser Regelung beantragt hatten und bei der IKK Hannover versichert waren."
Der Antragsteller beantragte am 9. August 1997, die Teilkostenerstattung nach dem sog Hannover-Model auch über
den 31. Dezember 1997 hinaus fortzuführen. Am 16. Dezember 1997 beschloss der Verwaltungsrat der
Antragsgegnerin, die Regelung der Teilkostenerstattung nach § 24 Abs. 3 der Satzung vom 1. April 1996 mit
Auslaufen der Befristung zum 31. Dezember 1997 zu streichen. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch. Mit
Widerspruchsbescheid vom 29. März 2001 entschied die Antragsgegnerin, dass die Teilkostenerstattung bis zum 30.
Juni 2001 durchgeführt werde; im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Hiergegen erhob der Antragsteller
Klage vor dem SG Hannover (Az.: S 2 KR 1109/01).
Am 2. Juli 2001 hat der Antragsteller beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die
Antragsgegnerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens vor dem SG Hannover –
Az.: S 2 KR 1109/01 – auch nach dem 30. Juni 2001 verpflichtet ist, zu seinen Gunsten Teilkostenerstattungen nach
dem sog Hannover-Model zu erbringen.
Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 27. Juli 2001 zurückgewiesen,
weil § 24 Abs. 3 Satz 4 der Satzung der IKK Niedersachsen nicht gegen höheres Recht verstoße und sich im
gesetzlich vorgegebenen Rahmen halte. Mit Urteil vom 18. April 2000 habe das SG Hannover in dem Parallelverfahren
Az.: S 11 Kr 331/97 entschieden, dass die Fusion der verschiedenen IKKen zur IKK Niedersachsen bis zum 1.
September 1999 nicht durch eine entsprechende Rechtsverordnung gedeckt gewesen sei. Eine Heilung sei erst mit
Inkrafttreten der Verordnung 1999 am 2. September 1999 eingetreten.
Hiergegen hat der Antragsteller am 23. August 2001 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz ist in den im Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht geregelten Fällen vorläufiger
Rechtsschutz dann zu gewähren, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile
entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache im Falle des Obsiegens nicht
mehr in der Lage wäre (BVerfGE 46, 166, 179, 184; ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl.
Beschluss vom 15. November 1999 – L 4 KR 178/99 ER -). Derartige Nachteile liegen nach dieser Rechtsprechung
nur vor, wenn ohne den vorläufigen Rechtsschutz eine konkrete Gefährdung des Antragstellers droht. Erforderlich ist
das Vorliegen eines Anordnungsgrundes und eines Anordnungsanspruches.
Ein Anordnungsgrund besteht, weil der Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch die
Verkürzung seines Krankenversicherungsschutzes erheblich beeinträchtigt wäre.
Ein Anordnungsanspruch liegt ebenfalls vor. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen
summarischen Prüfung dürfte dem Antragsteller ein Anspruch auf Teilkostenerstattung auch über den 30. Juni 2001
hinaus nach § 19 der Satzung der IKK Hannover zustehen. § 24 Abs. 3 Satz 4 der Satzung der IKK Niedersachsen
vom 1. April 1996 schließt einen Anspruch auf Teilkostenerstattung über den 31. Dezember 1997 hinaus zwar aus. Es
sprechen jedoch gewichtige Gründe dafür, dass § 24 Abs. 3 der Satzung vom 1. April 1996 nichtig ist.
Die Satzung wurde am 25. März 1996 nach § 160 Abs. 3 iVm § 146 Abs. 4 Satz 1 SGB V von der Bezirksregierung
Hannover festgesetzt, und zwar als Satzung der IKK Niedersachsen als Rechtsnachfolgerin von bisher 14
selbständigen IKKen. Eine IKK Niedersachsen bestehend aus 14 niedersächsischen IKKen ist jedoch nicht
rechtswirksam entstanden.
Nach § 160 Abs. 3 iVm § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB V kann die Landesregierung auf Antrag einer IKK oder des
Landesverbandes durch Rechtsverordnung einzelne oder alle IKKen des Landes nach Anhörung der betroffenen
IKKen unter bestimmten Voraussetzungen vereinigen. Gemäß § 146 Abs. 2 SGB V bestimmt die Aufsichtsbehörde
den Zeitpunkt, an dem die Vereinigung wirksam wird. Mit diesem Zeitpunkt sind die bisherigen Krankenkassen
geschlossen (§ 146 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Die neue Krankenkasse tritt in die Rechte und Pflichten der bisherigen
Krankenkasse ein (§ 146 Abs. 3 Satz 2 SGB V).
Die Bildung einer vereinigten Krankenkasse erfordert somit mehrere Rechtsakte: zum einen die Rechtsverordnung der
Landesregierung, zum anderen die Bestimmung des Wirksamkeitszeitpunktes durch die Aufsichtsbehörde. Während
die Rechtsverordnung den konstitutiven Rechtsakt darstellt, mit dem die vereinigte Krankenkasse erschaffen wird
(vgl. BSG, Urteil vom 24. November 1998 – B 1 A 1/96 R – in SozR 3-2500 § 145 Nr. 1), wird die Vereinigung erst mit
der Bestimmung des Wirksamkeitszeitpunktes durch Aufsichtsbehörde nach § 146 Abs. 2 SGB V rechtswirksam, d.h.
rechtlich existent. Denn erst mit diesem Zeitpunkt werden nach § 146 Abs. 3 Satz 1 SGB V die bisherigen
Krankenkassen geschlossen. Erst mit diesem Zeitpunkt tritt die neue Krankenkasse in die Rechte und Pflichten der
bisherigen Krankenkassen ein, § 146 Abs. 3 Satz 2 SGB V. Rechtsverordnung und Bestimmung des
Wirksamkeitszeitpunktes durch die Aufsichtsbehörde müssen einander entsprechen. Das ist hier nicht der Fall.
Mit der Verordnung 1996 hat die Niedersächsische Landesregierung zwar 15 namentlich aufgeführte niedersächsische
IKKen (unter ihnen: die IKK Weser-Ems) vereinigt. Diese Vereinigung hat jedoch nicht zur Schließung der 15 IKKen
geführt, weil es für die Vereinigung dieser 15 Krankenkassen keine Wirksamkeitserklärung nach § 160 Abs. 3 iVm §
146 Abs. 2, Abs. 3 SGB V gibt. Da die IKK Weser-Ems nach Inkrafttreten der Verordnung 1996 der
bundesunmittelbaren Aufsicht unterstellt worden war, entschied die Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 25. März
1996, dass mit Wirkung vom 1. April 1996 anstelle der 15 Krankenkassen nur 14 IKKen vereinigt würden. Zu dieser
Entscheidung war die Aufsichtsbehörde jedoch nicht befugt, wie der Senat bereits in seinen Beschlüssen vom 26.
Juni 1996 ausgeführt hat (Az.: L 4 Kr 82/96 eR und L 4 Kr 87/96 eR). Da sich der konstitutive Rechtsakt der
Niedersächsischen Landesregierung und die Bestimmung des Wirksamkeitszeitpunktes durch die Aufsichtsbehörde
nicht decken, konnte eine IKK Niedersachsen im Jahre 1996 rechtswirksam nicht existent werden.
Entsprechendes gilt für das Jahr 1998. Mit der Verordnung 1998 beabsichtigte die Niedersächsische Landesregierung,
die IKK Niedersachsen mit der IKK Rotenburg (Wümme) und der IKK Weserbergland zu einer IKK zu vereinigen (§ 1
Abs. 1 Verordnung 1998). Eine rechtswirksam vereinigte IKK Niedersachsen existierte im Jahr 1998 jedoch nicht, so
dass eine solche Krankenkasse auch nicht mit anderen Krankenkassen vereinigt werden konnte. Konsequenter Weise
hat die Niedersächsische Landesregierung die Verordnung 1998 durch § 1 Abs. 1 Verordnung 1999 wieder
aufgehoben.
Der Senat hat erhebliche Zweifel daran, dass eine IKK Niedersachsen schließlich durch die Verordnung 1999
rechtswirksam geschaffen worden ist. § 1 Abs. 2 Verordnung 1999 lautet: "Die IKK Niedersachsen besteht aus den
IKKen Delmenhorst, Hannover, Hildesheim, Vechta, Melle, Lüneburg, Stade, Peine, Osnabrück-Emsland, Grafschaft
Bentheim, Südheide und Verden/Nienburg/Diepholz, deren Vereinigung am 1. April 1996 wirksam geworden ist." Ob §
1 Abs. 2 Verordnung 1999 als konstitutiver Rechtsakt iSd § 160 Abs. 3 iVm § 145 Abs. 1 SGB V zur Vereinigung von
12 IKKen zu qualifizieren ist, ist ebenso zweifelhaft wie die Frage, ob der Verordnungsgeber die Bestimmung des
Wirksamkeitszeitpunktes durch die Aufsichtsbehörde nach § 160 Abs. 3 iVm § 146 Abs. 2 SGB V ersetzten konnte.
Weiteren Bedenken unterliegt die Festsetzung der Wirksamkeit der Vereinigung auf einen Zeitpunkt in der
Vergangenheit, nämlich auf den 1. April 1996. Denn das Selbstverwaltungsrecht der gesetzlichen Krankenkassen als
Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 29 Abs. 1 Viertes Sozialgesetzbuch -SGB IV-), einschließlich ihrer
Befugnis zum Satzungserlass auch bei Kassenvereinigung (§ 146 Abs. 1 SGB V), kann nicht für Zeiträume in der
Vergangenheit ausgeübt werden, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft. Eine Verlegung des
Wirksamkeitszeitpunktes einer vereinigten Krankenkasse in die Vergangenheit macht die Ausübung von
zukunftsgestaltenden Selbstverwaltungsrechten unmöglich und widerspricht damit einem wesentlichen
Strukturelement der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Das bedeutet, dass eine IKK Niedersachsen jedenfalls nicht mit Wirkung zum 1. April 1996 rechtswirksam existiert.
Bei einer extensiven Auslegung des § 1 Abs. 2 Halbsatz 2 Verordnung 1999 könnte eine IKK Niedersachsen durch
Vereinigung von 12 niedersächsischen IKKen allenfalls mit Wirkung ex nunc, d.h. mit Wirkung ab 2. September 1999,
entstanden sein.
Auf eine IKK Niedersachsen, die durch die Vereinigung von 12 IKKen geschaffen wurde, kann jedoch die von der
Aufsichtsbehörde zum 1. April 1996 festgesetzte Satzung keine Anwendung finden. Die Satzung vom 1. April 1996
wurde für eine Krankenkasse bestehend aus 14 IKKen festgesetzt. Die mit Wirkung vom 2. September 1999
vereinigte IKK Niedersachsen umfaßt jedoch nur 12 IKKen. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts, für die die
Satzung vom 1. April 1996 festgesetzt wurde, ist daher eine andere Körperschaft als die, die mit Wirkung vom 2.
September 1999 entstanden sein könnte. Damit vermag die Satzung vom 1. April 1996 im vorliegenden Fall keine
Rechtswirkungen zu entfalten. § 24 Abs. 3 der Satzung vom 1. April 1996 dürfte daher nichtig sein.
Nach dem 2. September 1999 ist keine Satzungsbestimmung beschlossen worden, die an die Stelle des § 24 Abs. 3
der Satzung vom 1. April 1996 getreten wäre. Dem Senat ist aus dem Parallelverfahren Az.: L 4 KR 118/00 zwar
bekannt, dass die IKK Niedersachsen zum 1. Oktober 1999 eine neue Satzung beschlossen hat. Diese Satzung
beruht jedoch auf den Beschlüssen der Verwaltungsräte der IKK Niedersachsen und der IKK Südniedersachsen-
Eichsfeld vom 21. und 29. Juli 1999, die sich freiwillig vereinigen wollten. Da – wie oben ausgeführt - im Juli 1999
jedoch noch keine rechtswirksame IKK Niedersachsen bestand, erscheint es bereits zweifelhaft, ob
Satzungsbeschlüsse einer IKK Niedersachsen im Juli 1999 rechtswirksam sind. Abgesehen davon enthält die
Satzung vom 1. Oktober 1999 auch keine Bestimmung, die die Regelung in § 19 der Satzung der IKK Hannover
entsprechend § 24 Abs. 3 der Satzung vom 1. April 1996 befristen würde.
Trotz der rechtlichen Bedenken an der rechtswirksamen Existenz der IKK Niedersachsen, hat sie dem Antragsteller
Teilkostenerstattungen nach § 19 der Satzung der IKK Hannover zu gewähren. Denn die IKK Niedersachsen tritt
faktisch als Nachfolge-Krankenkasse der IKK Hannover auf.
Ist die IKK Niedersachsen zum 2. September 1999 rechtswirksam entstanden, so ist sie nach § 160 Abs. 3 iVm §
146 Abs. 3 Satz 2 SGB V in die Rechte und Pflichten der IKK Hannover eingetreten. Damit hätte sie auch den
Anspruch des Antragsteller als eines DO-Angestellten der IKK Hannover aus § 19 der Satzung der IKK Hannover zu
erfüllen. Ist eine IKK Niedersachsen bisher nicht rechtswirksam entstanden, so steht dem Antragsteller gleichwohl ein
Anspruch gegen sie zu, und zwar aus Rechtsscheinshaftung. Denn die IKK Niedersachsen tritt im Rechtsverkehr wie
die Rechtsnachfolgerin der IKK Hannover auf und schafft damit den Rechtsschein, in die Rechte und Pflichten der
IKK Hannover eingetreten zu sein. Dieser Rechtsschein verpflichtet sie, für die Ansprüche des Antragstellers gegen
die IKK Hannover nach § 19 der Satzung der IKK Hannover einzustehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).