Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.08.2010

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 25.08.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 22 U 147/05
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 3 U 6/07
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. November 2006 wird
zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Der 2003 geborene Kläger ist der Sohn des am 21. August 2004 verstorbenen F. (im Folgenden: Versicherter), der
zuletzt als pflegerischer Leiter der Intensivstation im Krankenhaus G. beschäftigt war. Nachdem sich der Versicherte
dort am 18. August 2004 gegen 13:00 Uhr ausgestempelt hatte, verunfallte er gegen 19:30 Uhr als Fahrradfahrer auf
der H. in I. in der Nähe seines damaligen Wohnsitzes. Im Anschluss verstarb er an den Folgen der unfallbedingt
erlittenen Verletzungen.
Gegenüber dem Beklagten gab die Mutter des Klägers und damalige Lebensgefährtin des Versicherten auf Nachfrage
an, dass dieser den Weg von und zur Arbeit regelmäßig mit dem Fahrrad in etwa 1 1/2 Stunden zurückgelegt habe.
Am Unfalltag sei er dabei erstmals durch den Wald am J. gefahren und nicht - wie sonst üblich - über die Ortschaft K.
an der Bundesstrasse 1. Der Versicherte habe ihr zunächst telefonisch gegen 15:00 Uhr den Beginn seiner Rückfahrt
angekündigt. Gegen 18:00 Uhr habe er nochmals angerufen und mitgeteilt, dass er sich verfahren habe. Weiter
schloss die Lebensgefährtin des Versicherten aus, dass dieser am Unfalltag für einen anstehenden Mountainbike-
Marathon am J. habe trainieren wollen.
Mit Bescheid vom 5. Januar 2005 lehnte der Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Hierfür müsse mit
Vollbeweis ein Unfall des Versicherten während dessen versicherter Tätigkeit nachgewiesen werden. Hier zeige schon
die große Zeitdifferenz am Unfalltag zwischen der Beendigung der Arbeit gegen 13:00 Uhr und dem Unfallzeitpunkt
gegen 19:30 Uhr, dass der Versicherte aus privaten Gründen für seine Rückfahrt eine außerhalb des
Versicherungsschutzes liegende Strecke gewählt habe. Es sei zu vermuten, dass er an diesem Tag für einen
anstehenden Mountainbike-Marathon habe trainieren wollen. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos
(Widerspruchsbescheid vom 11. April 2005).
Der Kläger hat am 27. April 2005 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Zur Begründung hat er
vorgetragen, dass sich der Versicherte am Unfalltag auf dem direkten Weg zwischen Arbeits- und Wohnstätte
befunden habe. Die Feld- und Waldwege am J. seien sowohl die kürzere als auch sicherere Verbindung zwischen
diesen beiden Orten. Der Versicherte habe zu diesem Zeitpunkt auch nicht für einen anstehenden Mountainbike-
Marathon trainieren wollen; das von ihm am Unfalltag gefahrene Cross-Rennrad sei als Übungsfahrrad dafür nicht
geeignet gewesen. Weiter sei die Annahme des Beklagten unzutreffend, der Versicherte habe am 18. August 2004
bereits gegen 13:00 Uhr seine Arbeit im Kreiskrankenhaus G. beendet. Der Versicherte habe sich zwar um diese
Uhrzeit ausgestempelt, im Anschluss aber noch mehrere dienstliche Gespräche geführt und das Krankenhaus an
diesem Tag erst gegen 15:00 Uhr verlassen.
Das SG hat mit Urteil vom 28. November 2006 die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass es sich
bei dem Verkehrsunfall des Versicherten nicht um einen Wegeunfall iS von § 8 Abs 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Siebtes
Buch (SGB VII) gehandelt habe. Er habe sich zum Unfallzeitpunkt nicht mehr auf einem versicherten Weg befunden.
Die am Unfalltag gewählte Fahrtstrecke über den J. sei im Vergleich zu dem sonst vom Versicherten genutzten Weg
über die Landstrasse 426 zwischen K. und L. wegen der schwierigen Geländeverhältnisse der deutlich
zeitaufwändigere, unübersichtlichere und schlechter ausgebaute gewesen. Weiter sei nicht mehr feststellbar, über
welchen Zeitraum sich der Versicherte verfahren haben soll. Dies gehe zu seinen Lasten, so dass insgesamt davon
auszugehen sei, dass aufgrund der langen Fahrtzeit von mindestens 4 1/2 Stunden zum Unfallzeitpunkt kein
Versicherungsschutz mehr bestanden habe.
Gegen dieses Urteil (zugestellt am 18. Dezember 2006) wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 4. Januar
2007. Er verweist im Wesentlichen auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und macht darüber hinaus geltend, dass das
SG bei seiner Entscheidung nicht ausreichend die tatsächlichen Verhältnisse im Hinblick auf das vom Versicherten
zum Unfallzeitpunkt genutzte Fahrrad gewürdigt habe. Ferner sei es unzutreffend, dass der vom Versicherten
üblicherweise gewählte Weg über die Landstraße 426 zwischen K. und L. die für Fahrradfahrer besser ausgebaute
Wegstrecke sei.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. November 2006 und den Bescheid des Beklagten vom 5. Januar
2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2005 aufzuheben und
2. festzustellen, dass der Vater des Klägers infolge des Arbeitsunfalls vom 18. August 2004 verstorben ist.
Der Beklagte beantragt,
1. die Berufung zurückzuweisen,
2. hilfsweise weitere Sachverhaltsaufklärung zu betreiben durch Vernehmung des Polizeibeamten M. als Zeuge zu der
Frage, welche Gegenstände der Versicherte bei seinem Aufgefundenwerden bei sich geführt hat, insbesondere eine
Tasche und deren ggf gegebener Inhalt, hilfsweise die Feststellung der Länge, Fahrtzeit, Beschilderung,
Beschaffenheit der Wegstrecke N. - J. - L. und
3. die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsangelegenheit.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend trägt er vor, dass Hinweise auf eine besondere
Gefährlichkeit der üblicherweise vom Versicherten gewählten Wegstrecke nicht zu erkennen seien. Immerhin habe der
Versicherte diese Wegstrecke seit August 2003 fast täglich mit dem Fahrrad unfallfrei zurückgelegt. Ferner sei nicht
plausibel, dass sich der Versicherte am Unfalltag gegen 13:00 Uhr vor Durchführung mehrerer Vorstellungsgespräche
ausgestempelt haben soll.
Der Senat hat zum Ablauf des Unfalltags und zu den Geländeverhältnissen am J. die Mutter des Klägers angehört
sowie die Zeugen O., P., Q., R. und S. vernommen. Hinsichtlich der Ermittlungsergebnisse wird auf die
Sitzungsniederschriften vom 16. März bzw 25. August 2010 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs 1 iVm 55 Abs 1 Nr 3
Sozialgerichtsgesetz (SGG)) des Klägers kann in der Sache keinen Erfolg haben. Der Versicherte stand nicht unter
dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, als er mit seinem Fahrrad am 18. August 2004 in L. verunglückte.
1. Rechtsgrundlage für die Anerkennung dieses Unglücks als Arbeitsunfall ist § 8 SGB VII. Gemäß Abs 1 S 1 der
Vorschrift handelt es sich dabei um Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3
oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Zu den versicherten Tätigkeiten zählt nach Abs 2 Nr 1 der Regelung
ebenfalls das Zurücklegen des damit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der
jeweiligen Tätigkeit. Hintergrund ist, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten
Tätigkeit unternommen werden und somit eine Art Vor- oder Nachbereitungshandlung darstellen. Andererseits sind
diese Wege noch nicht Teil der versicherten Tätigkeit und werden zudem häufig mit privaten Verrichtungen verbunden.
Nach dem Gesetzeswortlaut in § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII ("des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden
unmittelbaren Weges") ist für einen solchen Arbeitsunfall der innere Zusammenhang des unfallbringenden Wegs mit
der eigentlichen versicherten Tätigkeit kennzeichnend. Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts ((BSG); vgl insbesondere das Urteil vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 17/07 R = SozR 4-2700 § 8
Nr 28 mwN), dass der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit immer dann besteht, wenn der Weg
wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Fall die
eigene Wohnung zu erreichen. Demgegenüber entfällt der innere Zusammenhang und damit der Versicherungsschutz
in der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn der Weg zum oder vom Ort der jeweiligen Tätigkeit aus
eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen wird. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherte
lediglich seine Fortbewegung beendet, um sich an Ort und Stelle einer anderen, nicht nur geringfügigen Tätigkeit
zuzuwenden, oder ob er den eingeschlagenen Weg verlässt, um an anderer Stelle einer privaten Verrichtung
nachzugehen und erst danach auf den ursprünglichen Weg zurückzukehren. Etwas anderes kann nur dann gelten,
wenn es zur Aufnahme oder Durchführung der versicherten Tätigkeit erforderlich ist, die (eigenwirtschaftliche) Vor-
oder Nachbereitungshandlung gerade auf dem versicherten Weg vorzunehmen und aus diesem Grund der erforderliche
enge sachliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit noch besteht (vgl hierzu BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 16
S 62: Kauf von Schmerzmitteln bei plötzlich auftretenden Schmerzen, um die Arbeitsfähigkeit zu sichern). Nimmt der
Versicherte nach Beendigung der eigenwirtschaftlichen Verrichtung den ursprünglich angetretenen Weg wieder auf,
handelt es sich nur dann erneut um einen versicherten Weg iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII, wenn nach Dauer und Art
der Unterbrechung keine endgültige Lösung von dem Zurücklegen des Wegs als der versicherten Tätigkeit vorliegt.
Hierfür ist vom BSG im Interesse einer gleichmäßigen und rechtssicheren Handhabung eine zeitliche Grenze von zwei
Stunden festgelegt worden, bis zu der der Antritt oder die Fortsetzung des Weges (wieder) eine versicherte Tätigkeit
ist. Wird die genannte Zeitgrenze dagegen überschritten, ist die versicherte Tätigkeit grundsätzlich endgültig beendet
(stRspr, hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 - B 2 U 23/08 R - juris mwN).
2. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben stand der Versicherte am 18. August 2004 zum Unfallzeitpunkt nicht
unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Zwar befand er sich nach den Ermittlungen des Senats im
Berufungsverfahren damals auf dem unmittelbaren Weg von seiner Arbeitsstätte (dazu a und b); der Versicherte hatte
diesen Weg aber vor dem Unfall unterbrochen, um für einen anstehenden Mountainbike-Marathon am J. zu trainieren
(dazu c). Dies war eine unversicherte Tätigkeit, so dass die daran anschließende Fortsetzung der Heimreise nur bei
einer zeitlich geringfügigen Unterbrechung von nicht mehr als zwei Stunden noch als versicherte Tätigkeit iS von § 8
Abs 2 Nr 1 SGB VII anzusehen ist. Da der Senat nachträglich nicht mehr klären konnte, ob der Versicherte den
Heimweg nach seiner Unterbrechung rechtzeitig wieder aufnahm bzw fortsetzte, ist offen, ob er sich zum
Unfallzeitpunkt auf einem versicherten Weg befand. Der fehlende Nachweis dieser rechtsbegründenden Tatsache geht
zu Lasten des Klägers (dazu d).
a) Dabei vermag sich der Senat nicht der im Verwaltungsverfahren geäußerten Auffassung des Beklagten
anzuschließen, bereits die Zeitdifferenz zwischen dem Ausstempeln des Versicherten am Unfalltag gegen 13:00 Uhr
und dem Unfallzeitpunkt gegen 19:30 Uhr lasse den Rückschluss auf die Wahl einer außerhalb des
Versicherungsschutzes liegenden Fahrstrecke zu. Die Lebensgefährtin des Versicherten hat hierzu gleich in ihrer
ersten Anhörung gegenüber dem Beklagten angegeben, der Versicherte habe sie am Unfalltag gegen 15:00 Uhr
angerufen und ihr mitgeteilt, er werde jetzt die Heimreise antreten (vgl hierzu die Gesprächsnotiz auf Blatt 20 der
Verwaltungsakte). Diese Zeitangabe korreliert mit der Aussage des Zeugen O., der am Unfalltag kurz vor 15:00 Uhr
noch mit dem Versicherten an dessen stationären Dienst-Telefon sprach. Daneben hat die Zeugin Q. angegeben, der
Versicherte sei am Unfalltag gegen 15:30 Uhr im Bereich des Multimarktes in T. mit dem Fahrrad an ihrem Pkw vorbei
gefahren. Da die Fahrtzeit für einen Fahrradfahrer zwischen dem Krankenhaus G. und U. nach Einschätzung des
Senats aufgrund Entfernung und städtischer Verkehrsstruktur etwa 20 Minuten beträgt, steht zur Überzeugung des
Senats fest, dass der Versicherte am Unfalltag seinen Arbeitsplatz erst zum Ende seiner Arbeitsschicht gegen 15:00
Uhr - also deutlich nach dem Ausstempeln - verließ. Damit reduziert sich die vom Versicherten tatsächlich benötigte
Fahrtzeit auf ca 4 1/2 Stunden, die sich im Wesentlichen vor dem Hintergrund der weiteren telefonischen Mitteilung an
seine damalige Lebensgefährtin erklärt, er habe sich am J. verfahren.
b) Der Senat geht weiterhin - anders als die Vorinstanz - davon aus, dass die vom Versicherten am Unfalltag gewählte
Strecke über den J. zumindest dem Grunde nach ein versicherter Weg iS von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII war. Hierzu hat
der ortskundige Zeuge Briese angegeben, dass diese Strecke nicht nur 2 bis 3 Kilometer kürzer, sondern im Vergleich
zu der Route über K. gerade für Fahrradfahrer unter Berücksichtigung der damaligen Straßenverhältnisse angenehmer
und ungefährlicher zu befahren gewesen sei. Der Zeuge hat weiterhin bestätigt, dass die Strecke zumindest von
einem geübten Fahrer trotz des zu überwindenden Höhenunterschieds problemlos bewältigt werden könne. Da nach
der Rechtsprechung des BSG (vgl hierzu BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 - B 2 U 40/02 R - juris) aber selbst ein
längerer Weg von dem Ort der Tätigkeit noch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, wenn er zB
weniger zeitaufwändig, sicherer, übersichtlicher, besser ausgebaut oder kostengünstiger (bei Wahl eines bestimmten
Verkehrsmittels) als der entfernungsmäßig kürzeste Weg ist, kann für die vorliegend vom Versicherten am Unfalltag
gewählte Route über den Pyrmonter Berg nichts anderes gelten.
c) Allerdings steht zur Überzeugung des Senats ebenfalls fest, dass der Versicherte am Unfalltag seine Heimreise
unterbrach, um für einen anstehenden Mountainbike-Marathon am J. zu trainieren. Dies ergibt sich aus der Aussage
der Zeugin R ... Danach kündigte der Versicherte seine Trainingsabsicht am Tag vor dem Unfall im Kollegenkreis an,
als die Einsatzplanung der Intensivstation für den Unfalltag besprochen wurde. Weiterhin teilte er der Zeugin mit, dass
er - soweit irgend möglich - vor dem Ende seiner Arbeitsschicht gegen 15:15 Uhr die Arbeitsstätte verlassen wolle, um
genügend Zeit für das beabsichtigte Training zu haben.
Für die Glaubhaftigkeit dieser Aussage - die die Zeugin auch auf Nachfrage mehrfach wiederholt und dabei
ausdrücklich auf den Unfalltag bezogen hat - spricht zunächst die unmittelbare zeitliche und örtliche Nähe der Fahrt
am 18. August 2004 zu dem am 4. September 2004 anstehenden Mountainbike-Marathon am J., an dem der
Versicherte unstreitig teilnehmen wollte. Daneben hat die Zeugin bereits im Verwaltungsverfahren Anfang Februar
2005 und damit zeitnah zum hier streitbefangenen Unglücksfall auf das vorherige Gespräch im Kollegenkreis
hingewiesen (vgl hierzu Blatt 24/24R der Verwaltungsakte), wobei die Aussage inhaltlich mit dem Verhalten des
Versicherten am Unfalltag korrespondiert. So stempelte sich der Versicherte an diesem Tag tatsächlich schon gegen
13:00 Uhr aus und versuchte demnach, seine Arbeitsschicht früher zu beenden. Ferner erklärt sich vor dem
Hintergrund der angekündigten Trainingsabsicht plausibel, weshalb sich der Versicherte an diesem Tag über drei
Stunden am J. aufhielt, bevor er gegen 19:30 Uhr verunglückte. Dabei geht der Senat aufgrund der Aussage der
Zeugin Q. - die der Versicherte um 15:30 Uhr in U. passierte - davon aus, dass der Versicherte spätestens gegen
16:00 Uhr die Auffahrt zum J. in N. erreichte.
Der Annahme, dass der Versicherte am Unfalltag seinen Heimweg trainingsbedingt unterbrach, steht auch nicht
entgegen, dass er sich gegen 18:00 Uhr telefonisch bei seiner Lebensgefährtin meldete und mitteilte, er habe sich
verfahren. Zwar haben die Zeugen O. und P. in diesem Zusammenhang bestätigt, dass der Weg über den J. aufgrund
der schlechten Beschilderung mit einer besonderen Gefahr verbunden war, die für ein Verirren ursächlich gewesen
sein könnte und bei deren Vorliegen der innere Zusammenhang zwischen der Beendigung der versicherten Tätigkeit
und dem Heimweg regelmäßig erhalten bleibt (vgl hierzu BSG, Urteil vom 24. März 1998 - B 2 U 4/97 R = SozR 3-
2200 § 550 Nr 17). Das kann aber nur gelten, wenn der versicherte (Heim-)Weg auch wesentlich mit dem Zweck
zurückgelegt wird, die eigene Wohnung nach Beendigung der versicherten Tätigkeit zu erreichen. Gerade eine solche
Handlungstendenz aber ist vorliegend aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin R. nicht zu erkennen, nach der
der Versicherte am Unfalltag den Weg über den J. wählte, um für einen anstehenden Mountainbike-Marathon zu
trainieren. Damit fehlte hier von vornherein der erforderliche innere Zusammenhang, so dass das Zurücklegen des
Wegs selbst dann nicht als eine versicherte Tätigkeit iS von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII anzusehen ist, wenn sich der
Versicherte dabei auf dem unmittelbaren Weg von dem Ort seiner Tätigkeit befand (vgl zu dieser Kon¬stellation auch
BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 26/06 R = BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29).
Im Übrigen vermag ein mögliches Verirren des Versicherten am Unfalltag nicht nachvollziehbar zu erklären, weshalb
er sich vor dem Unfall über drei Stunden am J. aufhielt. Hierbei hat der Senat berücksichtigt, dass sich der Zeuge
Höxter nach eigenen Angaben selbst einmal während eines Fahrradausflugs mit seiner Familie in dem Gelände verirrt
und trotz der Begleitung eines kleinen Kindes lediglich 1 1/2 Stunden benötigt hat, um sich wieder orientieren zu
können. Überträgt man diesen Zeitrahmen auf den vorliegenden Fall, verbleibt immer noch eine Zeitdifferenz von ein
bis zwei Stunden, während dessen sich der Versicherte ohne erkennbaren inneren Zusammenhang mit seiner
versicherten Tätigkeit am J. befand.
Schließlich spricht gegen die Annahme einer trainingsbedingten Unterbrechung des Heimwegs auch nicht, dass der
Versicherte am Unfalltag für das Zurücklegen der Strecke von und zu seiner Arbeitsstätte ein für einen Mountainbike-
Marathon ungeeignetes Cross-Rennrad auswählte. So war nach Aussage des Zeugen P. als Organisator des
anstehenden Wettbewerbs den Teilnehmern im Vorwege die genaue Streckenführung nicht bekannt gegeben worden.
Diese Maßnahme sollte in der Zeit unmittelbar vor dem Mountainbike-Marathon eine überzogene Nutzung des
Naherholungsgebiets am J. durch Mountainbike-Fahrer verhindern. Hieraus folgt, dass dem Versicherten am Unfalltag
ohnehin allenfalls ein geländeorientierendes Training möglich war und er deswegen das den sonstigen
Streckenverhältnissen für den Weg von und zu seiner Arbeitsstätte in Hameln besser angepasste Cross-Rennrad
wählte.
d) Nach alledem unterbrach der Versicherte am Unfalltag den Weg von dem Ort seiner versicherten Tätigkeit durch
eine eigenwirtschaftlichen Zwecken dienende Verrichtung (Training für einen Mountainbike-Marathon). Er wäre im
Anschluss nur dann wieder einer beim Beklagten versicherten Tätigkeit nachgegangen, wenn er den Heimweg nach
einer Unterbrechung von höchstens zwei Stunden wieder aufgenommen hätte. Insgesamt hielt sich der Versicherte
am Unfalltag jedoch über drei Stunden am J. auf, so dass der Senat nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht
abschließend klären konnte, ob hier rechtzeitig eine Wiederaufnahme des Heimwegs erfolgte. Da vor diesem
Hintergrund nicht feststeht bzw nicht feststellbar ist, ob sich der Versicherte zum Unfallzeitpunkt auf einem
versicherten Weg befand und der Kläger hierfür nach der Rechtsprechung des BSG letztlich die Beweislast trägt (vgl
hierzu BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 26/06 R - aaO; bestätigt durch Urteil vom 27. Oktober 2009 - B 2 U
23/08 R - juris), konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen; Zulassungsgründe nach § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.